Was gibt Gutes zum Thema Radverkehr zu berichten?

  • Was nützt das dann, wenn ich einen fahre? Und die anderen 95 Prozent? Zukunftsmusik. Ich rede vom Ist-Zustand.

    Ich fahre nur um die 2000 km mit dem Auto pro Jahr - wenn überhaupt. Da überholt die Akkualterung die Kapazitätsminderung durch Laden.
    Ist mir zu unökologisch, zudem kann ich hier nicht laden.

    Außerdem macht es zu viel Spaß, elektrisch zu fahren. Ich will ja nicht in Versuchung geraten, mehr Auto als Rad zu fahren.

    Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit dem Thema Elektromobilität. Je länger ich das tue, desto mehr schwindet mein anfänglicher "Glaube", es wäre insgesamt ökologischer.
    Aber hier vielleicht doch zu OT.

  • Ich bin ebenfalls für 30 in den meisten Straßen.
    Dass diese Geschwindigkeit grundsätzlich zu niedrigeren Emissionen führe, ist allerdings umstritten:

    Die größten Einsparpotentiale hast du damit doch total ignoriert, nämlich dann, wenn nicht mehr so viel Auto gefahren wird:

    • Je langsamer Autofahren wird, desto attraktiver werden Mobilitäts-Alternativen (Fuß, Fahrrad, ÖPNV [1])
    • Manche (unnötige) Wegstrecken werden ganz oder teilweise weggelassen, z.B. durch "Telearbeit"
    • Die Arbeitswege werden mittelfristig kürzer

    [1] Auch wenn der Bus dann auch nur maximal 30 km/h fahren darf: Je länger die Fahrt für alle dauert, desto weniger fallen die für den Bus zusätzlichen Wartezeiten an der Bushaltestelle ins Gewicht.

  • Du untergräbst das Argument, dass es mit einer zHg von 30 km/h effektiv gar nicht so viel langsamer ginge als heute mit erlaubten 50 km/h.

    Das ist einerseits richtig, was du sagst. Wenn ich hergehe und behaupte, mit Tempo 30 haben wir einen besseren Verkehrsfluss und können die Straßen optimaler auslasten, dann darf ich nicht davon reden, dass das Autofahren so verlangsamt wird.

    Aber auch Verkehr(t) stimme ich in einem gewissen Sinne zu. Die Geschwindigkeitsbegrenzung für den KFZ-Verkehr auf 50km/h innerorts war bei seiner Einführung in den 50er Jahren ein echter "Kulturschock" für die Autofahrer und ihre Unterstützer. Nach dem zweiten Weltkrieg in der jungen Bundesrepublik sah man zunächst keine Notwendigkeit, dem Autoverkehr irgendwelche Beschränkungen aufzuerlegen. Es durfte auch innerorts gerast werden. Um Unfälle zu vermeiden empfahl man damals, die Straßen auszubauen und die Fußgänger von den Straßen fernzuhalten, zum Beispiel durch die Anlage von Fußgängertunneln, die ja auch zuhauf angelegt wurden. So ticken ja leider auch heute noch viele Politiker. Ampelübergänge und Zebrastreifen haben in dieser Denke vor allem die Aufgabe Fußgänger, für die noch kein Tunnel gebaut ist, davon abzuhalten an irgendeiner beliebigen Stelle die Straße zu überqueren. Der Fußverkehr soll auf bestimmte Querungsstellen hin kanalisiert werden.

    Tempo 30 zur neuen Richtgeschwindigkeit zu machen bedeutet ein erneuter "Kulturschock". Und dabei ist es völlig gleichgültig, dass sich Tempo 30 sehr wohl sehr positiv auf den Verkehrsfluss auswirken wird. (Genauso wie sich ja auch Tempo 50 positiv ausgewirkt hat bezüglich der Unfallverhütung, das war damals die Begründung, Tempo 50 innerorts anzuordnen. Und das ist auch ein heute ein wichtiger Grund für Tempo 30)

    Ich habe übrigens bislang noch keinen "Vollblut-Autofahrer" gesprochen, der die Chancen, die sich aus Tempo 30 ergeben, nämlich verbesserter Verkehrsfluss und zügigeres Vorankommen auch wirklich als Chance begreift. Du vielleicht?

    Umgekehrt habe ich es bereits erlebt, dass "nicht ganz so vollblutige Autofahrer" sagten: "Ach wenn dann einmal Tempo 30 die Richtgeschwindigkeit im Stadtverkehr ist, dann kann ich ja auch auf den Bus umsteigen. Deshalb stimme ich nicht nur dir sondern auch Verkehr(t) zu!


  • Selbsttest mit der Momentanverbrauchsanzeige bei meinem Fabia: Im 4. Gang bei 50 erheblich geringerer Verbrauch als bei 30 (ganz gleich, ob im 2., 3. oder 4. Gang).
    Bester Verbrauch übrigens bei 70-80 km/h im 5.!

    Wie erklärst du dir das technisch? Normalerweise sollte man doch annehmen, dass eine niedrigere Geschwindigkeit bedeutet, dass der Luftwiderstand überproportional stärker sinkt. Daraus ergibt sich dann ein niedrigerer Verbrauch, weil ja ein deutlich niedrigerer Widerstand zu überwinden ist.

  • Bei meinem letzten Auto mit Verbrauchsanzeige lag der Verbrauch im Stand bei knapp 1 Liter pro Stunde. Bei Tempo 30 muss der Motor gut 3 Stunden laufen, bei Tempo 50 nur 2 Stunden.
    Je langsamer desto geringer der Verbrauch kann also nur bis zu einem gewissen Punkt stimmen.

  • Wie erklärst du dir das technisch? Normalerweise sollte man doch annehmen, dass eine niedrigere Geschwindigkeit bedeutet, dass der Luftwiderstand überproportional stärker sinkt. Daraus ergibt sich dann ein niedrigerer Verbrauch, weil ja ein deutlich niedrigerer Widerstand zu überwinden ist.

    Luftwiderstand ist erst bei hohem Tempo ein wichtiger Faktor.
    Die Motoren sind nicht für T30 optimiert. Ich gehe davon aus, dass viel Sprit einfach in Wärme umgewandelt wird anstatt in Bewegung.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Bei meinem letzten Auto mit Verbrauchsanzeige lag der Verbrauch im Stand bei knapp 1 Liter pro Stunde. Bei Tempo 30 muss der Motor gut 3 Stunden laufen, bei Tempo 50 nur 2 Stunden.
    Je langsamer desto geringer der Verbrauch kann also nur bis zu einem gewissen Punkt stimmen.

    Vom Motor aus betrachtet würde das bedeuten, dass der Motor neben dem Hauptzweck, nämlich das Fahrzeug voranzubringen, noch einen Nebenzweck erfüllt. Er muss die inneren Reibungswiderstände überwinden. Dafür verbraucht er Energie, die er bei langsamer Fahrt natürlich über einen längeren Zeitraum aufwenden muss als bei schneller Fahrt, wenn die selbe Strecke überwunden werden muss.
    Bei deinem Fahrzeug führt der innere Reibungswiderstand des Motors zu einem Energieverbrauch von 1 l pro Stunde, wenn man davon ausgeht, dass kein Nebenverbraucher Energie abzieht während der Motor im Leerlauf läuft. Wird eigentlich die Lichtmaschine auch im Leerlauf angetrieben? Sonst würde doch zum Beispiel die Klimaanlage bei Motorbetrieb mit abgekuppeltem Getriebe im Stand ganz schnell die Batterie "leerfressen".

    Und wie ist das mit der Klimaanlage oder dem Fahrtlicht? Klar, wenn man bedenkt, dass die länger laufen, wenn das Fahrzeug eine längere Zeit benötigt, um eine bestimmte Strecke zurückzulegen, dann ergibt sich so auch ein höherer Verbrauch. Bei voll aufgedrehter Klimaanlage, vollem Fahrtlicht, voll aufgedrehten Lautsprechern und was sonst noch so geht, z. B. pausenlos den Zigarettenanzünder reindrücken, hat man 'ne Menge Nebenverbraucher, die viel Energie abziehen.

    So erklären sich dann wohl Untersuchungsergebnisse, die von einem höheren Energieverbrauch bei niedrigeren Geschwindigkeiten ausgehen.

  • Luftwiderstand ist erst bei hohem Tempo ein wichtiger Faktor.Die Motoren sind nicht für T30 optimiert. Ich gehe davon aus, dass viel Sprit einfach in Wärme umgewandelt wird anstatt in Bewegung.

    Während das Tempo linear ansteigt, steigt der Luftwiderstand quadratisch an. Bei Tempo 30 versus Tempo 50 hast du vermutlich einen deutlich mehr als doppelt so hohen Luftwiderstand zu überwinden! Dieser Effekt wirkt sich natürlich bei einem kastenförmigen Lieferwagen deutlich stärker aus als bei einem stromlinienförmigen flachen Rennwagen. Ich möchte dir aber nicht zustimmen, dass das erst bei einem noch höheren Tempo relevant sein soll.

    Wenn es zutrifft, dass die Motoren (und Getriebe) nicht für Tempo 30 optimiert sind, dann müsste es doch auch möglich sein, die Antriebsaggregate für Tempo 30 zu optimieren. Und vermutlich außerdem noch für andere Geschwindigkeiten. Motor + Getriebe können doch für verschiedene Geschwindigkeiten optimiert werden. Sind sie das nicht bereits jetzt, da es ja verschiedene Gänge gibt? Was sind denn die optimalen Geschwindigkeiten für den 1., 2., 3. usw. Gang? Und gibt es da noch Verbesserungspotenziale?

  • Während das Tempo linear ansteigt, steigt der Luftwiderstand quadratisch an. Bei Tempo 30 versus Tempo 50 hast du vermutlich einen deutlich mehr als doppelt so hohen Luftwiderstand zu überwinden! Dieser Effekt wirkt sich natürlich bei einem kastenförmigen Lieferwagen deutlich stärker aus als bei einem stromlinienförmigen flachen Rennwagen. Ich möchte dir aber nicht zustimmen, dass das erst bei einem noch höheren Tempo relevant sein soll.

    Wenn der doppelt so hohe Luftwiderstand immernoch deutlich kleiner ist als die inneren Widerstände im Motor und/oder der Rollwiderstand der Reifen ist die Aussage zwar richtig, aber in der Gesamtbetrachtung nicht wesentlich. Ohne konkrete Zahlen lässt sich das nicht sagen.

    Inwiefern es für ein Auto schlechter sein soll im 4. Gang mit 30 bei ca. 1200 Umdrehungen zu fahren als im 5. Gang mit 50 bei der gleichen Drehzahl ist mir allerdings auch schleierhaft.

    Vorstellbar ist allenfalls, dass längerer Betrieb bei niedrigen Drehzahlen generell schlecht für den Motor ist. So etwas wäre dann aus meiner Sicht allerdings eine Fehlkonstruktion. Zumal auf z.B. schwedischen Landstraßen meistens auch nur 2000 Umdrehungen angezeigt werden.

  • Die größten Einsparpotentiale hast du damit doch total ignoriert, nämlich dann, wenn nicht mehr so viel Auto gefahren wird:

    • Je langsamer Autofahren wird, desto attraktiver werden Mobilitäts-Alternativen (Fuß, Fahrrad, ÖPNV [1])
    • Manche (unnötige) Wegstrecken werden ganz oder teilweise weggelassen, z.B. durch "Telearbeit"
    • Die Arbeitswege werden mittelfristig kürzer

    [1] Auch wenn der Bus dann auch nur maximal 30 km/h fahren darf: Je länger die Fahrt für alle dauert, desto weniger fallen die für den Bus zusätzlichen Wartezeiten an der Bushaltestelle ins Gewicht.

    Ich erwarte nicht, dass die innerstädtischen Wegstrecken bei Tempo 30 wesentlich länger dauern werden.
    Auto fahren in der Stadt muss umständlich, teuer und zeitraubend sein. Im Vergleich dazu das Radfahren bequem, günstig und schnell. Nein, ich werde jetzt nicht auf Kopenhagen verweisen ... :whistling:

  • Ich erwarte nicht, dass die innerstädtischen Wegstrecken bei Tempo 30 wesentlich länger dauern werden.Auto fahren in der Stadt muss umständlich, teuer und zeitraubend sein. Im Vergleich dazu das Radfahren bequem, günstig und schnell. Nein, ich werde jetzt nicht auf Kopenhagen verweisen ... :whistling:

    Vorsicht! Damit gießt du Wasser auf die Mühlen der Tempo 30 Kritiker. Aber sei's drum, wir sind ja hier in einem Radverkehrsforum und nicht auf der Pressekonferenz.
    Und Tempo 30 statt Tempo 50 als Richtgeschwindigkeit macht das Autofahren nicht umständlicher, teurer und zeitraubender.
    Ich bin mir sicher, das Tempo 30 tatsächlich dazu beiträgt, dass noch mehr Autos in der Stadt unterwegs sein werden, wenn man nur die unmittelbaren Effekte berücksichtigt.
    Die Straßen werden optimaler ausgelastet, weil die Straßen ja in der Regel keine langen schnurgeraden Landstraßen sind, sondern in der Stadt immer wieder unterbrochen werden durch Querverkehr, ein und ausparkende Fahrzeuge usw.. Und die daraus entstehenden Stauchungen und Streckungen der Fahrzeugreihen, wenn Fahrzeuge anhalten und wieder anfahren, fallen deutlich geringer aus bei Tempo 30. Deshalb werden eher mehr als weniger Autos in der Stadt herumfahren bei Tempo 30, wenn man nur die unmittelbaren Auswirkungen betrachten würde.
    Allerdings eröffnen sich zusätzliche mittelbare Effekte, zum Beispiel das das Radfahren oder zu Fuß gehen als weniger gefährlich oder unangenehm empfunden wird.
    Dann dürfte das Gefühl nicht mehr deutlich schneller als mit dem Rad unterwegs zu sein, eine Rolle spielen. Das wird zum Radfahren animieren. Bringt aber letztlich auch nicht viel, weil die Lücken im MIV, die sich dadurch auftun, sofort wieder zugefahren werden würden von weiteren Menschen, die die neuen Freiräume nutzen würden, um mit dem Auto in die Stadt zu fahren.
    Deshalb ist es wichtig, dass die Straßen schmaler gebaut werden könnten und auch schmaler gebaut werden, wenn die Fahrzeuge Tempo 30 fahren. Dadurch ergibt sich mehr Platz für den Rad- und Fußverkehr. Und es müssen Autoverkehrsflächen zurückgebaut werden, weil sie nicht mehr gebraucht werden, weil der Verkehr bei Tempo 30 ja effektiver vom MIV genutzt wird. Darf man natürlich auch nicht all zu laut sagen. Aber wir sind ja hier nicht auf der Pressekonferenz.

    Auf vielen Autobahnen werden ja die Tempolimits abhängig vom Verkehrsaufkommen angezeigt. Auch dort ist es so, dass bei hohem Verkehrsaufkommen die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten reduziert werden. Weil dann auf der nur begrenzt vorhandenen Verkehrsfläche mehr Autos unterwegs sein können.

  • Vielleicht war mein Beitrag missverständlich: Ich schrieb doch gerade, dass Tempo 30 die Fahrtdauaer mMn eben nicht wesentlich verlängert wird.
    Dass Autofahren in den Städten unakttraktiv gemacht gehört, bleibt dessen ungeachtet bestehen, aber das wird eben nicht durch Tempro 30 geschehen -- da sind wir ja einer Meinung --, sondern durch eine Infrastruktur, die Radfahrende und ÖPNV-Nutzer_innen bevorzugt. Parkflächen gehören reduziert und umgewidmet, Parkgebühren drastisch erhöht. Falschparker_innen gehören abgeschleppt (merke gerade, wie falsch und lustig die Formulierung eigebtlich ist, lasse sie aber um des Amusements willen stehen) usw.

  • Vielleicht war mein Beitrag missverständlich: Ich schrieb doch gerade, dass Tempo 30 die Fahrtdauaer mMn eben nicht wesentlich verlängert wird.
    Dass Autofahren in den Städten unakttraktiv gemacht gehört, bleibt dessen ungeachtet bestehen, aber das wird eben nicht durch Tempro 30 geschehen -- da sind wir ja einer Meinung --, sondern durch eine Infrastruktur, die Radfahrende und ÖPNV-Nutzer_innen bevorzugt. Parkflächen gehören reduziert und umgewidmet, Parkgebühren drastisch erhöht. Falschparker_innen gehören abgeschleppt (merke gerade, wie falsch und lustig die Formulierung eigebtlich ist, lasse sie aber um des Amusements willen stehen) usw.

    Du hast Recht, ich hab deinen Beitrag zumindest in dem Teil missverstanden, den du grad noch mal klar gestellt hast. Aber es ist vielleicht wirklich besser, auch diese Redewendungen wie, "Auto fahren in der Stadt muss umständlich, teuer und zeitraubend sein.", anders rüber zu bringen, zumindest in "Presseerklärungen".

  • Freilich äußerte ich mein Anliegen in anderem Kontext nicht so.
    Habe aber auch nicht vor, Presseerklärungen abzugeben. ;)

    Puh, dann ist ja gut. So ein paar Tricks sollte man sich ggf. parat halten, um in einem eher skeptischen Umfeld hohe Überzeugungskraft zu entfalten. Deshalb find ich die Diskussion hier auch grad so spannend.