18. April: Liberaler Abend: Stau, Stress und hohe Kosten

  • Dem Titel entnehme ich, dass die Gesamtproblematik des Hamburger Straßenverkehrs eher aus der Perspektive betrachtet wird, warum man denn den Verkehrsfluss nicht verbessert, um noch mehr Autos durch die Stadt zu schleusen. Mal sehen, ob die FDP auch alternative Konzepte anbietet.

  • Mal schauen ob ich's hinschaffe. Ich wollte der FDP schon immer mal'n bösen Spruch an Kopf schmeißen.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • 18.50 Uhr

    Ich hatte eigentlich schon einen Witz vorbereitet: Woran erkennt man eine FDP-Veranstaltung im Bobby Reich?

    Am Parksuchverkehr höherpreisiger Kraftfahrzeuge in der Fahrradstraße Harvestehuder Weg.

    Ist aber dreist gelogen, die höherpreisigen Kraftfahrzeuge hatten eher wenig mit der FDP zu tun, zu der Veranstaltung hatten sich bei diesem Wetter mit mir nur 13 Personen eingefunden. Das ist schon beinahe ein wenig traurig. Die werden wohl eher nicht mit Dutzenden Kraftfahrzeugen den Verkehr im Harvestehuder Weg lahmgelegt haben.

    Ansonsten ist es schon ein bisschen klischeehaft, sowohl von der Kleidung als auch von der Getränkeauswahl. Andererseits: Den Grünen sieht man ihre Parteizugehörigkeit auch sofort an. Dennoch hallt sofort der Begriff der „Partei der Besserverdienenden“ im Kopf herum, wenn man sich das Publikum so anschaut.

    Ich schleppe natürlich Brompti mit rein, was beim Publikum tatsächlich ein gewisses Interesse auslöst: „Ist das ein Faltrad?“ (ja), „Darf ich mal probefahren?“ (bestimmt nicht), „Ist das ein echtes Brompton?“ (???)

    Naja.

    19.00 Uhr

    Man wartet noch ein bisschen ab, ob sich noch weitere Mitglieder einfinden. Ansonsten hatte ich mit meinem einleitenden Witz schon ein bisschen recht, einige der Anwesenden unterhalten sich über den Fahrradwahnsinn am Harvestehuder Weg, weswegen sie mit ihren Autos im Stau standen, und überhaupt, dieser Stau, man kommt mit dem Auto kaum noch irgendwo hin.


    Wieder nähert sich jemand meinem Faltrad, möchte Konservation betreiben, aber wir finden mit unseren Themen nicht so ganz zueinander. Ob ich häufiger um die Alster führe, fragt er mit dem Zeigefinger in Richtung Brompti, das wäre bei dem Wetter sicherlich ein großer Spaß. „Klar“, antworte ich, was einigermaßen gelogen ist, weil ich eigentlich eher selten im Kreis fahre, aber das muss er ja nicht wissen. Ist aber eh egal, er ist eher der Jogger-Typ und schlägt den Bogen zum Verkehrsthema des heutigen Abends ganz elegant: Er könne nicht mehr um die Alster joggen, weil er keinen Parkplatz fände. Naja.

    19.15 Uhr

    Nach einer kurzen Einleitung geht’s los. Ewald Aukes berichtet von seiner Arbeit.

    Parallel dazu geht eine Teilnehmerliste herum.

    Das Thema „Verkehr“ wäre eines der zentralen Themen der FDP-Politik und wird künftig ein wahlentscheidendes Thema bleiben.

    Zitat von Herrn Tjarks: „Autofahren und Parken in der Innenstadt soll, das ist unser Ziel, wesentlich unattraktiver gemacht werden.“ Die Liberalen hätten einen anderen Ansatz: Überzeugen statt bevormunden. Das müsse auch für die Verkehrspolitik in Hamburg gelten.

    Man wäre gegen die von Rot-Grün implementierte Benachteiligung der Autofahrer, man dürfe nicht nur auf eine Fahrradstadt hinarbeiten. Menschen sollten freiwillig einsehen können, das der Individualverkehr in Hamburg reduziert werden müsse.

    Man könne nicht mehr weitermachen wie bisher, man müsse den Individualverkehr künftig reduzieren. Man könne neue Wohnungen bauen, aber der Platz auf den Straßen wäre endlich. Nur wenn das gelänge, könne der Verkehr in Zukunft ordnungsgemäß fließen. Momentan wäre Hamburg Stauweltmeister, das gelte es zu verhindern.

    Man könne das nicht ändern, indem man den Menschen das Autofahren verbiete. Das wäre mit der FDP nicht machbar.

    Die Anzahl der Autos wäre um 60.000 gestiegen, die Anzahl der Radfahrer um zwei Prozent gesunken.

    Rot-Grün führe keine zukunftsorientierte, keine langfristige Verkehrsplanung. Momentan habe nur der kleine Koalitionspartner eine Verkehrspolitik, nämlich den Individualverkehr zu verbieten.

    Er bemängelt die mangelnde Baustellenkoordination der Stadt Hamburg, es gäbe noch nicht einmal einen 24-Stunden-Betrieb auf den Hauptverkehrsstraßen. Nicht einmal auf der Mega-Baustelle an der A7 würde rund um die Uhr gearbeitet. Es müsste den Baufirmen Anreize für schnelle Ausführungen der Baumaßnahmen geboten werden, wie es Schwarz-gelb in anderen Ländern ausführe.

    Thema Radverkehr: Man könne den Radverkehr nicht fördern, indem man die Radwege auf die Fahrbahn verlege, damit schlösse man ältere Menschen vom Radfahren aus. Außerdem dürfe der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur nicht immer zu lasten des Kraftverkehrs gehen, Autofahrer dürften nicht mehr benachteiligt werden. Daraus resultierende Maßnahmen wie das Rechtseinordnen zum Linksabbiegen für Autofahrer am Siemersplatz wären Schildbürgerstreiche.

    Die FDP fordert erneut intelligente Ampeln, die sich automatisch auf das jeweilige Verkehrsaufkommen einstellen.

    Fahrverbote und flächendeckende Tempo-30-Zonen darf es im Grunde genommen in Hauptverkehrsstraßen nicht geben. In vielen Straßen würde nachts Tempo 30 angeordnet, so dass der Verkehr sich staut und es nicht leiser wird.

    Thema Luft: Die Regelung der EU beinhalte genaue Angaben zur Messung der Schadstoffe, die Stationen müssten einen bis 25 Meter Abstand zu den Straßen halten. In Hamburg würde aber direkt an der Straße gemessen, so dass nun die Max-Brauer-Allee und die Stresemannstraße für Dieselfahrzeuge gesperrt werden sollen. Man wisse aber immer noch nicht, wie solche Fahrzeuge erkannt und kontrolliert werden sollen. Außerdem könne man sich einfach herausreden indem man vorgibt, ein Anliegen zu haben. Noch absurder wäre es, dass von der Max-Brauer-Allee 650 Meter gesperrt werden und die Umleitung 1,2 Kilometer lang. An der Umleitung würden allerdings keine Schadstoffe gemessen.

    Die Deutsche Umwelthilfe, die von der Bundesregierung mit 600.000 Euro (???) gefördert würde, wird auch in Hamburg weiter klagen und die Situation für Autofahrer verschlimmern.

    Eine Maßnahme zur Luftreinhaltung wäre ein kostengünstiger, attraktiver ÖPNV. Stattdessen wurden erst einmal alle P+R-Häuser kostenpflichtig gemacht, die Begründung wäre gewesen, dort Fremdparker zu vergrämen.

    Eine S-Bahn-Station in Neuwiedenthal mit einem großen P+R-Haus wäre abgelehnt worden, man baue stattdessen eine S-Bahn-Station in Ottensen an der Haustür von Herrn Tjarks.

    Er bemängelt, dass andauernd FDP-Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrssituation abgelehnt würden, dann zwei Wochen später von der Regierung selbst eingebracht würden.

    2.000 Parkplätze wären in den letzten Jahren vernichtet worden, so dass der Parksuchverkehr immer weiter ansteigt. Stattdessen, das wäre der Hammer, wolle man in St.-Pauli 4.000 Parkplätze in eine Anwohnerparkzone umwandeln. Wo sollen die ganzen Gäste parken? Das wäre nicht nur Gewerbetreibende, sondern auch dem Tourismus schaden. Rot-Grün habe keine Vorstellung, was man mit dem Stadtteil anrichte.

    Die FDP habe sich für eine Beibehaltung der Stellplatzverordnung für Neubauten eingesetzt. 80 Prozent der Wohnungen würden dennoch mit Stellplätzen gebaut, Stellplätze brächten nämlich sechs Prozent Rendite und wirkten sich nicht auf die Mieten aus. Martin Bill möchte die Verordnung natürlich abschaffen, um das Autofahren zu vermiesen. Die Grünen machten daraus noch nicht einmal ein Geheimnis.

    Die FDP wolle den Parkplatzmangel bekämpfen, indem die P+R-Gebühren abgeschafft werden. Die Stellplatzpflicht müsse wieder eingeführt werden, denn zu einer Immobilie gehöre ein Parkplatz allein wegen der Rendite dazu. Es dürften nicht andauernd Parkplätze vernichtet werden.

    Zum ÖPNV: Die FDP setze sich ganz intensiv für eine Verringerung der Taktzeit ein, mit der derzeitigen Technik wären auch zwei Minuten täglich anstatt der momentanen fünf bis zehn Minuten. Dazu müsste aber das entsprechende Wagenmaterial angeboten werden. Hamburg habe aber in den letzten Jahren vergessen, neues Wagenmaterial zu bestellen. Die Wagen, die 2018 bestellt werden, wären erst 2024 auf der Schiene.

    Man könne immer noch nicht an allen Fahrkartenautomaten mit Karte bezahlen. Außerdem gäben die Automaten kein Rückgeld, wenn man eine Fahrkarte für 3,20 Euro mit der Karte bezahlt, bekäme man kein Rückgeld (???).

    Die FDP wäre aber keine Autofahrerpartei, man wäre eine Partei mit einer Verkehrspolitik, die alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen bedenkt.

    19.47 Uhr: Fragestunde

    Frage 1: Mit welcher Frechheit, einer Unverschämheit ersten Grades hat die Regierung die Stellplatzverordnung aufgehoben? Der Fragesteller wohne in einer wunderschönen Straße, aber überall parkten Autos. Überall wären Radfahrer unterwegs, beim Ausparken, beim Abbiegen müsse man immer auf Radfahrer achten, man bekäme Fäkalien und sonstige Wörter zu hören. Weitere Ausführungen zur Bundesregierung.

    Antwort 1: Der Themenbereich Verkehr werde immer ideologisch angegangen. Rot-Grün wolle bestimmte Tatsachen nicht sehen, beispielsweise die Tatsache, dass 60.000 Fahrzeuge dazukommen. Man wolle dennoch die Autos aussperren. Offenbar gäbe es aber viele Menschen, die sich so etwas wünschen, die Grünen wären in den Umfragen gerade an der CDU vorbeigezogen, die Menschen wünschen sich so etwas, weil sie die Folgen nicht abschätzen können. Viele Handwerksbetriebe mit Dieselmaschinen müssten schließen.

    Man dürfe die Leute nicht zwingen aufs Auto zu verzichten, man müsse den Menschen Anreize bieten, auf das Auto zu verzichten.

    Weitere Ausführungen zur Sicherheit in U- und S-Bahn.

    Die FDP habe den Antrag gestellt, die U- und S-Bahnen nachts durchfahren zu lassen. Das hätte die Regierung abgelehnt, deswegen führen junge Leute auch am Wochende mit dem Auto, denn sogar am Wochenende führen nur die Busse durch. Widerspruch, das stimmte nicht. Doch, nur die Busse führen nachts durch.

    Frage 2: Die leidige Fahrradgeschichte wäre wohl nicht mehr aufzuhalten sein. Das Verhalten der Radfahrer wäre aber unter aller Sau, morgens an der Mundsburger Brücke kämen andauernd 30 Radfahrer, von denen 20 immer schwere Verkehrswidrigkeiten begingen. Es müsse eine Erhebung geben, in der die Ordnungswidrigkeiten der Radfahrer aufgelistet werden. Viele Radfahrer verhielten sich schlimm im Straßenverkehr und müssten Punkte in Flensburg bekommen. Zustimmendes Gelächter.

    Außerdem: Wie soll man den Leuten einen Anreiz bieten, auf ÖPNV umzusteigen, wenn die Preise wieder erhöht würden?

    Frage 3: Einschlägige Thesen zu der Narrenfreiheit der Radfahrer.

    Frage 4: Es wäre unfassbar, was die Radfahrer veranstalten. Auf der Fuhlsbüttlerer Straße führe niemand auf dem Radweg, alle wären auf dem Gehweg unterwegs. Die Radfahrersituation wäre vollkommen unbeaufsichtigt. Und so weiter und so fort. Ich spare mir die Notizen.

    Außerdem: Wenn die Grünen alle Autos aussperren sollen, was soll den passieren, wenn man seine Frau zum Arzt fahren muss? Dann müsse man eben auf dem Radweg parken.

    Frage 2: Die Grünen hätten eine Veranstaltung „HVV für Lau“ abgehalten. Das koste den Steuerzahler 800 Millionen Euro im Jahr. Man möge sich selbst überlegen, ob das sinnvoll wäre.

    Zu Radfahrern: Radfahrer sind auch Autofahrer, auch Fußgänger, es wären aber vor allem jüngere Leute, die dort durch die Gegend fahren. Man solle sich bei der Radverkehrsinfrastruktur bei den nordischen Ländern orientieren und wenigstens an den Velorouten (die er für Fahrradautobahnen hält) sollte eine vollständige Trennung des Rad- und Kraftverkehrs eingebaut werden.

    Meine Frage: Wenn man diese abgetrennte Infrastruktur bauen wollte, woher sollte der Platz kommen? In den Planungen, die ich mir regelmäßig anhöre, wären derartige Ideen zugunsten von Fahrstreifen und Parkplätzen verworfen worden. Außerdem würden sich die meisten Anwesenden in Kopenhagen umgucken: Da wären Fahrstreifen in breite Radwege umgewandelt worden, die Parkhäuser wären selbst außerhalb des Stadtzentrums erheblich teuer, die direkte Innenstadt teilweise stark verkehrsberuhigt.

    Antwort: Man könne nicht überall diese abgetrennte Infrastruktur bauen, aber an vielen Straßen wäre problemlos Platz. Stattdessen wollten die Grünen den Lieferverkehr mit Lastenrädern auf 50 Prozent erhöhen, da würden dann die Amazon-Bestellungen der ganzen jungen Leute (er zeigt auf mich) auf dem Fahrrad quer durch die Republik transportiert. „Oder gleich auf Eselkarren!“, zwei Anwesende machen Eselgeräusche und werden zur Ordnung gerufen, allerdings macht der Esel auch eher „I-Ahh“ und nicht „Oink“. Irgendwie gelang der FDP dann noch der Kniff, den ausufernden Radverkehr mit Kommunismus in Verbindung zu bringen, an den ich mich in meinem Alter vermutlich nicht erinnern könne. Wir machen noch einen Umweg zur Hudtwalckerstraße und zur Martinistarße, dann gebe ich auf: Man will irgendwie diese Protected Bike Lane, obwohl man gleichzeitig den Kraftverkehr nicht hinsichtlich des Platzes einschränken möchte. Dieser Widerspruch wird heute Abend nicht aufgelöst.

    Frage 4: Was gibt es denn für Alternativen zum Fahrradstreifen?

    Antwort: Es gibt in Hamburg viele vierstreifige Straßen, wo rechts und links nur Autos parkten. Dort könnte unter der Beibehaltung von Parkplätzen diese Streifen aufgetragen werden. An vielen anderen Straßen wäre links und rechts der Fahrbahn Platz für Fahrradinfrastruktur. Man lege die Radwege auf die Straße, weil man einen anderen Gedanken dahinter habe.

    Frage 5: Es wäre die Martinistraße erwähnt worden. Dort wäre das Radfahren nicht angenehm. Die CDU reduziere das Problem auf die Parkplatzvernichtung, das müsse die FDP nicht auch machen. Radverkehrsinfrastruktur wäre nicht schlecht, das könne man fördern. Wenn für die Anwohner die Parkplätze entfallen, wie kämen die Anwohner damit zurecht? Außerdem diverse andere Themen.

    Frage 6: Kopenhagen und Hamburg wäre nicht vergleichbar, Kopenhagen wäre viel kleiner, aber in den Innenstädten wären Fahrverbote, dort gäbe es nur Lieferverkehr. Das wäre vergleichbar, als wenn man den Kraftverkehr im Ring 1 aussperre.

    Frage 7: Den Fahrradschwachsinn könne man im Harvestehuder Weg sehen. Es gab einen riesig breiten Fahrradweg, nun wird der Radweg auf die Straße verlegt. Die Radfahrer führen weiterhin auf dem Gehweg, die Fahrradstraße müsse man wieder zurückbauen.

    Frage 8: Hamburg wäre eine Metropolregion mit über fünf Millionen Menschen. Man hat leider vor fünfzig Jahren die Stadtautobahnen nicht gebaut, so dass der Verkehr nun durch die Innenstadt führe. Der komplette Verkehr müsse über die Stresemannstraße fahren.

    Antwort: Den Autobahnring könne man wohl vergessen, das wollten die Menschen nicht mehr.

    Zur U5: Auch bei der epochalen Planung der U5 wird alles über den Hauptbahnhof geführt. Warum fährt man mit der U5 nicht einfach von Steilshoop nach Osdorf? Die FDP habe als einziger im Verkehrsausschuss gegen die Planung der U5 gestimmt, die CDU habe sich enthalten. Nicht einmal Thering hätte dagegen gestimmt. Die könnten alle nicht rechnen.

    Frage 9: Wie positioniert sich eigentlich die FDP im Land und im Bund zu der Idee, ein alternierendes Fahrverbot anhand der Kennzeichen einzuführen?

    Antwort: Dann kaufen sich die Menschen ein zweites Auto, so dass sie ein gerade und ein ungerades Kennzeichen haben.

    Frage 10: Die Autos müssten ja nun irgendwie von der Straße verschwinden, allein wegen der Umwelt. Wie solle das geschehen, beziehungsweise wie soll alles umweltfreundlicher werden.

    Antwort: Die Euphorie mit dem Elektroauto wäre ein ganz großes Problem für diese Stadt, denn das derzeitige Stromnetz wäre nicht für das Laden so vieler Autos gar nicht möglich. Erst müsste das Netz ausgebaut werden, dann könnten die Autos kommen.

    Frage 11: Was wäre mit der Idee, Dieselfahrzeuge höher zu besteuern?

    Antwort: Das ist nicht das Thema der FDP, dazu könnten Sie die Grünen fragen.

    Frage 12: Es würde immer über SUVs gesprochen. Diese Autos sind für ältere Menschen hervorragend geeignet. Es fährt doch keiner aus Spaß mit dem SUV herum, warum sollten die Menschen, die auf ihr SUV angewiesen sind, mit höheren Steuern bestraft werden?

    Große Aufregung.

    Frage 13: Geschichten vom Radfahren in anderen Ländern, wo es keine Radfahrer gibt oder sich die Radfahrer besser verhalten. Warum sind ausgerechnet in Deutschland die Radfahrer so aggressiv? Der Harvestehuder Weg wäre der allergrößte Schwachsinn, der größte Wahnsinn, dort wären so viele Autos und der wunderbare Radweg wäre komplett vernichtet worden. Jetzt bricht sich der Fahrradwahn auch noch in der Bellevue Bahn! Was für ein Wahnsinn! Und so weiter und so fort.

    20.55 Uhr: Ende der Fragestunde, nun folgt die offene Runde.

    Jetzt kommen die unangenehmen Themen. Ein Teilnehmer bekennt, Radfahrer besonders dicht zu überholen und zu schneiden, wenn trotz Radweg auf der Straße gefahren wird. Die Aggressivität der Radfahrer wäre ein großes Problem, dort würde ohne Rücksicht kreuz und quer gefahren und andere Menschen gefährdet. Wer nicht hören wolle, müsse eben fühlen.

    Der Wirt habe Bedenken geäußert, ob eine Veranstaltung zum Thema Verkehr eine gute Idee wäre, bei einer ähnlichen Veranstaltung zum Verkehrsthema wären Stühle und Tische durch die Gegend geflogen.

    Ich verschwinde mal — die obligatorischen Stammtischweisheiten gegenüber des Radverkehrs kann ich in Ruhe in Morgenpost und Abendblatt nachlesen. Man merkte bei meiner Frage eben doch, dass ich schnell als Fremdkörper in dieser Runde erkannt wurde, das muss ich dann auch nicht übermäßig strapazieren. Andererseits: Bevor ich gehen durfte, mussten erst noch mal ein paar Leute Brompti anfassen und hochheben. So groß ist die Neugierde dann doch. Auch die „Oink“-, beziehungsweise „I-Ah“-Spezialisten verabschiedeten sich höflich von mir.

  • Was lernen wir nun daraus? Ich weiß nicht.

    Ich halte es für falsch, die FDP als Partei der Besserverdienenden und Autofahrer abzustempeln, auch wenn der ganze Abend eigentlich trotz der Versprechen, den motorisierten Individualverkehr zurückzudrängen und alle Verkehrsarten gleichberechtigt zu behandeln, ein grundsätzliches Bekenntnis zum Auto war. Auch bei den Anmerkungen im Publikum war zu spüren, dass dort nicht unbedingt große Sympathien gepflegt wurden, das eigene Auto stehen zu lassen und in die Bahn oder gar aufs Fahrrad zu steigen.

    Im Prinzip läuft die Argumentation wie bei der CDU: Die Strategie von Rot-Grün findet man grundsätzlich doof und mag sich nicht auf eine Alternative festlegen, denn die Alternativen beinhalten in der Regel, dass dem Auto Platz weggenommen wird. Man kann nicht einerseits auf Kopenhagen schielen, aber vollkommen außer Acht lassen, dass der Kraftverkehr dort deutlich entschleunigt wird und auch mal mehrere Fahrstreifen zugunsten breiter, abgetrennter Radwege aufgegeben werden. Und versucht mal in Kopenhagen einen bezahlbaren Parkplatz zu finden, die gibt’s da nicht zum Schnäppchenpreis von 1,20 Euro pro Stunde.

    Und so dreht sich das alles im Kreis: Man will keine Radfahrstreifen, weil… Rot-Grün die toll findet. Man will abgetrennte Radwege, man will aber den Platz für die abgetrennten Radwege nicht hergeben. Man möchte intelligente Ampelschaltungen, aber nicht dafür bezahlen. Man will die Attraktivität des ÖPNV erhöhen, aber bitte ohne zusätzliche Ausgaben.

    Naja.

    Thema Luft: Die Regelung der EU beinhalte genaue Angaben zur Messung der Schadstoffe, die Stationen müssten einen bis 25 Meter Abstand zu den Straßen halten. In Hamburg würde aber direkt an der Straße gemessen, so dass nun die Max-Brauer-Allee und die Stresemannstraße für Dieselfahrzeuge gesperrt werden sollen. Man wisse aber immer noch nicht, wie solche Fahrzeuge erkannt und kontrolliert werden sollen. Außerdem könne man sich einfach herausreden indem man vorgibt, ein Anliegen zu haben. Noch absurder wäre es, dass von der Max-Brauer-Allee 650 Meter gesperrt werden und die Umleitung 1,2 Kilometer lang. An der Umleitung würden allerdings keine Schadstoffe gemessen.

    Ich hatte die Sache mit den Messstationen bereits an mehreren Stellen erklärt. Erst einmal werden die Schadstoffe in 2,5 Meter Höhe in drei Meter Abstand zur Fahrbahn gemessen, was knappe vier Meter Abstand bedeutet, zumal die Konzentration der Schadstoffe mit der Höhe deutlich abnimmt.

    Außerdem werden die Schadstoffe natürlich nicht nur an den sichtbaren Stationen im Straßenverkehr gemessen, sondern auch mit so genannten Hintergrund-Messstationen, die aber nicht so sehr auffallen, weil sie, wie gesagt, im Hintergrund stehen, also etwa auf der grünen Wiese. Anhand dieser Daten werden zusammen mit Verkehrsbelastungen, den zugelassenen Kraftfahrzeugen, diversen Statistiken entsprechende Modelle generiert, an denen sich die Schadstoffbelastung ablesen lässt.

    Das könnte man eigentlich wissen, wenn man in der Hamburgischen Bürgerschaft irgendwas mit Verkehr zu tun hat. Ich frage mich bei solchen Aussagen immer wieder, ob die Leute die Materie einfach nicht verstanden haben oder ob absichtlich etwas ausgelassen wird, um Rot-Grün dumm darstellen zu können.

    Man könne immer noch nicht an allen Fahrkartenautomaten mit Karte bezahlen. Außerdem gäben die Automaten kein Rückgeld, wenn man eine Fahrkarte für 3,20 Euro mit der Karte bezahlt, bekäme man kein Rückgeld (???).

    Das habe ich nicht ganz verstanden. Dass die Hochbahn-Geräte keine EC-Karten nehmen, ist ein bereits bekannter Mangel, der momentan abgestellt wird. Warum man bei der Zahlung mit EC-Karte Rückgeld bekommen sollte, ist mir nicht ganz klar, vermutlich ist das argumentativ etwas durcheinander geraten. Auf jeden Fall habe ich schon mehrfach eine Fahrkarte mit Münzen an Automaten der Hochbahn bezahlt und entsprechendes Rückgeld bekommen.

    Ohnehin halte ich es für lustig, wenn man einerseits bezüglich des ÖPNV immer wieder die Digitalisierung vorantreiben möchte, aber im direkten Gespräch mit dem Wähler, beispielsweise hier in der offenen Diskussionsrunde nach 21 Uhr, plötzlich bemängelt, dass man am Automaten nicht erkennen könne, welchen Fahrschein man kaufen müsse und an den Bushaltestellen keinen kompletten Überblick über alle Fahrten aller möglichen ÖPNV-Linien bekäme. Entweder muss dafür gesorgt werden, dass auch ältere Fahrgäste Zugang zu den digitalen Angeboten bekommen oder man lässt diesen Digitalisierungs-Hype halt mal ganz locker bleiben.

    Die FDP wäre aber keine Autofahrerpartei, man wäre eine Partei mit einer Verkehrspolitik, die alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen bedenkt.

    Stimmt ja halt einfach nicht. Wenn man eine wie auch immer geartete Gleichberechtigung herstellen wollte, müsste man dem Rad- und Fußverkehr sowie öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich mehr Platz einräumen, der aber zu Lasten von Fahrstreifen, Parkplätzen und weiterer Infrastruktur des Kraftfahrzeuges ginge. Das möchte man in der FDP offenbar nicht.

    Die FDP habe den Antrag gestellt, die U- und S-Bahnen nachts durchfahren zu lassen. Das hätte die Regierung abgelehnt, deswegen führen junge Leute auch am Wochende mit dem Auto, denn sogar am Wochenende führen nur die Busse durch. Widerspruch, das stimmte nicht. Doch, nur die Busse führen nachts durch.

    Unfug. Seit knapp 14 Jahren fahren U- und S-Bahnen am Wochenende durchgängig, wenn auch nicht die kompletten Streckenabschnitte bis in die äußersten Randbezirke. Warum? Weil’s Geld kostet. Das hat die FDP vor zwei Jahren in einer kleinen Anfrage selbst herausbekommen. Das Fahrgastaufkommen scheint montags bis freitags nicht so groß zu sein, dass sich ein durchgängiger Nachtbetrieb lohnt, sogar die erheblich günstigeren Nachtbusse verkehren nur im 30- oder 40-Minuten-Takt.

    Und auch wenn es zu glauben schwerfällt: Auch in Weltstädten wie Berlin oder London lohnt sich werktäglich kein Nachtverkehr.

    Frage 7: Den Fahrradschwachsinn könne man im Harvestehuder Weg sehen. Es gab einen riesig breiten Fahrradweg, nun wird der Radweg auf die Straße verlegt. Die Radfahrer führen weiterhin auf dem Gehweg, die Fahrradstraße müsse man wieder zurückbauen.

    Pardon, aber ich halte dieses Gejammere bezüglich des Harvestehuder Wegs oder allgemein bezüglich der Alster-Fahrradachsen für unsinnig. Ich wundere mich auch immer wieder, warum dieser buckelige, anderthalb bis zwei Meter breite Zweirichtungsradweg, den es dort früher gab, als schönster Radweg aller Zeiten bezeichnet wird. Wenn ich mir das heutige Verkehrsaufkommen auf dem Harvestehuder Weg anschaue, dann ist es vollkommen absurd zu glauben, dass sich der dortige Radverkehrsanteil auch nur ansatzweise vernünftig auf dem alten Weg abwickeln ließe. Man sieht ja auch der anderen Seite der Alster, wo sich heute Abend beinahe 13.000 Fahrräder einen winzigen Zweirichtungsradweg geteilt haben, was da für Verhältnisse herrschen. Das ist absurd.

    Zur U5: Auch bei der epochalen Planung der U5 wird alles über den Hauptbahnhof geführt. Warum fährt man mit der U5 nicht einfach von Steilshoop nach Osdorf? Die FDP habe als einziger im Verkehrsausschuss gegen die Planung der U5 gestimmt, die CDU habe sich enthalten. Nicht einmal Thering hätte dagegen gestimmt. Die könnten alle nicht rechnen.

    Auch das ist nur der plumpe Versuch, irgendwas doofes gegenüber Rot-Grün anbringen zu können. Sicherlich ist es ungünstig, dass alle S- und U-Bahnen in Hamburg durch den Hauptbahnhof führen, das ist ein überaus berechtigter Kritikpunkt, der gerne diskutiert werden darf. Dafür ist sicherlich genügend Zeit beim nächsten Polizeieinsatz, wenn der komplette S- und U-Bahn- und Nah- und Fernverkehr komplett eingestellt wird.

    Ich weiß aber nicht, wer denn von Steilshoop nach Osdorf fahren möchte. Die Fahrtziele der meisten Menschen liegen nunmal in der Innenstadt, daher ist es erstrebenswert, möglichst viele Schnellbahnlinien in diese Richtung zu führen. Ob die nun unbedingt alle durch den Hauptbahnhof müssen ist sicherlich diskutabel, allerdings würde für die U 5 ohnehin ein neuer Bahnsteig gebaut (oder vielleicht doch noch versucht, die leeren Röhren der U 2 zu nutzen?), so dass dieser Kapazitätsengpass umgangen wird.

    Eine U-Bahn von Steilshoop nach Osdorf ermöglicht die Fahrt in Richtung Innenstadt aber erst nach einem oder gar zwei Umstiegen — und jeder Umstieg senkt die Attraktivität der Verbindung ganz erheblich. Außerdem wird mit einer solchen Querverbindung beispielsweise der komplette Ast von der Innenstadt hoch zum Siemersplatz ausgespart, auf dem seit Einstellung der Straßenbahnlinie 2 in Doppelgelenkbussen im Minutentakt täglich über 60.000 Fahrgäste hin und hergefahren werden.

  • Danke für die ausführliche Berichterstattung.


    Nicht einmal auf der Mega-Baustelle an der A7 würde rund um die Uhr gearbeitet.

    Oh wunder, eine Stadtautobahn, die wegen Lärmschutzes überdeckelt wird, hat Anwohner. Die freuen sich über jede (tatsächlich stattfindende) nächtliche Bau- bzw. Abrisstätigkeit.

  • Witzig, mit welchen albernen Thesen und fantasievollen Fakten die FDP argumentiert um an der großzügigen Subventionierung der motorisierten Verkehrs festzuhalten.

    Der absolute Knaller ist aber die Sache mit der Stellplatzpflicht. Wie gut, dass wir mit der FDP eine "liberale Partei" haben, die Bauherren sagt, wie sie Rendite zu machen haben :)