Hamburg möchte Fahrradstadt - Lösungsansätze

  • Auf Wunsch von Malte stelle ich die Thematik hier noch mal ein.
    Im Gesichtsbuch habe ich bereits eine längere Bilderstrecke zum Topic gepostet.
    Behandelt wurde die Kieler Str. Wo ist es gut, wo ist es schlecht. Also quasi das, was Malte hier und hier und natürlich auch hier eindrucksvoll dokumentiert hat.
    Die Kieler Str. ist und wird immer eine Problemstrecke bleiben, ausser die Politik ist irgend wann einmal gewillt, sehr viel Geld und sehr viel Enthusiasmus in einen Topf zu werfen
    um die Infrastruktur radikal zu verändern.
    Ich bin mir sicher, dass ich es nicht mehr erleben werde. Die Zeichen stehen weiterhin auf MIV, auch wenn die Abwrackprämie nun eine e-Autoprämie ist.
    Dann muss man überlegen: was ist die Alternative. Die Alternative ist für mich, seit gut 10 Jahren, häufig die Nebenstrecken als Pendlerstrecke zu nutzen.
    Diese möchte ich im weiteren Verlauf vorstellen, inkl. Problemen und Potentialen.

    Fangen wir an: Die City verfügt mittlerweile über eine recht annehmbare Infrastruktur für Radfahrende.
    Wie z.B. die grösstenteils gut gemachten Radstreifen an der Feldstr. und am Neuen Pferdemarkt.

    Grösstenteils, weil am Übergang zur Schanzenstr. eine wunderbare Dooringzone geschaffen wurde und suggeriert wird, Radfahrende sollen auf den
    von der Gastronomie okkupierten, nicht benutzungspflichtigen Radweg wechseln.
    Mach ich nicht, ich verlasse schon vorher den Streifen und reihe mit hinter den wartenden Fahrzeugen ein um enges Überholt werden beim Ampelsprint zu vermeiden.

    Die Schanzenstr. ist, in meinen Augen, problemlos auf der Fahrbahn befahrbar. Das Konfliktpotential mit anderen VT ist eher als gering einzuschätzen.
    Am Ende der Schanzestr. wurde vor ein paar Jahren ein Schutzstreifen aufgepinselt, welchen ich noch nie benutzt habe.
    Zum einen ist er zum Teil über Kopfsteinpflaster gepinselt, zum anderen ist es ein beliebter Parkstreifen und Gehweg.
    OK, kann ich mit leben. Und auch hier ist das Konfliktpotential eher gering, auch wenn man trotz Schutzstreifen mitten auf der Straße fährt.
    Ein nach rechts deuten und mit den Schultern zucken kann dabei sehr hilfreich sein, wenn man ein Kfz hinter sich hat ;)

    Weiter geht es auf die Weidenallee. Recht viele Radfahrer unterwegs, breite Fahrbahn, sehr geringes Konfliktpotential. 2. Reihe Parker nerven ab und an, sowie Parkplatzssucher die
    herumschleichen um dann unvermittelt abzubiegen.
    In FB gab es zu gleich folgender Stelle schon eine Diskussion: Muss man den rechts im Bild gezeigten Radweg nutzen, wenn man doch geradeaus, bzw. halblinks -> halbrechts in den Weidenstieg möchte?
    Ich benutze ihn jedenfalls nicht.

    Und weiter geht es im Weidenstieg. Radfahrende überwiegen mittlerweile, auch bedingt durch die Route am Kaiser-Friedrich-Ufer.
    Konfliktpotential nahezu Null.
    Wäre prädestiniert für eine Fahrradstraße. Im weiteren Verlauf folgt noch Kopfsteinpflaster, bei Nässe muss man hier wegen vieler Stehzeuge, die gerne mal aus dem Nichts plötzlich angeschossen kommen,
    recht langsam fahren. Vor allem auch, weil in der Einmündung zum Eppendorfer Weg immer falsch geparkt wird. Man muss fast bist zur Straßenmitte einfahren um genügend Sicht zu haben.
    Hier wären auf jeden Fall Poller und/oder Sperrflächen angebracht.


    Nach einer S-Kurve kommt man dann zur B5 (Ring 2). Die komische Zweirichtungsführung ist gefährlich und wird eigentlich immer falsch benutzt.
    Die Bettelampel um gegenüber in die Torniquisstr. zu kommen, ist extrem nervig mit unterirdischen Schaltzeiten.
    Ab 22:00 ist die allerdings aus, dann wird es besser ;)


    Torniquisstr. Aushaltbares Kopfsteingerumpel, niedriges Konfliktpotential. Man muss hier etwas offensiver fahren und auch mal den linken Arm mit geballter Faust ausstrecken um, den eher seltenen,
    motorisierten Gegenverkehr klar zu machen: wenn Du hier durch willst, dann klappt das nur ohne Aussenspiegel. Wird meistens auch verstanden ;)

    Im weiteren Verlauf befährt man einen 2-Richtungsradweg. Ausreichend breit, sehr niedriges Konfliktpotential mit verirrten Fussgängern.
    Manchmal ist die Einfahrt dämlich zugeparkt, aber eher Ausnahme.

    Auch hier: absolutes Haltverbot, eigentlich immer zugeparkt, schlechte Sicht nach rechts und links an der Einmündung.

    Alles in allem wäre auch die Tornquisstr. eine ideale Fahrradstr.
    Und weiter geht es in die Sillemstr.
    Typische Anwohnerstr. niedrige Fahrgeschwindigkeit, niedriges Konfliktpotential. Sehr mittiges Fahren ist Pflicht.
    Belag wechselt im Verlauf zu gefrästen Kopfsteinpflaster, recht gut zu befahren, auch bei Nässe.
    Allerdings ist auch hier wieder das übliche Problem an der Kreuzung zur Schwenckestr.: Falschparker nehmen die
    Sicht, weites Einfahren in die Fahrbahn ist nötig um Überblick zu bekommen.
    Der auf dem Bild zu sehende, recht kurze 2-Richtungsradweg ist problemlos.

    Und wieder das Fazit: wäre eine brauchbare Fahrradstr., RVA ist bereits recht hoch, wenn auch zu einem nicht unerheblichen Teil auf den Nebenflächen.
    Warum? Keine Ahnung. Konfliktpotential geht gegen Null.
    Nun geht es weiter auf den Langenfelder Damm. Man steht meist an der roten Ampel, hier ist sehr mittiges Einordnen Pflicht um nicht vor der
    Verkehrsinsel eng überholt zu werden.
    Für die vorgestellte Route muss nur ein kurzes Stück gefahren werden, daher ist das Konfliktpotential eher niedrig anzusetzen.
    Möchte man weiter auf die Kieler Str., ist das Konfliktpotential, je nach Tageszeit, eher mittel, da man sehr mittig fahren sollte (parkende Autos)
    und die Geschwindigkeit der Kfz recht hoch ist.

    Rechts abbiegen die die Högenstr.
    Wieder eine Anwohnerstr., hier dominieren ruhender Verkehr, Radfahrer, Jogger, Spaziergänger.
    Auch wenn es an einer Stelle sehr eng ist und RVL nicht immer Beachtung findet: kaum Konfliktpotential, meinen
    Erfahrungen nach wird hier §1 noch ausreichend wahrgenommen.

    Fahrradstraßenfähig? Jep.
    Der weitere Verlauf führt durch eine Kleingartenanlage. Versteht sich von selbst dort Tempo rauszunehmen. Viele Spaziergänger und Jogger, ausreichend breite Wege,
    Null Konfliktpotential wenn man sich anpasst.

    Am Ende der geteerten Strecke biegt man rechts ab um im weiteren Verlauf auf die Hagenbeckstr. zu gelangen.
    Bei schönem Wetter muss man sehr vorsichtig fahren, viele Kinder, viele Spaziergänger. Versteht sich aber wohl von selbst ;)

    Hagenbeckstr.: niedriges bis mittleres Konfliktpotential. Mittiges fahren ist Pflicht, dann ist es recht entspannt.
    Hier wäre angebracht auf Tempo 30 umzustellen. Der Kfz-Verkehr hält sich sowieso sehr in Grenzen, ob ein Bus fährt weis ich nicht.
    Gesehen hab ich noch keinen.


    Um die Hagenbeckstr. für Radfahrende attraktiver zu gestalten, wäre neben Tempo 30 vor allem ein Bypass auf den Radweg der Koppelstr.
    extrem hilfreich. Ja, kommt schon mal vor das ich hier eine Owi begehe wenn ich nach rechts möchte und kein Auto vor mir steht ;)

    Der Abschnitt von der Hagenbeckstr. bis zum Lockstedter Grenzstr. führt über einen Hochbordradweg der besseren Sorte.
    Nicht unbedingt vom Belag, aber die Breite ist OK und es gibt keine Ein- und Ausfahrten. Saniert ein Radweg, der keine Benutzungspflicht bräuchte um genutzt zu werden.
    Er ist schon jetzt so beliebt, dass er von beiden Seiten befahren wird ;).


    Lokstedter Grenzstr.
    Niedriges Konfliktpotential unter der Woche, am Wochenende ist es hier voll und einige Ausflügler haben Park- und Freizeitdruck, was mit unter
    in ein Druckausüben auf Radfahrende ausufert. Ist aber eher die Ausnahme.
    Und wieder: Fahrradstr. oder zumindest Tempo 30 wären mehr als sinnvoll.
    Der Kreisverkehr sorgt für mittleres Konfliktpotential mangels Einhaltung der Regeln und Unterschätzen der Radfahrergeschwindigkeit (es geht bergab) seitens der Kfz-Lenker.
    An der Stelle hab ich schon öfter ordentlich gebrüllt.

    Deelwisch. Niedriges Konfliktpotential, recht wenig befahren, recht breite Fahrbahn.
    An "Engstellen" sehr mittig fahren, dann ist es recht entspannt, wohl auch weil selbst ungeübte Fahrer hier locker Tempo 30 erreichen.
    Der Deelwisch ist auf jeden fall etwas besonderes. Im oberen Teil ist Tempo 50.

    Dann kommt RVL.

    Tempo 30.

    Und ein VBB


    Und wieder: Fahrradstr., Tempo 30, VBB - wäre alles machbar, vor allem weil im unteren Teil sowieso schon Radfahrer und Fussgänger dominieren.

  • Am Ende des Deelwisch ist man dann im Niendorfer Gehege. Dort gibt es vielfältige Möglichkeiten weiter zu kommen. Ob Eidelstedt, Schnelsen oder Niendorf, es gibt Verbindungen in jede Richtung und man kann die Hauptverkehrsadern (Kieler Str., Holsteiner Chaussee, Kollaustr.) sehr direkt erreichen.
    Den Routenverlauf gibt es hier:

    Vor und Nachteile zum Pendeln:
    Nachteil ist ganz klar das Niendorfer Gehege bei schlechtem Wetter. Man saut sich ordentlich ein und manche Wege sind mit schmalen Reifen schwer zu befahren.
    Die Strecke ist insgesamt länger und hat mehr Steigungen als würde man die Hauptverkehrsadern nutzen.
    Die Fahrzeit bleibt bei mir in etwa gleich, da Falschparker ablichten wegfällt ;)

    Die Kieler Str. ist, wie eingangs erwähnt, ein heisses Eisen. Daher wäre es angebracht die, recht wenigen Mängel, an der Nebenstrecke zu beseitigen. Sperrflächen und Poller an Kreuzungen und Einmündungen,
    Mehr Tempo 30 und Fahrradstraßen anordnen.
    Mit gezielter Werbung könnte man hier eine Pendlerachse schaffen, die für viele Menschen attraktiv, realtiv zügig zu befahren, konfliktfrei und noch dazu recht schön ist.

    Was noch erwähnenswert ist: auf der gesamten Strecke gibt es exakt 230 Meter benutzungspflichtigen Radweg, das ist der Hochbord RW an der Koppelstr.

  • Scheidet damit die Strecke nicht für die warnwestenbehangenen Sicherheitsradler aus?

    Komplex. Sehr komplex. An Stellen, wo ich die Sicherheitsradler nicht auf der Fahrbahn vermuten würde, z.B. Hagenbeckstr., sind mittlerweile recht viele unterwegs.
    Dafür wird in der Torniquisstr. kampfgeradelt, gerne von Männern auf Sporträdern. Wohl wegen des Kopfsteinpflasters.
    Ich kann jedenfalls nicht behaupten, dass auf den Nebenflächen übermässig viele Warnwestenhelme unterwegs sind.
    Aber die Radfahrerdichte nimmt sowieso mit jedem Meter Entfernung von der City ab.

  • Also ich muss mal ganz doof fragen: Suchst Du Lösungsansätze für die von Dir vorgestellten Probleme, oder glaubst Du, Lösungsansätze für andere Probleme zu liefern?

    Zu Deiner Variante habe ich noch ein paar Fragen: Wie hoch ist der Anteil an Kopfsteinpflaster? Wie hoch ist der Anteil an wassergebundenen Belägen? Wie sieht es mit der Straßenbeleuchtung aus? Nach welchen Kriterien hast Du die Strecke ausgesucht?

    Hast Du es schon einmal mit der Veloroute 2 versucht?

    Wenn ich weiss, was Du eigentlich möchtest, stelle ich vielleicht meine Route von Eidelstedt in die Innenstadt vor. Die enthält 100 % Asphalt und 0 % Benutzungspflicht.

  • Ich suche Lösungsansätze, Radfahren für möglichst viele Pendler attraktiv zu präsentieren.
    Lösungen, die man den Bezirksämtern, dem ADFC, dem Senat vorlegen kann um Prioritäten zu Überdenken.
    Eine Veloroute, die alltagstauglich und ruhig ist.


    Anteil an Kopfsteinpflaster (alle Angaben mit dem Entfernungsmesser von gmaps zusammengeclickt):
    - Weidenstieg und Tornquiststr.: 415m
    - Sillemstr.: 250m, gefräst
    - Wassergebunden: 340m (Kleingärten)
    Rest ist Asphalt, bzw. auf dem Radweg eben 230m Pflaster
    Beleuchtung? Gute Frage. Eigentlich überall ausreichend vorhanden soweit ich erinnere.

    Niendorfer Gehege ist Niendorfer Gehege, da kann ich keine genauen Daten liefern. Und Licht muss man selbst mitbringen ;)

    Stell doch gerne mal Deine Route vor.

  • Ich suche Lösungsansätze, Radfahren für möglichst viele Pendler attraktiv zu präsentieren.
    Lösungen, die man den Bezirksämtern, dem ADFC, dem Senat vorlegen kann um Prioritäten zu Überdenken.

    Für Pendler braucht man doch aber selten Fahrradstraßen (die braucht man entweder für nebeneinander radelnde Touristen, oder um die Hürden einer T30-Zone zu umgehen, oder um das ganze aus dem Radverkehrstopf finanzieren zu können und sich selbst zu Fahrradstadt ernennen zu können).

    Da überall da wo Wohnbebauung Schulweg/Pendlerstrecke ist, wäre Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit (mit Tempo 50 in abgelegenen Industrie- und Gewerbegebieten) eine sinnvolle Maßnahme. Ob das ohne Änderung der StVO geht (also von HH umgesetzt werden kann), weiß ich aber nicht. Aber Tempo 30 vor Schulen/Kindertageseinrichtungen soll ja vereinfacht werden.


    Neben Temporeduzierung wäre auch die Reduzierung von Kraftfahr- und -stehzeugen ein geeignetes Mittel um das Rad für den Weg zur Arbeit attraktiver zu machen. Fahrzeuge durch Erhebung einer Staumaut (ähnlich London), Stehzeuge durch aktivere Parkraumüberwachung.

    Mehr Platz (und weitere Anreize) für den Radverkehr schafft man durch Einführung von (für Radfahrer freigegebene) Einbahnstraßen.

    Die wichtigsten Faktoren bei der Fahrzeugwahl liegen für mich aber beim Ziel, nicht auf dem Weg:
    Kann ich am Ziel mein Fahrrad sicher abstellen, mich am Ziel umziehen und waschen.

    Der Weg beeinflusst dagegen noch den wichtigen Faktor "Komme ich gestresst oder entspannt an." Da kann aber selbst bei der optimalsten, "idotensichersten" Planung (durch Behörden) immer ein Idiot, der sich nicht an die Spielregeln (Vorfahrt, Abstand, akkustische Warnsignale) hält, einen Strich durch die Rechnung machen. Die Zahl der Idioten zu reduzieren ist meiner Meinung nach mindestens genauso Aufgabe der Gesellschaft (z.b. (Wann) ist es gesellschaftlich akzeptabel bei Rot zu fahren/gehen?) wie des Staates (der unter Berücksichtigung der Gesetze und mit Hilfe des Opportunitätsprinzipes Rotlichtvergehen ahndet oder eben nicht).

    Wenn ich meine Pendelstrecke (die ich multimodal mit Rad, U-Bahn, Bus und dann zu Fuß zurücklege) betrachte, wäre es (für meine Bedürfnisse!) auch eine Attraktivitätssteigerung wenn Fahrräder auch in der Sperrzeit in der U-Bahn mitgenommen werden dürften, so lange Kapazitäten frei sind (wäre bei mir immer der Fall). Ein extra Pendlerfahrzeug (Faltrad) möchte ich mir nicht zulegen (Kosten, begrenzte Abstellmöglichkeiten).

  • Ich sehe Fahrradstr. als ein reines Propagandamittel. Das sie auch in der Realität, zumindest in Hamburg, wirklich funktionieren und einzig und allein Radfahrenden gewidmet werden, halte ich für ziemlich ausgeschlossen.
    Fahrradstr. ist für mich mehr als die offizielle Bezeichnung.
    Sprechen wir einfach weiter von "fahrradfreundlichen Straßen".
    Generell gehe ich mit Deiner Argumentation konform.
    Und nein, völlige Stressfreiheit kann man nicht planen. Aber Nebenstrecken weiter zu entstressen, entschleunigen und fahrradfreundlich zu machen ist ein greifbares, kostengünstiges, schnell umsetzbares Ziel.
    Der ÖPNV ist noch mal eine ganz andere Geschichte, gerade zu den Stoßzeiten...

  • Für Pendler braucht man doch aber selten Fahrradstraßen

    Also meine 4km gelten vielleicht nicht als "Pendeln". Trotzdem freue ich mich, dass eventuell praktisch der ganze Weg zur Fahrradstraße erklärt wird.
    Aufgrund der in 100m parallel verlaufenden 6-spurigen Hauptstraße würde sich der illegale Autoverkehr wohl auch in Grenzen halten.

  • @Epaminaidos Ich meinte den standardmäßigen Ausnahmefall "für KFZ freigegebene Fahrradstraße", was für eine Fahrradstraße bekommst du denn?

    Unechte Fahrradstraßen sind für mich Tempo 30 Straßen in denen Radfahrer dauerhaft nebeneinander fahren dürfen (selbst in Fahrradstraßen greift meiner Meinung nach aber irgendwann §1 und man sollte bei 4 km langer Fahrradstraße Möglichkeiten zum Überholen bieten).

    Echte Fahrradstraßen (ohne KFZ-Freigabe) sind natürlich "bestens ausgebaute" Radwege. Erreicht man aber auch durch [Zeichen 250][Zusatzzeichen 1022-10] (hier darf man dann auch schneller als 30 km/h radfahren)

  • Ich suche Lösungsansätze, Radfahren für möglichst viele Pendler attraktiv zu präsentieren.

    Was macht Radfahren denn für Pendler attraktiv? Stell Radfahrern als billit, gesund, schnell, umweltbewusst, ... dar.

    Zitat von Blaue Sau

    Lösungen, die man den Bezirksämtern, dem ADFC, dem Senat vorlegen kann um Prioritäten zu Überdenken.

    Die Lösung ist denkbar einfach: Nehmt Radfahrer ernst! Dazu gehört primär, dass die Route schnell ist. Keine Umwege/Schlenker, vernünftiger Belag, Grüne Welle bei (sagen wir) 20 km/h, ....

    Zitat von Blaue Sau

    Eine Veloroute, die alltagstauglich und ruhig ist.

    Das ist ein Widerspruch in sich: Entweder kommt man vernünftig von A nach B, dann ist es mit der Ruhe aus, oder nicht. Was meinst Du, warum es an der Kieler so unruhig ist?

    Zitat von Blaue Sau

    Stell doch gerne mal Deine Route vor.

    Die kennst Du doch auch schon aus dem Fratzenheft:
    Rungwisch
    Vogt-Kölln
    Stückchen Wördemannsweg
    Hagenbeck
    Osterstraße/Bundesstraße
    Karolinenstraße

    Wie sieht es eigentlich mit der Unterführung an der S-Sternschanze aus? Da ist noch Potential drin.

  • Neben Temporeduzierung wäre auch die Reduzierung von Kraftfahr- und -stehzeugen ein geeignetes Mittel um das Rad für den Weg zur Arbeit attraktiver zu machen. Fahrzeuge durch Erhebung einer Staumaut (ähnlich London), Stehzeuge durch aktivere Parkraumüberwachung.

    Temporeduzierung? Reduzierung von Kraftfahrzeugen? Also Aktionen gegen das Auto?

    In einem Land, in dem die Bundesregierung toleriert, dass die Bevölkerung mit weit überhöhten Stickoxidwerten wissentlich vergiftet wird, damit die Autoindustrie mehr Gewinne macht? In dem die Bundesregierung keinerlei Gründe für ein generelles Tempolimit auf Autobahnen erkennt?

    Sehe ich nicht, so lange der Neoliberalismus die Zügel fest in der Hand hält... :cursing:

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Nach dem Sommerurlaub hole ich mal für ein kurzes Statement diesen etwas angestaubten Thread hoch.
    Ich war nämlich kürzlich für wenige Tage zu Gast in der schönen Stadt Hamburg. Aus familiär-logistischen und aus zeitlichen Gründen war ich nur mit PKW und ÖPNV unterwegs, habe mir aber erlaubt, nebenbei mal einen prüfenden Blick auf die hier im Forum so vielgescholtene Fahrradinfrastruktur zu werfen.

    Und was soll ich sagen: bis zu einer fahrradfreundlichen Stadt hat Hamburg wohl noch einen seeeeeeeeeeehr langen Weg vor sich!

    Nun kann ich natürlich nach einer kurzen Visite und wenigen, räumlich begrenzten Fahrten, kaum einen repräsentativen Eindruck gewonnen haben. Und ich will mir auch nicht anmaßen, das nun auch nur annähernd so beurteilen zu können wie die hier zahlreich vertretenen Hamburger Radfahrer. (Lustigerweise kamen mir aber aus dem Forum ein paar Straßennamen gleich bekannt vor, obwohl ich die Stadt sonst nur sehr oberflächlich kannte.)
    Nehmt meine Eindrücke bitte als das, was sie sind: eine kurze, oberflächliche Betrachtung mit dem Blick eines nicht Ortskundigen - was sich vor allem auf die eigene Erwartungshaltung auswirkt.

    Was mir wirklich nachhaltig als Unterschied aufgefallen ist, sind die hohen Geschwindigkeiten, die dort in der Stadt gefahren werden (werden dürfen!). Und da meine ich jetzt nicht solche in beiden Richtungen mehrspurigen Hauptstraßen wie die Ludwig-Erhard-Straße vor dem Michel, sondern gewöhnliche innerörtliche Straßen mit je einer Spur pro Fahrtrichtung, Fahrbahnrandparkern und oft sogar ohne Mittellinienmarkierung (z.B. in so beschaulichen Wohnvierteln wie Gross-Flottbek). Gegenden, wo ich auf jeden Fall damit gerechnet hätte, mich in einer Tempo-30-ZONE zu befinden und auch entsprechend gefahren wäre/bin. Nichts da, keine Beschränkung weit und breit, Tempo 50 erlaubt. Und das wird auch gefahren!
    Stellenweise wirkte die gesamte Straßen-Infrastruktur, als hätte sich seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nichts geändert. Selbst im Nobel-Wohnviertel Blankenese fand ich mich bei erlaubten 50 km/h im Wohnviertel plötzlich auf ziemlich sanierungsbedürftigen Holperstrecken wieder.
    Dass man sich als Radfahrer auf solchen Straßen unwohl fühlt, kann ich wohl nachvollziehen. Und wenn das allgemein gefahrene Tempo sich immer an der erlaubten Höchstgeschwindigkeit orientiert und die Fahrbahnverhältnisse eher weniger berücksichtigt, kann das auch kaum besonders sicher sein. Damit bewegt man keine Menschen zum Radfahren und noch weniger Radfahrer vom handtuchbreiten Hochbord auf die Fahrbahn.

    Die "Radwege" waren von äußerst unterschiedlicher Qualität, überwiegend alt (also sehr schmal und ohne Sicherheitsabstände) und ungepflegt (zugewuchert, holprig, nicht oder schlecht markiert).
    Die HH-spezifische Beschilderung von Hochbord-Radwegen mit Vz 237 ist mir nicht so häufig begegnet. Wäre mir das nicht aus dem Forum bekannt gewesen, hätte ich als Ortsfremder mit StVO-Kenntnis die Regelung bestimmt nicht überall so verstanden, wie sie von der StVB wohl gemeint war.
    Aufregender fand ich einige 75cm-Hochbord-Radwege (in der Friedensallee im Bereich Bahrenfeld/Ottensen mit z.B. rötlichen Pflastersteinen?), die schön schmal und holprig und bei Hamburger Nieselwetter bestimmt suuuuuuuuper-rutschsicher sind.
    Insgesamt schien mir der Radverkehrsanteil niedrig. Vermutlich fokussiert er sich auf andere Strecken als der süddeutsche Tourist.
    Wie man auf die bescheuerte Idee kommen konnte, die Radwege am Jungfernstieg lediglich mit schwarzen Markierungen und Mini-Piktogrammen auszuführen und ausgerechnet zwischen Bootsanleger und Bushaltestellen mitten durch den Gehweg zu ziehen... bei der Verkehrsdichte... da muss wohl etwas viel Alsterwasser im Tchibo-Kaffee der Verkehrsplaner gewesen sein.

    Die Baustelleneinrichtungen waren von der bekannten Qualität. Ich fand es an einigen Stellen schon als Fußgänger ziemlich schwierig, einen legalen Weg jenseits der Fahrbahn zu finden. Die meisten Kraftfahrer waren bereits ausreichend negativ konditioniert und haben die Beschilderung großzügig ignoriert oder umgedeutet. Auch die Busfahrer rund um den Rathausmarkt mussten baustellenbedingt Umleitungen fahren, die anhand der beschilderten Fahrtrichtungsgebote eigentlich unmöglich waren. Aber na gut, das übliche Chaos einer Großstadt eben.

    A propos "Chaos": um dem drohenden Verkehrsinfarkt zu entgehen, setzen ja viele Städte auf einen Ausbau des ÖPNV. Und als Besucher war ich mehr als bereit, den eigenen PKW stehen zu lassen und mit Bus und Bahn die Innenstadt zu bereisen.
    An zwei Tagen bescherte uns das eine nette Sightseeing-Tour, da der Schnellbus von unserem Quartier bis zum Michel deutlich über eine halbe Stunde benötigte. Das ist eigentlich kein Wunder, wenn der Schnellbus bei einem stolzen Aufpreis (2 Euro Zuschlag) dennoch an jedem Mülleimer hält.
    Am dritten Tag gar vom Hotel zum Tierpark zu fahren, gestaltete sich mit den ÖPNV-Mitteln geradezu unmöglich. Alle Verbindungen, die ich dank HVV-App eruieren konnte, enthielten Fußwege von wenigstens zwanzig Minuten (als gäbe es keine Haltestellen in der Nähe einer der größten Besucherattraktionen) und/oder mindestens viermaliges Umsteigen bei einer Gesamt-Fahrtzeit von nicht unter 50 Minuten (und nächste Verbindung erst in 45 Minuten). Wir sind dann ins eigene Auto gestiegen, waren in 15 Minuten da und hatten im Parkhaus sogar noch ein günstiges Schattenplätzchen für die Karre für 4 Euro Tagesgebühr.
    Leute, so wird das nichts mit dem ÖPNV!!!

    Was mir äußerst positiv aufgefallen ist: die Hamburger waren auffallend freundliche Menschen! Als ich z.B. im Bus nur das Standard-Ticket vorzeigte (Schnellbus-Zuschlag fehlte), war das ein kurzes, nettes, umkompliziertes Gespräch mit dem Busfahrer und ich hatte das richtige Ticket in den Händen. In Franken (und vielleicht mehr noch in Bayern) hätte es hierfür allenfalls einen gebrummelten Ausdruck des Mißfallens gegeben, verbunden mit einer Forderung wie: "macht noch zwei Euro".

    Hiermit freundliche Grüße aus Nürnberg!

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Gut, die Schnell/Eil-Busse in Hamburg sind ein Scherz. Könnte man mal abschaffen oder in Metrobus umbenennen.

    Zum Tierpark? Das sind vielleicht 350m Fußweg von der U-Bahn aus, 3-4 Minuten. Wo bitte nimmst du 20 Minuten Fußweg und 4x Umsteigen her, wenn du zum Tierpark willst?
    Darf ich fragen wo der Start der Strecke bzw. das Hotel war?

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • A propos "Chaos": um dem drohenden Verkehrsinfarkt zu entgehen, setzen ja viele Städte auf einen Ausbau des ÖPNV. Und als Besucher war ich mehr als bereit, den eigenen PKW stehen zu lassen und mit Bus und Bahn die Innenstadt zu bereisen.
    An zwei Tagen bescherte uns das eine nette Sightseeing-Tour, da der Schnellbus von unserem Quartier bis zum Michel deutlich über eine halbe Stunde benötigte. Das ist eigentlich kein Wunder, wenn der Schnellbus bei einem stolzen Aufpreis (2 Euro Zuschlag) dennoch an jedem Mülleimer hält.
    Am dritten Tag gar vom Hotel zum Tierpark zu fahren, gestaltete sich mit den ÖPNV-Mitteln geradezu unmöglich. Alle Verbindungen, die ich dank HVV-App eruieren konnte, enthielten Fußwege von wenigstens zwanzig Minuten (als gäbe es keine Haltestellen in der Nähe einer der größten Besucherattraktionen) und/oder mindestens viermaliges Umsteigen bei einer Gesamt-Fahrtzeit von nicht unter 50 Minuten (und nächste Verbindung erst in 45 Minuten). Wir sind dann ins eigene Auto gestiegen, waren in 15 Minuten da und hatten im Parkhaus sogar noch ein günstiges Schattenplätzchen für die Karre für 4 Euro Tagesgebühr.
    Leute, so wird das nichts mit dem ÖPNV!!!

    Ich als Hamburger fahre nie Schnellbus, brauche also auch nicht den 1.-Klassse-Zuschlag. Übrigens hält am Michel auch der Metrobus 6 - zuschlagfrei und zwischen St. Pauli und Rathaus mit Sitzplatzgarantie ;)

  • Darf ich fragen wo der Start der Strecke bzw. das Hotel war?

    Hat sich aufgeklärt; Die Unterkunft liegt vom ÖPNV her ziemlich mies. Mit dem Fahrrad von dort zu Hagenbeck: 15-25 Minuten. Wie eh so ziemlich jede Strecke innerhalb Hamburgs.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.