Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember sollen zwischen Hamburg, Kiel und Flensburg endlich die neuen Elektrotriebwagen zum Einsatz kommen. Die Dinger habe ich drüben im Velo-und-Bahn-Thread schon ein paar mal fotografiert, am Sonnabend kam ein solcher Zug auf der Linie RB77 in Neumünster angefahren, als wir eigentlich in den Zug nach Kiel umsteigen wollten. Es handelt sich offenbar um einen Testbetrieb mit Fahrgästen, bevor man die Teile auf den Linien RE 7 und RE 70 einsetzt.
Ab Dezember sollen die Züge dann im Halbstundentakt zwischen Kiel und Hamburg rollen; wenn ich das richtig verstanden habe, fährt wenigstens ein Zug pro Stunde als Doppeltraktion und wird in Neumünster geteilt, eine Hälfte fährt dann nach Kiel weiter, die andere nach Flensburg.
@Malte 1 und ich griffen zur Kamera und stürmten rein, @Nathanael und @Lischen-Radieschen blieben ein wenig ratlos am Bahnsteig zurück. Der Zug bestand aus drei Wagen, vorne und hinten gab es jeweils ein Mehrzweckabteil.
Los geht’s im nördlichen Wagen. Der untere Teil des Doppelstockwagens ist als Mehrzweckabteil ausgelegt und zusammen mit der Toilette vorrangig für Fahrgäste mit Rollstühlen konzipiert. Hier finden zwei größere Rollstühle Platz, mit der Gegensprechanlage lässt sich Hilfe beim Ein- und Aussteigen rufen:
Blick in die Gegenrichtung mit Sitzplätzen für Begleitpersonen oder andere Fahrgäste. Im Hintergrund die Toilette, …
… die nun von beiden Seiten anfahrbar ist, weil die Tür zum Gang zeigt. Das halte ich ein wenig unglücklich, da die Breite des Ganges doch recht beschränkt ist. Bislang befand sich die Tür dort, wo auf dem zweiten Foto die beiden Sitze angebracht wurden, und konnte auch von breiten Elektrorollstühlen angesteuert werden. Auch in der zweiten Hälfte des Abteils gilt: Wenn da auf der linken Seite ein paar Fahrräder stehen, kommt da kein Rollstuhlfahrer mehr zur Toilette. Ich weiß nicht, ich halte das für unglücklich konstruiert.
Ebenfalls unglücklich: Es gibt im Mehrzweckabteil auch künftig keine Steckdosen. Das hätte ich ja nicht nur hinsichtlich der E-Bikes, sondern auch für Rollstühle ganz sinnvoll gehalten — wobei tatsächlich die Frage ist, wer denn wohl die ganze Zeit sein Ladegerät mitschleppt.
Auch nicht so ganz der Knaller aus meiner Sicht: Über dem Mehrzweckabteil befindet sich die erste Klasse. Das heißt, man sitzt nicht in der Nähe seines Rades, sofern man denn keine Erste-Klasse-Tickets kauft, und muss dann gegebenenfalls noch durch den halben Zug marschieren. Das wird sich zwar selbst im Hochsommer noch in Grenzen halten, aber es sind eben die kleinen Dinge, die den Fahrgastwechsel an den Bahnhöfen verlangsamen. Ohne mich da genauer auszukennen vermute ich allerdings, dass das Oberdeck aufgrund der zusätzlichen Elektrik etwas kürzer ist und man die 1. Klasse lieber dort untergebracht hat; vermutlich hat das eben auch noch Vorteile bei der Zusammenstellung der Wagen eines Zuges.
Auch ganz interessant: Wenn es mal voller wird, kann man im Treppenhaus bequem an der Wand lehnen…
… während auf der anderen Seite hinter dem Führerstand aus Platzgründen sogar eine Wendeltreppe eingebaut wurde. Ich vermute ja tatsächlich, dass die ganze Elektronik im Triebwagen recht viel Platz beansprucht, so dass man zu diesen Lösungen greifen musste:
So, schnell raus in die andere Richtung. Der Triebwagen auf der anderen Seite trägt witzigerweise die Nummer 4, obwohl der heutige Zug lediglich aus drei Wagen gebildet wurde. Das bedeutet aber auch, dass künftig vermutlich der RE 7 zwischen Hamburg und Flensburg lediglich aus vier Wagen gebildet wird, was im Vergleich zum momentanen Platzangebot aus sechs (?) Wagen mit nur einem Mehrzweckabteil ein deutlicher Rückschritt ist. Ich vermute allerdings, dass die Nachfrage zwischen Flensburg und Neumünster nicht so groß ist und das Platzangebot zwischen Neumünster und Hamburg aufgrund der Flügelung mehr als ausreichend sein wird. Mal sehen.
Hier gibt es nun unten zunächst einmal das Familienabteil mit zwölf Plätzen. Das ist echt mal eine coole Idee:
Dahinter ist dann noch genügend Platz für mehrere Räder:
Oben drüber wieder die erste Klasse:
Ich bin ja mal gespannt, wie sich die Dinger fahren.
Es lässt sich nun nicht direkt berechnen, ob es mehr oder weniger Stellfläche für Fahrräder gibt, da die Züge ja teilweise in Doppeltraktion gefahren werden. Zusammenaddiert ergeben die beiden Flächen der Mehrzweckabteile, die für Fahrräder genutzt werden können, ungefähr die Größe eines Mehrzweckabteils aus den bisherigen Zügen; sofern aber als Doppeltraktion gefahren wird, hätte man gleich doppelt so viel Platz. Ich bin mir aber nicht sicher, ob der Zug, der nicht in Flensburg geteilt wird, als Doppeltraktion zwischen Hamburg und Kiel fährt, denn dann hätte man zwar doppelt so viel Platz für Fahrräder, aber auch insgesamt vier Abteile der ersten Klasse, die nie und nimmer ausgelastet werden.