Neue Schutzstreifen außerorts (Pilotprojekt, BaWü)

  • Durch Corona und Stuttgarter Straßenfeste evtl. etwas untergegangen: seit einigen Monaten soll es in einigen Städten und Gemeinden Baden-Württembergs Schutzstreifen außerorts geben, in Erprobung bis 2021.

    Hat vielleicht jemand schon ein Exemplar in freier Wildbahn gesehen? Folgende Gemeinden sind angeblich dabei:

    Zitat

    Innerorts: Stadt Baden-Baden, Stadt Emmendingen, Stadt Friedrichshafen, Landkreis Karlsruhe, Stadt Karlsruhe, Landkreis Konstanz, Stadt Konstanz, Stadt Lörrach, Stadt Mühlacker, Stadt Oberndorf am Neckar, Stadt Ostfildern, Stadt Wangen im Allgäu

    Außerorts: Stadt Aalen, Stadt Backnang, Stadt Baden-Baden, Stadt Eislingen / Fils, Stadt Filderstadt, Landkreis Freudenstadt, Stadt Heilbronn, Landkreis Karlsruhe, Gemeinde Königsbronn, Landkreis Lörrach, Ostalbkreis, Stadt Ostfildern, Landkreis Rastatt, Stadt Reutlingen, Rhein-Neckar-Kreis, Landkreis Rottweil, Stadt Schramberg, Landkreis Schwäbisch Hall, Landkreis Tübingen.

    Das Foto im Artikel ist ja leider links abgeschnitten, vielleicht aus gutem Grund? Die Beschreibung aus dem einzelnen Teststreifen 2014 klingt schonmal einladend:

    Die etwa 800 Meter lange Steigungsstrecke „Im Elsental” weist eine Fahrbahnbreite von rund 5,50 Meter und eine Verkehrsbelastung von 2500 Fahrzeugen pro Tag auf. Zur Umsetzung des Vorhabens wurde für den Radverkehr in einer Fahrtrichtung ein Schutzstreifen von 1,50 Meter Breite bergauf markiert. Bei Gegenverkehr oder vor Kurven darf auf den Schutzstreifen ausgewichen werden. Die Höchstgeschwindigkeit bleibt bei 50 Kilometer pro Stunde.

    Kurz im Kopf überschlagen: 0,75 m Radfahrer, 0,75 m Mindestabstand zum Rand, 2 m Mindestüberholabstand bergauf - da bleiben noch genau 2 Meter, also dürften schmalen Autos grade so überholen, breite und LKWs nicht. Die Linie ist dann ziemlich genau am linken Arm des eh schon weit rechts fahrenden Radfahrers und wird von KFZ-Führern bewusst oder unbewusst als akzeptabler Abstand angesehen. Wieso man bei einem Pilotprojekt dann von den veralteten zu engen Bemaßungen ausgeht und nicht in die Zukunft denkt (Breite so wählen, dass Sicherheitsabstand dauernd erzwungen wird, also mindestens 2,5 bis 3 Meter), bleibt weiterhin ein Rätsel.

    Der federführende Verein ist aber auch eher zweifelhaft: So liest man in den FAQ zur StVO-Novelle folgendes:

    Zitat

    Eine Verkehrsbehinderung [durch Nebeneinanderfahren] liegt dann nicht vor, wenn nebeneinander fahrende Radfahrer mit ausreichendem Sicherheitsabstand überholt werden können. Das ist bei schwächer belasteten Straßen unabhängig von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der Fall. Bei schmalen Fahrbahnen oder bei ständigem Gegenverkehr, wenn also ein verzögerungsfreies Überholen nicht möglich ist, kann man von einer “Verkehrsbehinderung“ sprechen. Es hängt also von der Fahrbahnbreite und der Gesamtbelastung durch den MIV ab. Welche Verzögerung noch zumutbar ist, ist bislang nicht definiert.

    Der erste Satz stimmt, aber ab dann wirds abenteuerlich: die Belastung einer Straße und die Geschwindigkeiten sind für den Fall des Nebeneinanderfahrens vollkommen irrelevant, es kommt nur darauf an, ob ein Fahrzeug vorschriftsmäßig überholen könnte, wenn zwei Radfahrer hintereinander fahren, es aber nicht mehr könnte, wenn sie nebeneinander fahren. Gegenverkehr ist nahezu nie relevant, weil in den allermeisten Fällen sowieso nur auf dem linken Streifen (egal ob zweiter Richtungsstreifen oder Gegenverkehr) überholt werden darf. Ob ein KFZ abbremsen muss ist persönliches Pech des Fahrers, hat aber nichts mit Behinderung zu tun, denn unterschiedliche Geschwindigkeiten zählen zur Realität auf geteilten Straßen und somit ist gelegentliches Abbremsen hinzunehmen. Aus genau diesem Grund ist das auch "bislang noch nicht definiert" und wird es auch nie werden, da irrelevant.

    Zitat

    Welche Auswirkungen der Mindestabstand für Planer hat, ist noch nicht abzusehen. In der Anhörung des Bundesverkehrsministeriums waren die Fachverbände und die kommunalen Spitzenverbände einhellig gegen den Mindestüberholabstand innerorts. Es war klar, dass diese Regelung viele nicht unbedingt beabsichtigte Folgen haben wird, die nicht immer im Sinne einer effektiven Radverkehrsförderung sein dürften.

    Effektive Radverkehrsförderung ist es folglich, Radfahrer an den Rand zu drängen und nicht als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer anzusehen. Gut zu wissen, sowas hatte ich schon vermutet.

    Zitat

    Da es noch keine Regelungen dazu in der VwV-StVO und keine gefestigte Rechtsprechung zu diesem Thema gibt, [...] Wenn auch der Abstand von 1,50 m nicht in der StVO ausdrücklich stand, so war er doch durch die Rechtsprechung faktisch geltende Rechtspraxis.

    Ja, wie jetzt? :D

    Zitat

    Vorab lässt sich aber schon sagen, dass Schutzstreifen nicht in Frage gestellt sind. Der Schutzstreifen soll auf den Radverkehr auf der Fahrbahn aufmerksam machen sowie Sicher-heitsabstände zum ruhenden Verkehr schaffen und nicht den Überholabstand regeln.

    Ich fühle mich bestärkt in meiner Ansicht, dass Schutzstreifen meistens die minimale Ideallinie als Radfahrer innerorts anzeigen - der Reifen genau 1,50 Meter vom Fahrbahnrand entfernt. Dass so viele Radfahrer irrtümlich rechts der Linie fahren statt darauf oder links und damit im extra markierten Sicherheitsabstand zum ruhenden Verkehr, ist ein Problem mangelnder Aufklärung. :whistling:

  • Beim Abklappern deiner Links bin ich auf diesen Video-Beitrag von 2013 gestoßen: "Pilotprojekt Fahrradschutzstreifen außerhalb von Ortschaften"

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    Der Link führt zu Minute 1:10, an der Stelle wird behauptet, die Anlage der in dem Film dargestellten Schutzstreifen orientiere sich am niederländischen Vorbild. Dort gilt allerdings Tempo 60 auf den Straßen mit Schutzstreifen und nicht wie im Film dann weiter erläutert wird Tempo 70!

    Das Hauptproblem ist ohnehin, dass Schutzstreifen zwar möglicherweise eine Verbesserung für den Radverkehr auf wenig vom Autoverkehr belasteten Straßen darstellen. Es aber leider immer noch als erstrebenswert betrachtet wird, dass möglichst immer mehr Menschen möglichst viel mit dem Auto fahren. Der zurückliegende Einsatz der drei "Auto"-Ministerpräsidenten für eine generelle "Abwrackprämie" dokumentierte einmal mehr, dass es gar nicht gewünscht wird, das Straßen wenig vom Autoverkehr belastet sind. Im Gegenteil: Es soll immer mehr Autoverkehr stattfinden und am liebsten natürlich auf Straßen auf denen möglichst hohe Geschwindigkeiten gefahren werden.

    Entsprechend wird nach wie vor am Ziel festgehalten, Landstraßen grundsätzlich für die erlaubte generelle Höchstgeschwindigkeit von Tempo 100 (gefahren 120) zu ertüchtigen. Und ich sehe noch keine Regierung in Sicht, leider auch keine Grüne-geführte, die grundsätzlich bereit wäre, das zu ändern. Leider.:(

    Die Radverkehrförderung und auch die ÖPNV-Förderung auf dem Land könnte sehr kostengünstig dadurch bewerkstelligt werden, dass grundsätzlich nur noch Tempo 60 auf Landstraßen gefahren werden darf. Dann könnte man schauen, ob breite Radfahrstreifen auf der Fahrbahn angelegt werden müssen, oder ob bei weniger Verkehr auch Schutzstreifen genügen, die wie im Film gezeigt, ggf. vom Autoverkehr mitbenutzt werden dürfen.

  • Ich fühle mich bestärkt in meiner Ansicht, dass Schutzstreifen meistens die minimale Ideallinie als Radfahrer innerorts anzeigen - der Reifen genau 1,50 Meter vom Fahrbahnrand entfernt. Dass so viele Radfahrer irrtümlich rechts der Linie fahren statt darauf oder links und damit im extra markierten Sicherheitsabstand zum ruhenden Verkehr, ist ein Problem mangelnder Aufklärung. :whistling:

    Es ist aber ein entscheidender Unterschied, ob rechts vom Schutzstreifen Autos parken (>Dooring-Gefahr) oder eine freie Fläche sich befindet, die auch von Fußgängern nur sehr wenig benutzt wird.

    Und es ist im ersten Fall ein Unterschied ob ein breiter (mindestens 50 cm) Abstandsstreifen zu den parkenden Autos markiert ist, oder nicht. Und ob die Fahrzeuge tatsächlich ihre Parkmarkierung einhalten.


    Hier sind 50cm Abstand zu den parkenden Autos und 1,50m breite Schutzstreifen gegeben. (Kötnerholzweg, Hannover)

  • In der Mitte eines Schutzstreifens solltest du keinesfalls fahren, sondern stets mindestens deutlich links der Mitte. Oft ist es besser den Schutzstreifen einfach nur als Abstands-Streifen zum ruhenden Autoverkehr am Straßenrand aufzufassen. Staut sich jedoch der Autoverkehr vor einer Kreuzung, dann ist so ein Schutzstreifen eine Hilfe an der Autoschlange entlang vorsichtig nach vorn zu fahren. Dabei droht dann allerdings die Dooring-Gefahr von zwei Seiten!

    Neuerdings ist auf dem Schutzstreifen ja auch das Halten verboten, so dass langfristig die Voraussetzung dafür geschaffen ist, echte Halteplätze dort anzulegen, wo jetzt noch das Parken gestattet ist. Leider musste man in der Vergangenheit argwohnen, dass "Schutzstreifen" angelegt wurden, um das Halten in zweiter Reihe zu forcieren.

  • Beim Abklappern deiner Links bin ich auf diesen Video-Beitrag von 2013 gestoßen: "Pilotprojekt Fahrradschutzstreifen außerhalb von Ortschaften"

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    Minute 2:09, Sprecher sagt "Beim Überholen muss ein Abstand von mindestens 1,5 Meter gehalten werden", Auto überholt mit geschätzt knapp unter einem Meter... ^^ Bei dieser engen Straße sind die Schutzstreifen ja besonders perfide, denn eigentlich dürfen sie von KFZ nur im Begegnungsverkehr und beim Abbiegen benutzt werden, nicht zum Überholen (das ist kein ausreichender Bedarf, man kommt ja auch ohne Überholen voran). Also sind sowohl die Überholvorgänge bei 1:53 (Schutzstreifen überfahren, obwohl kein Bedarf) und 2:09 (Abstand zu gering, da Schutzstreifen nicht überfahren wurde) illegal. Das mit den Kurven und Kuppen bei 1:33 ist auch etwas seltsam, da man ja in diesen Situationen durch die enge Kernfahrbahn (man stelle sich vor, der Schutzstreifen wäre Lava) nach StVO sowieso so langsam fahren muss, dass man in der halben übersehbaren Strecke jederzeit anhalten kann - da gibt es also auch keinen Bedarf, den Streifen zu überfahren.

    Es ist aber ein entscheidender Unterschied, ob rechts vom Schutzstreifen Autos parken (>Dooring-Gefahr) oder eine freie Fläche sich befindet, die auch von Fußgängern nur sehr wenig benutzt wird.

    Und es ist im ersten Fall ein Unterschied ob ein breiter (mindestens 50 cm) Abstandsstreifen zu den parkenden Autos markiert ist, oder nicht. Und ob die Fahrzeuge tatsächlich ihre Parkmarkierung einhalten.

    Geht man von sich absolut korrekt verhaltenden KFZ-Führern aus, hast du völlig Recht und es wäre kein Problem, dann weiter rechts zu fahren. Leider ist es so, dass wenn du in dem gezeigten Streifen (ohne parkende Autos) mittig fährst, die meisten Autos einfach so dran vorbeifahren, als wäre die linke gestrichelte Linie eine undurchdringbare Mauer - der Abstand zum Auto ist also genau der restliche Teil des Schutzstreifens minus zwanzig Zentimeter des Außenspiegels. Selbst wenn du (0,75 m breit) also ganz weit rechts fahren würdest, hättest du nur gut 50 cm Abstand zu den dich widerrechtlich überholenden Autos. Da reicht ein kleiner Schlenker (z. B. durch Schlagloch oder ein auf die Straße laufendes Tier), damit es kracht. Wenn du dagegen links auf der Linie fährst, verstehen die KFZ-Führer, dass sie zum Überholen das Lenkrad benutzen müssen.

    Ich sehe hier in der Gegend des Öfteren Radfahrer, die sich auf extrem untermaßige uralte Streifen drängen (lassen), und dementsprechend oft zu eng überholt werden. Ich habe noch nie gesehen, dass andere Autofahrer in so einem Fall auf der Gegenspur überholt haben oder hinter dem Radfahrer geblieben sind - es ist optisch einfach enorm verlockend, weil es aussieht, als wären es zwei getrennte Streifen und der eigene wäre frei. Deswegen hießen die Streifen wohl früher auch Suggestivstreifen - sie haben den Autofahrer unbewusst dazu aufgefordert bzw. gedrängt, zu eng zu überholen.

  • Ich sehe hier in der Gegend des Öfteren Radfahrer, die sich auf extrem untermaßige uralte Streifen drängen (lassen), und dementsprechend oft zu eng überholt werden. Ich habe noch nie gesehen, dass andere Autofahrer in so einem Fall auf der Gegenspur überholt haben oder hinter dem Radfahrer geblieben sind - es ist optisch einfach enorm verlockend, weil es aussieht, als wären es zwei getrennte Streifen und der eigene wäre frei. Deswegen hießen die Streifen wohl früher auch Suggestivstreifen - sie haben den Autofahrer unbewusst dazu aufgefordert bzw. gedrängt, zu eng zu überholen.

    Ja da stimme ich dir zu, die Gefahr ist groß, dass die Schutzstreifenmarkierung von Autofahrern anders wahr genommen wird, als beabsichtigt.

    Suggestivstreifen halte ich für einen Begriff, den man nicht so missverstehen sollte, dass Sicherheit suggeriert wird, wo keine gegeben ist. Ich verstehe den Begriff so, dass diese "Suggestivstreifen" den Eindruck erwecken, die Fahrbahn für den Autoverkehr sei deutlich schmaler als sie tatsächlich ist. Und ich denke das kann man auch in dem Film nachvollziehen.

    Die Kernfahrbahn, heißt es in dem Film, ist mindestens 2,75m breit. Wenn also ein Radfahrer ganz links auf dem 1,25m breiten Schutzstreifen fährt und 1,5m Sicherheitsabstand dazukommen, dann dürfte das überholende Auto höchstens 1,25m breit sein. Fährt der Radfahrer jedoch mittig auf dem 1,25m breiten Schutzstreifen, dann dürfte das Auto 1,875m breit sein. Vermutlich hat man so gerechnet, dass der Radfahrer mittig auf dem Schutzstreifen fährt. Man müsste jetzt genauer ergründen, ob dieses 2,75m breite Kernfahrbahn eher die absolute Ausnahme ist, oder den Regelfall darstellt. Außerdem ist wichtig wie die Seitenränder der Straße aussehen.

    Wie groß ist eigentlich der Abstand zum Straßenrand, den ein Radfahrer üblicherweise einhält, wenn er auf einer schmalen Landstraße (im Beispiel 1,25+2,75+1,25=5,25m) fährt. Und wie groß sollte dieser Abstand sein? Ich würde ein Viertel nach rechts und drei Viertel nach links schätzen, aber ich befürchte, dass viele Radfahrer weiter rechts fahren.

  • Diesen räudigen Bockmist hatte man doch vor Jahren schon nordöstlich von Hamburg, im Landkreis Stormarn [Abkürzung: Schmar(r)n] getestet. Und ich meine sogar evaluiert.

    Hier ein Artikel zu "kommen wieder weg"

    https://www.ln-online.de/Lokales/Storma…mmen-wieder-weg


    warum muss man so einen Unfug denn nun nochmal pilotprojekten? Weil mit roter Farbe alles anders wird? Weil sich die Mehrheit der Autofahrer nun plötzlich an die konkreten Vorgaben beim Überholen hält?

  • Diesen räudigen Bockmist hatte man doch vor Jahren schon nordöstlich von Hamburg, im Landkreis Stormarn [Abkürzung: Schmar(r)n] getestet. Und ich meine sogar evaluiert.

    Hier ein Artikel zu "kommen wieder weg"

    https://www.ln-online.de/Lokales/Storma…mmen-wieder-weg


    warum muss man so einen Unfug denn nun nochmal pilotprojekten? Weil mit roter Farbe alles anders wird? Weil sich die Mehrheit der Autofahrer nun plötzlich an die konkreten Vorgaben beim Überholen hält?

    Warum bezeichnest du die Schutzstreifen außerorts als Bockmist?

    In dem von dir verlinkten Artikel heißt es:

    "„Wir betrachten die Schutzstreifen als sehr sinnvolle Einrichtung und stehen ihnen grundsätzlich positiv gegenüber“, sagt wiederum Rainer Hinsch, Ortsvorsitzender des ADFC in Bad Oldesloe. Er und die anderen Clubmitglieder hoffen stark, dass auf Bundesebene nun endlich eine Entscheidung getroffen wird – günstigenfalls für die Sicherheit der Radler.

    Eine Erklärung vom Bundesverkehrsministerium, wie es mit dem Modellprojekt weitergehen soll, steht noch aus."

    Es ist doch offensichtlich, das das Bundesverkehrsministerium da nicht ran will, weil die so drauf sind, dass außerorts stets und überall Rennstrecken geschaffen werden sollen, auf denen Tempo 100 angeordnet werden kann. Und die Landstraßen, die noch zu enge Kurven haben oder noch zu schmal sind, die sollen verbreitert werden und mit einem separaten Zweirichtungs-Radweg ausgestattet werden, damit die Autofahrerschaft ungestört rasen kann. Findest du das etwa besser?

    In den Niederlanden sind Landstraßen mit Tempo 60 und Schutzstreifen gang und gäbe, warum nicht auch bei uns? Ich befürchte, weil radfahrende Menschen im "Autoland" Deutschland für viele Entscheidungsträger eine "Verunreinigung des autodominierten Straßenbildes" darstellen. Und da will man natürlich keine Straßenmarkierungen hinnehmen, die auf jeden Meter anzeigen, dass es auch noch andere Verkehrsteilnehmer gibt als diejenigen, die in hochmotorisierten KFZ unterwegs sind. Es könnte sonst ja noch jemand auf die Idee kommen, dass auch im ländlichen Raum mit dem Fahrrad (und dem ÖPNV) eine vernünftige Alternative zum Autowahn besteht bzw. geschaffen werden kann.

    Zwei googlestreetview-Links aus den Niederlanden:

    https://www.google.com/maps/@53.20510…!7i13312!8i6656

    https://www.google.com/maps/@53.11564…!7i13312!8i6656

    Die Schutzstreifen dort in den Niederlanden sind für meinen Geschmack zu schmal, aber gerade deshalb ist es wichtig, herauszufinden was geht und was besonders gut geht, anstatt einfach von "Bockmist" zu sprechen.

  • Warum bezeichnest du die Schutzstreifen außerorts als Bockmist?

    Die UDV-Studie zu Schmutzstreifen zeigt ja schon auf, dass es schon innerorts nicht mit den 1,50 klappt, weil sich die Autler an der Linie orientieren, da wird das über Land mit 2 m wohl nicht besser klappen ...

    Und da ich gleich mit dem 90 cm breiten Kettwiesel radeln will, ein Liegedreirad, finde ich Schmutzstreifen erst recht Bockmist ...

  • Es kommt halt auch auf die Strasse selbst und die Umsetzung an. Hier in der Schweiz sind Schutzstreifen auch ausserorts bei erlaubten 80 km/h sehr verbreitet und üblich. Es kann funktionieren, wenn die Strasse sehr breit ist, der Schutzstreifen 1.5m oder mehr hat und dem restlichen Verkehr nochmals 3.50-4 m zur Verfügung stehen.

    Ohne integration des Mindestabstandes (z.B. in Form einer Sperrfläche) ist es einfach eine billige Massnahme, die sich gut als Radverkehrsförderung verkaufen lässt. Dies kann auch negative Effekte haben: in einer Rechtskurve werde ich jetzt mit 1.5m breiten Schutzstreifen deutlich enger überholt als zuvor. Der einfache Grund: Die Lenkenden orientieren sich nicht mehr links an der MIttellinie sondern rechts an der Linie des Schutzstreifen. Streetview noch ohne Schutzstreifen: https://www.google.ch/maps/@47.41583…!7i13312!8i6656

    Ein anderes Beispiel ist eine 7m breite Strasse auf meinem Arbeitsweg, die im Ortszentrum aus einer bei Kommunen immer beliebteren "Kernfahrbahn" besteht: Keine Mittellinie, dafür zwei 1.25m Schutzstreifen, 50 km/h erlaubt. Gegen Ortsende sind 60 km/h erlaubt, die Schutzstreifen fallen weg und die Mittellinie ist wieder vorhanden. Letzeres ist deutlich angenehmer zu fahren trotz der höheren Geschwindigkeitsdifferenz: Es wird deutlich seltener bei Gegenverkehr überholt. Die Schutzstreifen werden von vielen als eigenen Fahrstreifen interpretiert und knallen ohne Sicherheitsabstand an Rad fahrenden vorbei.

    Streetview mit Schutzstreifen: https://www.google.ch/maps/@47.41243…!7i13312!8i6656

    Streetview ohne Schutzstreifen: https://www.google.ch/maps/@47.41003…!7i13312!8i6656

    Der einziger positiver Nutzen von Schutzstreifen ist für mich lediglich, dass bei einem Rückstau rechts eher frei ist zum daran vorbei zu rollen als ohne. Wobei auch das nicht immer klappt. Ansonsten lässt man sie lieber weg oder die Strasse ist sowieso genügend breit. Von dem her ja, Bockmist ist für mich zutreffend.

  • Warum bezeichnest du die Schutzstreifen außerorts als Bockmist?

    In dem von dir verlinkten Artikel heißt es:

    "„Wir betrachten die Schutzstreifen als sehr sinnvolle Einrichtung und stehen ihnen grundsätzlich positiv gegenüber“, sagt wiederum Rainer Hinsch, Ortsvorsitzender des ADFC in Bad Oldesloe. Er und die anderen Clubmitglieder hoffen stark, dass auf Bundesebene nun endlich eine Entscheidung getroffen wird – günstigenfalls für die Sicherheit der Radler.

    Wenn ich solche Aussage lese, möcht ich am liebsten eher heute als morgen die Mitgliedschaft kündigen.

    Wenn etwas nicht zu mehr absoluter Sicherheit beiträgt, die subjektive Sicherheit auch noch abnimmt, dann gehört derartiges nicht in den öffentlichen Verkehrsraum.

    Ich liebe Schweden für die "Schulter" neben der Kernfahrbahn. Ein asphaltierter Seitenstreifen. Mal breiter, mal schmaler, manchmal auch gar nicht vorhanden.

    Aber wo in Schweden einer von 50 Autofahrern beim Überholen nicht ausreichend platz lässt, sind es in Deutschland bei Schutzstreifenmanövern 30 von 50 leuten.

    Wir haben in diesem Lande ein Problem mit der Einstellung zum Autofahren. Und ich sehe nicht, dass man mit Schutzstreifen das Problem ändert.