In Fürstenfeldbruck steht in der Augsburger Straße bereits seit vielen Jahren die Neuaufteilung des Verkehrsraums unter den verschiedenen Verkehrsmittelarten zur Debatte. Nun soll der Beginn der Arbeiten im ersten Bauabschnitt tatsächlich näher rücken und der Bereich zwischen Am Ährenfeld und Maisacher Straße voraussichtlich ab dem Jahr 2025 saniert werden. Dieses Teilstück ist immerhin 1.035 Meter lang.
Ich habe momentan nicht vom gesamten Straßenzug Bilder vorliegen, aber ich versuche mal so gut wie möglich, einige Dinge zu erklären:
Der Radverkehr in Fahrtrichtung Norden wird hier bislang ab der Maisacher Straße auf 388 Metern im Mischverkehr auf der Fahrbahn geführt, dann ab Kapellenstraße für 432 Metern auf einem getrennten Geh- und Zweirichtungsradweg geleitet, um dann später noch auf 215 Metern ab Kronprinz-Rupprecht-Straße als gemeinsamer Geh- und Zweirichtungsradweg geführt zu werden.
Richtung Süden wird der Radverkehr bislang zunächst auf einem linksseitigen gemeinsamen Geh- und Zweirichtungsradweg abgewickelt, danach für 421 Metern ab der Kronprinz-Rupprecht-Straße auf einem linksseitigen getrennten Geh- und Zweirichtungsradweg geführt
, um dann noch für 388 Metern ab Marthabräustraße im Mischverkehr auf der Fahrbahn weiter Richtung Süden bzw. Richtung Maisacher Straße abgewickelt zu werden.
Gerade Richtung Süden ist ja bislang der Übergang vom linksseitigen getrennten Geh- und Zweirichtungsradweg auf die Fahrbahn auf Höhe Kapellenstraße/Marthabräustraße schlichtweg nicht vorhanden.
Bislang musste sich der Radverkehr an dieser Stelle auflösen bzw. sich in Fußgänger verwandeln, um hinter der Kreuzung Marthabräustraße/Kapellenstraße die Fahrt direkt auf der Fahrbahn fortzusetzen, da der linksseitige Radweg ausgerechnet direkt an der Kreuzung ohne Überleitungsmöglichkeit auf die Fahrbahn endet. Auf die Idee, den Radverkehr vielleicht schon 20 oder 50 Meter vor der Kreuzung auf die Fahrbahn einzuschleifen, ist bislang wohl niemand gekommen. Ein schlichtweg unhaltbarer Zustand, der eindeutig belegt, welchen Stellenwert Radverkehr zum Zeitpunkt der vor Jahrzehnten zurückliegenden Planungen hatte. Weiß man nicht mehr wohin mit den Radfahrern, werden sie einfach ignoriert.
Aber auch in der heutigen modernen Zeit greift man immer wieder gerne auf die "Radfahrer absteigen"-Keule zurück, wenn man vor lauter Windschutzscheiben überfordert ist, wie ein Radfahrer zu denken. Und das sogar an der selben Kreuzung, nur diesmal aus Westen kommend. Einfach nur irre...
Ein weiterer Mangel an der bisherigen Radinfrastruktur war zudem auch, dass die seit 2017 geltende Regelung der für den Radverkehr gültigen Signalgeber bislang einfach verschlafen wurde. So habe ich schon bereits vor Jahren darauf hingewiesen, dass an der Kreuzung Am Ährenfeld sowie an der Einmündung B2 Richtung Shell-Tankstelle (Die Augsburger Straße nimmt dort ihre Namensbezeichnung um die Ecke mit) die bisherigen Signalgeber für Fußgänger nicht gegen Kombi-Streuscheiben ausgetauscht wurden.
Dies hat teilweise feindliches Grün in Zusammenhang mit Richtungspfeilen zur Folge.
Und an der Kreuzung Am Ährenfeld ist für Radfahrer, die sich dort auf dem linksseitigen gemeinsamen Geh- und Zweirichtungsradweg Richtung Süden bewegen müssen, der Signalgeber für den Kraftverkehr Richtung Süden direkt an der roten Fußgängerampel schlichtweg überhaupt nicht zu sehen.
In einem Zeitungsbericht des Fürstenfeldbrucker Tagblatts vom 18. April 2023 wird nun die Umbaumaßnahme groß angekündigt und gleichzeitig auch beschrieben, welche Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung des Radverkehrs für die Planer aufgetreten sind, obgleich man Radfahrer nun anscheinend als wertigere Verkehrsteilnehmer ansieht als bislang.
Dennoch wird eingeräumt, dass bestimmte Kompromisse gemacht werden mussten, da es an einigen Stellen nicht genügend Platz für regelkonforme Radverkehrsanlagen geben würde. Dennoch wird von "großen Verbesserungen" gesprochen, da es nun überall "durchgängige Radwege auf beiden Seiten" gäbe. Ob dieses Versprechen am Ende nicht doch wieder auf den Radverkehr zurückfällt, werde ich gleich noch beleuchten.
Begeben wir uns also kurz einmal auf eine virtuelle Fahrt zunächst von Süden nach Norden: Zwischen Maisacher Straße und Kapellenstraße soll das Prinzip des Mischverkehrs gegen Radschutzstreifen ersetzt werden. Interessant ist hier die Ausführung im Zeitungsartikel, der davon spricht, dass der im Gerblkellerpark befindliche 115 Meter lange Gehweg nun in einen reinen Radweg Fahrtrichtung Norden umgewidmet werden soll. Ob dieser Weg dann benutzungspflichtig wird oder als nicht straßenbegleitend anzusehen ist, der wohl dann aber dennoch wohl bebläut werden müsste, um ihn als reinen Radweg zu kennzeichnen, bleibt offen.
Die Entwurfsplanung geht auf diesen kurzen Radweg, dessen einzigen Sinn es nur zu sein scheint, Radfahrern das wunderschöne Radeln in purer Natur zu ermöglichen, jedoch überhaupt nicht ein.
umgestaltung-radwege-augsburger-str-entwurfsplanung-m1500.pdf
Auch ist völlig offen, wie eine Auf- und Ableitung in Bezug auf die Fahrbahn bzw. des geplanten Radschutzstreifens denn aussehen soll. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass sich Radfahrer auf diesem "Park-Radweg" aufgrund der Vegetation dann außerhalb des Sichtbereichs der Fahrbahn befinden. Es bleibt wohl abzuwarten, was hier letztlich umgesetzt wird und ob es auf diesem Abschnitt Richtung Norden denn überhaut einen Radschutzstreifen geben wird.
Ab der Kapellenstraße werden die Radfahrer dann rechts auf den bereits bestehenden getrennten Geh- und Radweg geführt, der dann nur noch in Richtung Norden befahren werden darf. Hier wird sich für Radfahrer baulich also nicht so viel ändern. Es kommt halt kein Radverkehr mehr entgegen, da das behördlich angeordnete Geisterradeln dann passé ist. Das sagt zumindest die Theorie.
Ab der Kronprinz-Rupprecht-Straße bleibt bei dem dann vorliegenden gemeinsamen Geh- und Radweg auch fast alles beim Alten, außer dass auch hier der Rad-Gegenverkehr wegfällt.
Interessant finde ich die auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg plötzlich auftauchende Aufstelltasche für links in Richtung Shell-Tankstelle abbiegende Radfahrer.
Sowas habe ich woanders auf einer Mischfläche auch noch nicht gesehen. Ob hier nun endlich einmal die oben besagte Fußgänger-Streuscheibe berichtigt wird, bleibt offen. Ansonsten würde für Radfahrer das Linksabbiegen mit dem grünen Richtungspfeil des Kraftverkehrs weiterhin bestehen bleiben, auch wenn Radfahrer sich nicht auf die Fahrbahn einordnen sollten. Ansonsten haben sie ja gar kein anderes gültiges Lichtzeichen. Oder spendiert man abbiegenden Radfahrern vielleicht sogar eine eigene Fahrradampel? Auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg? Ich kann es mir nicht vorstellen.
An der Kreuzung Am Ährenfeld wartet gemäß Entwurfsplan die nächste Stilblüte. Hier wird vorab schon offen zugegeben, an der Fußgänger-Streuscheibe weiterhin festhalten zu wollen. Denn der Ampelmast soll ein Zusatzschild "Signal gilt auch für Radverkehr" erhalten.
Dass dadurch der Signalgeber dennoch nicht für Radverkehr gelten kann, will man wohl nicht verstehen. Eine örtliche Regelung kann die Regelung der StVO einfach nicht ersetzen. Vor einiger Zeit gab es in Fürstenfeldbruck noch zwei weitere solcher tollen Schilder, die jedoch auf meinen Hinweis hin entfernt worden sind.
Man hat damals wohl eingesehen, dass das so quatsch ist und Fußgängerampeln eben niemals für Radfahrer gelten können. Nun will man den alten Quatsch wohl wieder ausgraben. Die Schilder von damals wurden wohl nicht entsorgt, sondern liegen wohl schon beim Leiter der Straßenverkehrsbehörde in der Schublade für ihren nächsten Einsatz bereit.
Hinter Am Ährenfeld soll es wohl wieder einen Radschutzstreifen geben. Gleichzeitig taucht auch rechts davon ebenfalls ein Radfahr-Symbol auf dem bisherigen gemeinsamen Geh- und Radweg auf. Hier darf sich der Radfahrer dann wohl aussuchen, wo er Richtung Norden weiterfahren möchte.
Für die Fahrtrichtung Süden hat sich hingegen einiges mehr getan. Die linksseitigen Wege für den Radverkehr ist zum Glück nun endlich vollständig weggefallen. Stattdessen wird der Radverkehr auf Radschutzstreifen und auf kurzen Distanzen auch auf Radfahrstreifen geführt. Die Planung sieht vor, dass Radfahrer bereits schon auf einem Radschutzstreifen auf die Kreuzung Am Ährenfeld von Norden zugeführt werden. Hier bleibt also die Gültigkeit des Signalgebers für den Kraftverkehr auch für Radfahrer weiterhin bindend. Richtung Süden hat man den Austausch der Fußgänger-Streuscheibe in Verbindung mit der linksseitigen Benutzungspflicht somit schön ausgesessen.
Kurz vor der Kreuzung Ganghoferstraße/Fichtenstraße zwingt eine Verkehrsinsel die Planer dazu, den Radschutzstreifen jedoch vollständig wegfallen zu lassen, da die verbleibende Fahrbahnbreite von 3,5 Metern eine Separierung nicht zulässt.
Das ist in meinen Augen ein wirklicher Gefahrenpunkt, denn die Praxis zeigt ganz eindeutig, wie sich das Verhalten bei Kraftfahrern an solchen Engstellen beschreiben lässt und in wie weit Rücksicht auf Radfahrer bzw. auf den einzuhaltenden Überholabstand genommen wird. Meine Erfahrung zeigt, dass gut 80 Prozent der Kraftfahrer einfach knallhart durchziehen. Da ist es völlig egal, ob da ein Radfahrer fährt, zu dem beim Überholen seitlich mindestens 1,5 Meter Abstand einzuhalten ist. Das wird also möglicherweise eine sehr traurige Geschichte werden an dieser Stelle. Außerdem soll der Gehweg ab dieser Kreuzung Richtung Süden auch für Schleichradler auf einer Länge von 185 Metern freigegeben werden. Was das nun wieder soll, wissen wohl nur die Planer.
Insgesamt betrachtet gibt der Zeitungsartikel einige Punkte schlichtweg falsch wieder. Es wird auch nicht immer auf die einzelnen Fahrbeziehungen eingegangen. Und es werden irgendwie die Begriffe "Schutzstreifen" und "gemeinsamer Geh- und Radweg" verwechselt. Möglicherweise wird erst die Zukunft zeigen, was nun alles wie umgesetzt wird. Auf jeden Fall wird für den Radverkehr in südliche Richtung eine umfangreiche Umgewöhnung nötig sein, nun auf Radschutzstreifen zu fahren und nicht mehr linksseitig auf dem Hochbord. Das werden wohl sehr viele Radfahrer ignorieren, kann ich mir vorstellen. Oder aber man fährt kurzerhand auf dem rechtsseitigen Gehweg, was ja auf einem kurzen Abschnitt in Schrittgeschwindigkeit dann sogar zulässig sein soll.
Was den Radschutzstreifen/Radfahrstreifen betrifft, gilt anzumerken, dass diese auf der gesamten Strecke gemäß Entwurfsplan viele unterschiedliche Breiten aufweisen. So bewegt sich das Maß zwischen 1,25 und 1,85 Metern. Gleichzeitig ist der Fahrstreifen/die Fahrspur daneben zwischen 2,50 und 3,25 Metern breit. Gerade bei der Kombi 1,25/2,5 Metern bezweifle ich, dass Kraftfahrer stets den seitlichen Überholabstand von 1,5 Metern einhalten, weil aufgrund der Markierung in das typische "Spurdenken" verfallen wird. Somit werden Radfahrer einfach ohne seitliches Ausweichen eng überholt. Das sind ja tolle Aussichten. Wenn das die jahrzehntelangen Versprechungen sein sollen, die man den Radfahrern als Verbesserung in der Augsburger Straße in Aussicht gestellt hat, dann haben weder die Entscheidungsträger in den Straßenverkehrsbehörden noch die Architekten in den Planungsbüros jemals erfahren, was es für Radfahrer eigentlich bedeutet, auf Straßenteile geschickt zu werden, die trotz aller tollen neuen Planungen noch immer zu schmal für alle Verkehrsteilnehmer nebeneinander sind. Nun wird aber natürlich so getan, als hätte man den ganz großen Wurf erreicht und mehr ginge nun wirklich nicht. Das mag vielleicht auch stimmen, da sich ein benötigter Platzbedarf in der Praxis ja nicht im Labor züchten lässt. Aber dennoch hätte man sich fragen müssen, ob die Einrichtung von Radschutzstreifen wirklich sinnvoll ist, wenn der enthaltene Namensbestandteil "schutz" eigentlich gar keine wirkliche Daseinsberechtigung hat.
Was ich mir persönlich gewünscht hätte, wäre zumindest ein offene Eingeständnis gewesen, dass Radfahrer gerade bei Streifen oftmals viel zu eng überholt werden und auch bei der beschriebenen Engstelle wahrscheinlich oft den kürzeren ziehen werden. Ein solches Eingeständnis hätte dann auch nicht zu solch einer Planung geführt, weil man Radfahrer nicht den nun drohenden Gefahren aussetzen hätte wollen. Wenn die Breite der Straße schon nicht anständig ausreicht, dann wäre zumindest eine Art Protected Bike Lane die einzig wirklich durchgreifenste Konsequenz gewesen, den Radfahrern die Hand zu reichen und ihnen zumindest halbwegs ein Gefühl der Gleichwertigkeit und der berechtigten Schutzbedürftigkeit zu vermitteln. Als ein schönes Beispiel sei hier einmal auf ein kurzes Stück gemeinsamer Geh- und Radweg hingewiesen, den ich in der Nähe von Lüneburg einmal gesehen habe.
Eine solche bauliche Trennung ist wesentlich effektiver als ein weißer Pinselstrich. Und Radfahrer können es um einiges besser verzeihen, wenn PKW, LKW und Busse - wenn sie schon keinen Überholabstand halten - dann wenigstens durch eine gewisse Betonschwelle im Zaume gehalten werden. Es ist einfach ein wesentlich besseres Gefühl, wenn man als Radfahrer von einer solchen Barriere weiß, über die die Kraftfahrzeuge nicht ohne weiteres drüber hinweg fahren können. Nun ist es aber so, dass wieder "viel für den Radverkehr" getan wurde, das gefahrlose Radfahren dadurch aber kaum gefördert wird und die Menschen entweder illegal auf Gehwegen fahren oder eben auch weiterhin mit dem Auto.