Hamburg: Stadtbahn oder U5?

  • Das hängt mM. eher damit zusammen dass immer noch viele Menschen Autofahrspuren als gottgebenen Segen für Fortschritt und Mobilität, Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel dagegen als störendes Ärgernis wahrnehmen.

    Meinst Du? Aus meiner Perspektive betrachtet (Autofrei, überzeugter Radfahrer und ÖPNV-Nutzer) sehe ich sowohl Gleisanlagen als auch Straßen eher neutral. D. h. ich habe weder beim einen noch beim anderen den Eindruck, sie würden Städte bzw. Stadtteile zerschneiden. Sie sind halt da und erfüllen ihren Zweck.

    Dagegen fühle ich mich von der Masse der Autos auf den Straßen massiv gestört und das diese häufig nur von einer Person, nämlich dem Fahrer, besetzt sind. Das kann man doch nahezu täglich im morgendlichen oder auch nachmittäglichen Berufsverkehr in wohl jeder größeren Stadt beobachten. Daher finde ich es immer wieder ein Hochgenuss, z. B. morgens flott mit dem Fahrrad auf der Mainzer Landstraße vom Gallus Richtung Taunusanlage zu fahren, während die Autler genervt im Stau stehen :D

    Und wer sich am Drehstrompfeifen einer anfahrenden Stadtbahn stört, dem wünsche ich neben einer Bushaltestelle mit anfahrenden Gelenkbussen eine angenehme Nachtruhe

    In Frankfurt braucht man keinen Gelenkbus, um sich bereits an den Leerlaufgeräuschen eines Busses zu stören.

    Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. - Albert Einstein

  • Fest steht, dass sowohl Bramfeld/Steilshoop als auch Lurup/Osdorfer Born eine Bahnanbindung
    brauchen.
    Trotzdem finde ich die art und weise, wie das in HH diskutiert wird, nervig und ermüdend.

    Immer wieder, immer die gleiche Leier. U4 hafencity, Stadtbahn, Busbeschleunigung, jetzt U5 vs stadtbahn.

    Die erste Frage wäre die nach einem Verkehrskonzept für Hamburg. Es gibt keins. Hunderte von Millionen, Milliarden werden ausgegeben, ohne Konzept, ohne Sinn und Verstand. SPD, GAL, CDU, Die Linke, niemand will sich der Diskussion: "Wie weiter mit dem Verkehr, wie weiter mit dem MIV in HH?" stellen.
    Niemand fragt: Wie stellen wir uns den Verkehr in 20 oder 30 Jahren vor? Stattdessen wird ständig eine neue verkehrspolitische Sau übern Rathausmarkt gejagt.

    Die Busbeschleunigung ist kaum zu Ende, da kommt die U5 (SPD)/Stadtbahn (CDU/GAL). Alle machen verkehrspolitisch auf hyperaktiv. Lieber spielen sie Schweinetreiber und jagen die nächste Sau den Fleet entlang um von ihrer lähmenden Entschlusslosigkeit abzulenken, als dass sie eine Diskussion über ein Verkehrskonzept incl Rolle des Fahrrads / des MIV aufkommen lassen.

    Hamburg kommt das teuer. 265 Mill für Busbeschleunigung. Nutzen? Kaum messbar.
    Hätte man diese 265 Mill€ in Radinfrastruktur investiert, z.B. ähnlich der von mir vorgeschlagenen 240 km Radschnellwege, meinethalben auch anders oder abgespeckt, das Ergebnis wäre weit durchschlagender gewesen.
    Die Verringerung des MIV durch den Umstiegseffekt aufs Fahrrad hätte die Busse um ein Mehrfaches höher beschleunigt als die Umsetzung dieses Programms.
    Die verbauten 265 Mill wurden deshalb ausgegeben, um den Anteil des MIV am Verkehr weiterhin hoch halten zu können und den Bus trotzdem noch irgendwie durchkommen zu lassen.

    Auch die U5/die Stadtbahn muss im Rahmen eines Verkehrskonzepts für Hamburg stehen.

    Es sind einige Fragen zu klären:

    Stellt man sich Mobilität hauptsächlich im ÖPNV oder doch eher im Individualverkehr vor?

    In dem, was als westliche Zivilisation bezeichnet wird, bevorzugen die Menschen individuelle Lösungen.

    Eine Substitution des MIV durch den ÖPNV findet aufgrund dieses kulturellen Hintergrunds wenig statt.
    Folgerichtig hat die Substitution des MIV in westlichen Ländern und Städten dort den größten Erfolg, wo attraktiver Individualverkehr zwar ohne Auto, aber mit freier Zeitwahl und, ganz wichtig, als
    "ad hoc door to door"-Verkehr angeboten wird. Dort wo es gelingt, den MIV in nennenswertem Umfang zu substituieren, dort geschieht das mit einer guten Radverkehrspolitik.

    Die U5/die Stadtbahn müssen also im Umweltverbund gedacht, geplant und finanziert werden.
    Das bedeutet hinsichtlich der Finanzierung, dass die Projekte des Umweltverbundes, nämlich Fußverkehr/ÖPNV/Radverkehr sich nicht gegenseitig finanziell kannibalisieren oder blockieren dürfen.

    Ich kenne die Fahrgastaufkommen-Analysen nicht.

    Es ist aber so, dass ein Radschnellweg mit der Kapazität von 1000 Radlern/Std eine U-Bahn mit 4 Zügen/Std ersetzt. Zu einem Bruchteil der Kosten, einem Bruchteil der Planungs- und Gestehungszeit.

    Eine kombinierte Stadtbahn /Radverbindung wäre kosten- und kapazitätsmässig einer U-Bahn weit überlegen. Sie hätte auch ein ungleich höheres Potential, die Stadt vom MIV zu entlasten.
    Gut möglich, dass sie sich durch die freiwerdenden Flächen, die durch die Entlastung vom Verkehr entstehen, sowie durch wertiger werdende Flächen (in Teilen) selbst finanziert.

    Ist genug Geld da, spricht natürlich auch nichts gegen eine kombinierte U-Bahn /Radschnellweg-Lösung.

    In velo veritas.

  • Meinst Du? Aus meiner Perspektive betrachtet (Autofrei, überzeugter Radfahrer und ÖPNV-Nutzer) sehe ich sowohl Gleisanlagen als auch Straßen eher neutral. D. h. ich habe weder beim einen noch beim anderen den Eindruck, sie würden Städte bzw. Stadtteile zerschneiden. Sie sind halt da und erfüllen ihren Zweck.


    Meiner Erfahrung nach ja. Beispiel: Die oberirdische Führung der U5 auf der Europaallee. In diesem Forum ein Riesengezeter über die Trennungswirkung und die Verschandelung eines ganzen Stadtteils durch Trasse und Tunnelrampe, aber die zerschneidende Wirkung einer vierspurigen Hauptverkehrsstraße mit Alibi-Grünstreifen und häßlicher Tunnelrampe zur Skylineplaza-TG wird klaglos hingenommen. Das Lärm- Argument gehört für mich in dieselbe Kategorie "Messen mit zweierlei Maß".
    Mit dem Radverkehr ist's nicht anders. Tempolimits und Halteverbote zu ignorieren ist für den autozentrierten Durchschnittsbürger ein verzeihliches Kavaliersdelikt, aber bei Rotlichtverstößen durch Radler oder Fahren ohne Licht droht der Untergang des Abendlandes.

  • Was in Hamburg seltsamerweise fehlt ist ein Konsens über die zukünftige Verkehrspolitik, der über Jahrzehnte hinaus Bestand hat. In Dänemark gibt es ja die Tradition, Trafikforlige (Verkehrskoalitionsvereinbarungen) mit Nicht-Regierungsparteien zu schließen, um einen Kompromiss zu finden, der lange Bestand hat.

    Auf die Art und Weise wird derzeit z.B. der massive Ausbau des Bahnverkehrs Parteiübergreifend, auch Regierungsübergreifend, veranlasst.

  • Hier ein aktuelles Foto zum Thema "Busbeschleunigung". Osterfeldstraße in HH-Lokstedt. Der Bus kann immer dann beschleunigen, wenn die Blechkarawane vor ihm sich wieder einen Meter weiter bewegt hat... ;(

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Die Busbeschleunigung soll ja auch nicht für die Osterfeldstraße sein, sondern für die Kollaustraße und den Lokstedter Steindamm. ;)

    Aber mal Spaß bei Seite, in der Elbgaustraße sieht es zur Zeit auch öfter so aus, weil ja der Eidelstedter Platz im Rahmen der Busbeschleunigung umgebaut wird. Ich habe es schon öfter geschafft auf der Strecke S-Bahn Elbgaustraße bis Eidelstedter Platz, zu Fuß mehrere Busse zu überholen. :thumbup:

    Was besonders nervt, sieht die Auto-, LKW- und Busfahrer die die Fußgänger- und Radfurten an den Ampel blockieren.

    Werde mal dem HVV und VHH ne Mail deswegen schreiben.

  • Das habe ich mir schon ein paar mal vorgestellt, mich aber noch nicht getraut. ^^
    Ich kenne so eine Aktion nur von früher aus einem Werbespot.

    Es gab doch auch mal diesen Carwalker bzw. Autogeher, der über im Weg stehende Autos gelaufen ist. Das ist nur mit dem Fahrrad etwas schwierig zu machen :D

    Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. - Albert Einstein

  • Hat das ggf. was mit der A7 zu tun bzw. den 2 gesperrten Autobahntunnelröhren?


    Eher nicht. Die Osterfeldstraße ist täglich dicht. Es staut sich vom Siemersplatz zurück bis zum Geht-Nicht-Mehr. Liegt an der Baustelle im Nedderfeld. Genau genommen liegt es aber nur daran, dass zu viele Autos herumfahren...

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    Peter Ustinov

  • Die "Knöllchen-Offensive" ist scheinheilig. Es ist zwar absolut in Ordnung, dass endlich in der City Knöllchen verteilt werden aber in den massenhaft zugeparkten Wohngebieten findet das genaue Gegenteil statt: Die Polizei ignoriert hartnäckig illegales, behinderndes Parken! Es geht dem SPD-Senat also wirklich nur ums Geld.

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Natürlich, die SPD will Nicht-Autofahrer (vermutlich auch am liebsten Radfahrer) unter die Erde verbannen - für exorbitante Summen, damit die Umweltvernichtungsmaschinen "draußen spielen" können.

    Zurzeit genieße ich die täglichen Staumeldungen :D
    Ja ja..., das Auto hat uns richtig mobil gemacht... *schenkelklopf* :D

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Es ist zwar absolut in Ordnung, dass endlich in der City Knöllchen verteilt werden aber in den massenhaft zugeparkten Wohngebieten findet das genaue Gegenteil statt.

    Ich habe am Mittwoch in Eidelstedt jemanden gesehen, der aussah wie jemand vom Ordnungsamt. Also mit Uniform und so. Ich musste auch mehrmals hinsehen, weil ich es nicht glauben konnte. Und diese Person war auf einem E-Bike unterwegs.

  • Erst einmal hallo in diese Runde. Ich bin über Google auf dieses interessante Forum gestoßen und fand die Diskussionen, die ich las, recht erfrischend, aber wollte dann auch den einen oder anderen Punkt einwerfen. :)

    Die SPD wird den Bürgern doch nicht die Autos wegnehmen wollen ;)
    Deswegen gibt es jetzt ja auch U-Bahn statt Stadtbahn


    Schließt denn das eine das andere aus? Eine schnellere bzw. leistungsstärkere U-Bahn wird ja mehr Menschen dazu animieren vom MIV auf den ÖPNV umzusteigen. Auch die Mitnahme von Fahrrädern ist üblicherweise in U- und S-Bahnen (zu den meisten Zeiten) erlaubt. In Bussen mangels Platz hingegen meist nicht. Und so eine Stadtbahn ähnelt von ihrer Größe und Fahrstrecke eher größeren Bussen als unterirdischen Bahnen. Zudem ist es doch auch für uns Radfahrer nicht schlecht, wenn mehr Leute "unterirdisch" ;) fahren. Aus Städten wie Berlin, Leipzig und Wien weiß man ja, dass Stadtbahnen ganz gerne in Konflikt mit Fußgängern und Radfahrern geraten und es meistens weniger schön ausgeht. Auch die Anwohner profitieren von unterirdischen Bahnen, da dadurch weniger Lärmemissionen entstehen.

    Daher zum Thema: Warum nicht beides? Es könnte ja eine abgespeckte U5 geben sowie eine (vorerst) verkürzte Stadtbahn, die bei Bedarf in späteren Legislaturperioden nach und nach erweitert wird. Auf den Buslinien, wie einige hier schon mit Bildern sehr schön zeigten, wird eine Stadtbahn, die etwas mehr Kapazitäten als Doppelgelenk- bzw. XXL-Busse haben, langfristig kaum ausreichen. Ich hatte zumindest mal aus Langeweile etwas mit Paint herumgekritzelt und kam dann auf solche Ideen: (orange = Stadtbahn, blau/türkis = U-Bahn; ausgeschnitten aus dem Blog )

    Hätte den Vorteil, dass es nicht teurer wäre als "längste U5-Variante" bzw. "komplettes Stadtbahnnetz" und auch die Velorouten davon profitieren würden:

    Und vielleicht kann man manch Stadtbahn-Arbeit auch nutzen, um auch gleich an den Radstreifen, ob auf der Straße oder nicht, etwas herumzudoktern. Die sind ja auch nicht überall in einem prickelnden Zustand, aber wem erzähle ich das... ;)

  • Falls jemand Interesse an einem "Community-Tool zum Einzeichnen und Abspeichern von Linien-, Strecken- und Haltestellenvorschlägen für alle möglichen öffentlichen Nahverkehrsmittel - für die Metropolregion Hamburg" haben sollte =>
    Ich bin via darauf gestoßen.