[Rant] "Kurzfristig" erreichbare Verbesserungen für den Radverkehr

  • Ich habe mir mal Gedanken darüber gemacht, welche Möglichkeiten es gibt den Radverkehr ohne lange andauernde Bautätigkeiten zu helfen. Was mir da Einfällt betrifft ironischer Weise meist den motorisierten Verkehr.

    1. Drastisches Erhöhen der Kontrolldichte. Es gibt quasi keine Rotphase an einer Ampel ohne Leute die noch Kirschgrün über die Kreuzung rasen. Fußgängerübergänge, Radspuren und Radwege zu parken sind auch komplett normal. Geschwindigkeitsübertretung ist Pflicht außerhalb eines Staus. Auch sollten Großkontrollen nicht mehr angekündigt werden, ebenso Blitzer-Positionen. Mit modernen Kameras sollte es zumindest Tagsüber möglich sein, die zu schnell fahrenden Autos ohne auffälligen Blitz aufzunehmen: Regelmäßig wird nur der erste einer Fahrzeugkolonne erwischt da der Rest durch den hellen Blitz alarmiert wird.

    2. Es den Kontrolleuren einfacher machen: wenn ich sehe das zwei Polizisten etwa fünf Minuten brauchen um ein Auto das auf einer Radspur parkt aufzuschreiben verstehe ich auch warum nur so wenige aufgeschrieben werden. Mittels eines Smartphones mit Kamera sollte der Prozess eigentlich max. 30 sec dauern. Ebenso sollte man die Rechtsmittel gegen Verkehrsverstöße erschweren.

    3. Die Besteuerung der PKWs anpassen. Dabei sollte die Autogröße und kW Zahl berücksichtigt werden. Bewohner Parkplätze sind auch viel zu billig.

    4. Drastisches Erhöhen der Strafen. Insbesondere wenn es zu Verletzungen kommt. Auch sollte man überlegen das wenn es zu Behinderung der ÖPNV durch Falschparker kommt diese die Mehrkosten tragen zu lassen.

    5. LKWs dürfen nur noch mit max. 6 km/h abbiegen. Elektronischer Assistent oder Beifahrer ebenfalls Pflicht.

    6. Mehr Polizei außerhalb von PKWs.

    7. Nach all dem was ich hier im Forum lese: Hamburg ins Weltall schießen. Mein Berliner Alltag ist dagegen paradiesisch.

    so, fertig gerantet
    Till

  • Ich hielte es schon für einen Fortschritt, wenn man erst einmal das Fahrrad in gesellschaftlicher Sicht aus dieser Verbrecher-Ecke herausholen könnte. Wenn in den Medien vom Fahrrad die Rede ist, dann nur in negativer Konnotation: Parkplätze fallen weg, mehr Stau, noch immer keine Fahrradsteuern. Verunfallt irgendwo ein Radfahrer, dann heißt es sofort: Der war aber ganz schön schnell und außerdem halten sich Radfahrer eh nie an die Regeln.

    Man könnte Radfahren ja auch mal als was positives, ja, als etwas normales darstellen. Was zur Hölle ist im Jahr 2016 denn so vollkommen abwegig daran, dass ich auch im November mit dem Rad zur Arbeit fahre? Die Leute schauen mich an, als wäre ich ein Außerirdischer.

    Ich habe den Eindruck, die Leute fahren in Hamburg oder in Deutschland nur mit dem Rad, weil es ihnen als besonders gesund empfohlen wird. Niemand steigt hier aufs Rad, weil es praktisch ist, weil man damit am schnellsten am Ziel ist oder weil man Spaß daran hat.

  • Ich habe den Eindruck, die Leute fahren in Hamburg oder in Deutschland nur mit dem Rad, weil es ihnen als besonders gesund empfohlen wird.

    Frag die Leute doch! An einer Ampel sollte genug Zeit für eine kurze Begrüßung sein, so dass Du auch eine vernünftige Antwort bekommst.

    Ich vermute, dass eher praktische Aspekte im Vordergrund stehen. Aber die Quote schwankt wahrscheinlich sehr stark zwischen den Jahreszeiten.

  • "Kurzfristig" erreichbare Verbesserungen für den Radverkehr


    Durchweg gute Vorschläge - nur leider regiert in Deutschland (u.a.) die Autoindustrie... :thumbdown:

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Ich habe mir mal Gedanken darüber gemacht, welche Möglichkeiten es gibt den Radverkehr ohne lange andauernde Bautätigkeiten zu helfen. Was mir da Einfällt betrifft ironischer Weise meist den motorisierten Verkehr.

    Hallo Tillsten, gute Ideen, die ich hier nicht noch mal alle wiederholen möchte. Aber um einen Punkt ergänzen, der ein bisschen heikel ist:
    In Hannover gibt es neuerdings an einigen Ampeln gelbe Griffe, die man zum Festhalten benutzen kann, während man auf Grün wartet. Ferner wurden Haltegestelle an geeigneten Stellen aufgestellt, auf denen man auch sehr bequem einen Fuß abstellen kann.
    Heikel finde ich das deshalb, weil hier womöglich dem Radler das Warten schmackhaft gemacht werden soll.
    Ansonsten aber sind diese Einrichtungen ohne großartige Bautätigkeit schnell und bequem umsetzbar.

  • Das dient leider nur der allg. Ablenkung und nicht als Ersatz für den von der Industrie gekauften Teil unserer Demokratie.

    Hallo Jochen,
    interessanterweise habe ich schon mit Leuten über die Petition gesprochen, die der Ansicht waren, die Petition sei von Hannovers Fahrradläden initiiert worden, damit die ihren Umsatz steigern. Fände ich übrigens nicht so ganz schlimm, wenn die Fahrradläden die Petition unterstützen, es trifft allerdings nicht zu, dass die die Petition gestartet haben.
    Ich glaube auch nicht, dass du befürchten musst, als ein Element der Ablenkung von der Autoindustrie missbrauchst zu werden, wenn du die Petition unterstützt.
    Es würde mich allerdings sehr freuen, wenn auch aus Hamburg Unterstützer-Unterschriften zur Petition dazu kämen, die von zwei Hannoveranern gestartet wurde, die sich u. a. an den Critical-mass-Radtouren in Hannover aktiv beteiligen.
    Viele Grüße, Ullie

  • Ullie, ich meinte mehr die Einrichtung dieser Petitionsgeschichte dient vornehmlich dem Ablenken der Energie von Leuten die wirklich etwas Verändern und Bewegen wollen, damit sich eben nichts ändert. Die die von der jetztigen Lage profitieren, haben leider kein Interesse an Veränderung.

  • Ullie, ich meinte mehr die Einrichtung dieser Petitionsgeschichte dient vornehmlich dem Ablenken der Energie von Leuten die wirklich etwas Verändern und Bewegen wollen, damit sich eben nichts ändert. Die die von der jetztigen Lage profitieren, haben leider kein Interesse an Veränderung.

    Hallo Jochen,

    ich hab' grad auf deiner Vorstellungsseite gelesen, du kommst aus Hamm (Westfalen) ich dachte zunächst aus Hamburg (mein Fehler). Deiner Feststellung, "Die die von der jetztigen Lage profitieren, haben leider kein Interesse an Veränderung.", stimme ich zu.
    Aber warum meinst du, dass die Petition bei denjenigen Energie ablenkt, die was verändern wollen? Eine Petition ist natürlich arbeitsintensiv, aber sie kann auch zu einem Zeichen werden, das zeigt, dass es viele Menschen gibt, denen es wichtig ist, dass eine Veränderung der Verkehrssituation weg vom Auto, hin zu mehr Rad- und Fußverkehr, stattfindet. Deshalb sehe ich die Petition eher als einen "Energie-Müsliriegel" für diejenigen, die sich für konkrete Verbesseruengen vor Ort einsetzen, und denen dabei immer wieder Steine in den Weg gelegt werden, u. a. von Verbänden wie dem ADAC, der bundesweit organisiert ist und kein Problem damit hat, sich bei jeder Gelegenheit aufzuspielen als der bürgernahe Fürsprecher in Verkehrsfragen vor Ort. Die Petition wird natürlich vor allem vor Ort unterstützt, von bislang noch nicht ganz 200 Unterstützern sind gerade mal knapp über 5% Auswärtige. Aber eine Unterstützung auch aus anderen Städten und Kommunen schadet der Petition nicht, im Gegenteil. Die Unterschriften sind übrigens je nach Herkunft deutlich zu unterscheiden. Auswärtige werden extra gezählt! Die aus Hannover sind dunkelblau gefärbt.

  • Aber warum meinst du, dass die Petition bei denjenigen Energie ablenkt, die was verändern wollen?

    Ja, Danke für genau diese Frage. Sie ging mir selber bereits durch den Kopf, vermutlich beim Duschen. :)
    Du hast es wieder nicht verstanden was ich meine.

    Schau, wir haben ja - also zumindest auf dem Papier - eine Parlamentarische Demokratie. Die soll ja so funktionieren: Wir, das Stimmvieh, die die gelenkt und geführt und beschützt werden wollen, wählen alle paar Jahre jemanden als unseren Interessenvertreter in ein Landesparlament und in den Bundestag und dort sollen dann unsere Abgesandten unsere Anliegen, unsere Interessen vertreten. Ich hoffe das ist soweit klar und verständlich?

    Nun hat man diese tollen Petitionsmöglichkeit erfunden. Dort können also die tollsten Vorschläge und Ideen einfach aller Art formuliert und vorgestellt werden und dann wird richtig viel Energie aufgewendet um für die Idee, den Vorschlag zu werden und Unterschriften, also Unterstützer zu finden, damit die Petition angenommen wird und sich vor einem Ausschuss ein zuständiger Fachmitarbeiter des zuständigen Ministeriums dazu äußern kann und dann wird beraten und abgestimmt, ob das Anliegen noch weiter vordringen darf.


    Nun trete bitte mal einen Schritt zurück und betrachte die beiden Modelle. Modell 1: Die fundamentale Basis unseres Staatswesen und Modell 2: Was daraus nun also geworden ist.

    Sollte es jetzt nicht massiv KLICK gemacht haben und immer noch unklar sein, wofür diese Petionsgeschichte in Wahrheit da ist, dann versuche ich es weiter zu erklären.

    Die Energie die hierbei abgeleitet werden soll, ist die Energie der Basis, der Menschen an sich, des Volks. Die Energie soll sich nicht mehr, wie zum Beispiel bei den erheblichen Protesten gegen Stuttgart 21, oder nehmen wir ganz viel früher mal die extremen Proteste gegen die Startbahn West (die Mittelalten werden sich vielleicht noch erinnern), direkt entladen und die wahnsinnig tollen Projekte die in Hinterzimmern ausgedacht und abgekartet (abgesprochen, abgemauschelt) in der Weise gefährden. Nein die Energie die Idealisten wie Du (ich war auch mal einer) aufzubringen bereit und in der Lage sind, soll sich in einem Verfahren erschöpfen und damit sehr weitgehend im Nichts, oder im Treibsand, oder eben vor einer Wand enden und gar nicht mehr bis in den Bundestag vordringen.
    Es ist der Schutzwall den die neue Staatsform der Lobbykratie errichtet hat, um sich den Pöbel besser auf Abstand zu halten, damit sie sich besser ihren höchst eigenen Geschäften und Machenschaften zuwenden können.
    Diese Petitionen dienen dem Gegenteil dessen, was ihr vorgeblicher Zweck sein soll!

    Die Politik wird aber ohnehin schön längst nicht mehr im Parlament gemacht, von daher wäre es wohl ebenso zwecklos zu versuchen über die Abgeordneten zu gehen, denn die Abmachungen werden in Ausschüssen und kleinen Gesprächsrunden abgekaspert und damit komplett am Parlament* vorbei. Beispiele könnte man haufenweise anführen, allein mir fehlt jeglicher Nerv dazu mich gedanklich in diesen Sumpf zu begeben.


    :* Ja, ein paar Rituale im Parlament hat man sich noch erhalten, die sind für die Tribüne. Die Tribüne auf der einst Roger Willemsen ein Jahr lang Platz nahm und das beste Buch über Schlandien verfasst hat - Das Hohe Haus. Ernüchterung pur.

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    Ich möchte aber ein Beispiel geben wie das mit Petionen so läuft, die tatsächlich mal alle Hürden haben nehmen können. Ist mir wirklich unter der Dusche wieder eingefallen. Es geht um diese aus Berlin hier vom vergangenen Jahr.
    Das Bundesverkehrsministerium sagte dann: "ja, stimmt, da besteht Bedarf, wir werden da etwas tun".
    Und es verging Zeit. Was hat man dann davon wieder gehört? Wo sind die Informationskampagnen dann geblieben? Wir erinnern uns, das Bundesverkehrsministerium mit diesen "Größen" wie Dorothee Baer, die die wahnsinnig tolle Helm-Kampagne gewuppt hat, über die die Republik so fein gelacht hat. Lord Helmchen Kampagne

    Nun, Kampagnen können die also. ich bin im Radreise-Forum aktiv und in der dortigen Laberecke ist auch ein Lehrer der an einer Leverkusener Schule tätig ist und dieser Lehrer stöhnte diesen Frühsommer auf einmal, was er da nun wieder auf den Tisch bekommen habe. Wir ahnen es.
    Das Bundesverkehrsministerium hat irgendwas an die Länder verschickt und die Länder, ich nehme hier nur NRW heraus, weil ich von den anderen Nichts weiß, also NRW hat dann Mappen mit den in Berlin so sehr vermissten Informationen zusammengestellt und an die Schulen weitergeleitet. Schulen, ja macht Sinn. Wenn es gescheit angegangen wird.
    Unser Lehrer hatte nun von der Schulleitung den Auftrag aufs Auge gedrückt bekommen, "das" mal zu organisieren, das "Informieren der Lehrer und damit der Schüler der Schule", weil er ja hier der Radfahrer sei. Er fährt jeden Tag von ausserhalb mit dem Rad zur Arbeit (2-stellige Kilometer je Strecke, immerhin). Die anderen hätten da ja auch keine Ahnung und so war es nun an ihm zuerst das Kollegium zu "briefen/informieren/auf Stand zu bringen" damit die dann ihre Schüler informieren können was es mit den Radwegen und der Sicherheit so zu tun hat.

    Ja und was hat man ihm also in die Hand gegeben? Nachdem das Bundesverkehrsministerium die Länder informiert hatte und die Länder das dann weitergeleietet haben? Er bekam nen paar Ausdrucke vom Gesetzestext, unkommentiert natürlich(!) und eine Loseblatt-Sammlung von Zeitungsartikeln zu der Thematik. Und sonst NICHTS!
    Er verstand natürlich bestenfalls die Hälfte, hat sich die wesentlichen Teil des Rest von uns Anderen erklären lassen und dann versucht den komplett unwissenden Lehrern "mal eben" das Allernötigste zu erklären, damit die es vielleicht solange behalten bis sie es dann den Kinderchen erklärt haben.

    Das ist also das Ergebnis einer Petition die es mal über alle Hürden geschafft hat. Toll, was? Da fühlt man sich doch richtig gut aufgehoben, in diesem sauberen Schland. "Schland" übrigens deswegen, weil ich schon lange keinen "Deut" mehr darauf gebe. Ich habe kapituliert. Hier wird sich nichts mehr verbessern, dafür ist es zu tief bereits zersetzt und zerbröselt, was die einstigen Vorzeigestrukturen der modernen Demokratie betrifft.

    Für bescheuerte Helm-Kampagnen ist Geld und Wille und eine Staatssekretärin da. Für eine generelle "was darf, was soll ich, was ist erlaubt und was ist wichtig?" Kampagne hat sich nur eine Loseblatt-Sammlung gefunden, aber keine Kampagne und keine Staatssekretärin. Bravo liebes Bundesverkehrsministerium, stramme Leistung.

    Solltest Du mit deiner Petition also Erfolg haben, weißt du nun wo du allerbestenfalls damit landen wirst.
    Viel Spaß.

  • Ja, Danke für genau diese Frage. Sie ging mir selber bereits durch den Kopf, vermutlich beim Duschen. :) Du hast es wieder nicht verstanden was ich meine.

    Solltest Du mit deiner Petition also Erfolg haben, weißt du nun wo du allerbestenfalls damit landen wirst.
    Viel Spaß.

    Ich hab deinen langen Text mal gekürzt. Und will nur auf eine Sache, die du erwähnt hast eingehen. Diese "Helm-Kampagne". Der Titel dieses Threads lautat ja "Kurzfristig erreichbare Verbesserungen für den Radverkehr". Ich weiß nun auch nicht en Detail, wer genau alles dran gearbeitet hat, und mit welchen Mitteln, dass es in Deutschland Gott sei Dank verhindert werden konnte, eine Helmpflicht für Radfahrer einzuführen. Aber ich bin allen, die dazu beigetragen haben, eine Helmpflicht für Radfahrer zu verhindern, sehr dankbar!
    Leider gibt es viel zu viele Menschen, die aus einem falsch verstandenen Sicherheitsempfinden heraus es für nötig halten, alles mögliche anzustrengen, und die, quasi im vorauseilenden Gehorsam, eine Art Ersatzhelmpflicht in der Form einführen, dass sie Schulkindern, die in der Schule am Fahrradtraining teilnehmen, nötigen, dabei einen Helm zu tragen.
    Würden diese besorgten Lehrer, Schulleiter, Elternvertreter usw. sich doch ganz einfach darüber nicht den "Kopf zerbrechen". Dann wäre das was, wo man sagen könnte, man hat kurzfristig eine deutliche Verbesserung des Radverkehrs erreicht, und dabei nicht nur erheblichen zusätzlichen Aufwand eingespart, sondern auch noch jede Menge potenzielle Energie gewonnen, einen echten Beitrag zur Förderung der Fahrradkultur zu leisten.

    In dem Artikel, auf den du hinweist, , wird am Ende die Frage gestellt: "Die Frage, die man sich bei der Fahrradhelm – Kampagne als geneigter Betrachter eigentlich stellen muss: Ist Darth Vader die geeignete Person, um für den Fahrradhelm Werbung zu machen? Ein Mann, der offensichtlich nicht oft Fahrrad fährt und zudem an extremer Kurzatmigkeit leidet, ist denkbar schlecht geeignet, um den Aspekt der Fahrradsicherheit zu vertreten, oder wie siehst Du das?"


    Und daran kannst du sehen, dass manchmal sogar völlig nutzlose, sinnfreie und bescheuerte Kampagnen sogar noch eine Sinn erfüllen können. Denn die eigentliche Frage, die hätte gestellt werden müssen, lautet doch: "Die Frage, die man sich bei der Fahrradhelm – Kampagne als geneigter Betrachter eigentlich stellen muss: Ist das Tragen eines Fahrradhelms tatsächlich das, was das Fahrradfahren attraktiver und sicherer macht? Ein Mann, der offensichtlich nicht oft Fahrrad fährt und zudem sogar beim Zu-Fuß-Gehen einen Helm trägt, ist denkbar schlecht geeignet, um diesen Aspekt der Fahrradsicherheit zu diskutieren, oder wie siehst Du das?"


    Aber leider leider, trotz der lächerlichen Kampagne kommt der Autor gar nicht auf die Idee, das Propagieren des Fahrradhelms an sich in Frage zu stellen.


    Pech für den Radverkehr - Glück für die Initiatoren dieser nur auf den ersten Blick scheinbar nutzlosen Kampagne. Manchmal spielt das leben so, ein andermal aber auch wieder andersrum. Drum mach doch einfach mit bei der Petition. Kann schon sein, dass deine Befürchtungen bezüglich der Petition zutreffen. Das müssen vermutlich eines Tages andere mitentscheiden und das hab' ich nur begrenzt im Griff. Übrigens, die Petition wurde nicht von mir gestartet. Ich hatte davon vielmehr in der Zeitung (Hannoversche Allgemeine, Druckausgabe) gelesen. Der HAZ-Autor ist dem Anliegen ganz offensichtlich wenig geneigt. Er schrieb, die Autoren hätten den "bequemen Weg einer Online-Petition" gewählt. Das hat mich dann erst recht fuchsig gemacht. Und deshalb lasse ich keine Gelegenheit aus, für diese Petition zu werben, übrigens nur zum Teil im Internet. Vielmehr vor allem auf der Straße, beim Radfahren, an der Ampel oder in der Bahn etc... Das ergibt 'ne Menge spannende Gespräche. Hier hab' ich ja auch schon einige interessante Anregungen erhalten.


    @Spkr: Du schreibst, dass du die Aufwand-Nutzen-Relation einer solchen Petition für ungünstig hältst. Du musst sie ja nicht in der Form unterstützen, dass du jetzt alle Hebel in Bewegung setzt, um weitere Unterstützer zu finden. Unterschreib doch einfach, "open petition" ist m. E. eine solide arbeitende Organisation, die Online-Petitionen ermöglicht. Und dann lehn dich entspannt zurück und warte einfach ab ... Dabei hast du alle Energien frei für alle möglichen Projekte!

  • Petitionen sind durchaus geeignet, etwas zu bewegen und dem Lobbyismus und Eliteinteressenbevorzugung entgegen zu treten.

    Zwei Beispiele für Petitionen und Kampagnen, die erfolgreich waren:

    Petition gegen ungeregelten Lobbyzugang zum Bundestag. Mittlerweile wird erfasst, wer welchen Lobbyisten einen Hausausweis ausstellt und somit den freien Zugang zu den Parlamentariern ermöglicht. Manch einer war erstaunt, wie viele Hausausweise es überhaupt gibt und wer die meisten davon ausgestellt hatte. Damit wurde etlichen Großkopferten empfindlich auf die Zehen getreten und die Einflussnahme gewisser Kreise auf die Politik offengelegt. Das ist der erste Schritt auf dem Weg der Eindämmung antidemokratischer Abläufe.

    Petition gegen CETA: bis heute wurde die Inkraftsetzung von CETA verhindert und erzwungen, dass es in den zuständigen Ausschüssen weiter bewertet wird. Dafür waren mehrere Petitionen im Verbund mit mehreren Klagen verantwortlich. Der Konflikt ist zwar noch nicht beendet, es sieht aber derzeit nicht so aus, als wenn das in nächster Zeit noch was würde mit CETA. Die Chance, mit einem NEIN in den Parlamenten der Einzelstaaten das Ganze noch aufhalten zu können, ist stark gestiegen.

    Petitionen sind also keinesfalls vertane Energie und Zeit.

    Richtig ist allerdings, dass man in einem funktionierenden Mehrparteiensystem einfacher die Parteien wählen könnte, die den eigenen Standpunkt vertreten und sich somit die Petitionen sparen könnte. Wenn man aber wegen dem Parteien-Einheitsbrei -fast alle Parteien buhlen um die politische Mitte, während sie im Hintergrund Konzerne und Eliten fördern- keine solche Partei mit Aussicht auf Erfolg findet, ist eine Petion oft der einzige Ausweg, alternative Optionen überhaupt in die öffentliche Diskussion zu bekommen.

    bye
    Explosiv smilie_be_131.gif

  • Ich weiß nun auch nicht en Detail, wer genau alles dran gearbeitet hat, und mit welchen Mitteln, dass es in Deutschland Gott sei Dank verhindert werden konnte, eine Helmpflicht für Radfahrer einzuführen.

    Wie kommst du denn jetzt darauf? Wo bitte steht das etwas verhindert worden IST??
    Das Gegenteil findet doch seit Jahren massiv statt! Vor unser aller Augen! Und jene bescheuerte Kampagne war ein nicht ganz ungewichtiger Teil davon. Es wird hart, sehr hart daran gearbeitet um, vermutlich in möglichst naher Zukunft, eine Helmpflicht einführen zu können. Dafür muss aber zuerst die Tragequote so gesteigert werden, daß die Helmträger eben keine allgemein zu vernachlässigende Minderheit mehr sind, sondern daß das Radhelmtragen vielmehr etwas so verbreitetes und allgemein übliches darstellt, daß a) wenig Widerstand zu erwarten ist und b) solch eine Verordnung oder Gesetzt, je nachdem, auch Klagen standhält. Es waren Gerichte, zuletzt das LG Schleswig, welche festgestellt haben, wonach Helmtragen für normalverständige Menschen doch eine Selbstverständlichkeit sein sollte, es jedoch aber eben (noch) keine Pflicht sei. Darin steckt implizit, wenn es selbstverständlich geworden ist, wird sich die Rechtsprechung da grundlegend verändern.

    Zurück zu der Petitionsnummer. Ich habe mich im nachhinein geärgert, weil ich den mir ganz wichtigen Teil nicht in der Weise deutlich herausgearbeitet habe, wie es mir unter der Dusche ;) im Kopf vorschwebte. Daher nochmal der Versuch in kürzer:
    Das Grundgesetz sieht die Einflussnahme für den parlamentarischen Prozess auf andere Weise vor. Jedoch findet dies dann häufig so "laut" und öffentlich statt, daß es hier bei weitem schwerer ist es zu ignorieren. Wenn man die Energien aber von dieser "Schiene" ablenkt und eben auf jene Petitionen umlenkt, vershwindet dieser Druck fast vollständig von der Bildfläche. Es findet dann fast nur noch im Internet statt und dort kann und darf man ja bekanntlich eh nix glauben, weil jeder Hinz und Kunz da mitmachen darf. Man beschaue sich die allgemeinen Darstellungen von meinungsleitenden Politikern zu allem was im Internet so abgeht.

    Auf der anderen Seite dann die Kampagnen, mit denen eben etwas erreicht werden will.

    Die Helm-Kampagne wurde vom Bundesverkehrsministerium erdacht, bezahlt und durchgeführt. Und wurde als großer Erfolg gewertet und man will da weitermachen. Eben bis man an dem Ziel angekommen ist: Der Helmpflicht.
    Auf der anderen Seite dann eine formell erfolgreiche Petition, wo das Bundesverkehrsministerium pro forma sagt "ja, da muss man was tun" und dann tun sie eben nur auf dem Papier etwas, aber in der Realität kommt nichts an. Da hat man dann auf einmal kein Budget für, keinen echten Willen und überhaupt besseres zu tun, mit der Maut und dem Vertuschen des Diesel-Skandals und der aktiven Einflussnahme der Autolobby auf parlamentarische Prozesse und den Bundesverkehrsminister.
    Das stinkt zum HImmel!

    Wenn man die Chance erarbeiten möchte wirklich etwas zu verändern, muss man eine öffentlich nicht zu ignorierende Kampagne "fahren" und das kostet Geld und Zeit. Und man muss in die "Stuhlkreise" rein.
    Stuhlkreise sind der andere Teil wo heute Politik "gemacht" wird, siehe dazu die sehr schönen Einlassungen eines offenen und immer schon sehr ehrlichen und direkten Medienprofis: Friedrich Küppersbusch. Die Sendung ist leider über 1,5h Stunden lang und ich weiß nicht mehr in welchem Teil er sich zu den Stuhlkreisen (-> Talkshows) geäußert hat. Ist aber auch so seeehr sehenswert.

    Politik wird in Hinterzimmern gemacht, man entscheidet "wir machen das jetzt mal so und dann schauen wir wie das öffentliche Echo dazu ist und dann muss man sehen ob etwas verändert werden muss". Nix mehr mit Parlament und Debatten und Gesundem Menschenverstand tralala.

    Wer etwas verändern will, muss die Meinungen in irgendeiner Weise für sich gewinnen, also letztlich kaufen. So Kampagnen kosten richtig Knete. Alles übrige bringt unterm Strich nichts, oder so gut wie nichts.
    Das mit CETA ist was anderes, weil es ein ohnehin breites Thema an sich ist und von vielen Leuten auf vielen Ebenen beackert und wach gehalten wird, man erinnere sich nur an die Ausgabe "Der Anstalt" wo sich mit TTIP auseinander gesetzt wurde und das Schlußwort dann warnend in Richtung nahendem CETA fiel.

    Jan Böhmermann hat man nen schönen Tweet abgesetzt und den Blog von Marco Radfahren-in-Koeln.de als den besten Fahrrad-Blog Schlands bezeichnet. Wenn man auf solchen Ebenen mit eben sehr bekannten und nachgefragten Namen und Personen etwas schaffen würde, sähe das auch anders aus. Man braucht echte Öffentlichkeit, aber die findet eben nicht in den Kommentarspalten von Online Petitionen statt.

    Sorry, wieder etwas länger geworden als erhofft.

  • Wie kommst du denn jetzt darauf? Wo bitte steht das etwas verhindert worden IST??Das Gegenteil findet doch seit Jahren massiv statt! Vor unser aller Augen! Und jene bescheuerte Kampagne war ein nicht ganz ungewichtiger Teil davon. Es wird hart, sehr hart daran gearbeitet um, vermutlich in möglichst naher Zukunft, eine Helmpflicht einführen zu können.

    Bis jetzt sind jedenfalls die Helm-Pflicht-Befürworter noch nicht in der Form zum Zuge gekommen, dass die Helmpflicht eingeführt wurde. Und das ist gut so!