Die Stadt Puchheim (nähe München) zählt nun neuerdings mit einem Messgerät die Anzahl der Radfahrer. Diese Messstelle befindet sich in der Unterführung der Bahnlinie München - Lindau, welche auch von der S4 befahren wird und direkt am S-Bahnhof Puchheim liegt. Diese Unterführung, die nur von Fußgängern und Radfahrern benutzt werden kann, war vor einigen Jahrzehnten entstanden (70er?) nachdem an dieser Stelle der vorhandene beschrankte Bahnübergang zurückgebaut wurde.
Mit dem Bau dieser Unterführung entfiel für Kraftfahrer damals die Möglichkeit in dieser 21.000-Einwohner-Stadt, die Bahnlinie, die den Ort quasi in zwei Hälften aufteilt, an dieser Stelle zu überwinden. Dafür gibt es aber als Ersatz eine einige hundert Meter entfernt Umgehungsstraße, welche die Bahnlinie überspannt. Diese Umgehung hält keinerlei Radinfrastruktur bereit. Versuche, die FFB11 mit dem Fahrrad zu befahren, wird durch Kraftfahrzeugführer in der Praxis gemäß eigener Erfahrungen streng sanktioniert. Somit kann festgestellt werden, dass es einerseits für Fußgänger und Radfahrer und andererseits für Kraftfahrer jeweils eigene Bauwerke bzw. Möglichkeiten gibt, die Bahnlinie an jeweils eigenen Stellen zu überwinden. Denn auf die Umgehung traut sich schlichtweg kein Radfahrer.
Die Geschichte wäre an dieser Stelle auch schon zu Ende erzählt, gäbe es hier nicht doch noch etwas auf Bezug der Fußgänger- und Radfahrerunterführung zu berichten. Denn die hier entlangführende Radverbindung hält an dieser Stelle tatsächlich eine große Überraschung für Radfahrer bereit. Diese einzige Verbindungsmöglichkeit für den Radverkehr in diesem Ort ist eigentlich nämlich überhaupt gar keine. Denn wenn man in Puchheim von Norden kommend die Unterführung Richtung Süden passieren will, muss man ein kurzes Stück auf dem Gehweg entlang fahren,
denn einen baulich existierenden Radweg oder gar eine entsprechende Beschilderung, welches das Radfahren hier erlauben würde, findet sich erst ca. 15 Meter hinter dem Bordstein der Zubringerstraße.
Im Hintergrund ist übrigens die Anzeigetafel der Zählstelle zu erkennen.
Und hier die Gegenrichtung:
Radfahrer werden also an dieser Stelle zwar beiden Richtungen erfasst. Doch wie sie hier von Norden kommend hier herkommen oder auch von Süden kommend nach Norden weiterfahren, dass bleibt das große Geheimnis der Straßenverkehrsbehörde. Denn... tataaaa....:
Der Radweg beginnt und endet tatsächlich vor dieser Kleinpflasterung. Für die übrigen 15 Meter ist das Befahren dieser Fläche schlichtweg illegal. Ich habe jedoch noch nie auch nur einen einzigen Radfahrer gesehen, der sich an dieser Stelle in einen Fußgänger verwandelt. Demnach dürfte die Zählstelle zudem auch ein grober Richtwert dafür sein, wie hoch die Summe aller Bußgelder wohl wäre, wenn man das illegale Befahren des Gehwegs denn tatsächlich verfolgen würde.
Ich meine, dass ganze ist wohl tatsächlich ein starkes Stück. Da gibt es zwar eine Umgehungsstraße, die aus gutem Grund jedoch kein Radfahrer benutzen will. Und die andere auf dem ersten Blick legale Möglichkeit ist beim genaueren Hinsehen ebenfalls auch gar keine. Vielmehr ist das eine riesengroße Mogelpackung, indem man einerseits die Radverkehrsdichte an dieser Stelle wofür auch immer belegen will, aber andererseits das Passieren dieser Stelle mit dem Fahrrad eigentlich verbietet.
Vielleicht mag es tatsächlich den einen oder anderen Radfahrer geben, der an dieser Stelle tatsächlich auf die leise Idee kommt, abzusteigen. Jedoch kann dies - wie bereits vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg am 11.09.2023 festgestellt wurde (5 ORbs 25/23) - nicht verlangt werden, denn "Radfahrende sind auch nicht etwa als "qualifizierte Fußgänger" anzusehen, denen unabhängig von etwaigen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen nach Belieben angesonnen werden könne oder müsste, vom Fahrrad abzusteigen und fortan als Fußgänger am Verkehr teilzunehmen."
Dieser Beschluss bezieht sich zwar auf ein "dauerrotes" Lichtzeichen, jedoch könnte man da schon eine gewisse Parallele zu der hier beschriebenen Situation feststellen. Immerhin ist ja gewollt, dass Radfahrer hier entlangfahren. Man zählt sie sogar. Und eine Alternative gibt es in diesem Ort auch überhaupt nicht. Und dann entlässt man Radfahrer in ein rechtlich solch fragwürdiges Vakuum, dass man sich nur fragen kann, wer sich das ganze eigentlich ausdenkt und ob dieser welcher überhaupt selber Rad fährt und dazu auch noch die rechtlichen Vorgaben kennt.