Hamburg: Ampelschaltung verändern, Teil 2

  • Heute fuhr ich vom Eidelstedter Platz in Richtung Wiebischenkamp, dort gibt’s Hamburger, einen EDEKA, eine Tankstelle, um meine Drucklufttröte bequem aufzuladen und eine Baumarkt. Alles, was man halt so braucht. Und es gibt diese Kreuzung. Nur sieht die mittlerweile so aus:

    Toll, eine Aufstellfläche für das indirekte Linksabbiegen, äh, aber… wann fahr ich denn los? Einen Signalgeber kann ich als dort wartender Radfahrer gar nicht erkennen, ich bin also darauf angewiesen, dass ich vom hinter mir wartenden Kraftverkehr angehupt werde. Das wiederum setzt aber voraus, dass dort erstmal ein Kraftfahrzeug wartet, was ja gar nicht mal unbedingt der Fall sein muss, selbst bei einem Wohngebiet dieser Größe, und dass die Fahrbahnampel auch für mich gelten soll. Den Signalgeber für Fußlinge auf der linken Seite der Kreuzung kann man nur bei günstigen Lichtverhältnissen einigermaßen erkennen, aber ob der für mich in der lustigen Abbiegetasche gelten soll?

    Ich glaube, ich muss mal wieder bei der Rennleitung vorsprechen, wie man sich das gedacht hat.

  • Selber Mist bei der Kreuzung Fuhle / Hartzloh, von Nord nach Ost.

    Allerdings: Du musst ja nicht auf das Quergrün warten, Du darfst losfahren, sobald Du eine Lücke erspähst.

    Offiziell. Ob das gesund ist, ist eine andere Frage. Also viel Erfolg bei der Rennleitung!

  • Allerdings: Du musst ja nicht auf das Quergrün warten, Du darfst losfahren, sobald Du eine Lücke erspähst.

    Okay, ja, die Regelung kennt ja aber leider kaum jemand. Und ich traute mich ein solches Manöver auch nicht unbedingt vor den Augen eines Streifenwagens, man weiß ja nie, wie gut die oder der Richter am Ende der Eskalationskette die Straßenverkehrs-Ordnung auf eine solche Situation anwenden.

  • Das scheint gerade in Mode zu sein. Ein Augsburger Blog (Radirrwege) hat vor ein paar Tagen eine ähnliche Situation dokumentiert. Ich pers. halte von diesen "Abbiegestreifen" gar nichts. Unlogisch (rechts hinstellen um links abzubiegen, i.d.R. viel zu klein, Manifestation der Benachteiligung des Radverkehrs beim Linksabbiegen...).

  • Es wird niemand dazu gezwungen, indirekt links abzubiegen. Es kann ganz hilfreich sein, wenn man's verplant hat, sich rechtzeitig links einzuordnen. Aber gewöhnungsbedürftig ist die Sache allemal und ich biege auch lieber direkt links ab.

    In anderen Ländern ist es auch üblich, mit dem Auto an der Landstraße nur indirekt abzubiegen. Da stellt man sich bei Gegenverkehr erstmal zur Seite, um nachfolgenden Verkehr passieren zu lassen und fährt wenn frei ist.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Es wird niemand dazu gezwungen, indirekt links abzubiegen.

    Völlig richtig. Das weiß aber jetzt schon kaum jemand und mit zunehmender Zahl dieser "Hilfen" werden es noch weniger Menschen wissen. So wie inzwischen vermutlich 95% der Verkehrsteilnehmer glauben, dass man jeden Radweg benutzen muss. Ganz davon ab, dass diese Dinger nur bei sehr geringen (Rad)Verkehrsdichten funktionieren.

  • Es wird niemand dazu gezwungen, indirekt links abzubiegen. Es kann ganz hilfreich sein, wenn man's verplant hat, sich rechtzeitig links einzuordnen. Aber gewöhnungsbedürftig ist die Sache allemal und ich biege auch lieber direkt links ab.


    Ich habe davon, dass man beim indirekten Linskabbiegen (ohne sichtbare gültige Ampel) abiegen darf, wenn es der Verkehr zulässt auch erst bei der Fuhle-Führung von ADFC und VCD erfahren.
    Rechtzeitig links einordnen geht aber dummerweise nicht immer, was z.B. wenn
    a) der Verkehr recht stark ist und
    b) es gar keine Linksabbiegerspur gibt?

    Beispiel Südseite Hamburger Hautpbahnhof (Kreuzung Steintorplatz/Kirchenallee):
    Komme ich aus Richtung Adenauerallee oder Steindamm und will nach Süden abbiegen (um den nicht-straßenbegleitenden Weg westlich des Museums für Kunst und Gewerbe) zu nutzen, so muss ich indirekt abbiegen, weil es eben gar keine Linksabbiegespur gibt, da KFZ nur geradeaus fahren oder rechts abbiegen dürfen.

    P.S. Die Streetview-Daten der Kreuzung sind veraltet, das Satellitenbild aber aktuell

    EDIT: Achja, wenn ich indirekt links abbiege.... Strecke ich den Arm dann links oder rechts raus um hinter mir fahrende Radfahrer und KFZ über meine Absicht zu informieren? ;)

  • Selber Mist bei der Kreuzung Fuhle / Hartzloh, von Nord nach Ost.

    Allerdings: Du musst ja nicht auf das Quergrün warten, Du darfst losfahren, sobald Du eine Lücke erspähst.

    Offiziell. Ob das gesund ist, ist eine andere Frage. Also viel Erfolg bei der Rennleitung!


    Man könnte ja mal den verantwortlichen Verkehrtplaner dazu einladen, vor versammelter Presse zu demonstrieren, wie ein Radfahrer an dieser Stelle richtig abbiegt. Das wird sicherlich ein voller Erfolg bei viel Querverkehr.

  • Ich wollte ja eigentlich schon vor ein paar Tagen schreiben, dass ich mit der Nachfrage noch warte, bis man die Kreuzung denn fertiggestellt hat. Offenbar war das noch nicht der anvisierte Endzustand:

    Mittlerweile ist die Kreuzung aber seit ein paar Tagen fertiggestellt und es ist einfach die reine Geilheit. Kann man echt kaum anders nennen. Da ist auch der Bullshit-Faktor schon wieder so hoch, dass mir der Sinn nach einer Grundsatzdiskussion steht, warum sich wohl Radfahrer im Straßenverkehr permanent verarscht fühlen.

    Fangen wir erstmal mit der harmlosen Sache an. Wenn ich aus dem Hörgensweg ankomme, muss ich ja auf der Fahrbahn fahren. Weil aber wenigstens jetzt in den Abendstunden der Umlauf an der Lichtsignalanlage mit Induktionsschleifen geregelt wird, stehe ich als Radling gleich blöd da, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Normalerweise bekomme ich mit meinem Rad so gut wie jede Schleife ausgelöst, indem ich einfach eine Felge direkt auf die erkennbare Linie der Schleife stelle. Hier klappt das aber nicht, weil ich auf dem rechten Fahrstreifen überhaupt nicht weiß, wo die Schleife liegt und ich auch auf den sichtbaren „Verbindungslinien“ nichts geworden bin, und auf dem linken Fahrstreifen zwar die Schleife sichtbar ist, sich aber nicht auslösen lässt.

    Also werden die bösen Radfahrer einfach über rot fahren — wer stellt denn ernsthaft sein Rad ab, um dann sie acht Meter bis zum Knöpfchen zu laufen, um anschließend wieder zurückzulaufen und dann endlich irgendwann fahren zu können. Der Witz ist ja natürlich auch, dass der Verkehr nicht behindert werden soll, wie es ja so schön heißt, und deshalb Fußlinge nach der Anforderung des Signals noch eine ganze Weile schmoren dürfen — Kraftfahrzeuge, die die Induktionsschleife auslösen, bekommen hingegen sehr viel schneller grünes Licht. Da weiß man ja sofort, wie hier die Prioritäten in Hamburg liegen. Wenn man es schon nicht geregelt bekommt, die Induktionsschleife vernünftig einzustellen, dann könnte man ja wenigstens noch einen zweiten Druckknopf für Radfahrer aufstellen, wobei dann die Frage ist, wie man als linksabbiegender Radfahrer dort drankommt.

    Nächstes Problem: Angenommen, wir fahren die Holsteiner Chaussee entlang und wollen hier nun indirektes Linksabbiegen praktizieren. Und zwar so, wie man es in der Grundschule lernt und nicht so, wie es die Straßenverkehrs-Ordnung erlaubt. Ich stelle mich also in diesen tollen Kasten und warte. Denn weil dort keine Induktionsschleife liegt oder ich jene nicht auslösen kann, muss ich rüber zum Knöpfchen laufen: Anders bekomme ich zu dieser Zeit kein grünes Licht. Da fragt man sich wirklich, was die hanseatischen Planer wohl unter einem Fahrrad verstehen, wenn ich das andauernd abstellen und schieben muss.

    Weiterhin gehen wir jetzt mal davon aus, dass ich nun nicht mitten in der Nacht dort stehe, sondern vielleicht tagsüber und neben mir aus dem Hörgensweg, den ich ein paar Absätze weiter oben beschrieben habe, für mich ein Kraftfahrzeug die Induktionsschleife ausgelöst hat. Dann passiert das hier:

    Das ist doch absolut geil, oder? Im Gegensatz zu der im Eingangsbeitrag beschrieben Fahrtrichtung habe ich hier immerhin zwei Signalgeber für Fußgänger und Radfahrer im Blick, die werden aber erst grün, wenn ich als indirekt Linksabbiegender Radfahrer da drüben noch den Knopf drücke. Wenn ich das nicht mache, bekomme ich kein grünes Licht, darf also nicht fahren und muss den abbiegewilligen Kraftfahrzeugen im Weg herumstehen. Die werden sicherlich ungeduldig hupen, vielleicht haut mir auch einer aufs Maul, aber mehr als zur Seite gehen kann ich ja nicht, denn für mich ist ja keine grüne Ampel sichtbar. Oder, viel schlimmer noch, ich stelle mein Rad in dem Kasten ab, gehe zum Knopf rüber, während in diesem Moment die Fahrbahn-Ampel auf grünes Licht springt und die Kraftfahrer ob des zweirädrigen Hindernisses geradezu ausflippen.

    Ich kann zwar aus dem aufgemalten Kasten noch gerade so an der Spiegelung der Blende die Farbe des Fahrbahn-Signalgebers hinter mir erkennen, aber als normaler Radfahrer blicke ich ja eh nicht durch, ob der nun für mich gilt oder nicht:

    Und da wundert man sich immer, wenn Radfahrer sich nie an die Regeln halten und immer über rote Ampeln fahren, ja? Aber bei solchen Kreuzungssituationen kann man sich ja als Radfahrer nur noch vollkommen verarscht fühlen.

    Nun weiß ich natürlich immer noch nicht, ob das wirklich schon der Endzustand der Kreuzung sein soll oder ob man sich da noch etwas einfallen lässt. Falls nicht, bleibt das wohl so eine halbgare Lösung wie viele tendenziell gute Ideen für den Hamburger Radverkehr. Falls doch: Auch nicht viel besser. Warum lässt man dann den Radverkehr erstmal ein paar Tage oder Wochen mit so einem bescheuerten Zwischenschritt allein? Klar, Kraftfahrer und Fußgänger müssen sich auch mal gedulden, und ginge es nur um Geduld, wäre die Sache auch nur halb so wild. Aber das man als Radfahrer nicht mal über eine Kreuzung kommt, das ist einfach kein akzeptabler Zustand.

  • Die Fußgängerampel gilt für dich als Radfahrer nicht beim indirekten Linksabbiegen. Die Sache mit den Schleifen würde ich dem Tiefbauamt, oder wer auch immer in Hamburg für sowas zuständig ist, melden. Normalerweise kann man die Biester einstellen.

  • Die Aufstellfläche für indirektes Linksabbiegen sieht mir auch irgendwie deplatziert aus. Offensichtlich ist man der Ansicht, daß die indirekten Linksabbieger auf der Furt queren sollen. Dabei führt dort gar kein Radweg weiter und die Furt ist auch nur für Fußgänger. Möchte man auf der anderen Seite auf der Fahrbahn weiter fahren, muss man sich von der Position aus erst wieder in den Längsverkehr einfädeln.

    Ich würde da eher auf Höhe der Geradeausspur warten als Radfahrer als auf Höhe der Rechtsabbiegerspur.

  • Die Fußgängerampel gilt für dich als Radfahrer nicht beim indirekten Linksabbiegen.

    Ja, das wissen vielleicht wir engagierten Kampfradler — aber der normale Radfahrer wartet nunmal in diesen Kästen für das indirekte Linksabbiegen, bis für ihn ein Signalgeber grünes Licht zeigt. Der käme doch nie auf die Idee, das nach der Straßenverkehrs-Ordnung erlaubte abbiegen zu praktizieren.

    Mir ist eben unter der Dusche noch eingefallen, dass die Sache noch komplizierter wird, wenn man dieses ganze Verfahren auf der anderen Straßenseite versucht, also an der Stelle, die auf den Fotos aus dem Eingangsbeitrag zu sehen sind. Da fahre ich dann auf diesen Linksabbiege-Kasten rauf, steige ab, laufe die zehn Meter zurück zum Drucktaster, muss dort aber auch gleich warten und die Lichtsignale beobachten, weil ja aus dem Linksabbiege-Kasten kein Signalgeber zu erkennen ist, laufe dann, wenn die Fußgänger zur Querung der Holsteiner Chaussee grünes Licht bekommen, über die rote Fußgängerampel über den Wiebischenkamp zurück zu meinem Fahrrad und fahre los und hoffe, dass mich der wartende Kraftverkehr bis dahin nicht massakriert hat.

  • Das ist genau so eine typische Stelle, bei der mal ganz deutlich wird, dass es sich bei der ganzen Fahrradfreundlichkeit oft genug nur um politisches Geschwätz handelt, das niemals bis zur Verwaltung durchdringt. Dort herrscht im besten Fall noch Ignoranz gegenüber dem Thema.
    Ich habe zum Beispiel sehr wohl Verständnis dafür, dass Städte, die sich in der Haushaltssicherung befinden, nicht mal eben große Radprojekte finanzieren können und ich bin mir auch bewusst, dass man als Politiker nicht mal eben alle autofahrenden Bürger vor den Kopf stoßen kann. Von daher erwarte ich auch gar nicht, dass auf die Ankündigung man möchte fahrradfreundlich sein gleich großartige Infrastrukturprojekte folgen. Was ich aber schon erwarte ist eine Mentalitätsänderung. Wenn ich vor solchen Projekten, wie der von Malte beschriebenen Kreuzung stehe, wo dem Radfahrer einfach nur ein großer fetter Mittelfinger entgegengestreckt wird und zwar ohne finanziellen Hintergrund, dann weiß ich eben, dass eine Stadt noch ganz weit weg davon ist fahrradfreundlich zu sein.

  • Ich war gestern mal beim PK 27 und habe unten auf der Wache vorgesprochen und man gab mir Recht: Die Sache ist kompliziert. Ich schreibe jetzt mal eine nette E-Mail an einen Beamten, der sich damit befassen möchte.

  • Wie lange dauert eigentlich eine Antwort so ungefähr? Mir ist klar, dass die Beamten dort auch noch andere Sorgen haben und auf ein paar Tage mehr oder weniger kommt es mir prinzipiell auch nicht an, aber diese bescheuerte Radverkehrsinfrastruktur ist schon hart nervig, wenn man abends mal wieder zum Einkaufen möchte und sich irgendwie halb-ordnungswidrig über die Kreuzung mogeln möchte.

  • Heute habe ich nun eine Antwort bekommen und ich war offenbar nicht der einzige Radling, der sich beschwert hat. Die Verkehrsführung wird nun geändert:

    • Die blauen Schilder in der Holsteiner Chaussee werden zwischen Rungwisch und dem Wiebischenkamp entfernt, Radfahrer können dann direkt von der Fahrbahn nach links abbiegen. Cooler Nebeneffekt der Sache ist ja, dass der gammelige Radweg, den es da auf einigen hundert Metern noch gibt, nicht mehr benutzt werden muss. Schont Rücken und Federgabel.
    • Die Aufstellfläche für Radfahrer, die auf der anderen Seite keinen Signalgeber hat, wird entfernt.
    • Die Fußgängerampel bekommt kombinierte Piktogramme als Streuscheibe, so dass die Signalgeber auch für die Radfahrer in der Aufstellfläche auf der anderen Straßenseite gilt.

    Naja, so kann man das halt auch lösen. Mir soll’s recht sein, allerdings bleibt für mich weiterhin das Problem, dass mich dann abends oder nachts die Kontaktschleifen an den nicht bevorrechtigten Straßen nicht mehr erkennen. Da werde ich noch mal nachfragen.