Ach, wissenschaftlich solide braucht das gar nicht sein. Für den Anfang täten es schon anekdotisch zwei oder drei Bekannte, die wegen der Anlage eines Schutzstreifens auf's Fahrrad umgestiegen sind. Oder was sonst sollte Förderung des Radverkehrs bedeuten?Ich kenne jedenfalls keinen. Nichtmal das. Von halbwegs brauchbaren empirischen Studien etc. mal ganz abgesehen.
Es gibt m.E. auch keine. Die Annahme, dass Schutzstreifen den Radverkehr in irgendeiner Weise "fördern" ist mMn eine politische Absichtserkärung, ein Dogma, eine Ausrede - aber keine gesicherte Erkenntnis.Ich habe mal den wesentlichen Teil hervorgehoben. In sehr vielen Schutzstreifen kann man nicht fahren, wenn man das Rechtsfahrgebot so auslegt, wie es die Rechtsprechung seit langer Zeit tut. Möglichst weit rechts ist eben nicht press am Bordstein, sondern so weit rechts wie es die gebotenen seitlichen Sicherheitsabstände erlauben. Das ist häufig (ich bin geneigt zu behaupten: meistens) links vom Schutzstreifen.
Radfahrer, die wegen der Anlage eines Schutzstreifens vom Auto auf's Fahrrad umgestiegen sind, wirst du wohl nur sehr spärlich finden, denn bei vielen Radfahrer-Neulingen herrscht die Meinung vor, dass es gefährlich sei, auf der Straße zu fahren, ganz egal, ob es da nun einen Schutzstreifen oder einen Radfahrstreifen oder eben gar nichts in der Art gibt. Im Gespräch mit Nicht-Radfahrern oder Gelegenheitsradfahrern komme ich immer wieder zu dem Punkt, dass sie es ablehnen Fahrrad zu fahren oder häufiger Fahrrad zu fahren, weil es ja keine Radwege gäbe. Gelingt es mir jemanden zu einem gemeinsamen Radfahrtrip zu überreden, habe ich meine liebe Not, sie/ihn davon abzuhalten auf dem Bürgersteig zu fahren, auch dann wenn ein Radfahrstreifen oder ein Schutzstreifen vorhanden ist. Die gehen dann einfach davon aus, dass die irrtümlich "aufgepinselt" wurden.
Für viele ist die Straße ein Ort, der einzig dem Auto gehört und viele nehmen das einfach so hin oder begrüßen es sogar, teils weil sie selbst Autofahrer sind, teils weil sie gar nicht auf die Idee kämen, das in Frage zu stellen und teils, weil sie das Gefühl haben, es sei besser sich mit denen aus ihrer Sicht gegebenen Verhältnissen zu arrangieren, anstatt daran was ändern zu wollen.
Trotzdem halte ich die Anlage von (guten!) Schutzstreifen für eine Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs.
Womit wir wieder bei den Kriterien für gute Schutzstreifen sind.
Und da gibt es den entscheidenden Unterschied für Schutzstreifen, die an einer Reihe parkender Autos entlang führen (Dooring-Zone) und einem Schutzstreifen, der zum Beispiel an einem seitlichen Grünstreifen entlangführt. (Da erübrigt sich das Problem Dooring-Zone.) Dieser Link führ zu einem Googlemap-Bild in Hannover, Bartweg:
Es gibt Abschnitte im Bartweg mit Grünstreifen. Und es gibt Abschnitte mit Parkbuchten. Der Schutzstreifen hat jedoch eine konstante Breite von ca. 1,40m. Eine seitliche Markierung gibt es bedauerlicherweise nicht. Aber einen hellgrau gepflasteten Gossenstreifen von 40 cm. Die Parkstreifen-Abschnitte sind 2,30m breit. (Messungen mit googlemap-Mess-Funktion)
Verbesserungsbedarf???
Wenn ja welcher? Zusätzlich zum Gossenstreifen eine Markierung an der Schutzstreifen-Außenseite mit 30 cm Abstand zur Gosse. Dann hätte die Fahrbahn allerdings 60 cm breiter gebaut werden müssen. (Wenn man jetzt mal annimmt, dass zwischen den Schutzstreifen der kleinstmöglichste Abstand gewählt wurde.) Oder der Schutzstreifen selber müsste schmaler sein.
Für die Abschnitte auf dem Bartweg, an denen direkt an die Fahrbahn mit dem Schutzstreifen ein Grünstreifen grenzt, ist der Schutzstreifen jedoch ausreichend breit.
Der Öffnungsbereich von Fahrzeugtüren liegt zwischen 80 cm (schmale Kleinwagentüren) bis 1,50m LKW oder Coupé-Türen. (pdf-Datei, Seite 4, Kapitel 4.4.1)
Hätte man jetzt wirklich seitlich der Schutzstreifen noch mal jeweils 1,50m breite Abstände (Dooringzone) zu den parkenden Autos lassen sollen. Und wenn ja, dann nur in dem Bereich, in dem auch wirklich geparkt wird?
Oder hätte man besser ganz auf Schutzstreifen verzichtet und die Straße dafür etwas schmaler gebaut?
Der Bartweg ist jetzt keine so prominente Radler-Route, aber eine gelegentlich hilfreiche Verbindung, die durch Gewerbegebiet führt. Ich sehe da schon die Funktion Förderung des Radverkehrs erfüllt. Freilich, vielleicht hätte ein Hochbordradweg mehr gebracht? Aber dann hat man wieder das Problem mit den Abbiegeunfällen, gerade im Gewerbegebiet!
Die Streetview-Bilder aus dem Bartweg sind älteren Datums, da kannst du sehen, wie vorher die Straße aussah: Es ist die selbe Stelle wie bei google earth weiter oben.
Im Gewerbegebiet, wie im Bartweg gibt es genug Stellplätze auf Firmengelände. Würde man trotzdem noch einige Stellplätze direkt an der Straße haben wollen, dann müssten die halt so gebaut sein, dass die Autos weiter weg vom Schutzstreifen, also dichter an den Grundstücken parken.
Im Innenstadtbereich, wie in der Königstraße, gibt es aus der subjektiven Sicht der Anwohner und insbesondere aus Sicht der Ladeninhaber viel zu wenige Parkplätze, aber genau da müsste die Anzahl der Parkplätze im Straßenraum deutlich reduziert werden, am Besten auf Null gesetzt (Ausnahme Lieferverkehr, Handwerkerfahrzeuge). Die meisten Kunden kommen ohnehin nicht mit dem Auto, sondern mit dem ÖPNV, dem Rad oder zu Fuß. Allerdings hat der Ladeninhaber einen ganz anderen Eindruck, denn bei ihm beschweren sich ständig die wenigen Autofahrer unter seinen Kunden, weil die Mühe haben, einen Parkplatz zu finden.
Und leider gibt es viel zu wenige Radfahrer, die bei ihrem Einkauf den Ladenbesitzer damit die Ohren "vollnöhlen", dass vor seiner Ladentür geparkt wird/bzw. es dort Parkplätze gibt, die dazu führen, dass die Schutstreifen zu Gefahrenstreifen werden. Würde jede/jeder radfahrende Kundin/Kunde bei ihrem Einkauf den Ladenbsitzer bzw. sein Personal mit deutlichen Unmuts-Äußerungen zu verstehen geben, dass vor der Ladentüre unzumutbar viel und gefährlicher Autoverkehr stattfände, und die Parkplätze eine Gefahr darstellen, das würde helfen! Dem könnte man gleich noch ein paar Anekdötchen zufügen über "bescheuertes Autofahrerverhalten". Und das schon wieder so viele von denen die einschlägigen Hinweise des Verkehrsfunks missachten, doch bitteschön wegen des erwartbar hohen Verkehrsaufkommens am heutigen Adventssamstag, besser mit dem ÖPNV in die Stadt zu fahren etc., etc.
Liebe Radfahrer, was glaubt ihr eigentlich, was Autofahrer bei solchen Gelegenheiten über Radfahrer ablästern, oder über eine angeblich unfähige Stadtverwaltung, die zu wenig Parkplätze schafft? Oder über bösartige Politessen, die die armen Autofahrer abzocken? Und wenn euer "Gegengesang" dann noch ein autofahrender Kunde mitkriegt, um so besser! Es heißt zwar, man solle nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Aber es heißt auch, man solle listig sein wie die Schlange!