Beiträge von Th(oma)s

    Der aktuell letzte "Coup":

    • Behörde liefert, bei jedem Eintrag steht ein Kommentar wie z.B. "Schulweg", "LKW-Umfahrung", etc., also die "Begründung" für die RWBP.

    „Schulweg“ ist kein Grund für eine Benutzungspflicht. Erstens, weil Kinder[TM] den Gehweg benutzen dürfen/müssen, und zweitens, weil besorgte Erziehungsberechtigte für ihre Schutzbefohlenen gerne eine private Benutzungspflicht anordnen können, wenn sie das für besser halten. Dafür braucht es keine Benutzungspflicht für alle.

    „LKW-Umfahrung“ ist wegen der Rechtsabbiege-Problematik ebenfalls kein Grund für eine Benutzungspflicht. Es ist eher ein Grund zur Anordnung eines Radfahrverbots auf dem Nebenweg.

    Tja, erzähle das mal dem Gemeinderat von kleinen Kommunen, die oftmals auch über verkehrsrechtliche Anordnungen per Mehrheitsbeschluss entscheiden. Schon mangels Ermessensausübung dürfte solch ein Beschluss rechtswidrig sein (und daher müsste sich der Bürgermeister weigern, einen solchen auch umzusetzen).

    Es gibt da ja den alten Sponti-Spruch "Wenn Wahlen was ändern würden, wären sie längst verboten!". Auf dem Gebiet der Verkehrspolitik gilt entsprechend der zynische Satz "Wenn die Aufhebung der allgemeinen Benutzungspflicht umgesetzt worden wäre, wäre sie schon längst wieder zurückgenommen worden."

    Und ist damit ist die Behörde bei jeder Anordnung einer Benutzungspflicht verpflichtet nachzuweisen, das das Unfallrisiko für Radfahrer auf diesem Radweg nicht höher ist als auf der Fahrbahn daneben.

    Das Argument könnte man auch anführen, wenn die Behörde zuvor einfach mal willkürlich neben der Fahrbahn benutzungspflichtige Sonderwege für Smarts oder Hyundais ausgewiesen hätte.

    Primär mangelt es aber doch regelmäßig schon am Nachweis dafür, dass das Unfallrisiko auf der Fahrbahn für Radfahrer höher ist als für Nicht-Radfahrer (insbesondere für Kleinkraftrad-/Speedpedelec-/Mofafahrer). Es mangelt weiterhin am Nachweis dafür, dass es der Längsverkehr ist, von dem das örtliche Risiko für Fahrbahnradler ausgeht, denn nur die von diesem ausgehenden Gefahren könnten überhaupt durch Fahrbahnverbote adressiert werden.

    Das klingt jetzt wie "umso mehr wir die Radfahrer vergrämen, umso sicherer ist der Radverkehr [pro Einwohner]".

    Im Gegenteil, aus dem Umstand, dass sich die wenigen Auffahrunfälle erratisch auf verkehrsarme Landstraßen außerhalb der Ballungsgebiete verteilen kann man ableiten, dass viel (Rad)Verkehr sicherer ist als wenig.

    Bitte richtig lesen. Das Zitat ist NICHT mein Standpunkt. Ich habe das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts zitiert. 1934 wurde die Vorrangstellung des PKW im Straßenverkehr von den Nazis durch eine neue StVo begründet.

    Die Annahme, das Primat des Autos wäre eine deutsche Besonderheit, weil es damals von den Nazis durchgesetzt worden wäre, trügt. Das ist nur eine zufällige Koinzidenz, wie der Blick auf die Einstellung zum Auto im Ausland zeigt.

    Materialisiert sich also eine entsprechende Gefährdung - und was außer dieser sollte denn ein "zwingender Grund" oder ein "besonderer Umstand" sein? - erst mit dem Bau eines solchen Weges?

    Die behauptete Gefahrenlage ist vorher wie nachher keine, weil hinterher die Maßregelungsnötiger ja nie so weit gehen, dass sie einen missliebigen Radfahrer wirklich von der Straße boxen. Aber auch im Zustand ohne Radweg gab es keine örtlich besondere Gefahrenlage, da es keine einzige radwegfreie Straße in Deutschland gibt, auf der öfter als einmal ein Radfahrer von hinten tödlich angefahren wurde. Das Risiko pro Straße/Straßenabschnitt ist also winzigst, denn eine Handvoll Fälle sreuen gleichmäßig über das hunderttausende Kilometer umfassende Straßennetz. Aus dem Umstand, dass es irgendwo bereits einmal einen schweren Unfall gegeben hat, kann man ebensowenig auf eine besondere örtliche Gefahrenlage schließen, wie man aus der Abwesenheit solcher Unfälle eine besondere örtliche Sicherheit ableiten darf.

    Und darauf wollte ich eben hinaus: Kopenhagen ist sowohl die mit Abstand größte Stadt wie auch ein extremer Radverkehrs-Hotspot. In DE oder NL gibt es dagegen solche herausragenden Städte nicht

    Kopenhagen hat einen Modal Split von insgesamt 24%. Kursierende höhere Werte sind geschönt, indem mal der Fußanteil ignoriert wird oder nur der Binnenpendelverkehr gezählt wird (=Fahrten zur Arbeit oder Ausbildung innerhalb der Stadt). Die 24% sind im Bereich deutscher Städte (Bremen hat mehr, Berlin, München, Köln etwas weniger).

    Bei den Niederlanden dürfte die flächendeckend gute Fahrradinfrastruktur und flächendeckende Nutzung (nicht nur in Amsterdam um mal ein Vergleichsobjekt zu Kopenhagen zu haben) eine große Rolle spielen. Wenn ein Pulk Radfahrer vor einem Autofahrer fährt, kann der diese nicht "übersehen" (wie es in deutschen Polizeiberichten gerne nach Unfällen dargestellt wird). Bei einer einsam auf einer Landstraße in der Lüneburger Heide oder in Jütland radelnden Person sieht das anders aus.

    Radfahrer werden weder in NL, noch in DK, noch in D von hinten erfasst.

    Und die Anführungszeichen kannst du auch weglassen. Unfälle resultieren aus Übersehen/Augenblicksversagen (oft genug auh durch den Radfahrer), und nicht aus Ignorieren/Absicht, und auch das gilt wohl in allen drei Ländern.

    Der Tagesspiegel meint zum gleichen Inhalt: [...]

    ja klar, die Autos sind zu leise. :rolleyes:

    Im Stadtverkehr ist auch bei Verbrennern bei Beharrungsfahrt das Reifengeräusch das Lauteste. IMO ist das Ergebnis der Untersuchung dadurch verzerrt, dass Elektroautos einen größeren Anteil ihrer Fahrleistung innerhalb von Ballungsgebieten zurücklegen (wo die Fußgängerunfälle nun mal passieren). Die Studie basiert auf Daten bis 2017; damals fuhr man noch weniger als heute mit E-Autos Langstrecken auf der Autobahn.

    Danke für den archive-Link. "Die Brauhauskreuzung gilt als Unfallschwerpunkt". Im Destatis Unfallatlas ist nur ein einziger Unfall dort eingetragen, das war 2019, und außer "Fahrrad" waren daran keine anderen Verkehrsarten beteiligt. Was nicht so alles in der Zeitung als Unfallschwerpunkt "gilt".:evil:

    Die Frage ist halt, ob sich der Gesetzgeber dass genau so gedacht hat.

    Hat er. Die Einschränkung auf „kategorisch Schrittgeschwindigkeit“ war mit der Schilderwaldnovelle 2009 zwar aufgehoben worden, aber die zur Rettung der mit der Novelle für ungültig erklärten antiken Prä-1992-Schilder im Bestand vom Verkehrsministerium erfundene „geniale“ Lösung mit der angeblichen Nichtigkeit wegen eines banalen Zitierfehlers machte 2012 den Neuerlass der kompletten StVO notwendig. Darin wurde -wohl auf ausdrücklichen Wunsch der Länder im Bundesrat- die Rückkehr zur bis 2009 geltenden kategorischen Schrittgeschwindigkeit verordnet.

    Ich kenne das dänische Verkehrsrecht nicht, aber wie soll man denn ohne "Radweg" zwingend indirekt links abbiegen?

    So wie in der deutschen StVO beschrieben: geradeaus über die Kreuzung, am gegenüberliegenden Fahrbahnrand (aber noch auf der Fahrbahn) das Fahrrad im rechten Winkel auf der Stelle umsetzen und, wenn auf der bisher benutzten Straße von links und rechts nichts mehr kommt, weiterfahren. Das Abbiegen über zwei Radverkehrsführungen ist zwar umständlich, aber nicht im Sinne des Erfinders "indirekt".


    indirektes-linksabbiegen.png

    Von "Radverkehr in Skandinavien" zu reden ist schon komplett unseriös.

    Es ist auch unseriös, davon zu reden, dass der Radverkehr in Skandinavien irgendwie spürbar sicherer wäre als in Deutschland, und dass wir uns deswegen ein Vorbild an diesen Ländern nehmen müssten.

    Dänemark hat wahrscheinlich eine einigermaßen zuverlässige Zählung der Verkehrstoten. Bei den Verletzten scheint es aber reine Glücksache zu sein, dass ein Unfall mal in der amtlichen Statistik landet. In D lag das Verhältnis [Tote : Schwerverletzte : Leichtverletzte] in 2022 bei ca. 1 : 35 : 182. In DK betrug es rund 1 : 21 : 11 (sic!). Mit so einer gewaltigen Untererfassung ist jede Schlussfolgerung über das Niveau der dänischen Verkehrssicherheit mit Sicherheit grob irreführend.

    Was die notorischen Rechtsabbiegeunfälle anbetrifft, so kam DK zuletzt 2022 auf 2 Todesopfer. Klingt wenig, ist aber bei etwa gleicher Pro-Kopf-Radfahrleistung und 1/14 der deutschen Bevölkerung mit hochgerechnet 28 immer noch mehr als in D, wo es 2022 19 solcher Todesfälle gab.

    #3 Das "tägliche Erleben gefährlicher bis lebensgefährlicher Situationen" ist leider nicht übertrieben. Ich erlebe täglich Autofahrer, die an der Ampel bei rot durchfahren - immer bei derselben Ampel, die wenige Meter von meiner Wohnung entfernt liegt. Und das ist seit mehr als zwei Jahrzehnten so.

    Dinge, die sehr häufig vorkommen, ohne dass dabei was passiert, nennt man ungefährlich.

    Nicht ausreichend selbstbewusste Fahrradfahrerinnen fahren nicht auf der Fahrbahn sondern lassen es dann halt bleiben oder fahren immer seltener, wenn der Fahrradweg, oder das, was sie immer dafür gehalten haben, ersatzlos gestrichen wird. Und diejenigen, für die das Fahrradfahren noch in der Projektplanung war, haben einen Grund mehr, gar nicht erst richtig in das Projekt einzusteigen.

    Wo soll das Selbstbewusstsein denn herkommen, wenn den Wackelkandidaten (die oft wegen Straßenfurcht eh schon kein Auto haben) ständig unwidersprochen signalisiert wird: „Radfahren auf der „Straße“? Lass mal, das ist doch nichts für dich, viiiel zu riskant. Warte lieber, bis dass dein Bürgermeister auf den ADFC hört und endlich einen „sicheren“ Radweg macht.“

    Jep, kenne ich seit 2014 genau so.

    Aber als Radfahrer erlebt man das ja auch andauernd bei Radwegen ohne Blauschild.

    Hinsichtlich der Maßregelungs- und Nötigungsquote besteht nicht der geringeste Unterschied zwischen mit oder ohne Blauschild. Das hängt von ganz anderen Faktoren ab. Am wenigsten Mecker gibt es auf Straßen mit mehr als einer Fahrspur pro Richtung sowie während der Rush Hour, am ehesten wird angegriffen, wenn keiner guckt, Sonntags morgens um sieben bei Verkehrsstille, z.B. ist Alarmstufe rot Die Radwegqualität wiederum ist unerheblich, die bösartigsten Übergriffe habe ich auf der Straße, die auf meinem Avatar abgebildet ist (den abgebildeten Baum gibt es zwar mittlerweile nicht mehr, aber der Stumpf steht noch, und etliche ähnliche andere Stellen gibt es an der unbeschilderten Strecke ebenfalls).

    Und effekthascherisch die These in den Raum zu stellen, Radfahrerunfälle resultierten vor allem aus sich selbst gefährdendem Verhalten, beschwört doch vor allem die Gefahr herauf, den MIV mit seinen zahlreichen gravierenden Nachteilen für eine nachhaltige und sichere Mobilität und zukunftsfähige Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung zu verharmlosen.

    Es ist umgekehrt: die Gefährdung der Radfahrer durch den MIV wird maßlos übertrieben, weil man dies als Hebel ausnutzen will, um den eigentlich aus ganz anderen Gründen abgelehnten MIV zu diskreditieren.