Woche 02 vom 06. bis 12. Januar 2025

  • Mein Eindruck beim Lesen des Artikels: Es ist eine sehr einseitige Positionierung der Polizei zugunsten von Autofahrer*innen, die alleine deshalb schon verpflichtet sind, besondere Rücksicht auf schwächere Verkehrsteilnehmer*innen zu nehmen, weil von Autos eine deutlich höhere Verletzungs-Gefahr ausgeht als von Fußgänger*innen oder Fahrradfahrer*innen. Besdonders bedenklich finde ich diese Aussage der Polizei: "Doch aus Sicht der Polizei hat der Radfahrer den Crash selbst verschuldet – und zwar alleine. (...) Der Mercedes-Fahrer war nach einigen Wochen ermittelt worden. Wie schnell er zum Zeitpunkt des Unfalls war, sei noch nicht abschließend geklärt, sagte ein leitender Beamter."

    Die wissen also gar nicht wovon sie reden, machen aber trotzdem eine komplett einseitige Schuldzuweisung. Als ich einmal mein Fahrrad durch die Fußgängerzone schob, rannte ein kleines Kind gegen das Vorderrad. Zum Glück, sah ich die Gefahr kommen blieb rechtzeitig stehen und rief laut: "Stopp". Das hat zwar das Kind nicht registriewrt, aber andewre Passanten haben so mitbekommen, dass ich alles getan hatte, um den Unfall zu verhindern.

  • Wollen wir mal ermitteln, wo der Audi gebaut wurde? Bratislava? :D

    Scholzi-Polzi hat bei der Keks-Königin mit der unzerstörbaren Panzerfrisur einen "unbürokratischen Steuerabzug für in Deutschland produzierte Fahrzeuge" beantragt. Ich vermute, dabei gilt

    • a) Bratislava als Kolonie und
    • b) Fahrräder fallen nicht unter den Begriff Fahrzeuge :(
  • Mein Eindruck beim Lesen des Artikels: Es ist eine sehr einseitige Positionierung der Polizei zugunsten von Autofahrer*innen, die alleine deshalb schon verpflichtet sind, besondere Rücksicht auf schwächere Verkehrsteilnehmer*innen zu nehmen, weil von Autos eine deutlich höhere Verletzungs-Gefahr ausgeht als von Fußgänger*innen oder Fahrradfahrer*innen.

    Bitte nicht juristische Haftung mit juristischer (oder moralischer) Schuld verwechseln. Die Mithaftung aus der Betriebsgefahr hat mit der Frage, welcher der Beteiligten einen Unfall verursacht hat, nichts zu tun.

    Welche Schuld trifft eigentlich deiner Ansicht nach den Lok- oder Straßenbahnführer, wenn ihm ein Radfahrer/Fußgänger an einer geschlossenen Schranke oder an einem mit rotem Licht gesperrten Überweg vor den Zug läuft/radelt? Ist er als stärkerer Verkehrsteilnehmer dann nicht ebenfalls genau wie Autofahrer verpflichtet, Rücksicht auf ungeschützte Fußgänger/Radfahrer zu nehmen? Es geht schließlich um Menschenleben, und dass so ein Zug einen ewig langen Bremsweg hat, darf keine Rechtfertigung dafür sein, dass er da, wo schwache Verkehrsteilnehmer kreuzen könnten, mit Reisegeschwindigkeit durchfährt. Muss er eben so langsam fahren, dass der Zug rechtzeitig anhalten kann. Oder?:evil:

  • Th(oma)s Bei Lokführern, die einen Tod auf Bahngleisen miterlebt haben, kann es zu einer posttraumatischen Belastungsstörung kommen: "Die Betroffenen bekommen zum Beispiel Atemnot oder Zitteranfälle. Viele sind von den heftigen Gefühlen der Verzweiflung und Ohnmacht überfordert, fühlen sich wie betäubt oder wirken wie weggetreten. Das klingt meist nach ein paar Stunden ab und die Menschen glauben, das Ereignis überwunden zu haben. Das ist aber nicht immer so. Die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung – oder kurz PTBS – tauchen meist nach vier bis sechs Wochen auf, manchmal auch erst nach einem halben Jahr."

    Traumatisierte Lokführer: "Auch wenn sie die Augen schließen, spüren sie den Aufprall"
    Mehr als 800 Menschen sterben in Deutschland pro Jahr auf Bahngleisen. Ein solcher Tod kann einen Lokführer leicht traumatisieren, sagt der Psychiater Volker…
    www.zeit.de

    Ob das häufiger oder seltener Fall ist als bei Autofahrer*innen, die an einem tödlichen Unfall beteiligt sind, wird in dem zitierten Zeit-Artikel von 2019 nicht berichtet.

    Fest steht jedoch, dass ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Eisenbahnverkehr, Sicherungsmaßnahmen zum Einsatz kamen, die Unfälle vermeiden halfen, bzw. es ermöglichten gefahrlos mit höheren Geschwindigkeiten zu fahren.

    Im Eisenbahnverkehr gibt es deutlich strengere Sicherungsmaßnahmen, die verhindern sollen, dass schwächere Verkehrsteilnehmer verletzt werden, als im Autoverkehr. Trotzdem kommt es zu Unfällen, bei denen Menschen überfahren werden, die in der Regel durch die Unachtsamkeit der Verunfallten verursacht werden oder von den Getöteten bewusst herbeigeführt wurden (690 Schienensuizide in 2023 https://de.wikipedia.org/wiki/Schienensuizid )

    Du schreibst: "Die Mithaftung aus der Betriebsgefahr hat mit der Frage, welcher der Beteiligten einen Unfall verursacht hat, nichts zu tun." Das mag juristisch zutreffen, aber es klammert die Frage aus, warum jemand zum Beispiel eine Autofahrt unternimmt, um von A nach B zu kommen, was mit einer erhöhten Unfallgefahr insbesondere auch für andere Verkehrsteilnehmer verbunden ist, anstatt zum Beispiel den ÖPNV zu benutzen oder zu Fuß zu gehen, was bedeuten würde, dass man bei einem Unfallgeschehen in der Regel niemand anderes gravierend verletzt.

    Die moralische Schuld besteht bei einer/einem Autofahrer*in mit darin, dass ein extrem gefährliches Verkehrsmittel benutzt wird. Auch die Frage zu welchem Zweck spielt eine Rolle. Wenn jemand aus Übermut mit zu hoher Geschwindigkeit eine tempolimitierte Strecke befährt, ist das anders zu beurteilen, als zum Beispiel bei einer/einem Krankenwagenfahrer*in.

    Juristisch im engeren Sinne ist die Geschwindigkeit von Bedeutung. Und genau dafür liefert der Artikel ein Beispiel, wo ich sage: Totalversagen der Polizei-Pressestelle:

    "Die Schilderung war dramatisch: „Der Radfahrer wurde durch den Aufprall in die Luft geschleudert und kam hinter dem Fahrzeug auf der Straße zum Liegen. Gemäß Zeugenangaben flüchtete das Fahrzeug anschließend stark beschleunigend vom Unfallort und entkam.“ Der Radfahrer erlag vier Wochen später seinen schweren Verletzungen.
    Verharmlosung statt Verantwortung
    Die Fahrradverbände ADFC und Changing Cities riefen daraufhin Anfang August zu einer Demonstration zum Unfallort auf. Dort wurde bei einer Mahnwache ein „Geisterrad“ für den 45-Jährigen aufgestellt. „Der Müggelheimer Damm ist eine bekannte Raserstrecke“, teilte Changing Cities mit und forderte höhere Bußgelder für Raser.
    (...)
    Doch aus Sicht der Polizei hat der Radfahrer den Crash selbst verschuldet – und zwar alleine. Die Polizei ermittelte gegen ihn wegen Verstoßes gegen Paragraf 8 Straßenverkehrsordnung. Darin heißt es: „Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. (...) Der Mercedes-Fahrer war nach einigen Wochen ermittelt worden. Wie schnell er zum Zeitpunkt des Unfalls war, sei noch nicht abschließend geklärt, sagte ein leitender Beamter."

    Leider ist es kein Einzelfall, dass einseitig Fußgänger*innen die Schuld an einem Unfall zugewiesen wird, bei dem sie selbst verletzt oder gar getötet wurden. Besonders infam ist das im zweiten Fall, denn Tote haben keine Chance, sich gegen einen solchen Vorwurf zu wehren.

    Wenn die Polizei aber den Unfallhergang so darstellt, als spiele die gefahrene Geschwindigkeit keine Rolle, dann ist das nicht nur moralisch fragwürdig. Es ist vermutlich auch im juristischen Sinn von Bedeutung.

  • Leider ist es kein Einzelfall, dass einseitig Fußgänger*innen die Schuld an einem Unfall zugewiesen wird, bei dem sie selbst verletzt oder gar getötet wurden. Besonders infam ist das im zweiten Fall, denn Tote haben keine Chance, sich gegen einen solchen Vorwurf zu wehren.

    Wenn die Polizei aber den Unfallhergang so darstellt, als spiele die gefahrene Geschwindigkeit keine Rolle, dann ist das nicht nur moralisch fragwürdig. Es ist vermutlich auch im juristischen Sinn von Bedeutung.

    Bei dem zweiten Fall kreuzte der verstorbene Radfahrer von einem Grünstreifen aus an einer Stelle die Fahrbahn, die 20m hinter der Kreuzung liegt. Er war Mitglied einer größeren Radfahrergruppe, die sich wohl von der Nebenstraße kommend an der genannten Kreuzung breit über den daneben liegenden Parkplatz aufgefächert hatte. Es gab also reichlich Zeugen des Geschehens (weswegen man auch den geflohenen Autofahrer im Nachhinein dingfest machen konnte). Der Autofahrer beschleunigte nach Aussage dieser Zeugen erst nach dem Aufprall stark, so dass man eher nicht davon ausgehen muss, dass es sich bis zum Zusammenstoß um einen "Raser" gehandelt habe. Was an der Sichtweise der Polizei "infam" sein soll, bleibt dein Geheimnis.

    Dem populären Vorurteil zufolge hat man sich als Radfahrer vor der Willkür der Autofahrer zu fürchten: man ahnt nichts Böses und radelt unbescholten seiner Wege, und schwupps, eh man sich versieht, hat einen eine fahrlässige Schlafmütze oder sogar rücksichtsloser Vorsatztäter einfach auf den Kühler geladen und totgefahren. Diese pessimistische Sichtweise bewirkt, dass viele Menschen sich gar nicht erst mit dem Rad auf die Straße trauen. Wenn man jetzt klarstellt, dass erstens an 1/3 der Todesfälle und an 1/2 der Schwerverletzten gar keine Gegner beteiligt sind, und dass zweitens bei Todesfällen mit Gegner die Verstorbenen doch nicht ganz so unbescholten waren wie dargestellt, dann kann das eine ganz erhebliche Ermächtigung bewirken: Risiken, die wir selbst zu bestimmen können glauben, unterschätzen wir nämlich gerne gewaltig. Aber anstatt diesen Mechanismus als Hebel zu nutzen, und das Radfahren durch deutlichen Verweis auf das Selbstverschulden populärer zu machen, würgt die Radwegeagitation jeden aufkeimenden Funken möglicher Ermächtigung gleich wieder ab, indem sie erstens lauthals insistiert, dass die Autofahrer doch so ganz schlimm böse seien wie immer am Radfahrer-Stammtisch erzählt, und dass zweitens bei den Alleinunfällen jedenfalls die Infrastruktur[TM](R) die Rolle des unkontrollierbaren äußerem Übels hätte.

    3 Mal editiert, zuletzt von Th(oma)s (11. Januar 2025 um 19:24)