Woche 11 vom 11. bis 17. März 2019

  • Berlin wird wie Kopenhagen? Das war bislang nur ein frommer Wunsch Berliner Radfahrer. Doch Berlin könnte zumindest ein Stück weit tatsächlich wie Kopenhagen werden. Nach Informationen des Tagesspiegels hat die dänische Firma Ramboll die Ausschreibung des Senats für sechs der geplanten Radschnellverbindungen (RSV) gewonnen.

  • Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD: „Das Ergebnis der Verkehrs- und Klimapolitik nach einem Jahr Große Koalition ist ernüchternd. Den Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag folgten nur wenige Taten. Die versprochene Offensive für die Bahn lässt auf sich warten und dreckige Diesel belasten weiterhin die Luft in zahlreichen Städten. Klimapolitisch hinkt der Verkehr den Zielen meilenweit hinterher. Minister Scheuer bremst die Verkehrswende aus. Doch die ist überfällig, sonst ersticken unsere Städte in Abgasen, Lärm und Staus. Und Deutschland verfehlt krachend seine Klimaziele für 2030.“

  • Ich hatte vorhin eine Meldung der PD Landau gelesen, in der von einem Unfall mit einer 42-jährigen Radfahrerin berichtet wurde, die angeblich unberechtigt eine Fußgängerfurt genutzt hätte und deshalb mit einem Pkw zusammengestoßen sei. Es wurde auch drauf hingewiesen, dass Radfahrer vor derartigen Furten oder auch Zebrastreifen abzusteigen und zu schieben hätten... :rolleyes:

    Da mir die Strecke, auf der der Unfall geschah bekannt ist, konnte ich mir nicht vorstellen, was für eine Furt da überhaupt gemeint gewesen sein soll. Ich schrieb dann wie so oft eine e-mail. Man bedankte sich für den Hinweis und teilte mit, dass die (auch inzw. gelöschte) PM fehlerhaft war, da es sich um die Einmündung eines (parallel verlaufenden) Wirtschaftswegs gehandelt habe und es dort auch gar keine Furt gibt.

  • Die Bundesregierung halte den „Einbau von Lkw-Abbiegeassistenten eigentlich für überflüssig“, schließt Grünen-Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar aus einer Antwort aus Scheuers Haus auf eine parlamentarische Anfrage zum Grünen-Gutachten, die der taz vorliegt.

    […]

    Allerdings betonen Scheuers Beamte vor allem, dass Radfahrende mehr Rücksicht auf abbiegende Lkws zu nehmen haben.

    „Zu hinterfragen ist aber gerade auch das Rechtsüberholen der Radfahrer selbst“, heißt es in dem Schreiben. Die fahren „in der Praxis oftmals rechts an den Fahrzeugschlangen unter Missachtung des § 5 Absatz 8 StVO vorbei, der für das Überholen von wartenden Fahrzeugen einen ‚ausreichendem Raum‘ verlangt – dies dürfte einen Abstand zwischen Bordstein und wartendem Kfz von mindestens 1 Meter bedingen.“ Zudem verlange die „Vorschrift eine mäßige Radfahrgeschwindigkeit (höchstens 10 km/h) und besondere Vorsicht“.

    Hoffentlich wird die komplette Antwort irgendwo veröffentlicht.

  • Schülerinnen und andere gehen seit Wochen und an immer mehr Orten (weltweit) auf die Straßen, bald 20k Forschende aus DACH unterschreiben einen Appell, die Forderungen von FridaysForFuture endlich ernst zu nehmen, und die GroKo beweist ihr Fingerspitzengefühl so:

    […] An diesem Donnerstag stehen das Bundesimmissionsschutzgesetz und das Straßenverkehrsgesetz im Bundestag zur Abstimmung. Am Freitag segnet dann wohl auch der Bundesrat das Paket ab, so dass es im April in Kraft treten kann. […]

    Der Grenzwert für Stickoxide von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter wird aufgeweicht. Bis zu einem Durchschnittswert von 50 Mikrogramm gelten Fahrverbote künftig laut Gesetz in der Regel als unverhältnismäßig. Denn die Regierung geht davon aus, dass der Grenzwert dort auch durch andere Maßnahmen eingehalten werden kann. Zudem werden Euro-6-Fahrzeuge grundsätzlich von Fahrverboten ausgenommen, auch wenn sie hohe Emissionen haben. Ältere Diesel dürfen in Fahrverbotszonen einfahren, sofern sie weniger als 270 Milligramm Stickstoffdioxid pro Kilometer ausstoßen – deutlich mehr als der Euro-5-Grenzwert von 180 Milligramm. […]

  • Schülerinnen und andere gehen seit Wochen und an immer mehr Orten (weltweit) auf die Straßen, bald 20k Forschende aus DACH unterschreiben einen Appell, die Forderungen von FridaysForFuture endlich ernst zu nehmen, und die GroKo beweist ihr Fingerspitzengefühl so:

    Was bitte hat die geringfügige Überschreitung der Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid in einzelnen deutschen Hotspots mit dem Weltklima zu tun?

    Ja, ich weiß, dass wir alle unser klimaverträgliches Ortsveränderungsbudget *gewaltig* überstrapazieren, und dass deshalb "Mobilitätsfasten" angesagt wäre. Ich sehe nur nicht so recht, inwiefern ausgerechnet Fahrverbote für Diesel, die bei gleicher Fahrleistung prinzipiell weniger CO2 ausscheiden als Benziner, diesem Ziel angemessen dienen können.

  • Die geplante Änderung des BImSchG ist unmittelbare Folge der untauglichen Aufarbeitung der Dieselskandale und mithin der völlig verfehlten Verkehrspolitik der letzten Jahre. Die Verkehrspolitik selbst ist aufgrund des Anteils des Verkehrssektors an den Emissionen (> 15 %) eine wichtige Säule der Klimapolitik.

    Die Bundesregierung könnte also die Zeichen der Zeit erkennen und die Chance ergreifen, sich den Realitäten zu stellen und endlich die richtigen Schlüsse zu ziehen, um auf eine nachhaltige Verkehrspolitik umzuschwenken. Sie könnte aber auch weiterhin (relevante) Experten ignorieren und sowohl an Kraftfahrzeugindustrie wie auch deren Kunden das Zeichen „Passt schon. Weiter so!” senden. Nur stößt sie damit einem sicher nicht zu verachtenden Teil der Bevölkerung vor den Kopf, dessen Schnittmenge mit den o. g. Gruppen nicht gerade klein sein dürfte. Das war mit „Fingerspitzengefühl“ gemeint.

  • Vielleicht erinnert sich jemand an eine Meldung von vor einem Jahr.

    Damals ging ungefähr folgendes durch die Presse in Berlin:

    Eine Autofahrerin ist unglücklich über die legal auf der Fahrbahn fahrende Radfahrerin. Sie brüllt sie beim Überholen an und schneidet sie.

    An der nächsten Ampel treffen sie sich wieder. Die Radfahrerin gibt sich als Polizistin zu erkennen und blockiert die Weiterfahrt. Die Autofahrerin ist unbeeindruckt und verweigert die Herausgabe der Papiere. Nach einer Weile erzwingt sie die Weiterfahrt, indem sie mehrfach gegen die Beine der Radfahrerin fährt.

    Ergebnis nach einem Jahr: Verfahren durch die StA eingestellt wegen geringer Schuld. Der Fall kommt in die Presse, der Justizsenator schaltet sich ein und das Verfahren wird wieder aufgenommen.

    Ergebnis ein paar Monate später: 60 Tagessätze und zwei Monate Fahrverbot.

    So viel zu "geringe Schuld". Es ist echt zum Heulen, was sich der Staat so leistet. Aufgrund der uneinsichtigen Haltung vor Gericht hätte eigentlich auch gleich noch eine MPU angeordnet werden müssen.

    PS: Ich habe jetzt mal nicht den zum Datum passenden Thread dafür ausgebuddelt :)

  • Ja ich erinnere mich. Und ich erinnere mich an das Strafmaß, das einem Demonstranten blüht, der ein Mitglied der Polizei anfasst, wegdrückt oder mit einem Gegenstand bedroht. Da wäre man außerdem schon mal ein halbes Jahr in U-Haft gesessen ...

  • Danke für den Hinweis, schaue in der Regel kein Fernsehen. Noch besser kann man den Dieselskandal satirisch kaum aufarbeiten.

    Gerne. Ohne Twitter wäre das auch an mir vorbei gezogen, da ich Die Anstalt ebenfalls nur „auf Zuruf“ gucke.

    Die Sendung war im Großen wie im Kleinen richtig gut (und auch deutlich besser als die letzte über die Deutsche Bahn).

    Der Mitarbeiter des Jahres der Autoindustrie aka Autominister musste i. ü. – vermutlich unfreiwillig – einen Einblick in seinen Terminkalender gewähren: 2018 gab’s demnach 15 Treffen mit Konzernvertretern und 0 mit Umweltverbänden – natürlich …

  • Das war ein Lehrstück -- nur, fürchte ich, werden es nur wieder diejenigen schauen, die ohnehin nicht dem postfaktischen Milieu angehören. :|

    Davon ist auszugehen. Für deren „Bildung“ hat sich dann Mario Barth einen Tag später ins Zeug gelegt. Ohne Twitter wüsste ich auch davon nichts ;) Aber so gibt’s immerhin ein paar Auszüge: „Die Anstalt“ und Mario Barth im direkten Videozweikampf

    Wer’s nicht gucken mag: pwned!

    Einmal editiert, zuletzt von foobar (16. März 2019 um 20:23)

  • Mario Barth ist nur ein „Opium des Volks“ oder anders ausgedrückt:

    Mario Barth hat es ganz offensichtlich geschafft, den deutschen Massengeschmack zu treffen. Man braucht keine politische Bildung, kein wirtschaftliches Verständnis, noch nicht einmal einen Sinn für Ironie, um die Witze zu verstehen.

    Wie ein Alchemist hat er eine Zauberformel gefunden, die den alltäglichen Dreck seines Lebens in Gold verwandelt, ohne dass er noch groß daran herumfeilen müsste.

    Für mich ist er einfach nur ein widerwärtiger, reaktionärer, populistischer Sexist. Sein „Erfolg“ beweist lediglich, dass er nur die Spitze des Eisbergs ist …

  • „safety in numbers“ in einer Grafik (im Vollbild sieht man auch Kopenhagen ;) ) :

    aus https://www.greenpeace.de/sites/www.gree…ssicherheit.pdf (Quellen sind dort gelistet)

    via https://twitter.com/Radkultur_MD/status/1107540898475360256 (Die dortige Grafik ist plakativer, aber nicht fehlerfrei und außerdem mag ich Diagramme ohne Werte, Skalen oder gescheite Legenden überhaupt nicht. Es sei denn sie sind bewusst gefälscht, wie z. B. Katja Berlins Torten der Wahrheit in der Zeit.)

  • Der Unterschied mit Faktor 13 zwischen Hamburg und Kopenhagen scheint mir nicht realistisch zu sein. Mit den Zahlen stimmt irgendwas nicht.

    Wie ist die durchschnittliche Wegelänge in den beiden Städten?

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.