Zöllnitz - Freier Rechtsabbieger mal anders

  • Seit kurzem ist der (benutzungspflichtige) Radweg zwischen Jena-Lobeda und Zöllnitz im Süden der Stadt wieder offen.

    Zuvor war er jetzt knapp ein Jahr gesperrt, damit dort in Ruhe ein mehrere Fußballfelder großes Logistikzentrum gebaut werden konnte. Auf der parallel verlaufenden Straße war das Radfahren selbstverständlich explizit verboten.

    Die Zufahrt zum Logistikzentrum befindet sich an der Westseite und ist mit einer LSA-Variante ausgestattet, die ich so auch noch nicht kannte:

    Das aus meiner Sicht Besondere:

    Der grüne Rechtsabbieger-Pfeil leuchtet zusammen mit den beiden Ampeln der Hauptachse dauerhaft grün.

    Als parallel zur Hauptstraße fahrender Radfahrer muss man sich seine Freigabe per Taster "erbetteln". Ich hatte kurz Hoffnung geschöpft, als ich gesehen habe, dass in hinreichender Entfernung vor der Querung Induktionsschleifen gelegt wurden, aber egal welches Rahmenmaterial (CFK, Alu, Stahl) ich probierte, die Anzeige "Signal kommt" oder Grün löste ich beim Überfahren nicht aus. Selbst Pedelecs, die bei der Gelegenheit vorbeigefahren wurden, lösten nichts aus, sodass auch damit die manuelle Anforderung erforderlich war.

    Da der Radweg auch für landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben ist, sind die Schleifen vielleicht für diesen angelegt, damit dessen Fahrersitz nicht verlassen werden muss, um zum Taster zu laufen :/

  • es war so klar, dass die [...] äußerst fähigen und für ihre kompetenz in Sachen Radverkehrsführung bekannten Behörden des Saaleholzlandkreises das durchgewunken haben.

    Das ist auch ein herrliches Beispiel dafür, was dabei rauskommt, wenn man immer "Radweg! Radweg!" schreit und die Fahrbahn verteufelt. Getrennt signalisierte verkehrsströme dazu, mit auch niemand im "toten Winkel" liegen bleibt.

    Wenn ich das nächste Mal in Jena bin, schau ich mir den Spaß an und schreib mal wieder an die Behörde.

    An jenen Leiter, der mir zusicherte, dass die Sperrung der Straße für den Radverkehr im Jan 2021 aufgehoben werden sollte.

  • Man kann aber solche Schleifen durchaus so einstellen, dass sie auch auf Fahrräder reagieren. Das bekommt selbst die Landeshauptstadt München hin, wenn auch oft erst nach entsprechenden Bitten.

  • In Jena schien die Justage der Schleifen immer seeeehr schwierig bis unmöglich zu sein. In aufwendigen Erprobungen mussten dann teils radar-gestützte Erkennungssysteme installiert werden. Bearbeitungszeit: ein bis anderthalb Jahre.

    Bei der Zöllnitzer Ampel reagiert offensichtlich keine der eingebauten Schleifen auf Radfahrer:
    Für die Fahrtrichtung Zöllnitz-Jena hat man zwar nach den Bauarbeiten die [Zeichen 254] von der Straße entfernt, aber vergessen, die weggedrehten [Zeichen 240] zu reaktivieren. Dementsprechend hatte ich mich am Wochenende mal an eine kleine Rennradtruppe drangehängt, die natürlich auf der Fahrbahn gen Jena fuhr. Hinter der Ampelkreuzung beginnt ja dann die linksseitige Benutzungspflicht mit den neu angebrachten [Zeichen 240]

    Also auf die schleifengesteuerte Linksabbiegerspur und warten und warten und warten und warten und warten ...

    Nach gefühlten zehn Minuten in der Sonne bin ich dann rüber zum Radweg gelaufen.

    Gab es nicht auch die Möglichkeit zum Widerspruch gegen die RWBP, wenn die Beschaffenheit des Radwegs signifikant verändert wurde?
    Ich würde die von DMHH beschriebenen Sachbearbeiter ja auch gerne mal kennenlernen :P

  • Das Blöde an der ganzen Sache:

    außerorts.

    Den in §45 Abs. 9 StVO heißt es zwar:

    Zitat

    1Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. [...] 3Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.

    jedoch der Absatz weiter mit:

    Zitat

    Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

    [...]

    3. Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),

    ;(

    damit ist kann man das halt eigentlich knicken, außerorts so eine Grütze wegzubekommen.

    Wobei der besagte Abschnitt angreifbar wäre über die fehlenden sicheren Querungsmöglichkeiten am Beginn/Ende.

    Zwar hat man eine Sprunginsel in Höhe des Fußgängertunnels "Neue Schenke", wenn man aus Richtung Stadtrode kommen, aber diese Querungsmöglichkeit ist nicht erreichbar für den Radverkehr.

    Und wenn man weiter nach Jena reinfährt, ist der linksseitige Radweg unmittelbar an der Stadtgrenze zu Jena an der EÜ über Strecke Jena-Gera beendet. Sichere Querungsmöglichkeit: Fehlanzeige.

  • Also meine letzte Klage im Frühjahr ging gegen eine (auch) außerorts gelegene Benutzungspflicht und war erfolgreich. Bereits Satz 1 ("Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist") stellt natürlich eine entsprechend hohe Hürde dar, welche - ich weiß X/ - seltsamerweise bei Verboten für den Kfz-Verkehr immer höher ist als beim Radverkehr.

    Wenn wie im vorliegenden Fall der Radweg faktisch ein Jahr gar nicht benutzbar war, stellt sich für mich eher die Frage, ob die Benutzungspflicht nicht sogar ganz neu angeordnet werden müsste. Faktisch gab es sie ja entsprechend lang gar nicht. Ok, da war parallel dazu ein VZ 254 aufgestellt, aber den Antrag auf Vornahme verkehrsregelnder Maßnahmen kannst du ja trotzdem stellen und die Behörde ein wenig beschäftigen :D.

  • Wobei der besagte Abschnitt angreifbar wäre über die fehlenden sicheren Querungsmöglichkeiten am Beginn/Ende.

    Zwar hat man eine Sprunginsel in Höhe des Fußgängertunnels "Neue Schenke", wenn man aus Richtung Stadtrode kommen, aber diese Querungsmöglichkeit ist nicht erreichbar für den Radverkehr.

    Und wenn man weiter nach Jena reinfährt, ist der linksseitige Radweg unmittelbar an der Stadtgrenze zu Jena an der EÜ über Strecke Jena-Gera beendet. Sichere Querungsmöglichkeit: Fehlanzeige.

    Da das [Zeichen 240] auf Höhe "Neue Schenke" derzeit weggedreht ist, dürfte man dort eigentlich gar nicht queren, sondern muss stadteinwärts auf der "gefährlichen" Straße bis zur Ampel fahren und dort Linksabbiegen. Geht aber wie gesagt nicht wegen der schlecht eingestellten Schleife.

    Im weiteren Verlauf wird's eh kurios: Straßenbegleitend wird der Weg dann am Beginn der Eisenbahnbrücke [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10] um dann am Ende der Brücke wieder als "echter" Radweg mit [Zeichen 240] + [Zusatzzeichen 1012-31] zu enden ...

    Naja, ich werd's zusammen mit einigen anderen Widersprüchen gegen andere RWBP im SHK servieren und dann schaun wir mal. ;)

  • Gibt's denn auch unechte Widersprüche? Einen Bescheid fordere ich in meinem Text nicht explizit, weil ich dachte, dass ohnehin mit einem Dokument reagiert werden muss. Allerdings hatte ich es bis jetzt noch nicht, dass ich weitere Eskalationsstufen gehen musste. Stattdessen kam meist recht bald nach Einreichen des Widerspruchs ein Anruf, in dem sich über die gewünschte Lösung abstimmen wollte und nach einiger Zeit und notfalls Quengelei wurden dann die besprochenen Änderungen umgesetzt.

  • Gibt's denn auch unechte Widersprüche?

    das, was du in Jena mit der Foliensammlung zur RWBP in Teilen der Stadt gemacht hast: joa, das wäre ein "unechter Widerspruch" ;)

    nämlich: Aufzeigen von "äh, hallo?!" - Reaktion des Fachdienstes in gemächlichem Tempo. :S

  • Nun lebe ich ja in Bayern und muss mich schon seit 2007 nicht mehr mit Widersprüchen „aufhalten“. Aber ich denke, ich würde es explizit darüberschreiben und grundsätzlich darin einen Bescheid fordern. Ist ja auch viel günstiger als die fast 500 € oder mehr für eine Anfechtungsklage.

  • Mh, man könnte auch:

    • Widerspruch gegen die Anordnung der LZA, weil diese auch einen Verwaltungsakt darstellt. Man könnte zB vorbringen, dass die aktuelle Einstellung der LZA trotz Ermessen rechtswidrig ist, weil die Schleife auch auf Radfahrer eingestellt werden kann und es daher ein geeignetes, gleich wirksames Mittel mit niedrigerer Eingriffsintensität wäre, einfach auch die Radfahrer zu berücksichtigen. Ggf. könnte man auch in Frage stellen, warum die Behörde nicht einfach einen IR-Sensor verwendet für den Fall, dass die Schleife nicht brauchbar eingestellt werden kann, wenn es sowas fertig auf dem Markt gibt.

    Ein Widerspruch bei StVO-Sachen kostet 28,50 EUR, wenn er abgelehnt wird. Ob man da genau was reißen kann, ist offen, aber ich wäre echt gespannt, wie die Behörde da argumentieren will.

  • Aber Satz 1 gilt doch immer noch, oder?

  • so, Ordnungsamt Saale-Holzlandkreishat geantwortet:

    Zitat

    zu Ihrer Anfrage bezüglich der installierten LSA an der L 1077 - Jena-Zöllnitz, Fa. Böttcher möchten wir Ihnen mitteilen, dass für den Radverkehr extra eine Induktionsschleife eingebaut wurde. Das Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr wird durch die Signalbaufirma nochmals die Funktionalität überprüfen bzw. prüfen lassen, ob die Sensibilität der Schleifen erhöht werden kann. 

    Mit freundlichen Grüßen

    Im Auftrag

    hihi, ich finds lustig, dass aus der unterschiedlichen Formatierung so ein wenig die Bearbeitungs- bzw. Abstimmungshistorie hervorgeht. ;)

    das TLBV hat mir gleichzeitig einen Signalisierungsplan per Mail geschickt und auch noch mal gesagt: "Schleife ist eingebaut!"

    Mal gucken, ob man dort in den kommenden Wochen besser erkannt wird.

    Wobei: ich war da schon mit großem Stahlrahmen unterwegs und jetzt auch nicht sonderlich schnell - musste aber dennoch drücken am Taster

  • Bin heute nochmal dort lang, um den aktuellen Stand für den Widerspruch zu prüfen und natürlich reagieren die Schleifen immer noch nicht auf Radverkehr auf dem Radweg.

    Was aber interessanterweise jetzt funktioniert, ist die Fahrraddetektion an der Linksabbiegerspur in westlicher Fahrtrichtung.

    Das ging beim letzten Mal ja nicht, also hat man scheinbar irgendwas an den Schleifen gemacht, nur halt an der falschen ^^