Die dreistesten Unfallursachenausreden

  • Habe mir mal die Stelle auf GoogleSatellit angeguckt:

    https://www.google.com/maps/place/Am+…902!4d8.4497476

    Auf dem ersten Blick sieht es ja aus wie eine Radverkehrsanlage.

    Aber das Satellitenbild zeigt, dass der rotgefärbte Weg mit weißer Strichlinie begrenzt, ein Fußweg ist.

    Also kein Problem, dass der Weg direkt auf den Zebrastreifen zuführt.

    Das Problem ist, dass es wie ein Radweg aussieht.

  • Rückwärts ausgeparkt, Radfahrer krankenhausreif gefahren: Auf beliebter Radstrecke in Hamburg: Auto fährt Radler um – Krankenhaus

    Auch dieser Bericht kommt komplett ohne den Aspekt aus, dass im Auto mutmaßlich ein Mensch zugange war. Das Auto wollte rückwärts ausparken, das Auto erwischte den Radfahrer, das Auto hat den Radfahrer verletzt.

    Ich vertrete ja nach wie vor die These, dass es ehrlicher wäre, ganz genau aufzuschreiben: Ein Autofahrer hat den Radfahrer aufgrund eines unachtsamen Fahrstils ins Krankenhaus befördert.

  • Auch dieser Bericht kommt komplett ohne den Aspekt aus, dass im Auto mutmaßlich ein Mensch zugange war. Das Auto wollte rückwärts ausparken, das Auto erwischte den Radfahrer, das Auto hat den Radfahrer verletzt.

    Ich vertrete ja nach wie vor die These, dass es ehrlicher wäre, ganz genau aufzuschreiben: Ein Autofahrer hat den Radfahrer aufgrund eines unachtsamen Fahrstils ins Krankenhaus befördert.

    Ich hatte kürzlich das "Vergnügen" bei einem Bekannten im Auto mitzufahren.
    Mit dem Einlegen des Rückwärts-Ganges schaltete sich automatisch eine Rückfahrkamera ein und das Bild wurde auf einen Bildschirm angezeigt.

    Leider hatte die Rückfahrkamera keine Warnfunktion. Bei dem Auto aus dem Unfallbericht werden keine Angaben dazu gemacht, ob es einen Rückfahrassistenten hatte oder nicht.

    Allerdings ist der Satz, "Offenbar fuhr das Auto beim Wendemanöver rückwärts den Radfahrer um.", aus der Unfallberichterstattung möglicherweise ein Hinweis darauf, dass so ein Auto ganz einfach mehr können muss, als einfach nur rückwärts fahren, wenn der Fahrer den Rückwärtsgang einlegt und Gas gibt.

    Das Auto sollte zum Beispiel in der Lage sein zu erkennen, ob sich von hinten ein Fahrradfahrer oder Fußgänger oder kleiner Fußgänger ... nähert. Und das Auto sollte dann automatisch bremsen können.

    Der Fahrer bringt das ganz offensichtlich einfach nicht. Und in der Berichterstattung wird der Fahrer ja auch gar nicht erwähnt, denn dem Bericht zufolge war es so: "Offenbar fuhr das Auto beim Wendemanöver rückwärts..."

    Ja verdammt nochmal, dann baut doch gefälligst auch Autos, die keinen umfahren, wenn sie im Rückwärtsgang unterwegs sind. Oder bei denen zumindest alles technisch mögliche getan wurde, um einen solchen Unfall zu verhindern.

  • Ich vertrete ja nach wie vor die These, dass es ehrlicher wäre, ganz genau aufzuschreiben: Ein Autofahrer hat den Radfahrer aufgrund eines unachtsamen Fahrstils ins Krankenhaus befördert.

    "Radfahrer" ist klar, weil angegeben, aber "Autofahrer" klingt ausgedacht. "Fahrstil" impliziert eine dauerhafte Eigenschaft und schließt eine einmalige Unachtsamkeit aus.

  • Bei dem Auto aus dem Unfallbericht werden keine Angaben dazu gemacht, ob es einen Rückfahrassistenten hatte oder nicht.

    So wie das Auto steht, hätte der Radler aus der Wiese auf die Fahrbahn radeln müssen, um in der Kamera zu erscheinen. Dann hätte er aber Nachrang nach § 10 gehabt ...

    Ne, der Autofahrer hätte sich nach rechts oder links *) vergewissern müssen, ob da jemand kommt.

    *) bezogen auf seine Stellung im Bild, beim Start des Wendemanövers vmtl. anderswohin ...

  • So wie das Auto steht, hätte der Radler aus der Wiese auf die Fahrbahn radeln müssen, um in der Kamera zu erscheinen. Dann hätte er aber Nachrang nach § 10 gehabt ...

    Ne, der Autofahrer hätte sich nach rechts oder links *) vergewissern müssen, ob da jemand kommt.

    *) bezogen auf seine Stellung im Bild, beim Start des Wendemanövers vmtl. anderswohin ...

    So wie das Auto steht ist es durchaus möglich, dass es zum Wenden auf die Wiese gefahren ist und dann im Rückwärtsgang zurück auf die Fahrbahn. Auf jeden Fall ist nicht auszuschließen, dass ein Rückfahrassistent, das muss ja nicht alleine eine Kamera sein (auch Ultraschallsysteme kommen dabei zum Einsatz), den Fahrer gewarnt hätte und je nach Konfiguration das Auto vielleicht sogar rechtzeitig gebremst hätte.

    In diesem HAZ-Bericht vom 29.7.2014 werden ausdrücklich Ultraschall-Systeme erwähnt: "Müllwagen werden sicherer

    Nach zwei tödlichen Unfällen beim Rückwärtsfahren werden die Müllfahrzeuge des Abfallwirtschaftsbetriebs aha sicherer. Das Unternehmen rüstet nach und nach alle 250 Abfallfahrzeuge mit einem Ultraschallsystem aus, das bei den Wagen kurz vor einem Hindernis automatisch die Bremsen auslöst."

    Müllwagen werden sicherer
    Nach zwei tödlichen Unfällen beim Rückwärtsfahren werden die Müllfahrzeuge des Abfallwirtschaftsbetriebs aha sicherer. Das Unternehmen rüstet nach und nach…
    www.haz.de

    Zugegeben: Ein einzelner Müllwagen fährt vermutlich häufiger rückwärts als einzelner PKW. Allerdings müssen Müllwagen (auch wenn diese mit Rückfahrassistenten ausgerüstet sind) einen Einweiser haben. Und in der Summe der vielen PKW, die es gibt, ist die Gefahr eben auch sehr hoch von einem PKW beim Rückwärtsfahren überfahren zu werden.

    Gut, dass Rückfahrassistenten ab 2022 bei Neuwagen vorgeschrieben sind.

    Schade, dass das nicht auch für den PKW-Altbestand gilt.

    Ob die vorgeschriebenen Mindest-Anforderungen ausreichen, bleibt abzuwarten.

    Zu befürchten ist, dass die Autoindustrie niedrigste Qualitätsstufen durchgesetzt hat, um Kosten zu sparen.

  • Wobei die seitlichen hinteren Sensoren durchaus helfen. Ich bekomme beim rückwärts aus der Einfahrt fahren eine Warnung, sobald die Stoßstange außerhalb des Zaunes ist. Durch geparkte Autos geht nicht immer - meiner Erfahrung nach gut bei hoher Bodenfreiheit, ganz schlecht bei mehreren Kleinwagen.

    Ein Focus-Artikel aus dem Jahr 2017 versucht das zu beschreiben: https://www.focus.de/auto/news/notb…id_7986958.html - ist inzwischen deutlich weiter verbreitet.

  • In dem verlinkten Focus-Artikel heißt es:

    "Parkt die S-Klasse rückwärts aus, bremst sie notfalls automatisch, um eine Kollision zu verhindern. Mit dem XC40 bringt Volvo im Frühjahr in der Golfklasse ein SUV mit Notbremse für das Rückwärtsfahren auf den Markt. Steuert der Fahrer retour, und die Radareinheit im Heck entdeckt Verkehr ab einer Größe von kleinen Motorrädern stoppt das SUV automatisch. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das System der Schweden bereits querende Fußgänger und Fahrradfahrer erkennen und bei Kollisionsgefahr bremsen – für Unfallforscher eine entscheidende Funktion, auf dem Weg zu einem sichereren Straßenverkehr."

    Hier noch mal der Link:

    Schutzengel am Fahrzeugheck
    Die Horrorvorstellung eines jeden Autofahrers: Beim Rückwärtsfahren einen Fußgänger übersehen. Ein neues Assistenzsystem soll das verhindern.
    www.focus.de

    In einem Artikel in der Zeitschrift auto motor sport vom 10.12.2020 wird über die ab 2022 verpflichtend vorgeschriebenen Assistenzsysteme berichtet. Zum Rückfahrassistenten heißt es:

    "8. Rückfahrassistent

    Das System erkennt Passanten oder Hindernisse hinter dem Fahrzeug und warnt den Fahrer bei der Rückwärtsfahrt. Die Systeme basieren auf Sensor- und/oder Kamera-Informationen."

    Von Tempo-Assistent bis Blackbox: Diese Assistenzsysteme sind ab 2022 vorgeschrieben
    Um die Unfallzahlen und die im Straßenverkehr verunglückten Verkehrsteilnehmer nachhaltig zu reduzieren, schreibt die EU ab 2022 zahlreiche weitere…
    www.auto-motor-und-sport.de

    Demnach ist für den ab 2022 vorgeschriebenen Rückfahrassistenten keine automatische Bremsfunktion eine notwendige Voraussetzung. Der Fahrer wird lediglich gewarnt. Das sieht sehr danach aus, als sei es der Fahrzeugindustrie erfolgreich gelungen, die Kosten zu drücken. Auf Kosten der Sicherheit besonders der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer*innen. :(

  • Hat diesmal nichts mit Radverkehr zu tun, aber die Überschrift müsste natürlich korrekterweise lauten:

    USA: Acht Tote bei Massenkarambolage durch unangepasste Geschwindigkeit.

    Schuld ist aber natürlich der Sandsturm, der urplötzlich wie aus dem Nichts gekommen zu sein scheint. Vielleicht sind auch die Sandsturm-Assistenzsysteme ausgefallen oder waren nicht in allen Fahrzeugen vorhanden. Da kann man dann halt nichts machen...

    USA: Acht Tote bei Massenkarambolage durch Sandsturm in Utah - DER SPIEGEL

  • Sandsturm auf der Autobahn - Massenunfall auf der A 19 vor zehn Jahren | MDR.DE
    Acht Menschen kamen im April 2011 auf der A 19 bei Rostock ums Leben, als ein Sandsturm über die Autobahn fegte und zu einer Massenkarambolage führte. Wir…
    www.mdr.de

    Kurios: Ebenfalls genau 8 Menschen starben vor rund 10 Jahren in einem Sandsturm im April 2011 auf der A19 bei Rostock.

    Schuld ist aber natürlich der Sandsturm, der urplötzlich wie aus dem Nichts gekommen zu sein scheint. Vielleicht sind auch die Sandsturm-Assistenzsysteme ausgefallen oder waren nicht in allen Fahrzeugen vorhanden. Da kann man dann halt nichts machen...

    USA: Acht Tote bei Massenkarambolage durch Sandsturm in Utah - DER SPIEGEL

    Was spricht eigentlich gegen ein Assistenzsystem, das bei einem Fahrzeug automatisch die Geschwindigkeit reduziert, wenn die mangelhaften Sichtverhältnisse das gebieten? Oder zumindest ein Assistenzsystem, das unmissverständlich eine entsprechendes Warnsignal abgibt. Eine Kombination mit vernetzten Fahrzeugen könnte ein solches Assistenzsystem noch verbessern.

    Eine Gefahr sehe ich darin, dass der Fahrzeugverkehr sich noch weiter beschleunigen würde und generelle Tempolimits noch schärfer bekämpft würden: Aber solchen Forderungen muss ja nicht nachgegeben werden.

    In diesem mdr-Film vom 13.4.2021 wird ausdrücklich auf den Sicherheits-Gewinn durch kommunizierende Fahrzeuge hingewiesen (Minute 7:30). Anlass für den Film ist der zehnjährige Jahrestags der Sandsturm-Katastrophe auf der A 19 bei Rostock.

    Der Film macht deutlich, dass viele Autofahrer das Gefühl für die angemessene Geschwindigkeit verlieren. (Minute 7:45).

    Liegt es da nicht nahe, technisch aufzurüsten, um dieses verlorengegangene Gefühl zu kompensieren?

    Oder geht durch eine entsprechende Verbesserung der Fahrzeug-Sicherheitstechnik noch mehr Gefühl verloren?

    Gleichzeitig wächst die Motorleistung und das Beschleunigungsvermögen der Fahrzeuge zusehends. Und im Fahrzeuginnern gibt es keinen wahrnehmbaren Unterschied mehr zwischen Tempo 30 und Tempo 300. Dazu sagt der Verkehrsexperte, Dr. Wolfgang Kühn von der westsächsischen Hochschule in Zwickau, in dem Film: "Sie hören und merken das Auto kaum noch, dass heißt Geschwindigkeit einschätzen wird immer schwieriger, ..." (Minute 8:02)

    Ferner wird in dem mdr-Film gefordert zusätzliche Führerschein-Anforderungen durchzusetzen, zum Beispiel Fahrten mit einem Fahrsimulator. (Minute 8:20)

    Ich halte es für absolut notwendig, den Führerscheinerwerb mit einer sehr viel intensiveren Führerschein-Ausbildung zu verknüpfen. Alleine die ab 2022 vorgeschriebenen Assistenzsysteme erfordern ein sehr viel gründlicheres Wissen über das Autofahren. Und Besitzer alter Führerscheine müssen verpflichtet werden, sich hier nachzubilden und ein entsprechendes Zusatz-Zertifikat zu erwerben.

    Leider habe ich den Eindruck, dass viele Autofahrer das viel zu lässig sehen und die neuen Sicherheits-Techniken und Assistenz-Systeme pauschal schlecht reden. Möglicherweise nicht zuletzt deshalb, weil sie den neuen Anforderungen ausweichen wollen. Andere Autofahrer wiederum haben dabei vor allem im Hinterkopf, dass es mit mehr Assistenzsystemen zukünftig gefahrloser möglich sein wird, noch schneller zu rasen, oder zwischendurch mal auf's Handy zu schauen. Daraus wächst die Gefahr eines Rebound-Effektes.

    Das ist aber kein Grund auf deutlich verschärfte Vorschriften und hochwirksame Fahrassistenzsysteme zu verzichten. Und die dürfen dann auch gerne mal geschwindigkeitsreduzierend eingreifen! Am Ende des Films (Minute 8:35) greift der Sprecher den Klimawandel auf und weist unmissverständlich darauf hin, dass solche Naturereignisse wie der Sandsturm bei Rostock, in Zukunft immer mehr zum Alltag werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (27. Juli 2021 um 11:28) aus folgendem Grund: Rechtschreib-Korrektur, Zitat eingefügt

  • Irgendwie kurios: Im initialen Beitrag wurde bemängelt, dass der Artikel nicht explizit den Menschen (m/w/d) am Steuer als Ursache der Kollision benannte, sondern nur das "Verhalten" des Autos beschrieb.

    Als Reaktion werden hier dann mehr und mehr Assistenzsysteme für alle Eventualitäten gefordert, in denen das Auto selbst die Kontrolle übernehmen soll. :/

    Wäre natürlich viel besser, wenn man künftig weiß, dass man nicht mehr durch menschliches Fehlverhalten, sondern durch veraltete Softwareversionen, Bugs und funktionseingeschränkte Sensoren gefährdet wird.

    Wie könnte die Meldung dann aussehen? Vielleicht so:

    Aufgrund einer nach Auskunft des Herstellers erstmalig aufgetretenen Fehlfunktion im Rückfahrassistenten kollidierte ein teilautonom rückwärtsfahrendes Auto vom Typ RZR 5 der vorletzten Generation mit einem querenden Radfahrer, dessen schwere Verletzungen anschließend stationär behandelt werden mussten. Der Fahrer des Autos stand ob des Fehlverhaltens seiner sonst zuverlässigen Maschine unter Schock.

    Nach Untersuchungen des KBA könnte der Radfahrer aufgrund der schwachen Radarsignatur seines Zeitfahrrades "Stealth X Pro" vom System des PKW übersehen worden sein, weshalb die Anbringungen geprüfter, großflächiger Radarreflektoren mit der nächsten Änderung der StVZO verpflichtend werden soll.

  • Irgendwie kurios: Im initialen Beitrag wurde bemängelt, dass der Artikel nicht explizit den Menschen (m/w/d) am Steuer als Ursache der Kollision benannte, sondern nur das "Verhalten" des Autos beschrieb.

    Als Reaktion werden hier dann mehr und mehr Assistenzsysteme für alle Eventualitäten gefordert, in denen das Auto selbst die Kontrolle übernehmen soll. :/

    Berechtigter Einwand — den Widerspruch vermag ich auch nicht direkt aufzulösen. Aber vereinfacht dargestellt ist es eigentlich immer noch so, dass der Kraftfahrer am Lenkrad die Verantwortung trägt und sich mit Assistenzsystemen nur unterstützen lassen kann. Wenn jemand auf regennasser Straße einen Unfall verursacht, dann ist ja auch primär der Fahrer aufgrund der unsachgemäßen Geschwindigkeit schuld und nicht das ABS, das hier am Rande eines technischen Wirkungsbereiches arbeiten musste. Insofern denke ich, solange ein Mensch am Lenkrad sitzt und das Auto nicht autonom fährt, ist auch jeweils der Mensch verantwortlich. Und wenn er sich auf seine Rückfahrkamera verlässt, die dummerweise defekt ist, und trotzdem rückwärts fährt, dann ist auch weiterhin nicht die Kamera schuld, sondern der Mensch am Lenkrad.

  • In dem verlinkten Focus-Artikel heißt es:

    "Parkt die S-Klasse rückwärts aus, bremst sie notfalls automatisch, um eine Kollision zu verhindern. Mit dem XC40 bringt Volvo im Frühjahr in der Golfklasse ein SUV mit Notbremse für das Rückwärtsfahren auf den Markt. Steuert der Fahrer retour, und die Radareinheit im Heck entdeckt Verkehr ab einer Größe von kleinen Motorrädern stoppt das SUV automatisch. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das System der Schweden bereits querende Fußgänger und Fahrradfahrer erkennen und bei Kollisionsgefahr bremsen – für Unfallforscher eine entscheidende Funktion, auf dem Weg zu einem sichereren Straßenverkehr."

    Das unterstrichene ist Dir aber auch aufgefallen?!

    Demnach ist für den ab 2022 vorgeschriebenen Rückfahrassistenten keine automatische Bremsfunktion eine notwendige Voraussetzung. Der Fahrer wird lediglich gewarnt. Das sieht sehr danach aus, als sei es der Fahrzeugindustrie erfolgreich gelungen, die Kosten zu drücken. Auf Kosten der Sicherheit besonders der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer*innen. :(

    Bei einer automatischen Bremsung könnte man vmtl. nicht mehr gaaaaanz langsam an Hindernissen vorbei rangieren und so mancher käme nicht mehr aus seiner Garage raus ... Aus Umweltsicht mag das gut sein ... *flöt*

  • Aber vereinfacht dargestellt ist es eigentlich immer noch so, dass der Kraftfahrer am Lenkrad die Verantwortung trägt und sich mit Assistenzsystemen nur unterstützen lassen kann.

    Das bedeutet aber, dass das "Assistenz"system ausschließlich akustisch oder optisch vor einer Gefahr warnen darf, um dann dem Fahrer die Entscheidung über die richtigen Folgehandlungen zu überlassen. In dem Moment, wenn es ein "Assistent" sein soll, der aktiv eingreift und z.B. bremst, bevor ein anderer gefährdet wird und so die Verantwortung des vormals notwendigen Einweisers übernimmt, müsste sichergestellt werden, dass die Gefahrenerkennung zuverlässig immer funktioniert oder der Fahrer umgehend daraufhingewiesen wird, wenn das System nicht einwandfrei läuft.

    Also müsste man Redundanzen wie z.B. beim Airbag schaffen, die die Assistenten kontrollieren und ab dem Punkt braucht man sich dann auch nicht mehr beschweren, dass die rollenden Assistenzbündel immer größer und schwerer werden, weil mitten in den Sensoren, Kabeln, Sicherheitssprengsätzen und Controller-Einheiten noch mindestens vier Sitzplätze untergebracht werden sollen.

    Insofern denke ich, solange ein Mensch am Lenkrad sitzt und das Auto nicht autonom fährt, ist auch jeweils der Mensch verantwortlich. Und wenn er sich auf seine Rückfahrkamera verlässt, die dummerweise defekt ist, und trotzdem rückwärts fährt, dann ist auch weiterhin nicht die Kamera schuld, sondern der Mensch am Lenkrad.

    Im Falle einer einfachen Rückfahrkamera kein Problem, weil wenn kein Bild oder nur ganz schlechtes Bild, dann Kamera kaputt oder verschmutzt. Woher aber sollte man wissen, ob der Abstandsscanner hinten rechts bestimmungsgemäß funktioniert oder aufgrund eines Defekts durchgängig seine Bit-Folge für "Ist frei - kannst fahren." in den CAN-Bus schiebt?

    Dann verlagert sich die Unfallursache aus meiner Sicht schon von "durch menschliches Versagen" zu "aufgrund eines technischen Defekts" bzw. "Das Auto hat die Gefahr nicht rechtzeitig erkannt.".

  • Das bedeutet aber, dass das "Assistenz"system ausschließlich akustisch oder optisch vor einer Gefahr warnen darf, um dann dem Fahrer die Entscheidung über die richtigen Folgehandlungen zu überlassen. In dem Moment, wenn es ein "Assistent" sein soll, der aktiv eingreift und z.B. bremst, bevor ein anderer gefährdet wird und so die Verantwortung des vormals notwendigen Einweisers übernimmt, müsste sichergestellt werden, dass die Gefahrenerkennung zuverlässig immer funktioniert oder der Fahrer umgehend daraufhingewiesen wird, wenn das System nicht einwandfrei läuft.

    Warum soll ein Assistenzsystem ausschließlich nur akustisch und optisch warnen dürfen. Das ist doch Quatsch.

    Beim Ausstiegsassistenten gibt es zum Beispiel Systeme, bei denen das Öffnen der Tür um ca. 1 Sekunde verzögert wird, wenn das Assistenzsystem die Gefahr eines Dooring-Unfalles erkennt. MTL's Bedenken zufolge, dürfte es so was nicht geben, weil der Autofahrer, der die Tür öffnet auf jeden Fall dafür verantwortlich gemacht werden können muss, wenn es zu einem Dooring-Unfall kommt. Und dieser Autofahrer soll laut MTL nicht die Chance erhalten, sich dahingehend aus der Verantwortung zu stehlen, sein Türöffnungsassistent haben nicht lange genug verzögert.

    Mir ist es aber in allererster Linie wichtig, dass es erst gar nicht zu dem gefürchteten Dooring-Unfall kommt. Auch dann nicht, wenn ich als Fahrradfahrer*in einmal unvorsichtigerweise mich in der Dooring-Zone bewege. Und ich will, dass auch andere Fahrradfahrer*innen, die aus welchen Gründen auch immer unvorsichtigerweise in der Dooring-Zone fahren, durch einen Ausstiegsassistenten geschützt werden, der das Öffnen der Tür genügend stark verzögert, so dass der Dooring-Unfall gar nicht erst stattfindet. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt?

    Und ich will, dass bei Unfallberichten über so was berichtet wird, spätestens dann, wenn diese Assistenten bei Neuwagen Pflicht sind. Und bereits jetzt und heute, wenn bei einer Berichterstattung darüber Spekulationen angestellt werden, wie es zu dem Unfall kam.

    "Während der Mercedes die Insassen beim Öffnen der Türe audiovisuell (Warnton und Blinken im Außenspiegel) warnt, kann Audi im A6 durch einen elektronischen Schließmechanismus die Öffnung der Türe um eine knappe Sekunde verzögern, um den Insassen haptisch zu warnen. Zusätzlich erscheint im Außenspiegel ein Dauerlicht, beim Öffnen der Tür blinkt es im Außenspiegel."

    Ausstiegswarner: So schützen sie vor Dooring-Unfällen
    Ausstiegswarner sollen Autoinsassen vor nahenden Verkehrsteilnehmern warnen und so Unfälle mit Autotüren verhindern. So funktionieren die Systeme von Audi und…
    www.adac.de

    Streng genommen dürfte es laut MTL den Ausstiegsassistenten von Audi gar nicht geben. Das soll er mir mal erklären, warum Fahrradfahrer*innen aufgrund welcher Prinzipien Dooring-Unfälle erleiden sollen, die sich verhindern lassen können.

  • Lieber Ullie, prima, dass du dich weiter mit immer neuen Assistenzsystemen für Kraftfahrzeuge beschäftigst und es befürwortest, dass die Fahrzeuge immer größer und schwerer werden, um all die verpflichtenden Assistenten, deren Rechentechnik und Stromversorgung aufnehmen zu können.

    Ist sicher besser, als die Fahrzeuge schlank und kompakt zu halten oder die Verkehrsflächen so aufzuteilen, dass Konflikte vermieden werden können.

    Leider hat dein neuester Lieblingsassistent eher wenig mit dem eingangs genannten Unfall oder der kritisierten Abgrenzung zwischen Verantwortlichkeit des Fahrers und dem "Verhalten" des Autos zu tun.

    Ich persönlich habe noch keine eigene Erfahrung mit den genannten Ausstiegswarnern, hätte aber die gleiche Befürchtung wie bei Rückfahrassistenten, nämlich, dass sich zu sehr darauf verlassen wird. Stellt die einsekündige Verriegelung außerdem tatsächlich sicher, dass im Alltagsbetrieb die Tür bedachter geöffnet wird oder nicht eher doch viel energischer aufgestoßen, weil man ja schon die Wartezeit "verloren" hat. Wer es nicht schafft, vor dem Aussteigen in den Spiegel zu schauen oder mal kurz den Kopf zu drehen, wird wohl kaum wegen einer kleinen Elektronikspielerei umsichtiger und rücksichtsvoller.

    Im Falle einer Fehlfunktion wegen eines Defekts oder ungünstiger Umgebungsbedingungen könnte man als Radfahrer eventuell sogar noch weniger reagieren oder in der nachträglichen Regulierung schlechter gestellt sein, weil der KFZ-Fahrer unterstützt von seinem Assistenten ja gar nicht falsch gemacht haben kann und der Radfahrer ganz sicher absichtlich in die schon offene Tür gefahren ist, um sich am Schadensersatz zu bereichern. Autofahrer und deren Versicherungen werden im Fall der Fälle da ja gerne mal kreativ.

  • Lieber Ullie, prima, dass du dich weiter mit immer neuen Assistenzsystemen für Kraftfahrzeuge beschäftigst und es befürwortest, dass die Fahrzeuge immer größer und schwerer werden, um all die verpflichtenden Assistenten, deren Rechentechnik und Stromversorgung aufnehmen zu können.

    Ist sicher besser, als die Fahrzeuge schlank und kompakt zu halten oder die Verkehrsflächen so aufzuteilen, dass Konflikte vermieden werden können.

    Da hast du sicher recht, neue Assistenzsysteme machen die Fahrzeuge auch nicht leichter. Andererseits dürfte vor allem die zunehmende PS-Zahl und das zunehmende Beschleunigungsvermögen deutlich schwerer wiegen, im wahrsten Sinne des Wortes, als zusätzliche Assistenten, die dazu beitragen sollen andere, insbesondere schwächere Verkehrsteilnehmer*innen zu schützen.

    Ebenso machen andere "Assistenzsysteme" die Fahrzeuge erheblich viel schwerer, die nicht vorgeschrieben sind. Zum Beispiel elektrische Fensterheber oder motorverstellbare Sitze, Sitzheizung, ...

    Im übrigen wäre ich ganz sicher der letzte, der deutlich niedrigere Gewichtsgrenzen bei Fahrzeugen ablehnen würde. Wenn es darum geht Vorschriften zu erlassen, die das Fahrzeuggewicht reduzieren, rennst du bei mir offene Türen ein. Und man könnte vielfasch das Fahrzeuggewicht deutlich reduzieren trotz dem Einbau zahlreicher Assistenzsysteme, die für mehr Sicherheit sorgen.

    Oft geht es bei Assistenzsystemen ja auch gar nicht darum, für mehr Sicherheit gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern zu sorgen, sondern darum, dass möglichst gefahrlos noch schneller gefahren werden kann. Und vielleicht hast du an anderes Stelle bereits gelesen, dass ich entschieden für deutlich niedrigere generelle Höchstgeschwindigkeiten eintrete. Würde eine generelle Höchstgeschwindigkeit von Tempo 80 auf Autobahnen und Tempo 60 auf Landstraßen gelten, dann könnten viele Fahrzeuge deutlich leichter gebaut werden. Der Spielraum für einen Ausstiegsassistenten oder einen Rückfahrassistenten jedoch wäre dabei allemal noch drin.

    Deine Befürchtungen, dass sich Autofahrer zu sehr auf technische Sicherheitsausstattungen verlassen, teile ich. Da will ich dir gar nicht widersprechen, diese Gefahr besteht. Wie übrigens auch bei anderen Sicherheitstechniken. Ganz sicher haben zum Beispiel Sicherheitsgurte und Sicherheits-Knautschzonen, später dann ABS und Spurhalteassistenten dazu beigetragen, dass Autofahrer heute sorgloser schneller fahren als früher. Diesen Rebound-Effekt sehe ich allerdings nicht so sehr beim Ausstiegsassistenten oder beim Rückfahrassistenten.

    Deine Warnung, den vielen Sicherheitsassistenten nicht blind zu vertrauen ist richtig und wichtig. Aber es lohnt sich genau hinzuschauen und nicht pauschal alles abzulehnen, was da an neuen Vorschriften auf die Autofahrer*innen zukommt.

    Und ich halte es für dringend notwendig, dass Autofahrer*innen für den Umgang mit den neuen Autos intensiv nachgeschult werden. Dazu müssen die Schulungen für den Führerscheinerwerb deutlich verbessert und im Umfang deutlich erhöht werden.

    Führerscheininhaber müssen sich einer umfangreichen Nachschulung unterziehen.

    Hätte man das von Anfang an so gemacht, beim Aufkommen von technischen Neuerungen, dann würde es deshalb auch keinen großen Aufschrei geben, der leider zu befürchten ist, wenn die von mir vorgeschlagenen Vorhaben umgesetzt würden. Aber gerade jetzt ist ein günstiger Zeitpunkt, weil eine ganze Reihe computergestützte Sicherheitstechnik eingeführt wird, um damit einhergehend auch eine entsprechende Nachschulung durchzusetzen. Und die muss selbstverständlich auch über die Grenzen und Probleme von Fahrzeugassistenzsystemen informieren.

  • Ich persönlich habe noch keine eigene Erfahrung mit den genannten Ausstiegswarnern, hätte aber die gleiche Befürchtung wie bei Rückfahrassistenten, nämlich, dass sich zu sehr darauf verlassen wird. Stellt die einsekündige Verriegelung außerdem tatsächlich sicher, dass im Alltagsbetrieb die Tür bedachter geöffnet wird oder nicht eher doch viel energischer aufgestoßen, weil man ja schon die Wartezeit "verloren" hat. Wer es nicht schafft, vor dem Aussteigen in den Spiegel zu schauen oder mal kurz den Kopf zu drehen, wird wohl kaum wegen einer kleinen Elektronikspielerei umsichtiger und rücksichtsvoller.

    Das selbe Problem sehe ich eigentlich auch mit den ganzen Assistenzsystemen: Sie könnten die Verkehrssicherheit erhöhen, wenn sie tatsächlich als zusätzliche Informationsquelle oder als Unterstützung eingesetzt würden. Es dürfte aber eher der Fall sein, dass sich die Leute blind auf solche Systeme verlassen und die eigene Verantwortung aufgeben.

    Ein Blick zur Luftfahrt: Dort ist alles hochautomatisiert. Ein modernes Verkehrsflugzeug könnte eigentlich schon einen kompletten Flug automatisch durchführen, einschließlich Landung. Man hat aber Grenzen gesetzt und der Pilot muss das System penibel überwachen und jederzeit eingreifen können. Die Aufgabe eines Verkehrspiloten hat somit rein gar nichts mit dem Bild autonom oder teilautonom fahrender Fahrzeuge zu tun, in denen sich der "Fahrer" entspannt anderen Dingen zuwenden kann. Piloten sind für diese Aufgabe hoch qualifiziert und geschult und werden regelmäßig trainiert.

    Eine weitere Kehrseite dieser Automatisierung ist, dass Piloten eigentlich fast immer nur noch dann eingreifen, wenn eines der Systeme nicht korrekt arbeitet. Übertrieben ausgedrückt: Immer wenn der Pilot selbst fliegt, ist irgendwas am Flugzeug kaputt, das sein Eingreifen erfordert. Aber selbst bei der Diagnose des Problems ist er auf die Informationen angewiesen, die ihm das teilweise defekte System liefert.

    Wo der Vergleich hinkt: Ein Verkehrsflugzeug muss im Luftraum so gut wie nie mit anderen Luftfahrzeugen interagieren, weil die Flugsicherung dafür sorgt, dass alle einen ausreichenden Abstand zueinander haben. Aus diesem Grund ist auch die Integration autonomer Luftfahrzeuge im unteren Luftraum, in dem die Sichtflugregeln gelten, so komplex. Und das Ausweichen in der Luft ist aufgrund der geringen Verkehrsdichte in einem dreidimensionalen Raum, der nicht durch die Infrastruktur räumlich eingeschränkt ist, einfacher als auf der Straße. Jedenfalls, wenn man denjenigen, dem man ausweichen muss, rechtzeitig erkannt hat und auch der Andere sich regelkonform verhält und seinen Kurs beibehält. Das Erkennen wiederum ist in der Luft schwieriger, weil andere Luftfahrzeuge von überall herkommen können und die Annäherungsgeschwindigkeiten in der Luft viel größer sind.

    Zurück zur Straße: Wenn Assistenzsysteme dazu führen, dass Autofahrer unaufmerksamer und sorgloser werden, und dass sie die eigene Verantwortung aufgeben, halte ich sie für kontraproduktiv. Wenn sie den aufmerksamen Fahrer bei der Wahrnehmung von Gefahren unterstützen und die Fahrer diese Unterstützung auch so annehmen, können sie die Verkehrssicherheit erhöhen. Nur daran mag ich nicht so recht glauben.