Neues aus Stade

  • Aber wenn die Bedingungen für eine Benutzungspflicht nicht vorliegen, muss diese aufgehoben werden. Woraus leitet er denn einen "vorübergehenden Bestandsschutz" ab?

    Diese Meinung ist nicht selten. Selbst bei einem Grünen-Politiker und sehr engagiert für den Verkehr, sagte über eine Radwegbenutzungspflicht:

    " diese sei trotz der Mängel eben noch akzeptiert!"

    Sag ich: "Von mir nicht"

    Er: "Aber vom LRA und den Vertretern Polizei/ADFC"

  • Das habe ich ihn auch gefragt, was er mit "umgehend" und "vorübergehend" meint, wenn es um Vorschriften geht, die seit fast 23 Jahren in Kraft sind. Meines Wissens nach ist die StVO-Novelle am 01.04.1998 in Kraft getreten und die Behörden halten die wohl bis heute für einen Aprilscherz.

    In seinem Brief hat er auch immer wieder auf die angeblichen Besonderheiten auf Stader Straßen hingewiesen. Dabei ist hier gar nichts besonders, sondern die Situation ist 1:1 genauso wie in vielen anderen Städten auch. Natürlich ist es hier alles etwas enger als an Hauptstraßen in Großstädten und die Fahrbahnen an den Hauptstraßen haben auch meistens eine Breite von 8,0m, so dass kein Platz z.B. für Radfahrstreifen bleibt, ohne dass die Aufteilung des Straßenraumes verändert werden muss.

    Dass es aber grundsätzlich möglich ist, hat die Machbarkeitsstudie zur Harsefelder Straße gezeigt. Dort soll in den kommenden Jahren auf der ganzen Länge komplett umgebaut werden. Vermutlich haben die Politiker jetzt Angst, dass das überall so aufwändig wird. Dass es oftmals nur darum geht, Verkehrszeichen abzuschrauben, wollen sie nicht begreifen.

    Ich habe vorgestern Abend den Typen gleich angerufen und hoffe, dass ich zumindest ein paar Dinge klarstellen konnte. Aber dabei wurde auch deutlich, dass der sich überhaupt nicht vorstellen konnte, Radfahrern an den Hauptstraßen zu erlauben, auf der Fahrbahn zu fahren. Dabei gibt es ja schon einige Abschnitte an Hauptstraßen, wo das schon so ist, wenn auch vermutlich aus Versehen und nicht, weil die Stader Behörde dort aktiv entschieden hat, keine Benutzungspflicht anzuordnen. Aber das hat mich ja als Radfahrer nicht zu interessieren. Wo kein [Zeichen 241-30] hängt, fahre ich mit Sicherheit nicht auf dem "Radweg".

  • In seinem Brief hat er auch immer wieder auf die angeblichen Besonderheiten auf Stader Straßen hingewiesen. Dabei ist hier gar nichts besonders, sondern die Situation ist 1:1 genauso wie in vielen anderen Städten auch. Natürlich ist es hier alles etwas enger als an Hauptstraßen in Großstädten und die Fahrbahnen an den Hauptstraßen haben auch meistens eine Breite von 8,0m, so dass kein Platz z.B. für Radfahrstreifen bleibt, ohne dass die Aufteilung des Straßenraumes verändert werden muss.

    Das kennt man doch von so ziemlich jeder Straßenverkehrsbehörde: gerade bei Straßen mit Radwegen gibt es immer eine "Besonderheit", welche die Benutzungspflicht rechtfertigen soll. Da wird halt die Ausnahme zur Regel erklärt.

    Hast du denn jetzt nicht mal vor, das Verwaltungsgericht einzuschalten? Zumindest in Bayern wird man dann doch deutlich ernster genommen.

  • Hast du denn jetzt nicht mal vor, das Verwaltungsgericht einzuschalten?

    Doch, habe ich. Zuletzt hat sich in der Stadt Stade aber schon etwas in die richtige Richtung bewegt. In sieben Straßen wurde die Benutzungspflicht im vergangenen halben Jahr aufgehoben und bei der Verwaltung scheint es so langsam anzukommen, dass die VwV-StVO kein Verwaltungsvorschlag ist, sondern eine Vorschrift. Auch beim Landkreis hat man zuletzt Hinweise aufgenommen und begonnen, unzulässige Anordnungen aufzuheben.

    Ich muss mir überlegen, auf welche Weise ich am meisten erreichen kann: Versuche ich, die aktuelle Bereitschaft zu nutzen, auch ohne, dass ich dafür ein Gericht behelligen muss oder stelle ich einen Antrag, von dem ich mir sicher bin, dass er abgelehnt wird, um dagegen klagen zu können? Im letzteren Fall könnte man vielleicht ein Zeichen setzen, dass die Regeln auch an Straßen gelten, an denen man sich das in Stade nicht einmal ansatzweise vorstellen kann. Im ersten Fall muss ich mich vielleicht erst einmal weiter mit Änderungen bei den eindeutig unzulässigen Fällen zufrieden geben, von denen es hier ja auch reichlich gibt.

    Ich habe bisher noch kein Urteil des zuständigen Verwaltungsgerichts Stade finden können, wo es um Benutzungspflichten ging. Im schlimmsten Fall muss man von Anfang an auch den Gang in die nächste Instanz mit einplanen, so wie das bei fuechschen der Fall war. Radwegbenutzungspflicht - Urteil Verwaltungsgericht Schwerin (MV) - Widersprüche, Anträge und Klagen gegen Radwegbenutzungspflichten - Radverkehrsforum Auch dort war die Sachlage ja eigentlich klar, aber für das Schweriner Verwaltungsgericht war es das nicht.

    Mir ist inzwischen aber auch klar, dass es ganz ohne das Gericht nicht gehen wird. Die erste Klage wird es wohl in diesem Jahr geben, auch um auszuloten, wie das Gericht hier urteilt. Es ist ein Kampf an allen Fronten gleichzeitig.

  • Ich muss mir überlegen, auf welche Weise ich am meisten erreichen kann: Versuche ich, die aktuelle Bereitschaft zu nutzen

    Die dahinterstehende Annahme, daß die Bereitschaft sinkt, wenn man ein Verwaltungsgerichtsverfahren erfolgreich durchläuft, scheint mir eine falsche.

    Im schlimmsten Fall muss man von Anfang an auch den Gang in die nächste Instanz mit einplanen, so wie das bei fuechschen der Fall war.

    Nicht im schlimmsten Fall, sondern auf jeden Fall. Alles andere wäre einem Lottogewinn gleich. Auch die Provinzrichter brauchen sehr wahrscheinlich zunächst die Einnordung von oben.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Noch ein Grund, der mich zögern lässt: Ich könnte mir vorstellen, dass im Falle einer Klage erst einmal alle weiteren Aktivitäten eingestellt werden und der Verwaltung dies eine willkommene Begründung ist, dass man erstmal das Urteil abwarten müsse. Ich kann mir vorstellen, dass solche Fälle auch derzeit beim Verwaltungsgericht nicht mit Priorität behandelt werden, weil da gerade viele Klagen wegen z.B. Coronahilfen auflaufen. Eigentlich ist es mir auch unangenehm, wegen solcher Dinge tatsächlich ein Gericht behelligen zu müssen. Aber ich sehe auch, dass es nötig sein wird.

  • Die Radwegbenutzungspflicht ergibt sich aber zunächst einmal auch nicht aus einer Verwaltungsvorschrift, sondern direkt aus der Straßenverkehrs-Ordnung.

    Ist das wirklich so? Ich hatte die STVO so verstanden, dass ein Fahrbahn-Benutzungsverbot verhängt werden "kann", wenn außergewöhnliche Umstände dies erforderlich machen. Ansonsten ist für einen flüssigen Verkehr zu sorgen, wobei alle Fahrzeuge die Fahrbahn zu benutzen haben. Dabei geht Sicherheit vor flüssigen Verkehr.

    M.E. alles Aussagen, die ein Fahrbahnverbot für Fahrzeuge so gut wie unmöglich machen und sogar "willkürliche" Tempolimits verhindern.

  • Die StVO regelt, wann "Radwege" benutzt werden müssen -> [Zeichen 237][Zeichen 240][Zeichen 241-30]

    In der VwV-StVO ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Radwegbenutzungspflicht angeordnet werden darf.

    Gerichte entscheiden, in welchen Fällen von den Vorgaben der VwV-StVO abgewichen werden darf. Aber erst, wenn jemand dagegen klagt. Darüber hinaus scheint es keine weitere Kontrolle durch übergeordnete Behörden zu geben.

    In der Praxis machen die meisten Verkehrsbehörden daher, was sie wollen.

  • Die dahinterstehende Annahme, daß die Bereitschaft sinkt, wenn man ein Verwaltungsgerichtsverfahren erfolgreich durchläuft, scheint mir eine falsche.

    Ich meinte, dass die Bereitschaft sinkt, während das Verfahren noch läuft, weil man erstmal das Urteil abwartet. Dann wäre es ein Eigentor.

  • Es ist ja nicht so, dass sich hier noch gar nichts getan hat. Seitdem ich mich hier einmische, ist in 12 Straßen die Benutzungspflicht bereits aufgehoben worden.

    Im Nachbarlandkreis Harburg wartet man heute noch auf das Urteil in 8 Fällen, in denen ein Radfahrer im Jahr 2018 Klage erhoben hat. Die zuständige Behörde wartet dort in aller Ruhe auf die Urteile und tut ansonsten gar nichts, obwohl einige der Fälle so eindeutig sind, dass es darüber gar keine Diskussion geben dürfte.

    Wenn das wie im Fall vor dem VG Schwerin noch in die nächste Instanz geht, werden weitere Jahre vergehen. In erster Instanz könnte ich mir mehrere Klagen parallel leisten, aber nicht mit der Aussicht, in allen Fällen auch in die nächste Instanz zu gehen. So einfach ist es also alles nicht.

  • Ne, das ist in § 45 StVO geregelt.

    In der VwV wird nur festgelegt, wann ein Radweg sicher ist. :/

    Hatt ich auch so verstanden. Fahrbahnverbot für Fahrzeuge in STVO nur in "außergewöhnlichen Ausnahmesituationen" erlaubt. Innerorts ist RWBN deshalb praktisch legal überhaupt nicht durchführbar.

  • Innerorts ist RWBN deshalb praktisch legal überhaupt nicht durchführbar.

    Wieso nur innerorts? Es gibt keine Studie, die Radwegen einen Sicherheitsgewinn bescheinigt. Eine Benutzungspflicht ist deswegen keine geeignete Maßnahme, um die Sicherheit zu erhöhen. Punkt.

    Wenn in Deutschland der Radverkehr nach üblichen Rechtsgrundsätzen beurteilt würde, hätten wir keine Benutzungspflicht.

  • Nach meinem Verständnis gelten lt. STVO für Fahrräder die gleichen Regeln wie für KfZs: Fahren auf der Fahrbahn, Verkehr muss flüssig gehalten werden, Sicherheit geht vor Flüssigkeit, jeder Eingriff bedarf einer "außergewöhnlichen Ausnahmesituation".

    Wenn also für KfZs Bodenschwellen und Tempolimits "sehr schlimm" sind, dann doch wohl erst recht 25 Gehwegabsenkungen, blockierte Furten, Fußgänger und Gassigeher für Radfahrer?

  • Wieso nur innerorts?

    Weil es da aufgrund "Sicherheit geht vor Flüssigkeit" ein allgemein anerkanntes Tempolimit von 50 km/h gibt. Ohne dieses "Sicherheit geht vor Flüssigkeit" hätte schon längst jemand gegen 50 km/h in Ortschaften geklagt, denn der Verkehr ist ja möglichst flüssig zu halten.

  • Zitat

    STVO §45 (9)

    3 Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt

    Innerorts aufgrund 50 km/h-Beschränkung m.E. überhaupt nicht begründbar. Mir kommt auch dieses ">8.000 Fahrzeuge pro Tag" usw. "sehr spanisch" vor. Davon ist in der STVO nirgends die Rede. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das Argument, "da fahren zu viele Autos" einer höchstrichterlichen Prüfung standhalten würde.