Untersuchung: Tendenziöse Berichterstattung

  • Dieser Beitrag/diese Idee ist nicht allein für Hamburg gedacht, aber ich fand es hier noch am passendsten. Vielleicht kann@Malte ja mal ein allgemeineres Sammelbecken unter "Radverkehrspolitische Projekte" anlegen.

    @Christian F und @Fahrbahnradler haben ja grad wieder schöne Beispiele dafür gefunden, wie Verkehrsunfälle tendenziös beschrieben werden (hier und hier). Ich würde gern wissen, ob es tatsächlich so ist, dass über die einzelnen Verkehrsarten unterschiedlich berichtet wird oder ob das der selektiven Wahrnehmung geschuldet ist. Dafür müssten Berichte automatisch/manuell gesammelt und ausgewertet werden. Mir schwebt als Ergebnis eine Ergänzug zur Modal-Split-Zeitungsanalyse vor. Hat jemand Interesse daran, sowas zu planen/durchzuführen/darüber zu diskutieren? Oder gibt es so eine Untersuchung sogar schon?

  • schlagword: presserad?


    Mit den Artikeln auf PresseRad kann man die Fragestellung leider nicht bearbeiten, weil die Artikel ja schon gefiltert sind oder wie soll ich den Hinweis verstehen? Oder gibt's da auch 'ne Statistik? Ich habe es oben jetzt nicht so deutlich geschrieben: Ich weiß, dass es tendenziöse Berichterstattung gibt. Das ist gar nicht die Frage. Mich würde die Verteilung und die Art interessieren. Eine genauere Fragestellung zu formulieren würde natürlich auch zum Projekt gehören.

  • Es geht darum dieses diffuse "immer/meist/oft/dutzendfach" wird X so dargestellt (und [fast] nie so) zu quantifizieren, damit es mehr ist als "das weiß doch jeder, der Meldungen über Unfälle mit Radfahrern verfolgt".

  • Das weiß doch jeder, dass Radfahrer immer ohne Licht fahren.

    Was ich sagen will: die Statistik wird Dir nicht helfen, weil Du kaum jemanden finden wirst, der mit Dir faktenbasiert darüber diskutieren möchte. Und wenn Du schon jemanden findest, dann brauchst Du nicht direkt über Unfallberichterstattung zu sprechen sondern kannst Schnee, Laub und geparkte Autos auf Radwegen erwähnen und dass Autofahrer auch in dem Fall Dich weghupen wollen. Da ist jedem faktenoffenen Menschen eigentlich klar, dass Du das richtige tust und er/sie wird trotzdem "spüren", dass der Radfahrer das falsche tut.

    Ansonsten müsste man das Presseportal nach Polizeimeldungen zu Unfällen durchforsten und das mit der amtlichen Unfallstatistik abgleichen. Entweder automatisiert (Stichwort Wortwolke) oder manuell annotieren lassen (was wieder methodisch sehr schwierig wäre).

  • Diese Geschichte mit der unterschiedlichen Unfalldarstellung, abhängig vom verwendeten Verkehrsmittel, ist schon sehr ärgerlich. Beispiele gibts genug, und ausgewogene Berichterstattung ist selten (behaupte ich jetzt mal einfach so, ohne das statistisch belegen zu können).

    Eine mögliche Erklärung: Die Pressemitteilungen basieren vermutlich zum großen Teil auf Zeugenaussagen. Und bei Unfällen "Radfahrer vs. motorisiertes Fahrzeug" liegt der Radfahrer oft schwer verletzt im Krankenhaus und kann nichts sagen. Während der Autofahrer in aller Ruhe diktieren kann, dass der Radler nicht links und nicht rechts geschaut und außerdem das Verkehrszeichen missachtet hätte usw.

    Pressemitteilung macht Arbeit - und da macht man lieber einfach copy&paste aus der Zeugenaussage, wobei die Ausgewogenheit auf der Strecke bleibt. Medien machen es genauso und übernehmen den Text wörtlich - fertig ist das öffentliche Urteil.

  • Was ich sagen will: die Statistik wird Dir nicht helfen, weil Du kaum jemanden finden wirst, der mit Dir faktenbasiert darüber diskutieren möchte.

    So ist es.
    Hier gelten die gleichen Regeln, wie für die Gegenrede bei politischer Lüge und rechter Hetze im Internet.
    Fakten interessieren da längst nicht mehr.
    Und: "Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast", ist gerade in gebildeten Kreisen unwidersprochen.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • presserad.de sammelt nur. Ich habe mal testweise gezählt, und bin, wie man sich denken kann, für eine systematische Untersuchung dieses Phänomens. Aber Obacht: Sowas ist, wenn man es ordentlich machen will, mit viel Arbeit verbunden.
    Ich halte die fast schon konsequent unterschiedliche Darstellung gleicher oder zumindest vergleichbarer Vorgänge nicht nur für Ärgerlich, sondern für Symptom und Ursache zugleich, welches zeigt, das Radfahrer in vielen Gehirnen ein Grundübel sind.
    Das erwartete Ergebnis wäre auch nicht unmaßgeblich, sondern man könnte damit den an Radfahrern begangenen behördlichen Lug und Trug auch so benennen. Eine Behörde, die ausschließlich zum Nachteil einer bestimmten Gruppe lügt, kann sich eben nicht mehr ganz selbstverständlich als Neutral und um die Sicherheit besorgt darstellen. Dafür braucht man aber Zahlen.
    "Fakten interessieren da längst nicht mehr." ist zwar richtig, die Minderheit muß dennoch gewappnet sein, weil sie sonst zusätzlich noch juristisch Nackt dasteht. Das Behörden lügen und über Leichen gehen, weiß ich. Aber das öffentlich kund zu tun und vielleicht noch auf eine Bestimmte zu zeigen braucht schon etwas mehr als nur Geschrei, den die Mehrheit sich ungestraft erlauben kann. Nicht zuletzt ist man sich dann selbst gewiß, aber das scheint heutzutage auch nicht mehr viel wert zu sein.

  • Ach so, du hälst das für völlig offen, so 50:50. Na, da las ich das bisherige anders, insbesondere durch den Hinweis auf presserad.de. Oder du meinst, mein Satz wäre unbegründet: Mit Realitätsverleugnung sollte man aber auch nicht an sowas rangehen.
    Aber schön zu sehen, das sich gleich der erste ausschließlich auf eine Nebensächlichkeit stürzt.

  • udoline: Ich bin hier nicht Dein Gegner.
    Wenn Du aber einigermaßen solide ("wissenschaftlich") an die beschriebene Fragestellung herangehen willst, solltest Du die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten (möglicherweise von Dir gewünschten) Ergebnisses anfangs neutral bewerten. In dem Moment, wo Du voreingenommen an die Sache herangehst, untergräbst Du Deine eigene Glaubwürdigkeit massiv. Solche potenziellen Schwächen versuche ich hier aufzuzeigen. Nicht, um Dich zu diskreditieren, sondern um Dir die möglichen Schwachstellen oder Hindernisse der geplanten Untersuchung aufzuzeigen, bevor sie das Gelingen des Projekts gefährden.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • wobei - und da möchte ich auch ehrlich keinem ans Bein treten - wir uns hier sicherlich nicht auf der Ebene der höheren Sozialforschung bewegen...

    Sollten die Überlegungen zu einem solchen Projekt allerdings die Ebene "hier, Forum" verlassen, da wirklich mit einem wissenschaftlichen Anspruch herangegangen werden, sieht das anders aus und man sollte dann tatsächlich von einem neutralen Punkt aus starten :)

  • Das ist so traurig. Der Fahrer sollte den Journalisten als seinen Anwalt engagieren. Dann wäre der erste gut verteidigt, und letzterer würde die Öffentlichkeit verschonen. Hoffentlich werden die Kinder wieder vollständig gesund, nachdem ihnen das angetan wurde.

    Zum Vorschlag von @udoline: Das Ergebnis so einer Untersuchung könnte schon Berichterstattung und eine öffentliche Diskussion anregen; soweit zu kommen wird aber sehr viel Arbeit machen. Es macht auch nur Sinn wenn es methodisch sauber vorgenommen wird. Material gäbe es genug, die Fragestellung ist: Hängt die Art der Berichterstattung über Verkehrsunfälle vom verwendeten Verkehrsmittel ab? Das Ergebnis muss man dann auch im richtigen Rahmen an die Öffentlichkeit bringen.... Letztlich ist es Lobbyarbeit, mit dem Ziel die öffentliche Wahrnehmung des Radverkehrs zu verändern. Ich wünschte mir der ADFC würde sowas machen.

  • "Hinweise, dass der Mann zu schnell gefahren war, liegen nicht vor."

    Hoffentlich überprüft die Polizei auch, ob Hinweise vorliegen, dass der unfähige Idiot Mann mit seinem Smartphone gespielt hat! :cursing:

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Das Link muss nur ein klein bisschen optimiert werden. Presserad hatte mal schön die 10 Goldenen Regeln zusammengestellt:

    http://presserad.wordpress.com/category/rubri…goldene-regeln/


    Alle Blogbeiträge von Presserad (bis auf den neuesten "Blogpause") sind verschwunden! Zum Glück gibt es archive.org.

    Die 10 goldenen Regeln eignen sich eventuell um Hypothesen zu formulieren, sind aber keine quantitative Untersuchung.

    presserad.de sammelt nur. Ich habe mal testweise gezählt, und bin, wie man sich denken kann, für eine systematische Untersuchung dieses Phänomens. Aber Obacht: Sowas ist, wenn man es ordentlich machen will, mit viel Arbeit verbunden.


    Die Unterscheidung Aktiv vs. Passiv ist eine gute Idee, da (zumindest, wenn die untersuchten Sätze nicht ideologisch geblendet ausgewählt werden) es ein klares Kriterium ist, dass man nicht interpretieren muss. Außerdem ist das automatisiert gut unterscheidbar, was die Arbeit erheblich verringert. Auch noch zum Thema Arbeitsaufwand: Man muss natürlich ein Untersuchungsdesign wählen, sodass die Arbeit überschaubar/machbar ist. Also z.B. nicht sämtliche Artikel von Quelle X untersuchen, sondern nur in einem gewissen Zeitraum oder eine bestimmte Anzahl.

    Wenn Du aber einigermaßen solide ("wissenschaftlich") an die beschriebene Fragestellung herangehen willst, solltest Du die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten (möglicherweise von Dir gewünschten) Ergebnisses anfangs neutral bewerten. In dem Moment, wo Du voreingenommen an die Sache herangehst, untergräbst Du Deine eigene Glaubwürdigkeit massiv.


    Generell stimmt dein Hinweis. Wichtiger als die neutrale Einstellung ist, dass das Untersuchungsdesign den Einfluss der eigenen Einstellung auf das Ergebnis verhindert minimal hält und andere (insbesondere tatsächliche oder imaginäre "Gegenseite" ) das Design auch für gültig halten (würden).

    Und: "Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast", ist gerade in gebildeten Kreisen unwidersprochen.


    Ich stimme dem voll zu, wenn du "gebildet" durch "bestimmten" ersetzt. Wer sich allein auf dieses Sprichwort zurückzieht, hat nicht die Kompetenz erworben, Statistiken zu beurteilen und versteckt sich dahinter, dass "ja sowieso alles nicht stimmt".

    Natürlich kann man sich fragen, was man mit dem Ergebnis einer solchen Untersuchung machen würde bzw. welche Fragestellung am Ende am meisten PR-Erfolg haben könnte (evtl. etwas anderes als das Unfall-Thema). Da müsste man mal die Fachleute fragen.

    Ich halte die fast schon konsequent unterschiedliche Darstellung gleicher oder zumindest vergleichbarer Vorgänge nicht nur für Ärgerlich, sondern für Symptom und Ursache zugleich, welches zeigt, das Radfahrer in vielen Gehirnen ein Grundübel sind.


    Genau deswegen halte ich diese Berichterstattung für gefährlich. Es gibt Untersuchungen zu anderen Themenbereichen (z.B. Berichterstattung über die Todesstrafe in den USA), die zeigen, dass die Art und Weise wie berichtet wird einen Einfluss auf die Meinung der Bevölkerung hat. Wie wäre es gezielt eine Quelle Q ins Visier zu nehmen und bei entsprchendem Ergebnis zu veröffentlichen, wie "schlecht" Q berichtet? Da wäre es natürlich gut, wenn entweder Q selbst für faktenbasierte Kritik offen ist oder es eine aufgeschlossene Instanz gibt, die in der Sache auch noch was zu sagen hat oder zumindest gehört wird. Jemand Ideen?

  • Na, ich habe nicht gesagt, das ich das (allein) machen will, von daher ist meine Neutralität eher nebensächlich. Zweitens könnte man einen Mangel daran jedem aufmüpfigen Radfahrer anhängen. Da niemand sonst sowas machen will, muß man halt damit leben.
    Wenn ich sowas machen wollte, würde ich nicht nur Aktiv/Passiv zählen, sondern auch Schuldzuschreibungen, Verharmlosungen, Entschuldigungen, Erwähnungen von Rechten und Pflichten, Belehrungen und womöglich noch mehr. Auch würde ich auf Rad/Auto einschränken, dafür vielleicht unterscheiden nach Ort des Geschehens, Rad-, Gehweg, Fahrbahn, auf jeden Fall die Quelle festhalten. Kriterien festlegen, zum Testen eine Reihe Meldungen nehmen, Kriterien anpassen. Man müßte sehen, wie mit unterschiedlichen Interpretationen verfahren wird und welche Meldungen überhaupt herangezogen werden.
    Das ist das, was mir dazu prompt einfällt, so ganz unwissenschaftlich. Aber sowas in der Richtung sollte reichen zum Zeigen, woher der Wind weht.