Hallo zusammen,
auf meinem Arbeitsweg liegt eine Ampel, bei der ich bei ungünstigem Timing immer mal wieder Probleme mit Fußgängern habe. Denn obwohl ich nicht bei Rot fahre, bekommen die Fußgänger Grün, bevor ich ihren Bereich verlassen habe. Vielleicht interessiert sich ja jemand für die Dinge, die ich bei der Untersuchung davon gelernt habe.
Die Situation:
- Die Ampel schaltet: DUNKEL - GELB - ROT
- Die zu räumende Strecke beträgt gut 30 m
- Die Fußgänger bekommen 3 Sekunden nach "ROT" bereits Grün
- Die Gelbphase beträgt 5 Sekunden
Wenn ein Radfahrer bei "fast ROT" in die Kreuzung einfährt, bekommen die Fußgänger also Grün, bevor die Fußgängerfurt verlassen werden kann. Zu allem Überfluss wird der Radfahrstreifen bei ca. 20 m zweigeteilt. Rechts stehen Radfahrer an einer Linksabbiegerampel. Die schaltet bereits 1 Sekunde nach "ROT" auf Grün. Das ist noch kritischer, da man an denen sehr eng vorbeifährt. Da muss ein dort wartender Radfahrer nur etwas zucken und es kracht.
Ich habe das an die Stadt geschrieben.
Antwort:
Die Kreuzung ist mit der Annahme berechnet, dass nach "1 Sekunde Gelb" keine Radfahrer mehr über die Ampel fahren. Die restlichen 4 Sekunden Gelb sind bereits tabu. Das sei nach RiLSA absolut korrekt.
Ich konnte das aus zwei Gründen nicht glauben:
- Wie soll ein Radfahrer das schaffen? Die Reaktionszeit beträgt ja schon eine Sekunde. Da bleibt überhaupt keine Zeit mehr zum Reagieren.
- An einer normalen Kreuzung mit 50 km/h beträgt die Gelbphase 3 Sekunden. Warum bekommen Autofahrer zwei Sekunden extra, Radfahrer aber nicht?
Also habe ich mir die RiLSA in der Bib geliehen und mal nachgelesen.
Die Antwort auf Frage 1 ist eindeutig: Radfahrer müssen übermenschliche Reflexe haben. Alle (!) Kreuzungen sollen unter der Annahme berechnet werden, dass der letzte Radfahrer nach "1s Gelb" die Ampel passiert.
Die Antwort auf Frage 2: Autofahrer bekommen gar keine 2 Sekunden extra. Die angenommene Überfahrzeit beträgt unabhängig von der zHg 3 Sekunden. Bei einem späteren Überfahren geht die Behörde von einem Gelblichtverstoß aus.
Die Kreuzung ist also nach RiLSA korrekt gestaltet und wird auch so bleiben. Trotzdem kommt es im Alltag zu Konflikten zwischen Fußgängern und Radfahrern. Den Hinweis in der RiLSA, dass das Rechenergebnis auch in der Praxis durch "wiederholte Beobachtung" zu überprüfen ist, ignoriert die Stadt.
Unabhängig davon fand ich die weiteren Annahmen interessant:
- Fußgänger bekommen keinerlei Reaktionszeit. Da wird physikalisch Unmögliches verlangt. Aber wahrscheinlich macht es in der Praxis kaum einen Unterschied. Aber warum nicht wenigstens realistisch rechnen?
- Bei den Räumzeiten dürfen Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern unberücksichtigt bleiben. Das erklärt, dass Fußgänger häufig beim Losfahren noch nicht vom Radweg runter sind.
- Bei Berechnungen werden Kraftfahrzeuge mit 6 m Länge angenommen, Radfahrer mit 0 m.
- Abbiegende Kraftfahrzeuge werden mit nur 2 s Überfahrzeit und 25 km/h berechnet (bei Radius < 10 m 18 km/h).