Was gibt Gutes zum Thema Radverkehr zu berichten?

  • In vielen Themensträngen, die hier diskutiert werden, dominiert die Kritik an schlechten oder ungünstigen Verkehrsanlagen und Benachteiligungen des Radverkehrs gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern.
    Darüber kann man ganz depressiv werden. Da sind ein paar gute Nachrichten dringend nötig.
    Außerdem ist es ja durchaus wünschenswert und erfreulich, dass sich in das Radverkehrsforum mal wer verirrt, der nicht nur von Problemen und schlechten Nachrichten der Radler lesen will. Oder dass sogar Entscheidungsträger hier reinschauen, die keine Lust haben sich immer nur Kritik und "Gemaule" anzuhören.
    Ferner ist es ein pädagogischer Kniff, diejenigen, die man zu einer Verhaltensänderung bewegen will, nicht immerzu nur dafür zu kritisieren, was sie alles falsch machen, sondern im Gegenteil sie kräftig für das zu belobigen, was gut läuft!
    Darüber hinaus ist es wichtig in Alltagsgesprächen auf positive Radverkehrslösungen andernorts verweisen zu können, um Verbesserungen vor der Haustür anzuregen oder einzufordern.

    Deshalb eröffne ich dieses Thema "Was gibt's Gutes zum Thema Radverkehr zu berichten?" und lade alle ein Beispiele, gerne mit Bildern, beizusteuern! (Natürlich sind auch kritische Diskussionsbeiträge zu den positiven Beispielen gewünscht! Es geht nicht darum, alles nur mit einer rosaroten Brille anzuschauen. 8) )

    Auf die Idee kam ich im Zusammenhang mit den Hochwasser-Begleiterscheinungen der letzten Tage. In Angesicht der überfluteten Radwege am Ihmeufer kritisierte ein Radfahrerkollege, dass die Radwege nicht höher angelegt wurden, um sie vor Überflutungen zu schützen. Allerdings kamen wir bei näherer Betrachtung überein, dass mehrere Brückenunterfahrungen das nicht zugelassen hätten.

    Und jetzt das Positive: Nur wenige Tage nach dem Rückgang der Flut, wurden die stark vom Matsch beeinträchtigten Radwege von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Hannover gründlich gesäubert!
    Hier eine kleine Fotoreihe:

  • Radfahren macht einfach Spaß und ist für mich größtenteils problemlos möglich :D . Hin und wieder Ärger hat man jedenfalls immer, ob mit Rad, Auto, ÖPNV oder sonst wie. Gut, ich lebe in Berlin (Nickname ist veraltet) vielleicht auch ein bisschen auf der Insel der Glückseligen... Das Hauptproblem beim Radfahren ist bei mir eigentlich der allgegenwärtige Fahrraddiebstahl :(

  • Was mir auffällt: Es wird immer weniger gehupt, wenn ich auf "der Straße" fahre. Selbst auf vierstreifigen Hauptstraßen wie der Hoheluftchaussee, dem Lokstedter Weg oder der Lenhartzstraße hat hinter mir seit Monaten kein einziger Autofahrer gehupt. Immerhin... :)

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Was mir in diesem Jahr aufgefallen ist, dass Autofahrer anfangen, sich bei Radfahrern zu bedanken. Habe auf meinem täglichen Arbeitsweg eine längere Strecke mit Einmündungen rechts und mehrere Engstellen. Da lasse ich hin und wieder mal Fahrzeuge vor (bei erstgenannter Stelle ist es ja sogar die geltende Vorfahrtsregelung). Aber wurde man in den vergangenen Jahren dort noch gut und gern geschnitten und weggedrängelt, wird jetzt zum Dank gewinkt, der Warnblinker kurz betätigt und ruhig hinter einem her gefahren. Ich bin schon ein wenig baff, um ehrlich zu sein.

  • Mehrfamilienhäuser werden mittlerweile mit bequem erreichbaren Fahrradkellern und zusätzlichen ebenerdigen Fahrradabstellmöglichkeiten gebaut (meistens/immer? auch außerhalb Hamburgs?). Außerdem mieten sich Besitzer von Lastenrädern und anderen sperrigen Gefährten gemeinsam Tiefgaragenstellplätze.

  • Heute in der HAZ, leider bislang noch hinter der Bezahlschranke:
    "So bremst eine Grundschule in Limmer Elterntaxis aus

    Die Albert-Schweitzer-Grundschule in Limmer macht seit Schuljahresbeginn mobil gegen Elterntaxis - und es funktioniert. Am Mittwoch brachte kein Elternteil mehr sein Kind mit dem Auto direkt vor die Schule, Wendemanöver hatten dort häufig Kinder gefährdet. "

    Das Bild zum Artikel, eine Vorher-Nachher-Gegenüberstellung ist auch ohne Bezahlung zu sehen, und es ist sehenswert. Statt Autos im Stau sind ganz viele Fahrräder auf dem Bild zu sehen!
    Und die HAZ-Umfrage zum Modellversuch vor der Albert-Schweitzer-Schule kann sich ebenfall sehen lassen:

    Schluss mit Elterntaxis
    Halteverbot, Polizeikontrollen,Bußgelder,
    Eine Grundschule in Limmer macht Elterntaxis das Leben schwer
    - mit Erfolg. Eignet sich der Test als Vorbild für ganz Hannover?
    So haben unsere Leser abgestimmt (1731 Stimmen):
    Schluss mit Elterntaxis?
    Ja. Man sieht, dass es vor der Albert-Schweitzer-Schule funktioniert. (1398 Stimmen) 81%
    Nein, denn manche Eltern sind auf das Auto angewiesen. (216 Stimmen) 12%
    Wir bringen unsere Kinder ohnehin nicht im Auto zur Schule. (117 Stimmen) 7%

  • Hier der Link zum Artikel, der inzwischen kostenfrei zugänglich ist:

    "So bremst eine Grundschule in Limmer Elterntaxis aus"

    Besonders sehenswert das Vergleichsbild! Hier der Link zum Vergleichsbild:

  • Eine interessante Variante der weißen Strichlinie mit der oft eine Fahrradfurt gekennzeichnet ist, hat die Stadt Hannover auf die Straße gebracht. Vermutlich gibt es für die Breite und Länge und Abstände der "weißen" Strichlinie genaue Vorgaben.
    Aber mit dem hier gezeigten Drumherum wirkt die Linie noch besser, die rechteckigen weißen Flächen werden optisch zur Plattform einer kleinen Pyramide:
    Und so sieht es aus, wenn Fahrradfahrer passieren:
    Wer sich das mal vor Ort ansehen möchte: Die Fotos wurden aufgenommen Arndtstraße/Ecke Klagesmarkt.
    Es gibt die Markierungen aber auch noch an anderen Stellen, zum Beispiel an der Lavesallee/Ecke Adolfstraße.

  • Auf meinem Arbeitsweg wurde ein Stückchen Radweg neu gemacht: Ungefähr die Hälfte der Strecke zwischen Warschauer und Proskauer Straße auf der Nordseite.
    Vorher: 1,60m breit und Oberfläche aus Gehwegplatten
    Jetzt: 2,00m breit und asphaltiert

    Das macht Hoffnung, dass die sich den Rest des Weges auch noch vornehmen.

    Ein bisschen Meckern muss trotzdem sein: Das ist einer der am meisten befahrene Radweg in Berlin und von Hauswand zu Hauswand sind es an der Stelle 75m, also jede Menge Platz. Da eine Breite von 2m eigentlich das Standardmaß für Radwege sein sollte, hatte ich an dieser Stelle auf etwas mehr gehofft. Aber zumindest ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

  • Die Stadt Hannover will 130 neue Tempo-30-Zonen vor Kindergärten, Pflegeheimen und Schulen einrichten. Was halten Sie davon?
    So haben unsere Leser abgestimmt (2501 Stimmen):
    Tempo 30 - Das ist vernünftig. An den Stellen ist Tempo 50 einfach zu gefährlich. (1505) 60%
    Tempo 30 - Der Plan ist überzogen. Das unterstellte Risiko gibt es doch so gar nicht. (934) 37%
    Tempo 30 - Das interessiert mich nicht. (62) 2%
    Quelle: HAZ vom 4.10.2017, 19:20 Uhr

    Hintergrund ist der Beschluss der Landeshauptstadt Hannover, die neue Gesetzgebung des Bundes umzusetzen, nach der Tempo 30 vor Kitas, Schulen, Krankenhäusern, Altenheimen usw. auch prophylaktisch angeordnet werden kann noch bevor ernsthaft jemand zu Schaden kommt. CDU und FDP im Rat toben, damit solle versucht werden Tempo 30 flächendeckend in der Stadt einzuführen.

    Die HAZ berichtete unter anderem am 27.9.2017: "„Die Bauverwaltung ist nach dem Gießkannenprinzip vorgegangen“, sagt CDU-Baupolitiker Felix Blaschzyk. Er befürchtet, dass unter dem Deckmantel einer neuen Bundesvorschrift der Verkehr in Hannover flächendeckend auf Tempo 30 umgestellt wird."

    Wer den Artikel liest, kann dabei schnell feststellen wie parteiisch die HAZ zu Gunsten der Autofahrer-Raser-Lobby Bericht erstattet. Allerdings stimmen die Leser dieser einseitigen Pro-Autofahrer-Berichterstattrung überwiegend nicht zu. Und das ist doch erfreulich!

  • Die HAZ könnte ja als nächstes mal darüber berichten, wie viele Kinder vor Kindergärten und Schulen und wie viele ältere Menschen vor Pflegeheimen in den letzten 10 Jahren durch Autofahrer verletzt oder getötet wurden und wie viele außerhalb dieser Bereiche. Plus einer plausiblen Begründung, weshalb die genannten Bevölkerungsgruppen eben nur vor diesen Einrichtungen durch zu schnelles Fahren gefährdet sind.

    Außerdem vermisse ich seit Jahrzehnten eine belegbare Begründung, weshalb Tempo 30 "den Verkehr" negativ beeinträchtigen würde. Das Gegenteil ist richtig. Es will bloß keine der "gleichgeschalteten" Zeitungen darüber schreiben...

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Plus einer plausiblen Begründung, weshalb die genannten Bevölkerungsgruppen eben nur vor diesen Einrichtungen durch zu schnelles Fahren gefährdet sind.

    Es ist eine Abwägung. Tempo 30 im Bereich einer Schule ist eine recht kleine Beschränkung für den Autoverkehr, hilft aber sämtlichen Nutzern. Noch dazu in dem Bereich, in dem die Kinder besonders unaufmerksam sind.
    Tempo 30 flächendeckend ist eine ganz andere Hausnummer und schützt "pro Einschränkung" weniger Schüler.

    Ähnliche Argumente funktionieren für andere schützenswerte Einrichtungen.

    Allerdings scheitert die Argumentation, wenn man Tempo 30 nicht für eine Einschränkung hält. Ich gehe davon aus, dass dabei weniger Autos pro Zeit durchkommen und der einzelne Fahrer länger unterwegs, Du nicht. Da kommen wir nicht weiter.

  • Ich gehe davon aus, dass dabei weniger Autos pro Zeit durchkommen und der einzelne Fahrer länger unterwegs, Du nicht. Da kommen wir nicht weiter.

    Du meinst, dass bei Tempo 30 inidentischer Zeitspanne weniger Autos eine bestimmte Strecke passieren können, als bei Tempo 50?

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Du meinst, dass bei Tempo 30 inidentischer Zeitspanne weniger Autos eine bestimmte Strecke passieren können, als bei Tempo 50?

    Wenn man annimmt, dass es einen konstant fließenden Verkehr gibt, alle mit demselben Tempo fahren, denselben (regelkonformen) Abstand einhalten usw., ja, dann passieren weniger Autos pro Zeit die Strecke. Kann man mathematisch einfach berechnen.
    In der Praxis sieht's natürlich anders aus. Da gibt es Ampeln und Idioten. Evt. könnte tagsüber bei viel Verkehr sogar bei Tempo 30 mehr durchpassen als bei 50.

    Nachts wenn man alleine unterwegs ist und alle Ampeln grün, macht das Tempolimit aber einen riesigen Unterschied für den Einzelnen. Da muss man dann aber abwägen zwischen dem Interesse den Einzelnen auf schnelles Vorankommen und dem Interesse aller anderen auf Sicherheit und ruhigen Schlaf.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Du meinst, dass bei Tempo 30 inidentischer Zeitspanne weniger Autos eine bestimmte Strecke passieren können, als bei Tempo 50?

    Das hängt von der Situation ab. In den meisten Fällen gehe ich davon aus, ja.
    - Bei freier Strecke ist das wohl eindeutig.
    - Bei völliger Überlastung ist es egal.

    Irgendwo dazwischen gibt es vermutlich einen recht schmalen Bereich, in dem bei Tempo 30 mehr Autos durchkommen, weil bei 50 schon Stau wäre. Das ist ja auch der Grund, warum Autobahnen bei hoher Dichte auf 80 begrenzt werden.

    Auch betrachte ich das Argument der "Verstetigung" des Verkehrs bei Tempo 30 mit sehr viel Argwohn. Denn die Verstetigung erreicht man hauptsächlich bei einer funktionierenden grünen Welle. Das stelle ich mir bei 30km/h aber viel schwerer vor, da die "relative Streuung" zunimmt: Fährt einer 50 statt 30, ist das 70% schneller als der Rest, 70 statt 50 sind nur 40%. Dadurch ist der Pulk an der nächsten Ampel länger und kommt schlechter rüber.

  • Wenn man annimmt, dass es einen konstant fließenden Verkehr gibt, alle mit demselben Tempo fahren, denselben (regelkonformen) Abstand einhalten usw., ja, dann passieren weniger Autos pro Zeit die Strecke. Kann man mathematisch einfach berechnen.

    Nein, so einfach ist es nicht. Nicht jeder gönnt sich die gleiche Schrecksekunde, aber der Einfachheit halber gehen wir davon aus. Man fährt immer mit dem gleichen zeitlichem Abstand zu Vordermann. Wenn die Geschwindigkeit hoch genug ist, um die Länge der Fahrzeuge vernachlässigen zu können, kann man den Verkehrsfluss als konstant annehmen.
    Hinzu kommen andere Parameter. Unfallwahrscheinlichkeiten steigen mit der Geschwindigkeit, Ampel werden benötigt, die auch mal Rot sind, wenn kein anderer kommt. Da kann einem noch mehr einfallen.

    Summasummarum liegt der größte Verkehrsfluss bei etwa 30 km/h.

    Das ist zu Hauptverkehrszeiten entscheidend. Was man da mit einer höheren Geschwindikeit zwischen Knoten rausfahren könnte, verliert man an diesen (oder mehr).

    Zu anderen Zeiten halte ich diese Überlegungen für nicht so wichtig.

  • Nein, so einfach ist es nicht. [...]

    Hinzu kommen andere Parameter. Unfallwahrscheinlichkeiten steigen mit der Geschwindigkeit, Ampel werden benötigt, die auch mal Rot sind, wenn kein anderer kommt. Da kann einem noch mehr einfallen.

    Summasummarum liegt der größte Verkehrsfluss bei etwa 30 km/h.

    [...]

    Da musste ich jetzt kurz an ganz kleines bisschen schneller ausatmen. So richtig gelacht war es noch nicht, aber schon fast auf dem Weg dahin. Schön, wie zwischen "so einfach ist es nicht" und "ich sag mal wie es einfach geht" nur ein paar Zeilen liegen.

  • Da musste ich jetzt kurz an ganz kleines bisschen schneller ausatmen. So richtig gelacht war es noch nicht, aber schon fast auf dem Weg dahin. Schön, wie zwischen "so einfach ist es nicht" und "ich sag mal wie es einfach geht" nur ein paar Zeilen liegen.

    Freut mich, dass ich Dich fast erheitert konnte. Aber wir haben wohl unterschiedliche Ansichten, wie man zitiert und von Logik. Komplizierter als "nicht so einfach" muss nicht kompliziert bedeuten. Es kann immer noch einfach sein. Das zu verstehen, ist wohl nicht so einfach.

    Nenne doch einfach Deinen Ansatz. Dann können wir darüber diskutieren. Ich bin der Einfachheit halber davon ausgegangen, dass Du das meintest:

    (1) Φ(v) = 1/(tabstand+lpkw/v)

    Ich habe das beschrieben:

    (2) Φ(v) = 1/(tabstand+lpkw/v) * Punfall(v) * Tampel(v) * Firgendwas(v)

    Also, mir kommt (2) nicht so einfach vor wie (1). Aber vielleicht bin ich auch nur zu einfach gestrickt.