Mercedes Werbung

  • Moin Moin

    ich habe mich gerade mal beim Werberat beschwert weil mich die CLA Werbung im Spiegel wirklich verärgert hat.

    Auch wenn es sicher unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten für den Radfahrersatz gibt halte ich den gesamten Stil für widerlich und aus der Zeit.


    Meine Beschwerde:

    "Mercedes-Benz gibt Radfahrer zum Abschuss frei:

    Teile der Kampagne im Netz und Print ergänzen sich und machen Autofahrer zum lauerden Jäger (siehe Anzeigenmotiv aus dem Spiegel) dem nicht
    entgehen kann. Auch der unachsame Radler nicht...

    Die Kampagnenüberschrift

    "Groß. Stadt. Jäger."

    Von der mobilen Mercedes-Benz Seite:

    "Beginnen Sie Ihre Jagd nach dem Außergewöhnlichen."

    "Das Leben in einer Metropole ist ein Abenteuer. Jeder Tag bietet Ihnen
    unbegrenzte Möglichkeiten. Begeben Sie sich auf die Suche nach dem
    Außergewöhnlichen. Mit einem Fahrzeug, dessen sportlich-kompakte Statur
    tief über dem Asphalt lauert. Dessen Interieur für die Jagd gemacht ist.
    Der neue CLA Shooting Brake erobert sein Revier."

    Anzeige im Spegel 13/2015:

    "Der neue CLA Shooting Brake ist gekommen, um die Stadt zu erobern.
    Denndank Mercedes connect me ist er rundum vernetzt und zudem mit
    zahlreichen Assistenzsystemen ausgerüstet. so, dass Ihnen zukünftig kaum
    etwas entgehen kann. Sei es eine angesagte Location oder ein unachtsamer
    Radfahrer."

    Dies Kampagne ist für mich unterträglich weil sie agressives Verhalten im Strassenverkehr verherrlicht und fördert.

    Grüße aus Hamburg einer Stadt in der 2014 elf Radfahrer im Strassenverkehr erlegt worden sind.

    XXX

  • Ich finde es ohnehin recht interessant, dass insbesondere teure Autos nach Möglichkeit böse gucken müssen. Und dann wird immer noch bestritten, dass Emotionen ein relevanter Faktor im Straßenverkehr wären?

  • Zitat

    Ab 28. März bei Ihrem Mercedes-Benz Partner. Der neue CLA Shooting Brake ist gekommen, um die Stadt zu erobern. Denn dank Mercedes connect me ist er rundum vernetzt und zudem mit zahlreichen Assistenzsystemen ausgerüstet. So, dass Ihnen zukünftig kaum etwas entgehen kann. Sei es eine angesagte Location oder ein unachtsamer Radfahrer.

    Im Ernst jetzt? Der Radfahrer mag ja unachtsam sein, aber was ist denn mit dem Kraftfahrer, der erst von seinem Assistenzsystem geweckt wird?

  • Ich finde es ohnehin recht interessant, dass insbesondere teure Autos nach Möglichkeit böse gucken müssen. Und dann wird immer noch bestritten, dass Emotionen ein relevanter Faktor im Straßenverkehr wären?


    Wer bestreitet denn das? Bis gerade dachte ich noch darüber bestünde sogar ein allgmeiner Konsens.
    Emotionalität beim Ausüben von Mobilität halte ich auch nicht für grundsätzlich kritikwürdig, beim Radfahrern ist es doch genauso. Nur stört mich da, daß dieses so selten hervorgehoben wird und man stattdessen so dröge Argumente wie Umweltschutz und Gesundheit heranzieht. Das sind für mich doch eher willkommene Nebeneffekte. Das Emotionale am Radfahrern müßte viel mehr betont werden. Radfahrern ist nämlich eine extrem
    geile Art der Fortbewegung und gehört zu den genialsten Erfindungen des Menschen, während das Auto offensichtlich zu den dümmsten
    Erfindungen des Menschen gehört. Man muß sich eigentlich wundern, das man so etwas überhaupt noch verkaufen kann, zumal da immer
    deselbe Scheiß verkloppt wird und seit Ewigkeiten ohne Erfolg an den Schwächen des Systems Auto herumgebastelt wird. Für die Stadt
    ist es völlig ungeeignet und ausgerechnet für diesen Zweck wird es da beworben. ;(
    Um noch mal zurückzukommen, bestritten wird regelmäßig, daß man unnötig mit dem Auto fährt, dabei weiß man aus wissenschaftlichen Untersuchungen schon lange, das allein bei der Hälfte der Fahrten kein objektiver Grund vorliegt mit dem Auto zu fahren. Insofern sind doch Aussagen rennomierter Verkehrsexperten wie von Knoflacher das notwendige Maß des KFZ-Verkehr wäre auf 5-15% des heutigen Ausmaßes zu beziffern keineswegs utopisch.
    Die Werbung finde ich ebenfalls unerträglich, denn sie fordert zu Agressivität und gefährlicher Ablenkung durch Unterhaltungselektronik auf. Mit Letzterem versucht die Automobilindustrie schon seit einiger Zeit den an die Jüngeren verlorenen Boden wieder zu gewinnen. Die sollen das aber, so wie hier die Studierenden, im Bus tun, wo ein aufmerksamer Fahrer fährt. Das mit dem unaufmerksamen Radfahrer zur Bestätigung bekannter Vorurteile, wirkt da direkt komisch. Aber was soll man von solchen Möchtegern-Intelektuellen, die Deppenpunkte unmotiviert verstreuen, auch erwarten? Deppen versuchen Deppen ungeeignetes Zeug anzudrehen.

  • während das Auto offensichtlich zu den dümmsten
    Erfindungen des Menschen gehört. Man muß sich eigentlich wundern, das man so etwas überhaupt noch verkaufen kann, zumal da immer
    deselbe Scheiß verkloppt wird und seit Ewigkeiten ohne Erfolg an den Schwächen des Systems Auto herumgebastelt wird.


    Autofahren kann auch viel Spaß machen, und es ist eine tolle Sache, wenn man einfach mal unkompliziert eine größere Ladung über eine längere Strecke transportieren kann.
    Autos sind eine super Erfindung! Natürlich gibt es Schwächen, aber es gibt halt auch enorme Vorteile, die man nicht einfach ignorieren kann.

    Zitat

    Für die Stadt ist es völlig ungeeignet

    Genau das ist der Punkt.
    Mit dem Auto in der Stadt zu fahren ist genauso dämlich wie mit einer Bohrmaschine eine Flasche Wein zu öffnen. Es funktioniert, man kommt ans Ziel. Aber es macht Lärm, kostet Geld und dauert etwas länger als mit dem richtigen Werkzeug.
    PS: Nach dem Erlebnis hab ich mir erstmal einen Korkenzieher besorgt.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Die Werbung finde ich ebenfalls unerträglich, denn sie fordert zu Agressivität und gefährlicher Ablenkung durch Unterhaltungselektronik auf. Mit Letzterem versucht die Automobilindustrie schon seit einiger Zeit den an die Jüngeren verlorenen Boden wieder zu gewinnen.


    Das dürfte den Hintergrund haben, dass die Autoindustrie mit hochgezüchteten PS-Schleudern erheblich mehr Geld einfährt, als mit Kleinwagen mit vergleichsweise wenig PS. Man sehe sich die immergleichen Vergleichstests in den einschlägigen Zeitschriften an: PS-Monster treten "gegeneinander" an. Seitenlang mähren sich die Redakteure über tolle Fahrwerke und "spritzige" Motoren aus. Im Alltagsverkehr ist das alles ohne Bedeutung - außer als Viagra-Ersatz.

    Trotz etlicher Vorteile wird aus demselben Grund von interessierter Seite vehement Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in der Stadt abgelehnt. Kein Wunder, dafür braucht man nicht einmal 20 PS...

    Eines der Grundübel des Autos ist, dass es inzwischen zu viele davon gibt und sie sich gegenseitig behindern. Die goldenen Zeiten ("Aus Freude am Fahren") sind endgültig vorbei...

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Dabei scheinen sich die meisten Menschen ein teures Auto gar nicht mehr leisten zu können. Ist euch auch mal aufgefallen, dass die meisten Werbesports für Autos nicht mehr den Preis des Fahrzeugs nennen? Statt dessen wird nur angegeben wie hoch die Rate beim Leasing ist. Selbst bei Werbung für Banken wird mittlerweile häufig explizit für Auto-Kredite geworben.

    Bei Häusern fand ich das immer verständlich, hier geht es darum das Miete recht teuer ist und man kauft etwas, was einen recht stabilen Gegenwert darstellt. Ein (normales) Auto allerdings verliert mit jedem Jahr und jedem km an Wert. Was Menschen antreibt das Risiko einer Insolvenz (die jeder Kredit birgt) ein zu gehen, nur um mehr PS und mehr Komfort zu haben (es gibt auch günstige gebrauchte Autos, dafür braucht man keinen Kredit) habe ich noch nie verstanden. Wenn jemand so etwas als Wunsch hat, dafür spart und sich dann davon seinen Wunsch erfüllt ist es was anderes.

    Doomsday: It's nature's revenge for what we've done (Chris Pohl)

  • :D


    Autofahren kann auch viel Spaß machen, und es ist eine tolle Sache, wenn man einfach mal unkompliziert eine größere Ladung über eine längere Strecke transportieren kann.
    Autos sind eine super Erfindung! Natürlich gibt es Schwächen, aber es gibt halt auch enorme Vorteile, die man nicht einfach ignorieren kann.


    Genau das ist der Punkt.
    Mit dem Auto in der Stadt zu fahren ist genauso dämlich wie mit einer Bohrmaschine eine Flasche Wein zu öffnen. Es funktioniert, man kommt ans Ziel. Aber es macht Lärm, kostet Geld und dauert etwas länger als mit dem richtigen Werkzeug.
    PS: Nach dem Erlebnis hab ich mir erstmal einen Korkenzieher besorgt.


    Ja, ich habe mich auch unpräzise ausgedrückt, ich hätte statt Auto auch PKW schreiben müssen, zumal ich das ja auch gemeint hatte. :D
    Wenn ich das richtig sehe, waren die ersten Automobile auch PKW und die meisten Probleme waren da schon sichtbar. Übrigens war auch schon das Tanken zu Apothekenpreisen bekannt. Für den Individualtransport in der Stadt taugt es gar nicht und auch auf dem Land löst man da heute ganz überwiegend ein Problem, welches man ohne MIV gar nicht hätte. In der Stadt funktioniert es mit dem MIV auch nur deshalb, weil man mit ungeheurem Aufwand die Umgebung "behinderten"gerecht umgestaltet hat. Zum Nachteil Aller! Ich bin ja nun im Ruhrgebiet aufgewachsen und da war aufgrund des damaligen Wohlstandes die Massenmotorisierung schon in den 70ern vollzogen und spätestens da hätte die Idee vom PKW als Massentransportmittel schon tot sein müssen. Da war übrigens vor Kurzem mal wieder Inversionswetterlage und auch dieses Problem des Autos hat man in den letzten 40-50 Jahren nicht gelöst.
    Du beschreibst ja selbst wie albern das Autofahren in der Stadt ist und das man trortzdem daran festhält, hat eben damit zu tun, daß man ein sehr emotionales Verhältnis, unter Umgehung des Verstandes, zum Auto hat.

  • Zitat

    Für den Individualtransport in der Stadt taugt es gar nicht und auch auf dem Land löst man da heute ganz überwiegend ein Problem, welches man ohne MIV gar nicht hätte.

    Als jemand der wirklich vom platten Land kommt, sehe ich das anders. Frage mal die Jugendlichen dort, wie sie über den Erwerb ihres ersten Führerscheins nachdenken. Natürlich, meine Oma hatte auch kein Auto und ist nicht jeden zweiten Tag in die nächste Stadt zum Einkaufen gefahren. Im Gegenzug hat man aber auch

    • nichts gehabt
    • was man hatte, selbst gemacht. Pfefferminztee z.B

    Da will doch keiner mehr hin.


  • Das dürfte den Hintergrund haben, dass die Autoindustrie mit hochgezüchteten PS-Schleudern erheblich mehr Geld einfährt, als mit Kleinwagen mit vergleichsweise wenig PS. Man sehe sich die immergleichen Vergleichstests in den einschlägigen Zeitschriften an: PS-Monster treten "gegeneinander" an. Seitenlang mähren sich die Redakteure über tolle Fahrwerke und "spritzige" Motoren aus. Im Alltagsverkehr ist das alles ohne Bedeutung - außer als Viagra-Ersatz.

    Trotz etlicher Vorteile wird aus demselben Grund von interessierter Seite vehement Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in der Stadt abgelehnt. Kein Wunder, dafür braucht man nicht einmal 20 PS...

    Eines der Grundübel des Autos ist, dass es inzwischen zu viele davon gibt und sie sich gegenseitig behindern. Die goldenen Zeiten ("Aus Freude am Fahren") sind endgültig vorbei...

    Ich habe jetzt nicht so das Gefühl, daß man junge Autofahrer mit leistungsstarken Dosen lockt, es sind doch eher Kleinwagen, aber gemessen an den Käfer, den meine Mutter damals fuhr, sind das PS-Boliden. Selbstverständlich konnte man sich und andere auch mit einem Käfer mühelos totfahren. Damals hat man das ja auch besonders gern getan, die Unfalltotenstatistik war auf einem Höhepunkt. Die Geschwindigkeiten waren damals schon viel zu hoch. Bis heute hält sich der Mythos man würde mit höheren Geschwindigkeiten Zeit sparen, tatsächlich wird der Verkehr nur ineffektiver, weil die Strecken länger werden.
    Wie das jetzt mit der Gewinnspanne aussieht, weiß ich nicht. Von den kleineren Autos verkauft man auch höhere Stückzahlen und zwar über viele Jahre, ohne das man da großartige Änderungen vornehmen müßte. Da wäre ich mir jetzt also an Deiner Stelle nicht so sicher. Besonders lustig finde ich ja die SUV, man kriegt kaum einen Parkplatz und man verbrät unglaublich viel Leistung, weil die einen Luftwiderstand einer Barockkirche haben. Die Karrem werden auch nicht leichter. Ich meine, der Golf meiner Mutter hätte so
    850 kg gewogen.
    Was die hier mit ihrer T30-Phobie haben, erschließt sich mir nicht. Wir haben schon T-30 in Städten. Der meist größere Teil der innerörtlichen Straßen besteht aus T-30 Tonen und auch auf den anderen Straßen hat man das doch häufig effektiv schon.
    Ich fahre in der Stadt auf der Fahrbahn (Nicht das einer denkt ich würde auf Radwegen so schnell fahren.) meistens so mit 25-35 km/h, meine motorisierten Mitstreiter beschleunigen natürlich auf 50+ km/h, stehen aber nur eher an roten Ampeln rum, während ich nicht selten so eine grüne Welle habe und dann sieht man sich an der Ampel wieder. Scheint kaum jemand zu raffen.
    Nur manchmal [Anekdötchen]: Ich fuhr hier mal auf einer Straße mit jeweils zwei Fahrtrichtungspuren, als ich ein Auto hinter mir bemerkrte, welches mich nicht überholte. Das macht mich ja mißtrauisch. Als ich mich das zweite oder dritte mal argwöhnisch umblickte rief mir die Porsche-Cabrio-Fahrerin fröhlich zu "Sie haben so ein gutes Tempo drauf, da hat man grüne Welle!"
    Die war wohl schon eine ganze Weile hinter mir, während alle anderen sich beeilten an der roten Ampel zu stehen. :thumbup:

    Wenn ich mit dem Rad in T-30 Zonen oder auf Fahrradstraßen mit 30 km/h fahre habe ich subjektiv schon das Gefühl, das sei zu schnell. Jedenfalls wird mir da häufiger mal mulmig, während 30 km/h für Hauptstraßen ein ganz nettes Tempo ist, die meisten Störungssituationen habe ich mit dem Tempo da noch gut im Griff.

  • Als jemand der wirklich vom platten Land kommt, sehe ich das anders. Frage mal die Jugendlichen dort, wie sie über den Erwerb ihres ersten Führerscheins nachdenken. Natürlich, meine Oma hatte auch kein Auto und ist nicht jeden zweiten Tag in die nächste Stadt zum Einkaufen gefahren. Im Gegenzug hat man aber auch

    • nichts gehabt
    • was man hatte, selbst gemacht. Pfefferminztee z.B

    Da will doch keiner mehr hin.

    Du würdest dort schlicht und ergreifend gar nicht wohnen, sofern Du dort keine Beschäftigung hättest.
    Die Waren kommen übrigens auch ohne PKW auf's Dorf, genauso wie die lebensnotwendigen Güter ja auch vom Land in die Stadt kommen¹. Sieh Dir mal die Bevölkerungsentwicklung einiger Dörfer an. Beginnend mit den 60/70ern habe sich da etliche unglaublich aufgebläht. Es ist eine künstliche Landbevölkerung entstanden. Da sind diejenigen vor dem Auto auf's Land geflohen, die heute jeden Werktag Dreck, Lärm, Platzverbrauch und Unfälle wieder in die Stadt exportieren. Und weil es das Auto gibt, wurde gleichzeitig die Infrastruktur auf den Dörfern geschwächt. Da fährt dann z.B. der Zug nicht mehr, die Post hat dicht gemacht
    und zur Versorgung mit Gütern des alltäglichen Bedarfs muß man schon mindestens in's Nachbardorf fahren, den Dorfarzt
    gibt es nicht mehr, usw.. Dieser Unfug wird bis heute vom Staat gefördert und lange Zeit war das Häuschen im Grünen sogar Staatsdoktrin. Das Leben wurde auf das Auto ausgerichtet und genau deshalb wurde man auch davon abhängig. Dieser Prozess ist reversibel und wie es aussieht findet er in einigen Gegenden zur Zeit auch statt.
    Das hat sicher u.A. auch finanzielle Gründe. Denn spätestens wenn die Kinder im Führerscheinalter sind, stehen da so viele
    Autos im Carport, daß sich das nur noch gut Verdienende leisten können. Es lohn sich ja auch finanziell gar nicht mehr auf's
    Land zu ziehen, weil selbst in der Nähe von Städten mit teurem Wohnraum die Mobilitätskosten die Ersparnis überkompensieren.
    Auf der Strecke bleiben natürlich wieder die, die leider nichts geerbt haben und nicht das Glück hatten einen gut bezahlten
    Job zu ergattern. Aber das ist ein anderes Problem, was nichts mit Auto zu tun hat. Nur vielleicht insofern, daß'das Auto auch
    so eine Art Armutsmodell wird.

    ¹ Der Gütermassentransport funktioniert schon seit Jahrhunderten so.

  • Zitat

    Du würdest dort schlicht und ergreifend gar nicht wohnen, sofern Du dort keine Beschäftigung hättest.

    Wir reden definitiv von anderen Lebensumständen, du scheinst von rel. großen Dörfern mit Menschen auszugehen, die dann in die nächste Großstadt zum malochen fahren. Das steht mir überhaupt nicht im Sinn. Ich komme aus einer ländlichen Gegend, wo fast jeder in eben jener Gegend im Umkreis von vllt 10km seine Arbeit hat. Die Menschen leben dort, weil sie dort Beschäftigung haben.

    Und ohne Auto wäre ihre Lebensqualität schlechter, da bin ich mir sicher.

  • Da will doch keiner mehr hin.


    Doch es gibt Leute die genau das wollen. Die sind aber in der Minderheit. Und ja das Auto ist eine gute Sache um große Entfernungen zu überwinden und so lange am ÖPNV gespart wird für die Landbevölkerung überlebenswichtig.
    Wir sollten nicht schwarz/weiß denken! Alles hat seinen Platz.

  • Zitat

    Doch es gibt Leute die genau das wollen. Die sind aber in der Minderheit.


    Ja, die Selbstversorgerszene ist klein. Sehr klein.

    Zitat

    Und ja das Auto ist eine gute Sache um große Entfernungen zu überwinden und so lange am ÖPNV gespart wird für die Landbevölkerung überlebenswichtig.

    ÖPNV ist nur dann besser als MIV, wenn eine gewisse Bevölkerungsdichte überschritten ist. Ich glaube schon, daß man mittels Internet und Co. in ländlichen Regionen auch auf den MIV weitestgehend verzichten kann. Weil man seine Einkäufe im Internet bestellt, es keine Buslinien mehr gibt, sondern eine Art Bürgertaxi, daß alle 15 Minuten durch die Dörfer saust und die Menschen aufliest* etc.

    Momentan ist dort (wo ich herkomme) das Auto sein Geld wert**. Hamburg sieht ganz anders aus und die Probleme, die der Speckgürtel im Grünen den Großstädten bereitet, die gebe ich gerne zu.


    * Wobei ich mir da auch nicht sicher bin, ob das in Hamburger Qualität zu Hamburger Preisen möglich ist, müsste man mal simulieren.

    ** Es schafft auch weniger Probleme.

  • Weil man seine Einkäufe im Internet bestellt, es keine Buslinien mehr gibt, sondern eine Art Bürgertaxi, daß alle 15 Minuten durch die Dörfer saust

    Einkäufe machen das Leben ja nicht aus. Es bleibt Arzt, Physiotherapie, Theater, Buchlesungen, alles gesellschaftliche an dem Mensch Anteil haben will und vieles mehr was das Internet nicht bietet, Bürgertaxi alle 15 Minuten ist auch Utopie

  • Guten Abend


    Eigentlich wollte ich mich hier ja ganz raushalten, aber am derzeit entstandenen Nebenthema bin ich einfach zu lebensnah dran, um zu schweigen.
    Ich wohne am Rande einer kleinen Kreisstadt im Münsterland, vor dem Wald kommt man nur noch an zwei Nachbarhäusern (eins links, eins rechts der Straße) vorbei, zur Stadtmitte sind es auch einige Kilometer (ich glaube sogar, dass die Nachbarstadt näher ist, mehr dazu weiter unten*). Lässt man mal die relativ kurzen Wohnzeiten in den Großstädten (5 Monate in Deutschland, 2 Monate in Spanien) außer Acht, wohnte und lebte ich zuvor in einer netten kleinen ländlichen Gemeinde im Münsterland.
    Somit glaube ich, mich mit dem Thema "ländliche Gegend" einigermaßen auszukennen.

    Überlandstrecken werden häufig als "lang", Stadtstrecken hingegen als "kurz" empfunden. Dieser Eindruck ist sehr subjektiv.
    Daher möchte ich meinen Lieblingsvergleich bringen (zum persönlichen Schutz wähle ich nicht exakt die Strecken, die ich tatsächlich so fahre):
    Die Strecke zwischen Gievenbeck (dort gibt es 4 Studentenwohnheime) und der Innenstadt von Münster (dort die meisten Gebäude der Universität) wird häufig mit dem Fahrrad gefahren (Alltagsverkehr). Sie ist in etwa so lang wie die Strecke zwischen Warendorf und den Ortsteilen Einen und Müssingen, diese wird von Fahrradfahrern jedoch fast nur bei Sonnenschein befahren (Freizeitverkehr).
    Der Kfz-Verkehr zwischen Warendorf und Einen/Müssingen sowie zwischen den beiden Ortsteilen ist hoch, für Vieles (vgl. Vorposter) müssen die dort wohnenden Leute in die Stadt (Warendorf oder Münster). Dafür wird nur selten das Fahrrad gewählt, obwohl es vermutlich häufig sehr sinnvoll wäre.

    Zunächst einmal betrachte man die Strecken an sich:
    Münster-Gievenbeck > Domplatz: ca. 5 km, überwiegend innerorts
    Warendorf > Einen/Müssingen: ca. 8 km, überwiegend außerorts

    Sicherlich stellen wir zunächst einen Unterschied von 3 km fest, je nach tatsächlichem Start- und Zielort ergeben sich aber eh Differenzen.


    Werfen wir nun einen Blick auf alle Angebote und Möglichkeiten, diese Wege jeweils zurückzulegen:

    1. Münster:
    a) mit dem Fahrrad: 16-17 Minuten
    b) mit dem Pkw: 14-18 Minuten
    c) mit dem Bus: 30-34 Minuten (inklusive Fußwege), 10-Minuten-Takt
    d) zu Fuß: 58-59 Minuten

    2. Warendorf:
    a) mit dem Fahrrad: 23-26 Minuten
    b) mit dem Pkw: 10-15 Minuten
    c) mit dem Bus: 15 Minuten (inklusive Fußweg), Stunden-Takt
    d) mit der Bahn: 19-20 Minuten (inklusive Fahrradmitnahme und -fahrt, über Raestrup-Everswinkel), Stunden-Takt
    e) zu Fuß: 88-89 Minuten

    Zu Fuß sind natürlich beide Wege völlig unattraktiv.
    Mit dem Fahrrad sind die Fahrzeiten vergleichbar (beide ca. 20 Minuten), hier müsste man den Überland-Verkehr attraktiver auch für Alltagsradler machen (z. B. stärker bewerben, Bewusstsein in der Bevölkerung schärfen, es als selbstverständlicher betrachten bzw. irgendwie dafür sorgen, dass (auch) andere das tun.
    Die Stadtbusse in Münster werden trotz der gegenüber dem Fahrrad doppelten Fahrzeit häufig genutzt, die Taktung ist ausreichend. Hier ist alles in Ordnung und es besteht kein Verbesserungsbedarf.
    Bus und Bahn zwischen Warendorf und den Ortsteilen haben eine zu geringe Taktung, um für die Kurzstrecke im Alltag attraktiv zu sein. Dafür müssten sie häufiger fahren. Die Fahrzeiten selbst sind in Ordnung, die Strecke geht über die bzw. entlang der B64 und ist somit ohne Umweg.
    Der Zeitvorteil des Pkw gegenüber der Bahn (10 Minuten) verschwindet fast vollständig aufgrund von hohem Verkehrsaufkommen auf der B64 und Nachteilen in der Planungssicherheit.
    Somit sind die Fahrzeiten von Pkw und Bus vergleichbar.
    Eigentlich müsste sich nun der Bus als beste Möglichkeit für den Weg zwischen Warendorf und Einen/Müssingen herausstellen. Da er aber nur einmal stündlich fährt, wird häufig der Pkw genommen.
    Der Zeitnachteil des Fahrrads gegenüber der Bahn (4-7 Minuten) und dem Pkw (8-11 Minuten) ist auf dieser Strecke gering und daher fast vernachlässigbar. Er hält sich in dem Rahmen, indem er durch andere Vorteile (kein Einstellen der Spiegel, keine Abhängigkeit von Fahrplänen, über Radwege mögliche Umgehungen von Staus und Verkehrslärm - die Route über den Alten Münsterweg ist sogar 200 Meter kürzer als über die B64) ausgeglichen werden kann.

    Somit ist gerade für die Zurücklegung dieser Strecke das Fahrrad eine sehr sinnvolle und gute Möglichkeit, auch für den Alltagsverkehr.
    Dennoch wird es dafür nur selten genutzt, und hier sollte man sich fragen, warum.
    Mögliche Gründe dafür könnten sein:
    - mit dem Fahrrad an der B64 entlangzufahren, ist sehr unattraktiv
    - die Route über den Alten Münsterweg ist gefühlt länger (viele Schlenker)
    - die Route über den Alten Münsterweg führt teilweise durch Waldstücke, bei Dunkelheit ist dann die Sicht sehr schlecht (und es erscheint etwas unheimlich)
    - das Fahrrad als Alltags-Verkehrsmittel für den Überlandverkehr zu sehen, ist für einen Großteil der Bevölkerung (noch) nicht selbstverständlich

    Zum "Bürgertaxi":
    Es gibt da unterschiedliche Ansätze, zum Einen den Bürger-Bus und zum Anderen den Anruf-Linien-Dienst (Taxi-Bus).
    Beide fahren nach Fahrplan, der Bürger-Bus fährt immer (also wie ein normaler Bus), der Taxi-Bus (ALD) nur auf Anforderung.
    Den Taxi-Bus anzufordern, stellt eine kleine Hürde und Hemmschwelle zur Nutzung dar, weil es einige Schritte mehr sind als sich wie gewohnt einfach an eine Haltestelle zu stellen. Das hat den Nachteil, dass auf solchen Strecken die Pkw-Nutzung hoch bleibt, aber auch den Vorteil, dass selten ein großer leerer Linienbus fährt.
    Eine Fahrt mit einem Bürger-Bus kostet zwischen 50 Cent und 1,50€, eine Fahrt mit dem Taxi-Bus gehört zum Verbund-Tarif (kostet also so viel wie mit einem normalen Bus). Semestertickets sind im Taxi-Bus gültig, nicht jedoch im Bürger-Bus.
    Ein 10-Minuten-Takt bei diesen Bussen ist tatsächlich Utopie, da hat @fuechschen schon Recht.
    Beispiele für den Bürger-Bus:
    1. Warendorf-Nord, die einzige Stadt-Linie in der Kreisstadt Warendorf: existiert seit ca. 1 Jahr (vorher gab es einen ALD mit katastrophalen Fahrzeiten und kaum genutzt), fährt Mo-Fr stündlich von 8:30 Uhr bis 19:30 Uhr, samstags keine Fahrt
    2. Hoetmar - Sendenhorst: fährt von Hoetmar aus viermal täglich und von Sendenhorst aus dreimal täglich Mo-Fr von 9 bis 18 Uhr, samstags in beide Richtungen jeweils zweimal am Tag zwischen 14 und 18 Uhr
    3. Hoetmar - Everswinkel: fährt von Hoetmar aus Mo-Fr ab 6:29 Uhr (außer in den Sommer- und Weihnachtsferien) und stündlich von 7 bis 18 Uhr, von Everswinkel aus ab 6:45 Uhr (außer in den Sommer- und Weihnachtsferien) und stündlich von 7:30 Uhr bis 18:30 Uhr, samstags in beide Richtungen jeweils fünfmal am Tag zwischen 9 und 19 Uhr.
    Beispiele für den Taxi-Bus / ALD:
    1. Everswinkel - Drensteinfurt, über Sendenhorst: fährt Mo-Fr zweimal täglich morgens von Sendenhorst nach Drensteinfurt und die vollständige Strecke ab Everswinkel stündlich von 7:50 Uhr bis 18:50 Uhr, zweimal täglich morgens von Sendenhorst nach Everswinkel und die vollständige Strecke ab Drensteinfurt stündlich von 7:30 Uhr bis 18:30 Uhr, samstags keine Fahrt
    2. Everswinkel - Telgte, über Alverskirchen: fährt Mo-Fr viermal täglich zwischen 9 und 17 Uhr von Everswinkel nach Telgte und fünfmal täglich zwischen 8 und 17 Uhr von Telgte nach Everswinkel, samstags keine Fahrt
    Die Taxi-Busse fahren nur nach telefonischer Voranmeldung oder Online-Buchung.

    *) Ich messe mal per G*maps nach: Entfernung zum Marktplatz 2,5km; Entfernung zur nächstgelegenen Stadt (Ortsrand) 5km - okay, da habe ich mich verschätzt, ist doppelt so weit


    Ein schönes Rest-Wochenende und einen gute Rückkehr in den Alltag,
    der Münsterland-Radler

  • War das Thema hier nicht "Mercedes-Werbung"?