Heute war leider einer dieser drei bis fünf Tage im Jahr, in denen ich dann doch mal im Auto sitze. Immerhin auf dem Beifahrersitz, da gab es hinreichend viel Beinfreiheit, immerhin mit dem Trost, dass wir mit der Bahn zwar umweltfreundlicher unterwegs gewesen wären, aber vier Mal mehr bezahlt hätten und doppelt so lange unterwegs gewesen wären. Bei einem Zwei-Stunden-Takt lasse ich mich vom Fahrplan dann doch so sehr beeindrucken, dass ich beim Wandern nicht mehr entspannt gewesen wäre.
Und ein Auto am Wandererparkplatz hat dann doch noch einen entscheidenden Vorteil: Man kann überflüssige Kleidung und zusätzlichen Proviant deponieren, was in herunterrationalisierten Bahnhöfen der Kategorie 3 oder schlechter in Ermangelung von vorhandenen und funktionierenden Schließfächern nicht mehr klappt. Prima, da steigt man dann in Bad Harzburg aus der Bimmelbahn und stellt fest, dass doch kein Schnee liegt und die Temperatur aber zehn Grad höher als gekachelmannt und dann weiß man nicht wohin mit Jacke und Wollpullover.
Wir sind die Kreisstraße 7 und die Bundesstraße 4 entlanggefahren und man konnte staunen, wie schlecht die Sache für den Radverkehr dort läuft. Entlang eines Großteils dieser Strecke gibt es einen separaten Fuß- und Radweg, was angesichts der stressigen Geschichten vom Radfahren auf der teilweise radweglosen Bundesstraße 4 etwas Entspannung versprechen mag, aber so ganz geil ist das nicht.
Denn der Radverkehr ist an so gut wie jeder noch so bummeligen Einmündung benachteiligt.
Ist ja echt bescheuert. Trauen die Straßenverkehrsbehörden ihren Verkehrsteilnehmern nicht mal einfachste Vorfahrtsregelungen zu, beziehungsweise ist es wirklich so kompliziert, beim Ab- oder Einbiegen auch mal auf den Radverkehr zu achten? Sind diese tollen Kompositionen aus und für den normalsterblichen Verkehrsteilnehmer besser verständlich als § 9 Abs. 3 StVO?
Dass entlang von Kreisverkehren diese OLG-Hamm-Regelung mit großen und kleinen beschildert wird und kleine noch weniger Vorfahrt bedeuten als große ist hinsichtlich der Problematik, dass diese vielen Dreiecke nicht für Fußgänger gelten, die gegenüber aus dem Kreisverkehr abbiegenden Fahrzeugen gemäß § 9 Abs. 3 StVO vorrangig sind, gegenüber einfahrenden Fahrzeugen gemäß § 8 StVO aber nicht, das ist schon schlimm genug, das kapiert kein Mensch. Aber warum soll der Radverkehr an einem winzigen Feldweg, der nach Verkehrsstärken kleiner fünf Fahrzeugen pro Tag aussieht, benachteiligt sind? Und warum Fußgänger nicht, die weiterhin von § 9 Abs. 3 StVO profitieren?
Puh.
Dann das nächste Problem in der Dämmerung: Die aufwändig trassierten Bundes- und Kreisstraßen führen relativ gerade durch die niedersächsischen Geest- und Lössböden führen, folgt die Radverkehrsinfrastruktur dem natürlichen auf und ab der Natur, denn neben der Fahrbahn wurde nicht mehr planiert, da geht’s regelmäßig so richtig auf und ab:
Kleiner Bonus: Der Radweg befindet sich auch bei ebener Trassierung grundsätzlich einen bis anderthalb Meter unterhalb des Fahrbahnniveaus, so dass man ständig die Scheinwerfer des Gegenverkehrs im Gesicht hat. Herzlichen Dank.
Und weil Radwege genau wie in Schleswig-Holstein nur Zentimeterdick ohne besondere Gründung gebaut werden, warten die beliebten Radwegschäden beinahe an jeder Ecke:
Spaß in Bad Harzburg am Bahnhof. Rechts ein benutzungspflichtiger Fuß- und Radweg, dann eine Ampel ohne gesonderte Signalgeber für den Radverkehr und ohne Kombi-Streuscheibe. Es gilt also die Fahrbahnampel:
Anschließend soll man wohl irgendwie durch die Bushaltestelle fahren oder sich an dieser strategisch ungünstigen Stelle auf die Fahrbahn einordnen:
Gleich danach geht’s aber nach der übernächsten Ampel (die nächste kommt wieder ohne Fahrrad-Signalgeber aus) wieder auf das Hochbord zurück. Aber bitte nicht allzu schnell, denn weiter hinten wartet schon der freigegebene Gehweg.
Ich bin mir sicher, dass viele Touristen mit dieser Wegführung überfordert sind.
Das gilt auch für solche Späßchen — hier endet der benutzungspflichtige Radweg auf der linken Straßenseite, man darf also einfach so mal rüber nach rechts:
Die Freude währt nur kurz, danach kommt nämlich ein freigegebener Gehweg. Also ab auf die Fahrbahn?
Aber bitte nur kurz, denn gleich danach ist wieder eine Benutzungspflicht auf der linken Straßenseite angeordnet. Ich habe jedes Verständnis für Radlinge, die auf solche Streiche nicht hereinfallen und einfach auf dem linken Hochbord weiterkurbeln. Das ist doch keinem klar denkenden Menschen begreiflich zu machen.
Dass man auf dem Hochbord auch nicht „aufgeschultert“ parkt, ist aber offenbar auch nicht so leicht zu verstehen. Diese modernen und nicht mehr ganz so modernen Poller gibt es auch überall, wobei die modernere Variante den Service bietet, dass sie von teuren SUVs trotzdem geparkt werden kann:
Ist auch bestimmt total toll für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste, über diese Teile in den Bus zu kraxeln.