Beiträge von Th(oma)s

    Nach den Vorschriften darf eine Benutzungspflicht nur angeordnet werden, wenn sie ein Sicherheitsgewinn für Radfahrer ist.

    Nein. Die einfache Sicherheitserhöhung reicht noch lange nicht aus. Der Sachbearbeiter bei der Straßenverkehrsbehörde müsste sich folgende Fragen stellen:

    1) Gibt es auf dem Streckenabschnitt erheblich mehr Fahrradunfälle als anderswo?

    2) Sind diese Unfälle auf fahrbahnfahrende Radler und parallel fahrende KFZ zurückzuführen?

    3) Ist die Strecke hinsichtlich KFZ-KFZ-Unfällen unauffällig?

    4) Würde die Gefährdung weggehen, wenn man die pedalgetriebenen Fahrzeuge durch gleich langsame KFZ ([Leicht-]Mofas...) ersetzen würde?

    Und erst wenn die Antwort auf alle vier Fragen "ja" lautet, wäre dem Gesetz nach die Anordnung der Benutzungspflicht in Betracht zu ziehen. Mir fällt ehrlich gasagt keine Straße in D ein, für die dieses zuträfe.

    Es gibt nur Einzelfallösungen, die eben einzeln betrachtet werden müssen.

    Und viele unsozialisierte Autofahrer, um die man sich kümmern sollte.

    Einspruch: die allgemeingültige Lösung hieße: "Radverkehrsanlagen werden (wie auch separate Bus-Spuren) nur dort eingerichtet, wo sich wegen chronischer Verstopfung der Straße durch zuviel MIV aus der separaten Führung eine Beschleunigung des Radverkehrs ergibt". Auf allen anderen Strecken können Radverkehrsanlagen getrost aufgelassen bzw. zurückgebaut werden. Bis dieses Ziel erreicht ist, muss die StVO kurzfristig von der Benutzungspflicht entrümpelt werden, die auf der Lü^h^h^h irreführenden Unterstellung beruht, dass Radwege der Verkehrssicherheit dienen würden: der KFZ-Verkehr darf eh nicht schneller fahren, als für Fahrzeuge mit Fahrrad-Geschwindigkeit gut ist.

    Aber ob ich Radwege deswegen generell abschaffen möchte? Eher nicht, auch wenn bereits die grundsätzliche Existenz von Radwegen Teil des Problems ist. Da stimme ich euch ja zu. Trotzdem können Radwege sinnvoll sein, wo man als Radfahrer sonst auf der Fahrbahn mit im Auto-Stau stehen würde.

    Das Problem ist, dass dieser Komfort- bzw. Beschleunigungs-Aspekt in der öffentlichen Diskussion quasi null Stellenwert genießt. Und das liegt wiederum an all den Radwege-Freunden bei ADFC und den diversen Radentscheiden, die meinen, entgegen den Tatsachen das Radfahren auf Hauptverkehrsstraßen unbedingt zur Lebensgefahr hochstilisieren zu müssen, auf dass Vater Staat endlich Platz und Geld für ihre Wegelchen-Projekte herausrücken möge. Wen nimmt es dann wunder, wenn die vom Trommelfeuer des Gefährdungs-Gequatsches genervte Kraftfahrerschaft die Radler beim Wort nimmt, und die leichtfertig herbeigeschwafelte Gefährdung konkret in die Tat umsetzt.

    Das ist mir völlig neu, daß das herrschende Meinung sein soll. Nach meiner Wahrnehmung wurde das lediglich für Radstreifen postuliert, nicht für sog. Schutzstreifen. Die Klarstellung war dann offenbar nötig. Gut, daß sie erfolgt ist.

    Radfahrstreifen kommen zwar nicht explizit in der StVO vor, sind jedoch wegen der Beschilderung mit Z.237 unzweifelhaft den benutzungspflichtigen "Radwegen" i.S. § 2 Abs. 4 StVO zuzurechnen.

    Die Schutzstreifen hingegen sind keine Radwege und fallen daher nicht unter die Maßgabe des § 2 Abs. 4 StVO. Sie sind immer nur Bestandteil der allgemeinen Fahrbahn. Die Vorschrift zu deren Benutzung wurde in der StVO im Laufe der letzten Novellen mehrfach geändert, wobei dies allerdings nicht zur besseren Verständlichkeit im Hinblick auf den mutmaßlichen Zweck der Vorschrift beigetragen hat. Geblieben ist allerdings über die Jahre unverändert immer ein spezieller Tatbestand im Bußgeldkatalog nur für Radfahrer, wonach die Nichtbenutzung der Schutzstreifenfläche einen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot darstelle. Bei normgerecht angelegten Schutzstreifen (Breite, Sicherheitsabstände) würde dies sogar grundsätzlich zutreffen. Würde aber echte Benutzungspflicht herrschen, dann wäre, genau wie bei Hochbordradwegen und Radfahrstreifen, das Ausweichen oder das Überholen von anderen Radfahrern verboten, wenn man als Radler dafür die Fahrbahn mitbenutzen müsste. Davon war jedoch meines Wissens nie die Rede.

    Die vermeintliche Benutzungspflicht haben jedenfalls kreative Verkehrsbehörden in der Vergangenheit dankend zum Anlass für den Versuch genommen, den Radverkehr mit untermaßigen Schutzstreifen in die Dooring-Zone am Fahrbahnrand zu sperren. Die gerichtliche Klarstellung besagt jetzt eigentlich nur genau das, was ich immer schon gesagt habe: abgesehen vom Parkverbot besteht der einzige rechtliche Effekt der Schutzstreifenmarkierung darin, dass *KFZ*-Führer durch die Linie insoweit vom Rechtsfahrgebot *entbunden* werden.

    Wenn große Lkw innerhalb geschlossener Ortschaften nicht sicher zu betreiben sind (und dem ist so), dann werden sie dort eben verboten - und die gezielte Anlieferung muss dann halt mit kleineren Fahrzeugen erfolgen. Letztlich ist es nämlich hier auch wieder reines, kapitalistisches "Effizienzdenken", mit so wenig wie möglich Kapitaleinsatz (1 großes Fahrzeug, nur 1 Fahrer) möglichst viel Geld zu machen. Auch wenn halt hin und wieder dabei Leute draufgehen...

    Wozu verbieten? Wir bauen einfach (mindestens) innerorts die Radverkehrsinfrastruktur zurück, und sorgen im Gegenzug dafür, dass die Kraftfahrerschaft StVO-gemäß (!) ein fahrbahnradel-gerechtes Verhalten pflegt. Das geht alles wunderbar aus dem Stand mit dem bestehenden Fahrbahn-Netz und der existierenden Fahrzeugflotte.

    Die am Tödlicher-Winkel-Unfall beteiligten LKW sind übrigens sehr oft gar nicht im Lieferverkehr für Produktionsbetriebe bzw. Verkaufsstellen unterwegs, sondern bedienen Baustellen in der näheren Umgebung.

    Die Zahlen im Artikel sagen doch gar nix drüber aus, ob es grade der Radfahrer- und Fußgängeranteil war, der entsprechend angestiegen ist?

    Das Statistische Bundesamt gibt traditionell die Prognose für die Gesamtbilanz lange vor der feiner differenzierten endgültigen Jahresstatistik heraus. Die bislang verfügbaren differenzierten Monatsberichte stehen heute bei August.

    Der Aufschlüsselung von August ist zu entnehmen (Tabelle 2.1), dass die Zahl der tödlich verunglückten PKW-Insassen und Fußgänger in den ersten acht Monaten im Vergleich zum Vorjahr um 3,1% bzw. 8,7% gesunken ist. Radfahrer und v.a. Kradfahrer starben dagegen zu 14,6% bzw. 40,5% (!) häufiger. Das starke Plus von 39 beim Radverkehr resultiert aus dem kräftigen Anstieg außerorts (+31 Getötete, davon allein +19 durch Pedelec-Fahrer)

    Im letzten Drittel des Jahres hat sich meiner eigenen Erfassung nach diese gespaltene Entwicklung fortgesetzt. Die Zahl der tödlichen Zusammenstöße mit anderen Verkehrsteilnehmern in geschlossenen Ortschaften war in 2018 bislang außergewöhnlich niedrig.

    Fazit: Rekord-Dürre = innerorts "Safety by Numbers", außerorts "Unsafety by Beginners"

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    Nöö. VZ 259 (Verbot für Fußgänger) wäre angesagt.

    Das hier war übrigens Ironie ;):

    Hmm, wenn es doch nur ein Schild gäbe, dass einen einzig für Radfahrer erlaubten Sonderweg kennzeichnet....

    Z.237 existiert.

    Man könnte allenfalls über ein zum Schild "Kraftfahrstraße" homologes "Kraftfahrradstraßen"-Schild nachdenken. Mit einer, in Anlehnung an die Regeln für Kraftfahrstraßen, eingeschränkten Erlaubnis nur für Radler, die auch eine gewisse Mindestgeschwindigkeit schaffen...:evil:

    Überholende Lastzüge, die zu früh wieder nach rechts ziehen, sind nicht ohne. Hätten die mich berührt, könnt ich hier wahrscheinlich nicht mehr mitschreiben.

    Von den insgesamt 33 (also incl. Landstraße) mit überholenden LKW von mir seit 1/2013 gezählten tödlich verunglückten Radlern waren in 18 Fällen Lieferwagen aus der Sprinter-Klasse der Gegner, und bei einem signifikanten Teil der verbleibenden 15 Fällen handelte es sich um eher schlanke Pritschenwagen, die man gemeinhin auch nicht unbedingt zu den "Lastzügen" rechnen würde.

    Hinzu kommt, dass -wie das auch bei PKW-Unfällen vom Ramm-/Streif-Typ der Fall ist- zumeist der Crash durch flächiges Rammen, also offensichtlich vollständiges Übersehen ohne auch nur andeutungsweises Ausscheren, passierte. Die Zahl der LKW, die Radfahrer seit Anfang 2013 bis heute einfach so beim Überholen in geschlossenen Ortschaften getötet haben, beträgt meiner Zählweise nach 1. Und selbst dann, wenn man da noch alle in Frage kommenden Fälle mit unklarem Hergang bzw. solche einschließt, wo der Radfahrer offenbar selber während des Überholens nach links geraten ist, sind es definitiv nicht mehr als insgesamt 10 solcher Todesfälle innerorts (macht je nach Zählung im Mittel 0,2 bis 2 Tote jährlich...).

    Das von dir angedeutete Szenario ist in den Radfahrer-(und ebenso Behörden-)Köpfen zwar sehr dominierend präsent, aber im Verhältnis zu den Klagen darüber gesehen ist es denn doch irrelevant selten.

    Ob das Mittigfahren wirklich dazu führt, seltener Kontakt mit Autofahrern zu haben?

    Eindeutig nein.

    Dafür gibt es zwei Gründe:

    1) Wer betont mittig fährt, riskiert, dass ihn *Schlafmützen* rammen könnten, die ihn bei randnäherer Fahrweise ganz verfehlt hätten oder ihm zumindest in letzter Sekunde noch hätten reflexartig ausweichen können.

    2) Wer betont mittig fährt, provoziert mehr Maßregelungsnötigungen durch *Asis*, die dann nachfolgend zu Berührungen oder Schlimmerem führen könnten - insbesondere dann, wenn man das Angebot zur Road-Rage-Eskalation seitens des Überholers dankend annimmt und die zunächst noch stets kontaktlos ablaufende Einstiegs-Nötigung mit verbalen oder physischen Reaktionen beantwortet.

    Die Variante 1) spielt vor Allem außerorts eine große Rolle. Innerorts sind die Geschwindigkeitsdifferenzen klein genug dafür, dass das echte Übersehen von zentral fahrenden Radlern als Unfallauslöser unbedeutend ist. Dafür ist Möglichkeit 2) innerorts der Hauptfaktor für Berührungen. Das zeigt eindeutig auch die dramatische Häufung von "Berührungen" in der laufenden Umfrage bei wenigen ganz bestimmten Personen.

    Bei der Gelegenheit: Ich habe mal ein ganz ähnliches Foto zu dem im Aufmacher gesehen.

    Zur Ehrenrettung der SUVs: ich verfolge sei sechs Jahren sehr intensiv das deutsche Radunfallgeschehen. SUV sind, was Unfälle im Längsverkehr angeht, entgegen der Erwartung vollkommen unauffllig. Mir ist insbesondere kein einziger tödlicher Rad-Crash beim Überholen mit einem SUV bewusst.

    Wenn überhaupt, gibt es da eher eine Häufung mit weißen Lieferwägen.

    NDR: Zahl der Fahrradunfälle nimmt zu

    Abseits der absoluten Zahlen eine erfreuliche Entwicklung, denn im Vergleich zum Vorjahr (Zahlen aus dem verlinkten Artikel) nahm die Zahl der Radfahrer um 20 % zu, die der Unfälle nur um 7%.

    Außerdem: 2017 gab es 4% weniger verletzte Radfahrer als 2016. Wir werden mit jetzt wieder 7% rauf also wohl eher Zeuge von zufälligen Schwankungen als Zeugen eines bedrohlichen Trends.

    Die Zahl der Todesopfer hat übrigens um satte 33% abgenommen!:evil:

    Billige Taktik: irgendein Parameter unter Vielen wird selbst bei einem insgesamt abnehmenden Trend immer einen Ausreißer nach oben zeigen. Das eine Jahr sind es die Kinder, das andere die Senioren, im dritten Jahr die Pedelecfahrer, dann wieder die Getöteten, danach die Schwerverletzten oder die Frauen, und wenn alles nichts hilft, dann liefert halt zur Not auch die Sub-sub-sub-sub-Gruppe der leichtverletzten pedelecfahrenden Frauen über 70 den notwendigen Ausreißer. Thering ist jedenfalls zuverlässig zur Stelle und fordert das Ende von „gefährlichen“ Radstreifen auf der Fahrbahn (die mangels Unfällen mit egal welchem der genannten Parameter schonmal rein garnichts zu tun haben...)

    In vielen Ballungsräumen geht der Fahrradanteil auf über 20 bis 30 %. Ist halt die Frage, wo da ein Ballungsraum anfängt.

    Aber schöne Grafiken.

    Dass der Zeit-Artikel sich nur mit "Pendlern" befasst, und daher auch nur der Arbeitswege-Modal-Split wiedergegeben wird, habt ihr aber gesehen? Nach dem Kurzreport Mobilität in Deutschland 2017 (Grafik S.19) stellt dieses Segment lediglich 1/6 der Gesamtwege dar.

    Nach einem tödlichen Unfall zwischen LKW und Fahrrad vor ein paar Tagen gibt es die üblichen Handreichungen für Radfahrer, doch bitteschön auf die eingebaute Vorfahrt zu verzichten: Nach Unfall in Gießen: Als Radfahrer neben Lkw lieber mal auf Vorfahrt verzichten

    Irritierend, dass dem „Gutachter“ nicht ein einziges Mal das Wort Radweg als Risikofaktor für den ToteWinkel-Crash über die Lippen kommt. Was macht der Mann eigentlich beruflich so?

    Der Anlass für den Beitrag gebende Unfall war übrigens glücklicherweise nicht tödlich.