Ich sehe schon, ich muss da noch mal etwas weiter ausholen.
Ich habe vor einiger Zeit über ein Jahr in Afrika verbracht, als freiwilliger Helfer bei Aufbau- und anderen Hilfsmaßnahmen. Die Zeit dort hat mir sehr geholfen die Welt mit anderen Augen zu sehen und mal aus der "Filterblase Deutschland" auszubrechen. Ich kann nur sagen, uns geht es hier verdammt gut. Natürlich ist der Schutz von Minderheiten wichtig, aber vieles wird hier nach meinem Geschmack viel zu arg aufgebauscht.
Ich habe dort Familienväter kennengelernt, die sich jeden Tag Gedanken machen mussten, was Sie Ihren Kinden Abends zum Essen auf den Tisch stellen können. Deshalb reagiere ich da etwas empfindlich, wenn man sich verglichen damit hierzulande über kleine Nichtigkeiten aufregt.
Ich habe zwar noch nicht als Aufbauhelfer in Afrika gearbeitet, aber ich habe beruflich mit jugendlichen und jungen erwachsenen Migranten unter anderem aus Afrika aber auch aus anderen Ländern der Welt hier in Deutschland gearbeitet. Ich bin immer wieder erschrocken darüber, dass viele der Migranten es für ganz selbstverständlich halten, dass sie möglichst bald ein eigenes Auto fahren werden. Einer der häufigsten Berufswünsche ist "Automechaniker". Der hohe Grad der Automobilisierung in den westlichen Industriestaaten ist jedoch weltweit nicht umsetzbar. Ich glaube nicht, dass dem viele ernsthaft widersprechen. Welche Erfahrungen hast du denn mit dieser Frage in Afrika gemacht?
Sehr nachdenklich muss diese Nachricht stimmen:
"Der Straßenverkehr ist tödlicher als Ebola oder Malaria: Jahr für Jahr sterben weltweit 1,25 Millionen Menschen auf der Straße. (...) In Ländern, die für Verkehrssicherheit kein Geld haben, gibt es viel mehr Verkehrstote als in reichen Staaten. Rund 90 Prozent aller Todesfälle ereignen sich laut WHO in Ländern mit geringen bis mittleren Einkommen, auch wenn dort nur 54 Prozent aller Fahrzeuge der Welt unterwegs sind." https://www.spiegel.de/gesundheit/dia…-a-1058458.html
Warum aber bauen wir und liefern wir aus Deutschland immer noch so viele Automobile anstatt gute ÖPNV-Systeme zu exportieren, mit denen sich auch Geld verdienen lässt und die viel mehr Menschen Mobilität ermöglichen als Autos. Warum exportieren wir keine Fahrradfabriken?
Fahrradpiktogramme auf denen Fahrräder mit tiefem Durchstieg dargestellt werden, sehe ich nicht als "Wohlstands-Pille-Palle". Vielmehr betonen Fahrräder mit tiefem Durchstieg, das gute und nachhaltige Mobilität eine Mobilität nicht nur für Männer, sondern auch für Frauen ist. Und das gute und nachhaltige Mobilität eine Mobilität nicht nur für junge Menschen, sondern auch für alte Menschen ist, die nach meiner Beobachtung sehr oft ein Fahrrad mit tiefem Durchstieg fahren. (Und zwar nicht nur die Frauen!)
Währenddessen entlarvt jeden Tag auf's Neue die Autowerbung, wie stark männlich dominiert der MIV ist. Und damit entlarvt sich der MIV selbst als chauvinistisches Mobilitäts-System, dem wir als Radfahrerinnen und Radfahrer mit Fug und Recht eine andere Sicht der Dinge entgegensetzen dürfen!
Zum Beispiel auch an Ampeln:
Geht natürlich auch in Grün: 
Vielen Dank an Malte, dass wir nun in einem eigenen Thread zum Thema weiter diskutieren können.
Nbgradler, du kannst dir Popcorn-Nachschub besorgen!