• Zitat

    "Zwar habe der Umgang mit Feuerwerkskörpern gerade in der Silvesternacht in der Vergangenheit zu zahlreichen Verletzungen geführt - und dies sei wieder zu erwarten. Allerdings reduzierten diese kurzzeitig gebundenen Behandlungskapazitäten nicht die erforderlichen Kapazitäten zur Behandlung von Covid-19-Patienten."

    Manchmal fällt es wirklich schwer, solche offensichtlichen Widersprüchlichkeiten auszuhalten, ohne auf solche Ideen zu kommen, wie dass einer der Richter in Niedersachsen irgendwie einen "Spezl" hat, der in der Feuerwerkskörper-Herstellung oder im Vertrieb tätig ist.

    Da hat der Richter nicht völlig unrecht. Und ich habe keinen Spezl in der Feuerwerksherstellung. Das eine Bahndlungsfeld ist Unfallchirurgie, das zweite ist Intensivpersonal. So lange nicht mehr kapuut ist als nur "Hand ab" ist zunächst in der Tat kein direkter Überschnitt da.

    Was der Richter ignoriert ist, dass die Anästhesisten für die Beatmung gebraucht werden und der Mensch ohne Hand vielleicht auch gerne etwas mehr als ein Aspirin hätte.

    Darf ich anregen zunächst nicht immer eine Verschwörungstheorie von "Big Firework" zu suchen?

  • Ich habe einfach grundsätzlich ein Problem damit, wenn Freiheiten eingeschränkt werden, ohne dass es irgendeine Evidenz für die Effektivität der Maßnahmen gibt.

    Auch in Pandemiezeiten sollen ja tagsüber Millionen in die Fabriken stapfen um Sachen zu produzieren, die größtenteils giftig und unnütz sind und exportiert werden. Da bleibt halt nur die Nacht als Ausgangssperre. Der Steinmeier sagte, wir sollen vernünftig "bleiben"...

  • Darf ich anregen zunächst nicht immer eine Verschwörungstheorie von "Big Firework" zu suchen?

    Das mit dem Spezl in der Feuerwerkbranche ist vermutlich wirklich nicht der Grund dafür, dass die Richter in Niedersachsen, das niedersächsische Böllerverbot in erheblichem Umfang gekippt haben.

    Trotzdem bleibt die Frage offen, warum es denn gekippt wurde.

    Sie schreiben ja, dass die Richter möglicherweise die Abläufe im Krankenhaus so einschätzen, dass die Feuerwerk-Unfallverletzten für die Krankenhäuser keine große zusätzliche Belastung darstellen. Aber sie erwähnen auch das Beispiel mit den Anästhesisten, das zeigt, dass zusätzliche Unfallopfer durch Feuerwerks-Geschehen sehr wohl eine zusätzliche Belastung für die Krankenhäuser darstellen.

    Vielleicht haben Sie Recht: Die Richter wissen einfach zu wenig über die Abläufe in einem Krankenhaus in der Silvesternacht und haben deshalb das niedersächsische Böllerverbot in seiner ursprünglichen Fassung zu Fall gebracht. Die Ärzt*innen jedenfalls sind wie das gesamte Krankenhauspersonal stinksauer darüber, dass das Böllerverbot durch die Richter sabotiert wurde. Heute machten einige von ihnen sogar in Form von Leserbriefen auf die tatsächlich angespannte Situation in den Krankenhäusern aufmerksam.

    Und wie sieht das bei Ihnen in Nürnberg aus? Zunächst vermutete ich ja, dass aufgrund der nächtlichen Ausgangssperre in Bayern, die auch in der Silvesternacht gilt, keine zusätzlichen Verbote für das Abbrennen von Silvesterfeuerwerk notwendig seien.

    Auf der Internetseite in Franken.de heißt es jedoch:

    "Auch auf Privatgrund: Kommunen erlassen Böllerverbot für ganz Mittelfranken

    Die Kommunen haben ein Böllerverbot für ganz Mittelfranken erlassen. An Silvester und Neujahr gilt nun auch auf Privatgrundstücken ein Feuerwerksverbot."

    30.12.2020 auf inFranken.de https://www.infranken.de/lk/nuernberg/a…ken-art-5140238 (Danke an David Scott für den Link)

    Dieses mittelfränkische Feuerwerksverbot geht noch weit über das ursprünglich für Niedersachsen geplante hinaus. Denn in dem ursprünglich für Niedersachsen geplanten Feuerwerksverbot gab es noch das Schlupfloch, dass auf Privatgrund gezündete Feuerwerke, die zum Beispiel vom Vorjahr stammen, nicht von dem Verbot betroffen waren.

    Und wie ist das im restlichen Bayern? Mittelfranken ist doch nur ein Teil von Bayern.

    Auf jeden Fall begrüße ich das mittelfränkische Feuerwerksverbot und würde es mir auch für Niedersachsen wünschen. Die nächtliche Ausgangssperre in Bayern und BaWü wünsche ich mir allerdings nicht für Niedersachsen. Und bei der nächtlichen Ausgangssperre in Bayern und BaWü sehe ich anders als beim Feuerwerksverbot den Nachteil, dass damit ein für das Infektions-Geschehen unbedenklicher Spaziergang an der frischen Luft verwehrt wird. Zum besonderen Nachteil zum Beispiel der Menschen, die kein eigenes Grundstück haben, um sich mal die Beine im Freien vertreten zu können.

    Zumindest ist durch das Feuerwerksverbot in Mittelfranken jetzt geklärt, dass auch auf Privatgrund keine Feuerwerksereignisse stattfinden dürfen. Und das ist auch gut so.

  • Deswegen ist es im Interesse des Kontrollorgans, das ganze so zu gestalten, dass es auch einfach überprüfbar ist.

    Die Überprüfbarkeit hat Grenzen. Wichtiger als der Aspekt der Überprüfbarkeit erscheint mir der Aspekt, dass die Einsicht wächst, dass bestimmte Anordnungen notwendig sind, um die Pandemiegefahr einzudämmen.

    Und dass es notwendig ist die Intention bestimmter Anordnungen zu erkennen und umzusetzen.

    Die Kontaktbeschränkungen beispielsweise kannst du auch so einhalten, dass du im Verlauf des Neujahrtages zusammen mit deinem Lebenspartner oder Partnerin zehn Hausbesuche machst, um anderen Menschen zum Neujahrstag die Hand zu schütteln, oder sie zu umarmen und zu herzen. Solange das dann jeweils maximal fünf Menschen sind, die dabei zusammenkommen aus maximal zwei Haushalten, ist das vielleicht gerade eben so noch konform mit den geltenden Kontaktbeschränkungen. Zumindest den Buchstaben der Verordnung zufolge. Aber es widerspräche sehr der Intention der Kontaktbeschränkungen und ich hoffe sehr, dass möglichst viele Menschen, sich auch der Intention gemäß verhalten.

    Das wird aber nicht unbedingt einfacher dadurch, dass man in erster Linie darauf setzt, dass die Maßnahmen vor allem im Interesse der Kontrollorgane leicht überprüfbar sind.

    Mal ganz konkret: In der Silvesternacht trifft eine Polizeistreife auf drei Menschen, die gemeinsam einen Spaziergang machen.

    In Niedersachsen könnte bei der Gelegenheit von der Polizeistreife in einem freundlichen Ton auf die geltenden Kontaktbeschränkungen hingewiesen werden. Ggf. könnte durch Befragung oder nötigenfalls durch eine Ausweisüberprüfung festgestellt werden, dass es sich bei den drei Personen tatsächlich nur um Angehörige von zwei Haushalten handelt. In Bayern oder BaWü müssten die drei Personen festgenommen werden, weil sie gegen die nächtliche Ausgangssperre verstoßen haben. Oder was geschieht dann eigentlich genau? Personalienfeststellung, Verhängung eines Ordnungsgeldes? Aufforderung nach hause zu gehen?

  • Befragung, man kann ja durchaus legal unterwegs sein -> Arbeit, Hund, Pferd, Pflegebedürftige besucht ....

    Wenn Du das nicht glaubhaft darstellen kannst -> Verwarnung mit Geldstrafe und die Aufforderung den öffentlichen Raum zu verlassen.

  • Befragung, man kann ja durchaus legal unterwegs sein -> Arbeit, Hund, Pferd, Pflegebedürftige besucht ....

    Wenn Du das nicht glaubhaft darstellen kannst -> Verwarnung mit Geldstrafe und die Aufforderung den öffentlichen Raum zu verlassen.

    Beim Vorliegen eines Anfangsverdachts (kein Grund genannt oder genannter Grund nachweislich falsch oder genannter Grund aus Erfahrungswerten nicht gültig oder Verstrickung in Widersprüche oder deine Nase passt dem Beamten nicht) wird eine Anzeige über eine Ordnungswidrigkeit geschrieben. Dann kommt ein Anhörungsbogen, der im Wesentlichen die zuvor gestellten Vorwürfe wiederholt und auf den du als Beschuldigter genauso wenig antworten musst wie auf die Frage eine Polizisten, was du machst oder woher du kommst. Beim Ignorieren des Anhörungsbogen wird wohl in der Regel ein Strafbefehl über die jeweilige Standardstrafe (da Vorsatz schwer nachweisbar ist) ins Haus flattern. Den kannst du entweder bezahlen, dann ist die Sache erledigt, oder widersprechen, dann wird in der Regel ein Gerichtsverfahren folgen. In dem wird dann festgestellt werden, ob die Ansicht der Polizei oder deine jeweils zutreffen.

    Es gibt faktisch gesehen eigentlich keinen Vorteil, bei einer Kontrolle irgendetwas zu sagen, was über die Nennung der eigenen Personalien hinausgeht. Ich habe (in Bayern) in den letzten Wochen schon mehrfach von Kontrollen gelesen, bei denen absolut triftige (also wichtige und nicht aufschiebbare) Gründe vorlagen und vorgebracht wurden, aber dennoch eine Anzeige erstellt wurde - einfach weil der Diensthabende Polizist das anders gesehen hat. Gibt man hier bereits etwas zu Protokoll, kann im folgenden Verfahren auch ein Anwalt nichts mehr retten, weil man sich vielleicht unabsichtlich selbst belastet hat. Sagt man einfach nichts, kann man in aller Ruhe mit dem Anwalt besprechen, was man denn in der jeweiligen Zeit wirklich getan hat (die Polizei kann das in der Regel von sich aus nicht selbst beweisen) und wie man weiter vorgehen sollte (z. B. Vorbringen eindeutiger Beweise, die man bei der Kontrolle gar nicht bei sich haben konnte).

    Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass in der gesamten Verordnung immer nur steht, dass triftige Gründe vorliegen müssen, nie, dass man diese auch nennen müsste. Es ist ein bisschen wie beim Alkohol in der Verkehrskontrolle - wenn man sagt "ich habe ein Bier getrunken", dann folgt zwangsweise ein Alkoholtest (Anfangsverdacht erhärtet), wenn man einfach nichts oder "nein" sagt, dann muss die Polizei entscheiden, ob sie das Risiko eines invasiven Tests (Blutabnahme) ohne ausreichenden Anfangsverdacht eingehen will.

    Rein logisch betrachtet ist es auch aus Polizeisicht nahezu unmöglich, jemanden in dieser Hinsicht gerecht zu prüfen - sagt der Betroffene z. B., er versorgt seine kranke Mutter, müsste man ihm vielleicht 50 oder 100 km nachfahren, um zu beweisen, dass die Mutter gar nicht krank ist. Oder wenn er sagt, dass er arbeiten muss, müsste man ihn ebenfalls so lange observieren, bis er eindeutig mit einer Bierflasche zu sehen ist. Oder wenn er sagt, dass er Druck in der Brust hat, müsste man ihn ins Krankenhaus eskortieren, aber aus Datenschutzgründen würde man dennoch keine Rückmeldung vom behandelnden Arzt erhalten. Es ist also faktisch nicht möglich, korrekt zu kontrollieren.

    Dazu ist allein schon die Verordnung viel zu schwammig: z. B. wurde von Söder und auch anderen mehrfach erwähnt, dass Böllern an Silvester faktisch verboten sei, weil es kein triftiger Grund sei. Tatsächlich ergibt sich bei einem Blick in die Verordnung überhaupt kein explizites Böllerverbot. Die Liste der triftigen Gründe ist auch wörtlich als nicht abschließend und in beliebige Richtungen offen beschrieben (vgl. auch VGH München, Beschluss v. 28.04.2020 – 20 NE 20.849). Auf dem eigenen Grundstück ist das Böllern somit sowieso immer erlaubt, und auch auf öffentlichem Grund ist nicht klar, ob es verboten ist oder nicht; denn "triftig" ("sehr überzeugend, einleuchtend, schwerwiegend; zwingend, stichhaltig") ist das Böllern aus meiner Sicht im Blick auf die bisherigen jahre als Tradition an SIlvester/Neujahr durchaus, und unabwendbar in zeitlicher (Silvester ist nur einmal im Jahr) und örtlicher (im Haus darf/kann ich ohne Brandgefahr nicht böllern) Hinsicht ist es auch. Darüber hinaus ist das Abbrennen von zugelassenem frei verkäuflichen Feuerwerk durch Erwachsene, nüchterne Personen weder mit erhöhtem Verletzungsrisiko noch mit gesteigerter Infektionsgefahr in Verbindung zu bringen - das ist auch der Tenor des jüngsten Urteils des Augsburger VG und des Bayerischen VGH. Hier ist demzufolge klar, dass Söder auf Zeit spielt und versucht, möglichst vielen Leuten Angst zu machen - denn die Urteile werden ja erst dann zu erwarten sein, wenn Silvester längst vorbei ist. Dann hat er sein Ziel auch so erreicht, ohne sich rechtlich auf dünnes Eis zu begeben.

    Fazit des Ganzen: einen Blick in die Verordnung werfen statt auf die Presseerklärungen ihrer Verfasser, sich bei (enorm unwahrscheinlichen) Kontrollen nicht um Kopf und Kragen reden und einfach das tun, was sinnvoll und notwendig zur Eindämmung von Corona ist, und nicht das, was sich ein wildgewordener Amtsschimmel irgendwann mal ausgedacht hat.

    Fast vergessen: eine Aufforderung, sich aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, habe ich bisher noch nie gehört oder gelesen und würde mich auch stark wundern, weil Platzverweise normal auf einen bestimmten Ort beschränkt sind und eine unmittelbare Gefährdung bekämpfen müssen. Wenn du beim Spazierengehen oder im Auto auf öffentlichen Straßen kontrolliert wirst, ist ja nicht mal klar, wo die Gefährdung liegen soll bzw. ob überhaupt ein Vergehen vorliegt. Sowas käme z. B. nur dann in Betracht, wenn ein illegaler Glühweinstand mit Menschentraube davor aufgelöst werden würde, aber nicht bei Kontrollen einzelner.

  • Beitrag von krapotke (30. Dezember 2020 um 23:02)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (5. Januar 2023 um 10:26).
  • Wenn Du mit deiner Frau mit einem Plastikbeutel und einer Leine hinterher rennst, zählt das vielleicht auch

    Einspruch! Das reklamiere ich jetzt mal für Hannover:

    "Es ist ein alter Witz, wenn gefragt wird, wo Männer ihre Frauen an der Leine spazieren führen. Und „Hannover“ als Antwort ist altbekannt."

    Quelle: Schaunburger Nachrichten vom 16.1.2014

    https://www.sn-online.de/Aus-der-Region…en-an-der-Leine

    Hintergrund für alle die Hannover so ganz und gar nicht kennen: Durch die Stadt fließt ein Fluss. Und der heißt "Leine".

  • Strafbefehl? Hab ich was verpasst? Das Geldbußen aufgrund von Verstößen gegen Coronaverordnungen (OWi) ausgesprochen werden können ist mir bekannt. Aber das hier plötzlich auch Straftaten im Raum stehen sollen.

    Sorry, ich war zu faul nachzuschauen, wie das Ding heißt, das man da bekommt, diese Ordnungswidrigkeiten-Zahlungsaufforderung eben, die mit Rechtsbehelf versehen ist, gegen den man dann Widerspruch einlegen kann und erst dann geht es vors Gericht. Ich habe wohl an § 46 OWiG gedacht, dass sich Strafverfahren und Ordnungswidrigkeitenverfahren allgemein ähneln. Der richtige Begriff ist der Bußgeldbescheid, § 65 OWiG. Der Widerspruch ist in § 67 OWiG geregelt und orientiert sich auch da an der Strafprozessordnung.

  • Oder wenn er sagt, dass er Druck in der Brust hat, müsste man ihn ins Krankenhaus eskortieren, aber aus Datenschutzgründen würde man dennoch keine Rückmeldung vom behandelnden Arzt erhalten. Es ist also faktisch nicht möglich, korrekt zu kontrollieren.

    Das mit dem Druck in der Brust finde ich am besten. Es gibt tatsächlich im Stadtteil ein Krankenhaus und die Entfernung ist ausreichend für einen Spaziergang aber nicht so groß, dass es völlig unglaubwürdig wäre, wenn man trotz einem Druck in der Brust dort zu Fuß hingeht. Alternativ kann es ja auch eine Verbrennung*) sein, so was ist nicht unbedingt sichtbar.

    Wie schätzt du das mit dem Böllerverbot in Mittelfranken ein?

    In der Frankenpost vom 30.12.2020 war zu lesen: "Nach dem Erlass eines flächendeckenden Böllerverbots in Mittelfranken sind am Verwaltungsgericht Ansbach bis zum Mittwochabend 13 Eilanträge gegen die Verordnung eingegangen. Das betreffe insbesondere die Verbote in Ansbach, Erlangen und Nürnberg sowie in den Landkreisen Roth, Erlangen-Höchstadt und Ansbach, sagte ein Gerichtssprecher. Eine Entscheidung wollte das Gericht am Donnerstag, dem Silvestertag, bekanntgeben."

    https://www.frankenpost.de/inhalt.bayern-…e110800083.html

    Was werden wir da am Silvestertag wohl für ein Urteil erwarten dürfen?

    * ) Für die Silvesternacht wäre "Verbrennung" natürlich nicht so günstig!

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (31. Dezember 2020 um 02:51) aus folgendem Grund: Zusatz zu Verbrennung

  • Habe gerade die Entscheidung über den Eilantrag des Ansbacher Verwaltungsgerichtes über das Böllerverbot in Nürnberg gelesen: "Danach dürfen die Antragssteller Feuerwerk auf ihrem privaten Grundstück an Silvester und Neujahr zünden (Az.: AN 15 S 20.2909). Abgesehen von dieser Ausnahme gilt nach Angaben der Stadt Nürnberg jedoch "weiterhin ein Feuerwerksverbot auf öffentlichen und privaten Flächen für den Donnerstag, 31. Dezember 2020 und den Freitag, 1. Januar 2021, im Stadtgebiet Nürnberg". Das Abbrennen von Feuerwerk ist damit "auf allen öffentlichen und privaten Flächen verboten, also auch im Garagenhof oder im Garten", so die Stadt. Nur die Antragssteller dürfen ein Feuerwerk zünden.

    (...)

    In Mittelfranken hatten Kommunen ein Böllerverbot an Silvester und Neujahr beschlossen, das auch in privaten Gärten oder auf Balkonen gilt."

    Internetseite nordbayern vom 31.12.2020, 13:25

    https://www.nordbayern.de/region/nuernbe…eich-1.10722687

    Ich habe einfach grundsätzlich ein Problem damit, wenn Freiheiten eingeschränkt werden, ohne dass es irgendeine Evidenz für die Effektivität der Maßnahmen gibt.

    Da möchte ich mal ergänzen: Ich finde es ganz besonders problematisch, wenn bei Maßnahmen, die zu einer Vermeidung der Ansteckungsgefahr beitragen, diejenigen Sonderrechte erhalten, die über ein eigenes Grundstück verfügen. So wie es hier geschehen ist. Da gibt es Leute, die wollen auf ihrem Grundstück Feuerwerk machen. (Woher haben die eigentlich die Raketen und Böller? Verkaufsverbot umgangen? Alle fachgerecht eingelagert vom letzten Jahr übrig, weil ein echter "Prepper" ja für solche Fälle vorsorgt?)

    Und die bekommen vor Gericht damit auch noch durch. Anscheinend ohne Auflagen. Wer in seinem Vorgarten Silvesterraketen abbrennt, der macht die Leute neugierig und verleitet sie dazu, trotz Versammlungsverbot sich dort zu versammeln. Um genau das zu verhindern, wurde ja das Böllerverbot ausgesprochen.

    Und die Verletzungsgefahr inklusive zusätzliche Belastungen für die Krankenhäuser besteht ebenfalls unabhängig davon, ob die Böller auf öffentlichem oder privaten Grund abgebrannt werden.

    Diese "priviligierte Sondergerichtsbarkeit" für die besitzende Klasse ist einer demokratischen Gesellschaft unwürdig. Das erinnert mich sehr an das Dreiklassenwahlrecht im Deutschen Kaiserreich.

    Zumindest hat das Ansbacher Gericht nicht pauschal allen Grundstücksbesitzern diese Sonderrechte zugesprochen, sondern nur denen, die gegen das Böllerverbot Einspruch eingelegt hatten. Und falls die es jetzt tatsächlich wagen, von ihren Sonderrechten Gebrauch zu machen, dann halte ich eine gewisse zivilgesellschaftliche Missbilligung durchaus für angemessen.

  • ...diejenigen Sonderrechte erhalten, die über ein eigenes Grundstück verfügen...

    Würd ich so nicht sagen. Anscheinend hätte das Böllerverbot, so wie es angeordnet wurde, einfach nicht angeordnet werden dürfen? Ich glaube nicht, dass das Gericht "Sonderrechte" vergibt, sondern die Einschränkung von Rechten, die nicht eingeschränkt hätten werden dürfen, für ungültig erklärt. Ich find das eigentlich gut - ganz unabhängig davon, was ich persönlich von der Klage halte.

    Aber RWBP-Klagen erscheinen anderen vermutlich ebenfalls völlig überflüssig...

  • Diese "priviligierte Sondergerichtsbarkeit" für die besitzende Klasse ist einer demokratischen Gesellschaft unwürdig. Das erinnert mich sehr an das Dreiklassenwahlrecht im Deutschen Kaiserreich.

    Was für ein gequirlter Blödsinn. Das Grundrecht auf Eigentum ist wie ein paar andere Grundrechte der persönlichen Freiheit aufgrund von eher unschönen Erfahrungen in 1-3 Unrechtsstaaten auf deutschem Boden entstanden.

    Hoffentlich gehen Sie wenigstens mit gutem Beispiel voran und stellen jeglichen Besitztum auch der Allgemeinheit zur Verfügung, Genosse. Ich bräuchte btw. mal Ihr Fahrrad.

  • Das Grundrecht auf Eigentum ist auch im demokratischen Deutschland verknüpft damit, die daraus abzuleitenden Konsequenzen fortwährend politisch auszuhandeln. Wer in dieser Diskussion damit vorprescht dieses Grundrecht auf Eigentum absolut zu setzen und sich daraus alle möglichen Vorteile ableitet, der lässt schnell durchblicken, dass er aus Sicht einer völlig rücksichtslos agierenden besitzenden Klasse argumentiert.

    Und wenn es in einer Verordnung darum geht, die einmal im Jahr bestehende Sondererlaubnis der Silvester-Böllerei und das Silvesterraketen-Abschießen auszusetzen und zwar auch auf Privatgrundstücken auszusetzen, dann werden hier keine Freiheitsrechte von Grundstückseigentümern verletzt.

    Wenn aber wer meint, trotzdem gegen eine solche behördliche Anordnung gerichtlich vorgehen zu müssen, dann ist er da einzuordnen, wo er hingehört, nämlich als Angehöriger einer einer völlig rücksichtslos agierenden besitzenden Klasse.

    Schließlich kannst du auch das ganze übrige Jahr auf deinem Balkon oder in deinem Garten keine Böller zünden oder von dort Silvesterraketen anschießen.

    Würdest du das ebenfalls als Einschränkung des Grundrechtes auf Eigentum bezeichnen?

  • Hoffentlich gehen Sie wenigstens mit gutem Beispiel voran und stellen jeglichen Besitztum auch der Allgemeinheit zur Verfügung, Genosse. Ich bräuchte btw. mal Ihr Fahrrad.

    Aber gerne Genosse Julius: Tatsächlich unterstütze ich durch meine Kirchenmitgliedschaft genau ein solches Projekt, das du da beschreibst:

    "Wer ein Rad braucht, nimmt es sich, und stellt es später wieder ab, wo es der Nächste brauchen kann“, erklärt Behrla das einfache Prinzip. Oft kämen die Fahrräder am Bahnhof zum Einsatz, aber auch nach einer Fete, einem Disko- oder Kneipenbesuch. Bemerkenswert: Die Zahl der Fahrraddiebstähle in Emsdetten geht seit dem Kolping-Engagement deutlich zurück – von 918 in 2009 auf 598 im vorigen Jahr." in: Kostenlose Fahrräder für alle, Kirchenzeitung für das Bistum Osnabrück vom 23.10.2014

    https://www.kirchenbote.de/content/kosten…aeder-fuer-alle

  • Wenn aber wer meint, trotzdem gegen eine solche behördliche Anordnung gerichtlich vorgehen zu müssen, dann ist

    das sein gutes Recht.

    Tatsächlich unterstütze ich durch meine Kirchenmitgliedschaft genau ein solches Projekt,

    Nenene, ich rede nicht von einem Rad, ich rede konkret von Ihrem Rad. Sie stellen mit Ihrem Geschwafel doch gerade das Recht auf Eigentum zur Disposition.

  • das sein gutes Recht.

    Nenene, ich rede nicht von einem Rad, ich rede konkret von Ihrem Rad. Sie stellen mit Ihrem Geschwafel doch gerade das Recht auf Eigentum zur Disposition.

    Um das nochmal klar zu stellen: Eine staatliche Behörde setzt die Sondererlaubnis an Silvester F2-Feuerwerk zu zünden außer Kraft. Und das nicht nur auf öffentlichem Gelände sondern auch auf Privatgelände. Grund: Unkontrollierte und unkontrollierbare größere Menschenansammlungen sollen vermieden werden. Ebenso soll die Unfallgefahr reduziert werden, die mit dem Abbrennen von Feuerwerk einhergeht.

    Beide Gefahren bestehen sowohl beim Abbrennen von Silvesterfeuerwerk auf öffentlichen Straßen und Plätzen, als auch beim Abbrennen von Silvesterfeuerwerk auf Privatgelände.

    Das Gericht gibt den Klägern recht: Sie dürfen ihr ganz privates Feuerwerk auf ihrem privaten Grundstück abbrennen. Und dazu sage ich: Hier wird das Recht auf Eigentum weit überdehnt. Und diejenigen, die da klagen bezeichne ich nicht als "Freiheitskämpfer für das Recht auf Eigentum", sondern als selbstsüchtig und Leute, die nicht bereit sind anzuerkennen, dass Eigentum auch Verpflichtungen mit sich bringt. Die sind für mich kein Deut besser als zum Beispiel Autofahrer, die ihr Fahrzeug mit allen möglichen Tricks und Machenschaften so frisieren, dass sie damit mit dröhnenden Motoren und knallenden Fehlzündungen durch Innenstadtstraßen heizen.

    Klar ist es sein gutes Recht, wenn wer dagegen klagt, dass er von seinem Grundstück aus Böller und Silvesterraketen abschießen darf. Meinetwegen kann er auch dagegen klagen, dass das an 364 Tagen im Jahr verboten ist und er darf verlangen, dass er nicht nur an Silvester, sondern das ganze Jahr über böllern darf. Aber deshalb muss ich das noch lange nicht gutheißen. Und ein Gerichtsentscheid, der dem Kläger Recht gibt, den muss ich auch nicht gutheißen.

    Dieses Pochen auf angebliche natürliche mit dem Grundeigentum verbundenen Freiheitsrechte, bewirkt im ungünstigsten Fall eine Gesellschaftsordnung, wie sie im Kaiserreich durch das Drei-Klassen-Wahlrecht zementiert war. Bei Kommunalwahlen übrigens war es damals so geregelt, dass einfache Bürger ohne Grundeigentum nicht wahlberechtigt waren.

    Im demokratischen Deutschland gilt der Grundsatz: Eigentum verpflichtet. Wozu Eigentum alles verpflichtet ist ein ständiger politischer Prozess, in dem das immer wieder ausgehandelt wird. Diejenigen Parteien, die sich in einem hohen Maße der besitzenden Klasse verpflichtet sehen, betonen gerne und häufig, dass diese Verpflichtungen nicht zu weit gehen dürften. Und sie malen dann gerne das Schreckbild des totalitären Staates an die Wand, um dagegen zu polemisieren, dass Eigentum auch Verpflichtungen mit sich bringt.

    Ich finde, es absolut gerechtfertigt, dass man Grundeigentümer dazu verpflichtet, an Silvester keine F2-Böller und F2-Raketen auf ihrem Grundeigentum anzuzünden, wenn das auch auf öffentlichen Plätzen und Straßen verboten ist. Das ganze Jahr über nicht und an Silvester eben auch nicht. Die Dinger sind laut, sie verpesten die Umwelt, sie machen Dreck und sie sind so gefährlich, dass es damit immer wieder zu Unfällen mit Personen- und Sachschäden kommt. Und da reicht es nicht aus, das Abbrennen auf öffentlichen Straßen und Plätzen zu verbieten, sondern da ist auch ein Verbot auf privatem Grundeigentum absolut gerechtfertigt. Wenn du meinen übrigen Ausführungen nicht folgen magst, vielleicht sind wir uns ja wenigstens in diesem letzten, kursiv geschriebenen Absatz einig? Vor allem auch im Hinblick auf die möglichen Sachschäden, die dann ja auch im erheblichen Umfang das Eigentum anderer schädigen können.

    (Hinweis: F2-Feuerwerk ist Feuerwerk, das nur an ganz wenigen Tagen im Jahr zu Silvester an Privatpersonen verkauft werden darf. F1 Feuerwerk sind solche Sachen wie Knallerbsen und Wunderkerzen, die dürfen das ganze Jahr verkauft werden. Und F3 und F4-Feuerwerk darf nur an dafür zertifizierte spezielle pyrotechnische Betriebe verkauft werden.)