Radverkehrspolitische Forderungen des ADFC-Niedersachsen zur Landtagswahl am 9. Oktober 2022

  • Nochmal: Das hier steht bereits in der Verwaltungsvorschrift zur StVO.

    Zitat

    Die Flüssigkeit des Verkehrs ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor. Der Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

    Die VwV-StVO ist kein Vorschlag und keine unverbindliche Empfehlung, sondern eine Vorschrift. Das heißt, dass die StVO von den Behörden nicht so ausgelegt werden darf, dass der ungehinderte Kfz-Verkehr auf Kosten der Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radfahrern ermöglicht wird.

    Hier ist die Missachtung dieser Vorschrift in einem einzigen Bild zusammengefasst: Ein benutzungspflichtiger kombinierter Geh- und Radweg, der an dieser Straße und in dieser Form gar nicht angeordnet werden dürfte, führt mitten durch den Warte, Ein- und Ausstiegsbereich einer Bushaltestelle, die als Haltebucht ausgeführt wurde, damit der Kfz-Verkehr ungehindert an haltenden Bussen vorbeifahren kann.

  • […]

    Ich habe mal nachgeschaut, wie das mit dem §6 im ursprünglichen Verkehrsgesetz aus der Kaiserzeit formuliert war:

    § 6, Abs 2, Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen von 1909
    "2. die sonstigen zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erforderlichen Anordnungen über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, insbesondere über die Prüfung und Kennzeichnung der Fahrzeuge und über das Verhalten der Führer."

    Mit "die sonstigen zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erforderlichen Anordnungen" ist das gemeint, was heute Straßenverkehrsordnung heißt.

    Immerhin hatte man damals noch nicht die "Leichtigkeit des Verkehrs" herausgestellt.

    In der "Verordnung über das Verhalten im Straßenverkehr" von 1937 heißt es übrigens immer noch in § 13 Absatz 2, Vorfahrt:

    (2) Bei Straßen gleichen Ranges hat an Kreuzungen und Einmündungen die Vorfahrt, wer von rechts kommt; jedoch haben Kraftfahrzeuge und durch Maschinenkraft angetriebene Schienenfahrzeuge die Vorfahrt vor anderen Verkehrsteilnehmern. Untereinander stehen Kraftfahrzeuge und Schienenfahrzeuge hinsichtlich der Vorfahrt gleich.

    http://bernd.sluka.de/Recht/stvo1937.htm#p13

  • Nochmal: Das hier steht bereits in der Verwaltungsvorschrift zur StVO.

    "Die Flüssigkeit des Verkehrs ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor. Der Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen."

    Die VwV-StVO ist kein Vorschlag und keine unverbindliche Empfehlung, sondern eine Vorschrift. Das heißt, dass die StVO von den Behörden nicht so ausgelegt werden darf, dass der ungehinderte Kfz-Verkehr auf Kosten der Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radfahrern ermöglicht wird.

    Da hast du sicher recht, dass die zitierte Verordnung eindeutiger den Primat der Sicherheit feststellt. Aber höherrangig als die Verordnung ist das Gesetz. Deshalb halte ich die von mir oben vorgeschlagene Gesetzesänderung für richtig.

    Und dazu kommt: In dem Zitat steht: "Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor." Gerade dein Foto zeigt jedoch, dass dieser Satz von den Verkehrsplanern so verstanden wird: "Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer (außer dem Fuß- und Fahrradverkehr) der Flüssigkeit des Verkehrs Fuß- und Fahrradverkehrs vor." In dem Foto steckt das alte Modell: Motorkraft geht vor Muskelkraft, obwohl das Modell eigentlich in den 50er-Jahren aufgehoben wurde.

  • Aber höherrangig als die Verordnung ist das Gesetz.

    Das Gesetz schreibt aber nicht vor, dass die Flüssigkeit des Autoverkehrs über die Sicherheit gestellt werden darf oder sogar muss, sondern dass "zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs" Rechtsverordnungen erlassen werden dürfen. Nach diesen Rechtsverordnungen steht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer über der Flüssigkeit des Verkehrs.

  • Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) ermächtigt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, "soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen."

    Und dieser Begriff "Leichtigkeit des Verkehrs", ist nicht zu unterschätzen. Gibt es zum Beispiel eine gut ausgebaute Bundesstraße, auf der Tempo 100 gilt, dann liegt es nahe im Sinne dieses Gesetzes den Fahrradverkehr auf einen separaten Fahrradweg zu verbannen.

    Und an den Einmündungen kommt es dann zu diesen weit verschwenkten Radwegen, bei denen dann im Bereich der Abfahrt und Auffahrt zur Fahrbahn der Autoverkehr Vorrang hat, und dem Fahrradfahrer wird ein "Vorfahrt achten" [Zeichen 205] vor die Nase gesetzt.

    Da könnte man natürlich geltend machen, dass das nicht der Sicherheit und Leichtigkeit des Fahrradverkehrs dient. Aber erstens wird das bestritten, denn der Fahrradverkehr, so die Argumentation der Autolobby, ist ja dadurch sicher, dass er zum Warten gezwungen wird. Und das ist zwar nicht im Sinne der "Leichtigkeit", aber im Vergleich zu den vielen Autos, so wird leider gerne argumentiert, sind die aktiven Fahrradfahrer*innen eben auch klar in der Minderzahl. Und da dürfen die nicht allzuviel an "Leichtigkeit" erwarten. Dieses Argument spielt bedauerlicherweise immer wieder bei der Radverkehrsplanung eine Rolle.

  • Da könnte man natürlich geltend machen, dass das nicht der Sicherheit und Leichtigkeit des Fahrradverkehrs dient.

    Ja, genau das muss man geltend machen. "Verkehr" ist nicht nur "Autoverkehr" und somit die Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur die Leichtigkeit des Autoverkehrs. Und es ist eindeutig geregelt, dass die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer Vorrang hat vor der Flüssigkeit des Verkehrs. Auch das StVG nennt die Sicherheit vor der Leichtigkeit des Verkehrs.

    Das Problem ist nicht das Verkehrsrecht, sondern die Trottel, die es nicht richtig umsetzen.

  • Auch das StVG nennt die Sicherheit vor der Leichtigkeit des Verkehrs.

    Ich befürchte, das ist nicht so, dass es beim Straßenverkehrsgesetz um die Sicherheit des Verkehrs geht. Aber anstatt einzelne Sätze wiederzukäuen und auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, versuche ich mal einen anderen Weg aufzuzeigen, um deutlich zu machen, dass das Straßenverkehrsgesetz und die StVO zu Nachteilen für Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen geführt hat.

    Zum größeren Nachteil ist das Straßenverkehrsgesetz vor allem für die Fußgänger*innen. Für sie ist es noch nachteiliger als für die Fahrradfahrer*innen.

    Völlig unabhängig von dem, was im Straßenverkehrsgesetz im Einzelnen drin steht, stellt sich die Frage, wie ist es denn dazu gekommen, dass 1909 in Deutschland erstmals ein Straßenverkehrsgesetz beschlossen wurde? Lebten nicht auch schon vor 1909 Menschen zusammen in Städten und auf Dörfern und benutzten dort Straßen und Wege? Warum funktionierte das ganz offensichtlich, ohne dass es dafür ein Straßenverkehrsgesetz und eine daraus abgeleitete Verkehrsordnung gab, die alles Mögliche regelte?

    Es gab auch schon vor 1909 in Deutschland Autos und Pferdefuhrwerke und Reiter und Fahrräder und davor Draisinen (Laufräder, wie das vom berühmten Freiherren von Drais) und sogar schon erste Autos gab es 1909. Bertha Benz machte ihre berühmt gewordene Marketingaktion, eine Fahrt mit dem Motor-Dreirad von Mannheim nach Pforzheim, mit der sie möglicherweise ihren Gatten vor dem finanziellen Ruin rettete, bereits 1888. Dabei schreckte sie nicht davor zurück, ihre 15 und 13 Jahre alten Kinder einzuspannen.

    Und das funktionierte ganz ohne Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung. Niemand kam auf die Idee in einem Fußgänger ein Verkehrshindernis zu sehen, der gefälligst am Straßenrand zu gehen hatte. Allerdings: Bertha Benz war immer wieder auf die Hilfe ihrer minderjährigen Kinder angewiesen, die zum Beispiel bei Anstiegen absteigen und wenn nötig auch schieben helfen mussten. Überhaupt war das Fahren nicht allzu schnell. Für die knapp 100 km lange Strecke benötigen die erfolgreiche Marketingexpertin und ihre beiden Kinder 13 Stunden. Selbst wenn man drei Stunden Pausen einrechnet, muss das Tempo im Bereich von 10 bis 15 km/h gelegen haben. Die bereits vorhandene Eisenbahn fuhr deutlich schneller und benötigte nur einen Bruchteil der Zeit. https://www.dpma.de/dpma/veroeffen…benz/index.html

    Und warum brauchte es dann 1909 ein Verkehrsgesetz? Die Autos waren schneller geworden und waren mehr geworden und sie galten nicht mehr so verbreitet wie einmal zu der Zeit, als Bertha Benz ihre Marketingaktion startete, als spleenige Idee.

    Die Koexistenz von Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen und Autos im Straßenraum musste geregelt werden. Es liegt auf der Hand, dass das mit Nachteilen für die Bewegungsfreiheit der Fußgänger*innen (und Fahrradfahrer*innen) endete, ja enden musste! Wobei die Fahrradfahrer*innen noch Vorteile hatten gegenüber Fußgänger*innen, weil es sich bei dem Fahrrad ebenfalls um ein Fahrzeug handelte. (Wenn auch ein "minderwertigen Fahrzeug", eines ohne Motorkraft.)

    Vermutlich ist der Begriff "Leichtigkeit des Verkehrs" ein Überbleibsel oder gar ein Indikator dafür, was es mit dem Verkehrsgesetz ursprünglich (und vielerorts bis heute) eigentlich auf sich hat, nämlich Förderung des Autoverkehrs zum Nachteil nicht motorisierter Verkehrsteilnehmer*innen.

  • Ich befürchte, das ist nicht so, dass es beim Straßenverkehrsgesetz um die Sicherheit des Verkehrs geht.

    Stimmt, das habe ich bereits mehrfach geschrieben: Im StVG geht es darum, dass Kraftfahrzeuge zugelassen und versichert sein müssen und dass man dafür einen Führerschein benötigt und dass alles Andere in weiteren Rechtsvorschriften geregelt wird. Die wichtigste dieser Rechtsvorschriften ist die StVO und darin geht es sehr wohl um die Sicherheit des Verkehrs.

  • Stimmt, das habe ich bereits mehrfach geschrieben: Im StVG geht es darum, dass Kraftfahrzeuge zugelassen und versichert sein müssen und dass man dafür einen Führerschein benötigt und dass alles Andere in weiteren Rechtsvorschriften geregelt wird. Die wichtigste dieser Rechtsvorschriften ist die StVO und darin geht es sehr wohl um die Sicherheit des Verkehrs.

    So meinte ich das nicht. Sondern mehr so:

    "Auch wenn er sich heute oft anderer Fortbewegungsmittel zur täglichen Bewältigung seiner Wege bedient, war das zu Fuß gehen immer die natürliche Fortbewegungsart des Menschen."

    Zitat aus:

    Der Fußgänger im öffentlichen Raum – der benachteiligte Verkehrsteilnehmer

    Analyse und Maßnahmenempfehlungen für Unfall- und Konfliktstellen am Beispiel der Städte Freiburg und Karlsruhe

    Institut Entwerfen von Stadt und Landschaft Fachgebiet Stadtquartiersplanung Institut für Verkehrswesen

    Masterarbeit von Philipp Siefert vom 20.12.2017

    Diese grundsätzlich Überlegung zeigt klar: Das Straßenverkehrsgesetz hat vor allem die Belange des Fußverkehrs beeinträchtigt, alleine dadurch, dass den Fußgänger*innen seit Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr der Raum genommen wurde auf den Straßen zu gehen, die immer mehr vom MIV (und vom Fahrradverkehr) in Besitz genommen wurden.

    Warum werden bestimmte Dinge eigentlich im Straßenverkehrsgesetz geregelt, also in einem Gesetz, dem das Parlament zustimmen muss, andere Dinge aber in einer Verordnung, obwohl viele in der Verordnung geregelten Verkehrsfragen oft sehr viel intensiver oder ebenso intensiv die Menschen betreffen.

    Zum Beispiel wird die 0,5 Promille-Grenze in §24 StVG geregelt.

    Alkohol ist einer der häufigsten Unfallursachen.

    Die Tempolimits von 50 innerhalb und 100 außerhalb geschlossener Ortschaften stehen wiederum in §3 der StVO. Überhöhtes Tempo ist ebenfalls eines der häufigsten Unfallursachen.

  • Das Problem ist nicht das Verkehrsrecht, sondern die Trottel, die es nicht richtig umsetzen.

    M.E. sind die Kommunalverwaltungen Teil des Problems. Sie bedienen zumindest außerhalb von Großstädten eine Prä-1997-Verkehrsmentalität, obwohl sie längst Gelegenheit hatten, Korrekturen vorzunehmen. Wir wissen inzwischen alle, wie Kommunalverwaltungen reagieren, wenn man einen höflichen Antrag auf Entfernung einer illegalen RWBP stellt: Sie lehnen ab, lassen es auf Klagen ankommen und gehen sogar in Berufung, wenn sie - klarerweise - verlieren.

    Für dieses Verhalten ist die gegenwärtige Gesetzeslage keine Entschuldigung.

    Insofern halte ich den Vorschlag des ADFC für eine Formulierung wie (ich hoffe, ich habs richtig im Kopf): "RWBP soll/darf(?) angeordnet werden, wenn sie überwiegend der Sicherheit des Radverkehrs dient" für gradezu krotesk. So als ob man der zuvor geforderten Abschaffung der RWBP selber nicht traut.

    Das Ganze ist so formuliert, als würde man damit den Kommunen einen "Befreiungsschlag" schenken. Aber was ist mit den Kommunen, die gar keinen wollen? Und die sind ja m.E. das eigentliche Problem? Eine einklagbare Verpflichtung zur Ent-Autoisierung der Kommunen kann ich nicht erkennen.

    Aber wir haben lt.Bärbock ja noch 8 Jahre Zeit...

  • Insofern halte ich den Vorschlag des ADFC für eine Formulierung wie (ich hoffe, ich habs richtig im Kopf): "RWBP soll/darf(?) angeordnet werden, wenn sie überwiegend der Sicherheit des Radverkehrs dient" für gradezu krotesk. So als ob man der zuvor geforderten Abschaffung der RWBP selber nicht traut.

    Gute Frage! Was genau fordert denn der ADFC bezüglich Änderung des Verkehrsrechtes?

    "Das StVG ist im Kern noch das Kfz-Gesetz aus der Kaiserzeit. Es ist völlig antiquiert und behindert die Kommunen bei der Verkehrswende vor Ort. Wir appellieren an Minister Wissing: „Gehen Sie jetzt in die Geschichte ein als erster Verkehrsminister, der Fahrrad, Fuß und Bahn wirklich substanziell nach vorne bringt – und damit moderne Mobilität überhaupt erst ermöglicht.“"

    Das sagt die ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 28. Juni 2022 von ADFC, BUND, Bundesverband Carsharing, Changing Cities, DNR, DUH, Fuss e.V., Greenpeace, Klima-Allianz, Verbraucherzentrale Bundesverband, VCD, VSF, Zweirad-Industrieverband und Bundesverband Zukunft Fahrrad mit dem Titel:

    "Verbände-Bündnis + Fahrradwirtschaft: „Modernes Straßenverkehrsrecht. Jetzt!""

    Aber in welchen Punkten ist denn das StVG antiquiert? Und welche Punkte genau sollen wie geändert werden?

    Dazu hat der ADFC-Bundessprecherin Stephanie Krone eine Hintergrund-Pressemitteilung am 28.7.2022 veröffentlicht:

    Titel: "Hemmschuh für die Verkehrswende - Warum die schnelle StVG-Reform so wichtig ist"

    Kritisiert wird u. a.:

    Das gegenwärtige Verkehrsgesetz verhindert die "...Umwandlung von Kfz-Parkplätzen in Fahrradparkplätze, die Anordnung von fahrradfreundlichem Tempo 30 oder die Einrichtung von Radfahrstreifen ..."

    Kritisiert wird außerdem, dass in Berufung auf das gegenwärtig geltende Verkehrsrecht die Einrichtung von Fahrradstraßen behindert wird und der Einbau modaler Filter. Es werden jeweils Beispiele dafür genannt.

    https://www.adfc.de/fileadmin/user_upload/Hintergrund-Pressemitteilung_zur_StVG-Reform.pdf

    Ferner wird in der Hintergrund-Pressemeldung ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider zitiert:

    „Eine weitere StVO-Novelle allein würde an den massiven Problemen bei der klimafreundlichen Gestaltung des Straßenraumes nichts ändern, weil das StVG ihr den überholten Zweck „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“ vorgibt.

    Die Bundesregierung will laut Koalitionsvertrag sowohl das ermächtigende Straßenverkehrsgesetz,

    also auch die umsetzungsorientierte Straßenverkehrs-Ordnung verkehrswendetauglich umgestalten.

    Damit das noch in dieser Legislatur klappt, muss das reformierte StVG schon Ende 2022 fertig sein.

    Alle Fakten und Vorarbeiten liegen auf dem Tisch. Jetzt muss Minister Wissing handeln.“

    Laut ADFC genügt es also nicht darauf zu vertrauen, dass in den Amtsstuben "Hirn vom Himmel fällt", um auf Grundlage der bestehenden Gesetze und Verordnungen die Situation für den Fahrradverkehr zu verbessern. Vielmehr wird die Bundesregierung dazu aufgerufen, nicht nur die StVO zügig zu reformieren, sondern auch das Verkehrsgesetz!

  • Was genau fordert denn der ADFC bezüglich Änderung des Verkehrsrechtes?

    Den STVO-Gesetzesvorschlag in Form eines Gutachtens von zwei Rechtsanwälten kann man auf der von dir verlinkten ADFC-Seite lesen.

    Ich stimme da allerdings eher Yeti zu: Denjenigen willigen Kommunen in D, die aktuell gehemmt werden, mag das Ganze helfen. Unser Problem sind aber die tausenden von Kommunen, die den aktuell möglichen Rahmen gar nicht ausschöpfen wollen und sich im Gegenteil mit Händen und Füßen dagegen wehren.

    Vor einigen Jahren hatte ich einige "Unterhaltungen" mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten bzgl. der Frage, wie es sein kann, dass in D tausende illegale Verkehrsanordnungen vorliegen, die einzeln von engagierten Bürgern unter hohem Aufwand und gegen Widerstand beseitigt werden müssen. Kollektive Antwort: Das ist zwar unschön, aber mehr als Gesetze schreiben können wir nicht, die Umsetzung liegt bei den Kommunen.

    Leider wird dieses "Problem" mit keinem Wort erwähnt. Ich schlage statt dessen ein Straßenverkehrsordnungsdurchwirkungsgesetz vor, das alle Kommunen in D verpflichtet, binnen einer Stunde nach Bekanntwerden eines Mangels für Abhilfe zu sorgen, solange der Mangel die Sicherheit und/oder das ungehinderte Vorankommen des nichtmotorisierten Verkehrs betrifft.

  • Den STVO-Gesetzesvorschlag in Form eines Gutachtens von zwei Rechtsanwälten kann man auf der von dir verlinkten ADFC-Seite lesen.

    Ich stimme da allerdings eher Yeti zu: Denjenigen willigen Kommunen in D, die aktuell gehemmt werden, mag das Ganze helfen. Unser Problem sind aber die tausenden von Kommunen, die den aktuell möglichen Rahmen gar nicht ausschöpfen wollen und sich im Gegenteil mit Händen und Füßen dagegen wehren.

    Vielen Dank für den Hinweis auf das Rechtsgutachten mit den Veränderungsvorschlägen.

    Aber: Puh, :/ das ist ja ein echtes Bonbon für die Fans von Synopsen, also das vergleichende Gegenüberstellen von Texten.

    Ich will gleich trotzdem mal ein Beispiel aussuchen. Aber zuerst der Hinweis auf das Umdenken in den Amtsstuben der Kommunen, die sich mit Händen und Füßen gegen Änderungen wehren, die bereits jetzt schon möglich sind. Die gibt es sicher und ein Umdenken tut dort Not! Aber es gibt auch Kommunen, in denen Neuerungen dadurch ausgebremst werden, dass sich Kritiker auf die bestehende Gesetzeslage berufen und ggf. sogar erfolgreich gegen Neuerungen klagen. Nicht zuletzt deshalb, weil auch in den Amtsstuben mancher Richter noch der Muff von 1000 Jahren unter den Talaren müffelt.

    Obwohl: in dem Fall müsste man sagen der Muff von 100 Jahren, denn ungefähr so alt ist das vom ADAC kritisierte StVG aus der Kaiserzeit.

    Für die Fans von Synopsen:

    ALT: Straßenverkehrsgesetz (StVG)

    § 6 Verordnungsermächtigungen

    (1) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:

    NEU: Straßenverkehrsgesetz (StVG)

    § 6 Verordnungsermächtigungen

    (1) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:

    Im Anschluss werden in dem ADFC-Entwurf mehrere wichtige Konkretisierungen vorgenommen, für die das Bundesministerium Rechtsverordnungen erlassen soll.

    Unter anderem:

    Klima, Umwelt- und Gesundheitsschutz

    nachhaltige Stadtentwicklung

    Privilegierung des ÖPNV und des Fußverkehrs und des Radverkehrs

    Parkraumbewirtschaftung

    Innovationsklausel für Verkehrsbeschränkungen

    Quelle ALT:

    § 6 StVG - Einzelnorm

    Quelle Neu:

    https://www.adfc.de/fileadmin/user…uflage_2021.pdf (Vielen Dank an Pepschmier für's Suchen helfen! :))

    Frage: Soll man darüber traurig sein, dass dieser Teilsatz gestrichen werden soll?

    "... soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, ..."?

    Man könnte meinen, von der "Abwehr von Gefahren" müssten doch insbesondere auch die Fußgänger*innen und Radfahrer*innen profitieren, die ja besonders gefährdet sind im Straßenverkehr.

    Allerdings ist zu befürchten, dass dieser Teilsatz immer schon so gemeint war:
    Die Fahrbahnen müssen für das Auto optimal hergerichtet sein und dürfen nicht durch störende Schlaglöcher, störende Engstellen, zu engen Kurven oder störende Fahrradfahrer und störende Fußgänger beeinträchtigt werden.

    Für die Synopsen-Arbeit, um das noch besser zu belegen als durch Lebenserfahrung habe ich jetzt allerdings erst mal keine Geduld mehr. :/

  • Am Wochenende hat die "Plakatschlacht" zur Landtagswahl in Niedersachsen am 9.10.2022 begonnen.

    Mein vorläufiger Favorit steht bereits fest:

    Auch wenn diese Teilnehmerin oder dieser Teilnehmer am Fahrradverkehr mit Helm bedacht ist:

    Immerhin ist es ein Kleinkind, das da mit Helm bedacht ist. Und nach meiner Beobachtung sind auch Fahrradfahrer*innen, die selbst keinen Helm tragen, meistens so drauf, dass sie einem Kleinkind einen Helm aufsetzen:

    Auch der Plakat-Slogan zu dem Bild ist nicht ganz unproblematisch, verstärkt er doch einmal mehr das ohnehin schon weit verbreitete Gefühl, dass Fahrradfahren eine gefährliche Sache sei. Gegen dieses Gefühl anzuarbeiten ist häufig ein schweres Unterfangen. Zum Beispiel führe ich gerne an, dass die meisten Verkehrsunfalltoten als Insassen eines PKW's ums Leben kommen: "Nach der Verkehrsbeteiligung betrachtet, kamen die meisten Verkehrstoten als Insassen eines Pkw ums Leben ..." (Verkehrsunfallbericht der Polizeidirektion-Hannover 2021, https://www.pd-h.polizei-nds.de/verkehr/verkeh…021-115454.html) Dem wird häufig erwidert, dass dabei die Überlandstrecken in der Region Hannover mit einbezogen seien. Das ist richtig.

    Ein wenig lässt sich die These von der angeblichen Gefährlichkeit des Fahrradfahrens dadurch entkräften, wenn man darauf hinweist, dass im selben Unfallbericht jeweils 4 getötete Fahrradfahrer*innen und 4 getötete Fußgänger*innen aufgeführt werden. Kann aber auch passieren, dass einem dann erwidert wird, dass das zu Fuß gehen eben auch eine Art "Risikosport" sei.

    Trotz all der rationalen Einwände funktioniert jedoch der aufgedruckte Wahlplakat-Slogan:

    Von wem ist das Plakat?

    Es sind nach meiner Beobachtung wie jedes Mal bei einer Wahl bereits eine große Menge an aufgehängten Wahlplakaten in Hannover, die bereits ab 0:00 Uhr in der Früh am ersten Geltungstag aufgehängt werden. In Hannover gibt es im Plakat-Wahlkampf bei jeder Wahl einen Frühstart und einen regelrechten Run auf die besten Laternen-Masten.

    Trotz der vielen Plakate der verschiedenen Parteien ist das oben vorgestellte das einzige Plakat, das das Fahrrad als Mobilitätssystem in den Mittelpunkt stellt. Die anderen Parteien scheinen es nicht für nötig zu erachten, dem Fahrradverkehr die Ehre angedeihen zu lassen, in ihrer Wahlplakat-Kampagne berücksichtigt zu werden. Von welcher Partei ist dieses Plakat?

    Wer da sein schickes Wohnmobil im Wohngebiet abstellt, weiß ich nicht. Am Ende gar ein Grünen-Wähler? Von den Grünen ist jedenfalls das Plakat. Wozu hat der Wohnmobil-Fahrer eine Fahrradschiene hinten dran, mit zwei Rollern drauf? Sollen die auf dem Camping-Platz die Fußwege verkürzen? Wohnmobile gehören nicht ins Wohngebiet. (Autos auch nicht, aber Wohnmobile noch weniger.) Es heißt ja Wohngebiet und nicht Wohnmobilgebiet! Diese riesigen Autos verdecken ähnlich wie SUV's Fußgänger, die die Straße überqueren wollen. Wohnmobile sind ähnlich wie SUV's nochmal ein Stück gefährlicher und unsozialer als Autos ohnehin schon sind, besonders dann, wenn sie in Wohngebieten stehen. Es heißt ja auch Wohngebiet und nicht Autogebiet. Auch wenn man mit dem Fahrrad von seinem Grundstück aus über den Bürgersteig schiebt und dann durch die parkenden Autos durch auf die Fahrbahn, behindert so ein Wohnmobil noch mehr als kleinere Autos die Sicht.

    Noch eine Bemerkung:

    Das Partei-Logo der Grünen, die Sonnenblume, ist inzwischen so bekannt und eindeutig, dass die Grünen darauf verzichten, den Parteinamen auf den Plakaten anzugeben. Wenn das mal nicht zu Verwirrungen führt, wenn dann am Wahlsonntag auf dem Wahlzettel gar keine Sonnenblume abgedruckt ist, sondern "Bündnis 90/Die Grünen" steht?

  • ...

    Leider wird dieses "Problem" mit keinem Wort erwähnt. Ich schlage statt dessen ein Straßenverkehrsordnungsdurchwirkungsgesetz vor, das alle Kommunen in D verpflichtet, binnen einer Stunde nach Bekanntwerden eines Mangels für Abhilfe zu sorgen, solange der Mangel die Sicherheit und/oder das ungehinderte Vorankommen des nichtmotorisierten Verkehrs betrifft.

    Das Problem wird sein, Einigkeit darüber zu erzielen, was ein Sicherheitsmangel ist und was lediglich die Gefühle der Radfahrer beeinträchtigt.

    Ich schlage daher ein Straßenverkehrspepschmierbestimmtallesgesetz vor.

  • Du musst den Link korrigieren. Der jetzige führt aus Versehen zum Wahl-o-ADFC!

    Ansonsten wurde über die neutrale Diarrhö des ADFCs hier ja schon genug geschrieben. Wir müssen es also nicht zwingen wiederholen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

  • Du musst den Link korrigieren. Der jetzige führt aus Versehen zum Wahl-o-ADFC!

    Ansonsten wurde über die neutrale Diarrhö des ADFCs hier ja schon genug geschrieben. Wir müssen es also nicht zwingen wiederholen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

    Der richtige Wahl-o-Mat zur Landtagswahl in Niedersachsen befindet sich noch im Aufbau.

    "Ab Anfang September ist der Wahl-O-Mat dann online unter http://www.wahl-o-mat.de oder als App für iOS und Android zu finden."

    Quelle; ndr.de vom 3.7.22

    Landtagswahl in Niedersachsen: Wie der Wahl-O-Mat entsteht
    Vor der Landtagswahl in Niedersachsen am 9. Oktober stellen sich viele Wähler die Frage, welcher Partei sie ihre Stimme geben sollen. Um diese Entscheidung zu…
    www.ndr.de

    Den ADFC so pauschal in Grund und Boden zu verdammen tut nicht not.

    Mehrere Fragen halte ich für sehr unglücklich formuliert, weil sie den Eindruck von "Lobbyistentum pur" erwecken.

    Eine wirklich gute Lobby für den Radverkehr lässt das nicht in so einer Form raushängen, wie es z. B. in Frage 6 geschieht, wo es um mehr Personal auf der Landesebene und in den Kommunen geht, die für Radverkehrsplanung zuständig sind.

    Natürlich ist es wirklich wichtig für den Radverkehr, dass es in der Verwaltung Leute gibt, die sich kümmern. Aber der ADFC erweckt mit solchen Fragen den Eindruck er sei ein reines Karriere-Sprungbrett in die Verwaltung. Das mag durchaus so sein und seine Berechtigung haben, aber so was lässt man nicht so plump raushängen.

    Andere Fragen, z. B. Frage 8 dagegen finde ich inhaltlich sehr spannend. Sollen an Landstraßen, die renoviert werden, die Radwege deutlich verbreitert werden?

    Man kann sie ja auch schmal lassen und so kennzeichnen, dass sie nicht benutzungspflichtig sind. Dann kann man ordnungsgerecht mit dem Fahrrad die Fahrbahn nutzen.

    Oder man verzichtet ganz auf Radwege an Landstraßen, und tut was dafür, dass der Autoverkehr verringert wird und das Tempo stark begrenzt und effektiv kontrolliert wird.

    Wird leider nicht in dem Fragebogen abgefragt.

  • Ich habe mir gestern das Gutachten durchgelesen, das der ADFC beauftragt hat. Immer wieder wird darin behauptet, dass die Leichtigkeit des Kfz-Verkehrs durch das StVG und die StVO über die Verkehrssicherheit gestellt wird.

    Dass es in der Praxis von inkompetenten Behörden so umgesetzt wird, steht außer Frage. Aber nicht, weil es so vorgeschrieben ist, sondern weil Beamte vorsätzlich und systematisch gegen geltendes Recht verstoßen.

    Es wird angeregt, den Begriff "Verkehr" explizit auf alle Verkehrsarten auszudehnen. Derzeit gibt es aber keine Beschränkung des Begriffs "Verkehr" auf den Autoverkehr.

    Dann wird argumentiert, dass §45 (9) ein "Primat des fließenden Verkehrs zum Ausdruck bringt" und daher verkehrssteuernden Maßnahmen im Wege steht. §45 (9) Satz 3 schützt aber nicht den ruhenden Verkehr vor Beschränkungen und darauf zielt das Gutachten im Weiteren ab.

    Dann wird wiederholt geschrieben, dass zur Einrichtung von Radfahrstreifen der Nachweis einer besonderen Gefahrenlage erforderlich sei. Dabei sind Radfahrstreifen in §45 (9) 3. explizit von der Voraussetzung aus Satz 3 ausgenommen.

    Im Weiteren widerspricht sich das Gutachten: Einerseits wird immer wieder geschrieben, dass das StVG geändert werden müsse, da die StVO nicht über das Gesetz hinausgehen dürfe, auf dessen Grundlage sie erlassen wurde. Die innerörtliche zul. Höchstgeschwindigkeit ist aber bereits jetzt in der StVO geregelt und das StVG steht einer Senkung auf 30km/h nicht im Wege. Höhere zul. Geschwindigkeiten als 50km/h sind auch jetzt schon möglich, das würde auch bei 30 km/h Regelgeschwindigkeit so bleiben, wenn man auf einzelnen Straßen 50 km/h erlauben wollte. Allerdings würde ich die Kriterien anpassen (das kann in der VwV-StVO geschehen).

    Das Gutachten fordert eine strukturelle Anpassung der StVO mit dem Ziel von Vereinfachungen, da viele Regeln den Verkehrsteilnehmern gar nicht mehr geläufig sind. Die konkreten Änderungsvorschläge bestehen aber meistens aus zusätzlichem Text.

    Das StVG sei zu ändern, weil es Hürden an die Einrichtung von Radverkehrsanlagen aufstelle. Das ist Quatsch, weil das allenfalls in der StVO erfolgt. Die Hürden bestehen auch nicht gegen Radverkehrsanlagen an sich, sondern gegen deren Benutzungspflicht.

    Neben der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sollten weitere Ziele in das StVG aufgenommen werden: Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheitsschutz, sowie nachhaltige Verkehrs- und Stadtentwicklung. Das Ziel der Verkehrssicherheit sollte als "Vision Zero" definiert werden.

    Ich finde im StVG, in der StVO oder in der VwV-StVO allerdings keine Passagen, aus denen hervorgeht, wie viele Tote und Schwerverletzte noch OK sind, um das Ziel der Verkehrssicherheit als erreicht anzusehen. Die Erhöhung der Verkehrssicherheit ist ein andauernder Prozess mit dem Ziel, die Zahl der Schwerverletzten und Getöteten zu senken.

    Die Ziele Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheitsschutz, sowie nachhaltige Stadtentwicklung sollen erleichtern, Beschränkungen des Kfz-Verkehrs einfacher umzusetzen. Was man konkret beschränken möchte, das auch nicht jetzt schon möglich ist, wird aber nicht genannt. Wenn 30km/h innerorts zur Regelgeschwindigkeit würde, fiele das ja nicht mehr unter die Beschränkungen des §45. Mir fällt auch keine Vorschrift ein, die z.B. Superblocks verhindern würden. Auch Sonderfahrstreifen für den Busverkehr sind jetzt schon möglich.

    Gut finde ich den Vorschlag, dass Maßnahmen zur Parkraumbewirtschaftung nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig sein sollen, wobei meines Erachtens auch jetzt schon viel mehr möglich wäre als tatsächlich umgesetzt wird. Lieferzonen können mit Verweis auf die Verkehrssicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs eingerichtet werden, da der ruhende Verkehr keinen besonderen Schutz genießt.

    "Radverkehrsanlagen jeder Art" sollen nach dem Gutachten auch in Tempo 30 Zonen möglich sein, aber wozu braucht man in einer 30er Zone eine Benutzungspflicht? Nach meinem Verständnis darf es auch in 30er Zonen "Radwege" geben, aber keine blauen Schilder, die einen zwingen, darauf zu fahren. Schutzstreifen halte ich generell für überflüssig und Radfahrstreifen würden in einer 30er Zone vermutlich vor allem dazu führen, dass der Autoverkehr schneller fährt als erlaubt. Wenn in einer 30er Zone so viel Kfz-Verkehr besteht, dass man dort den Radverkehr separieren möchte, sollte man sich wohl eher fragen, ob die Voraussetzungen für eine Tempo 30 Zone überhaupt vorliegen.

    Angeblich sei eine Fahrrad-Hauptroute nicht mit der Vorfahrtregel rechts-vor-links vereinbar. Aber es sind doch auch in 30er Zonen Ausnahmen möglich, die Vorfahrt abweichend durch [Zeichen 301] und [Zeichen 205] zu regeln. Das sollte meiner Meinung nach bei Fahrradstraßen zum Regelfall werden, weil es da immer wieder Missverständnisse gibt und weil es dem Zweck einer Fahrradstraße widerspricht, wenn man an jeder Kreuzung von rechts kommenden Autos Vorfahrt gewähren muss.

    Dann widmet sich das Gutachten ausführlich §45 (9) S.3. Dieser Satz soll abgeschafft werden (Alarmglocke!!!! =O =O ). Allerdings soll auch die Radwegebenutzungspflicht generell aufgehoben werden. Die Verkehrszeichen [Zeichen 237] [Zeichen 240] und [Zeichen 241-30] sollen dann nur noch kennzeichnen, dass der Weg mit dem Fahrrad benutzt werden darf, aber nicht mehr benutzt werden muss.

    Zunächst fand ich das gut, aber damit würde nicht die "soziale Benutzungspflicht" solcher Wege aufgehoben und es gäbe darüber hinaus auch keine Handhabe mehr gegen unzureichende und gefährliche "Radwege", da man durch deren Existenz ohne Benutzungspflicht nicht mehr in seinen Rechten eingeschränkt ist. Es müsste dann m.M.n. klar geregelt sein, dass auch solche Angebote nur unter den Voraussetzungen angeordnet werden dürfen, unter denen jetzt eine Benutzungspflicht zulässig wäre, insbesondere auch ausreichend Platz für Fußgänger.

    Im §37 wird die Streichung der Übergangsfrist vorgeschlagen, die schon vor 5 Jahren abgelaufen ist (Fußgängerampeln). Es bleibt aber ansonsten bei der für Viele unklaren Formulierung, welches Lichtsignal zu beachten ist. Zwar wird gefordert, dass auf separierten Radverkehrsanlagen möglichst auch immer ein eigenes Lichtsignal für den Radverkehr vorhanden sein sollte, aber so bleibt es eher eine Empfehlung.

    Unterm Strich hat mich das alles nicht umgehauen. Das Problem besteht aus meiner Sicht weiterhin darin, dass die verantwortlichen Behörden geltendes Recht missachten oder ausschließlich zugunsten des motorisierten Verkehrs auslegen, aber nicht darin, dass das StVG oder die StVO tatsächlich die Flüssigkeit des Autoverkehrs über die Verkehrssicherheit stellen würde.

    Die Zielrichtung ist klar: Der ADFC möchte mehr separierte Fahrrad-Infrastruktur. Nach Aufhebung der RWBP würde eine "Soziale Benutzungspflicht" bestehen bleiben und Radfahrer, die die tollen Angebotsradwege dankend ablehnen, weiterhin oder sogar verstärkt den Aggressionen motorisierter Verkehrsteilnehmer ausgesetzt sein.

    Wenn man den Radverkehr fördern möchte, muss man aus meiner Sicht keine Gesetze ändern, sondern den Behörden in den Arxxx treten, sich an das bestehende Recht zu halten. Diejenigen, die jetzt schon geltendes Recht mit Füßen treten, werden sich auch nicht an eine geänderte StVO und VwV-StVO halten und solange das ohne persönliche Konsequenzen bleibt, wird sich nichts ändern.

  • Generell sind wir da ziemlich einer Meinung.

    Der Unterschied dürfte aber beim ADFC, und bei vielen anderen daran liegen, dass die Meinung vorherrscht, zu einem echten Radweg gehört [Zeichen 237] dazu. Sonst ist der nix Wert. Und dieses wird auch nicht als Beschränkung gesehen, also das Fahrbahnverbot, sondern als "Auszeichung", weil es dann Radinfra gibt.

    Das man für Pop-Up Radwege und Radfahrstreifen keine Änderung der StVO oder der VwV dazu braucht, wurde die letzten 1,5 Jahre ja zu genüge bewiesen.

    Angeblich sei eine Fahrrad-Hauptroute nicht mit der Vorfahrtregel rechts-vor-links vereinbar. Aber es sind doch auch in 30er Zonen Ausnahmen möglich, die Vorfahrt abweichend durch [Zeichen 301] und [Zeichen 205] zu regeln. Das sollte meiner Meinung nach bei Fahrradstraßen zum Regelfall werden, weil es da immer wieder Missverständnisse gibt und weil es dem Zweck einer Fahrradstraße widerspricht, wenn man an jeder Kreuzung von rechts kommenden Autos Vorfahrt gewähren muss.

    Also das mit den Zone 30 und der RvL-Regelung ist ihmo schon so. Man kann Ausnahmen Beschildern, bei uns wird das aber eigentlich nur für Busrouten gemacht. In der 30 Zone soll ja der Verkehr, dazu zählt wie Du schon richtig bemerkt hast auch das Rad, gebremst werden. Sinn und Zweck der [Zeichen 274.1] ist eben nicht das flotte Radfahren, sondern genau das Gegenteil.

    Hab dazu noch nichts gelesen, aber das könnte vielleicht der große Unterschied werden zwischen Z30 und Fahrradzone. Das in letzterer eben auf den Hauptrouten nicht RvL gilt. Sonst fällt es mir schwer, die beiden zu Unterscheiden, außer dass es jeweils andere Begründung diese einzurichten.