Mal abgesehen von der Tatsache, das ESP abschaltbar ist, es also, wenn jemand es nicht will, auch keine Spaßbremse ist, gibt es doch immer wieder Ausstattungen, die vorgeschrieben werden:
Gurt, ABS, Kat, ESP, Abbiegeassistent .....
Rückwärtskameras und Sensoren müssen wohl nicht mehr vorgeschrieben werden, es dürfte kaum ein Neuwagen geben, dass das heutzutage nicht mit dem Zeug ausgerüstet ist. Selbst Kleinwagen wie ein Verso haben das inzwischen drin.
Aber wie ist das mit der Verwendung dieser Assistenten?
Eine der dreistesten "Unfallursachen-Ausreden" bei einem Unfall, bei dem ein Radfahrer zu Schaden kommt, ist ja die, dass der Radfahrer keinen Helm getragen habe. Obwohl das Tragen eines Helms oder das Nicht-Tragen in aller Regel gar nichts darüber aussagt, wie der Unfall zustande kam. Und das Tragen eines Helmes ist für Fahrradfahrer nicht vorgeschrieben.
(Außer bei denen, die auf Fahrradrennen mitfahren, und dort dürfen die Helme dann bei steilen Berganfahrten auch mal abgesetzt werden beim Fahren. (Zumindest wurde das einmal bei einer Fernsehübertragung von eine Pyrenäen-Etappe der Tour de France vom Moderator so gesagt.)
Obwohl der Helm keine Vorschrift ist und das Nicht-Tragen des Helms keine Unfälle verursacht, wird gerne mal so getan, als sei der Radfahrer, der keinen Helm getragen hat, Schuld an einem Unfall. Da wird dann quasi zwischen den Zeilen vermittelt, das Nichttragen des Helms zeuge von erhöhter Risikobereitschaft, was dann auch für den Fahrstil gelten würde.
Über Assistenzsysteme und ob die abgeschaltet oder eingeschaltet waren, ist jedoch in der Regel nicht die Rede, bei Unfallberichterstattungen.
"Der Unfall ereignete sich am Karsamstag gegen 13.15 Uhr. Der Rentner radelte auf der Ottostraße in Ottobrunn. Kurz zuvor hatte ein 62-jähriger Münchner in derselben Straße am rechten Fahrbahnrand eingeparkt. Just, als er aussteigen wollte und die Fahrertür öffnete – offenbar ohne richtig zu schauen, ob von hinten jemand kommt – kam der 86-Jährige angeradelt.
Der Rentner konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen. Er prallte mit seinem Fahrrad gegen die Tür und stürzte mit dem Kopf auf die Straße."
So eine Berichterstattung könnte von einer/m sorgfältigen Berichterstattenden dahingehend erweitert werden, dass sie/er zum Beispiel schreibt: "Bei dem Fahrzeugtyp handelt es sich um ein aktuelles Modell, in das serienmäßig ein Ausstiegsassistent verbaut ist. Ob die Warnung des Ausstiegsassistenten von dem aussteigenden Autofahrer ignoriert wurde oder ob er den Ausstiegsassistent abgeschaltet hat, wird noch ermittelt." Immerhin fällt in dem Bericht die Bemerkung: "– offenbar ohne richtig zu schauen, ob von hinten jemand kommt –".
Und dann gibt es ja zwei Grundtypen von Ausstiegsassistenten. Das eine Modell warnt nur akustisch-optisch, das andere ist darüber hinaus in der Lage, für eine knappe Sekunde das Öffnen der Tür zu blockieren. Das zweite Modell erscheint mir deutlich sicherer, ist aber ab 2022 leider nicht verbindlich vorgeschrieben, sondern lediglich das erste, technisch weniger aufwendige Billig-Modell.
Dem Fahrradfahrer aus dem Unfall-Bericht hätte vielleicht auch das "Billig-Modell" das Leben retten können. Oder der "holländische Griff, bei der mit der Hand die Tür geöffnet wird, die der Tür gegenüberliegt, so dass der Oberkörper eine Drehbewegung macht, die den Schulterblick begünstigt. Aber auch darüber wird in dem Artikel nichts ausgesagt. Wieder eine Chance verpasst, das Fahrradfahren sicherer zu machen.
Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass das Abschalten von Assistenzsystemen, die der Fahrsicherheit dienen, von erhöhter Risikobereitschaft zeugen.