§ 23 Abs. 3 S. 3 StVO

  • Endlich mal ein Radfahrer, der sich an die StVO hält!

    Und dass die Straße ausgerechnet dort an der Haltelinie so schlecht war, dass man die Füße von den Pedalen nehmen musste, ist ja doch sehr unwahrscheinlich - ergo bleibt es verboten. :thumbup:

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    Und alle, die sich hier sonst gerne echauffieren über sog. Dosentreiber oder Autler, welche angeblich die einschlägigen Bestimmungen der StVO nicht kennen, fassen sich bitte einmal ganz kurz an die eigene Nase.

    :D

    § 23 Abs. 3 S. 3 StVO sagt:

    [stvo]Die Füße dürfen nur dann von den Pedalen oder den Fußrasten genommen werden, wenn der Straßenzustand das erfordert.[/stvo]

    Meine Literatur schweigt sich leider dazu aus, was damit gemeint sein könnte — meine Vermutung ist ja, dass dieser Satz noch ein Relikt aus alten Zeiten ist, in denen es keinen Freilauf an den Rädern gab. Wenn man dann während der Fahrt die Räder von den Füßen nimmt, ist man als nicht ganz so trainierter Fahrer echt am Arsch. Ich habe das mal bei einem Fixie versucht und es war echt keine gute Idee.

    Vielleicht gilt der ganze Absatz aber ohnehin nur unter den Bedingungen des ersten Halbsatzes des ersten Satzes: „Wer ein Fahrrad oder ein Kraftrad fährt…“ Dann könnte man wiederum diskutieren, ob das auch wirklich beim Halt an der roten Ampel gelten soll, denn dort wird ja nunmal gehalten und nicht gefahren. Irgendjemand hat ja ganz bewusst „fährt“ und nicht „führt“ als Bedingung gewählt — ein Fahrrad führen wäre meines Erachtens noch etwas anderes.

    Wie seht ihr das?

  • Dann könnte man wiederum diskutieren, ob das auch wirklich beim Halt an der roten Ampel gelten soll, denn dort wird ja nunmal gehalten und nicht gefahren.

    Demnach müsste man den "Fahrzeugführer" anders bezeichnen, wenn er z.B. auf einem Radweg parkt? Ob die Polizei das auch weiß?

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Ich interpretiere den Paragraphen so, dass es verboten sein soll, während der Fahrt willkürlich die Füße von Pedalen oder Fußrasten zu nehmen, so wie auch das Freihändigfahren untersagt ist.
    Unbestritten kann man das Fahrrad über die Füße auf den Pedalen stabilisieren. Und so manches plötzliche Ausweichmaneuver führt nur deshalb nicht zum Sturz, weil man durch Druck auf die Pedale das Rad einfängt.
    Die Situation des Ampelhalts haben die Verfasser der Verordnung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gemeint. Sie haben aber beim Verfassen leider - wie an vielen anderen Stellen der StVO auch - nicht die nötige Sorgfalt walten lassen und die Formulierung so gewählt, dass Missverständnisse wenigstens möglich sind.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Demnach müsste man den "Fahrzeugführer" anders bezeichnen, wenn er z.B. auf einem Radweg parkt? Ob die Polizei das auch weiß?

    Ich bin mir nicht sicher, worauf du hinaus willst. Die Vorschriften zum Parken enthalten, wenn ich mich jetzt nicht total vertue, keine Formulierungen wie „Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf nicht auf Radwegen parken“. Kampfparken wird also nicht erlaubt, indem man die Hände vom Lenkrad nimmt und in dem Moment womöglich kein Kraftfahrzeug mehr führt.

    Mir ist da aber noch etwas aufgefallen. § 23 Abs. 3 StVO beginnt aber unmissverständlich mit „Wer ein Fahrrad fährt“. Vor der gegenderten Neufassung hieß das allerdings noch einfach „Radfahrer“. Ein Radfahrer kann aber auch jemand sein, der vor der roten Ampel mit beiden Beinen auf dem Boden steht oder sogar im erweiterten Sinne im Moment gar kein Fahrrad fährt, sondern sich einfach nur fürs Radfahren begeistert.

    Insofern möchte ich meine im Eingangsbeitrag aufgestellte Vermutung zurückziehen. Die Formulierung „Wer ein Fahrrad fährt“ stammt lediglich aus dem Versuch, das Ding geschlechterneutral zu formulieren. Hätte man der Problematik an der roten Ampel Abhilfe schaffen wollen, hätte man stattdessen den ganzen dritten Satz einfach gestrichen — für die paar Fixie-Fahrer braucht man keine solche Regelungen.

  • War mehr Ironie... ;)

    Ich finde diese Goldwaage aber durchaus interessant, weil ich einen Unterschied sehe zwischen einem Radfahrer (kann man sein Leben lang sein), einem Rad Fahrenden (ist man tendenziell eher nur während einer Tour von A nach B) oder einer Person, die Rad fährt (jemand, der sich wirklich gerade mit dem Rad bewegt und nicht an der roten Ampel wartet).

    Ich vermute aber, dass das eher sprachliche Feinheiten sind, die der Gesetzgeber so nicht beabsichtigt hat und die daher auch keine Berücksichtigung in der Rechtsprechung finden.

  • Ich finde diese Goldwaage aber durchaus interessant, weil ich einen Unterschied sehe zwischen einem Radfahrer (kann man sein Leben lang sein), einem Rad Fahrenden (ist man tendenziell eher nur während einer Tour von A nach B) oder einer Person, die Rad fährt (jemand, der sich wirklich gerade mit dem Rad bewegt und nicht an der roten Ampel wartet).
    Ich vermute aber, dass das eher sprachliche Feinheiten sind, die der Gesetzgeber so nicht beabsichtigt hat und die daher auch keine Berücksichtigung in der Rechtsprechung finden.

    Da kämen wir eher an eine wortwörtliche Auslegung der §§ heran. Das ist nicht gewollt.

  • Zitat

    Da kämen wir eher an eine wortwörtliche Auslegung der §§ heran. Das ist nicht gewollt.

    Leider sind die Bedeutungen in der deutschen Sprache tatsächlich (und rel. unbestreitbar) unterschiedlich, so wie Kraftfahrzeuge und Fahrzeuge unterschiedliche Kategorien sind. Da steht immer die Frage im Raum: Wenn der Verordnungsgeber das offensichtliche gemeint hat, warum hat er dann nicht die offensichtliche Formulierung gewählt? Warum spricht er nicht durchgehend von Radfahrern oder Radfahrenden, wenn es da keinen Unterschied gibt?

    Natürlich ist das alles Gendernonsens und das wird auch jeder Richter wissen. Trotzdem: Normenklarheit und $23 VwVfG wurden bei der Überarbeitung der StVO zu Gunsten des Gender Mainstreamings verletzt.

  • Da kämen wir eher an eine wortwörtliche Auslegung der §§ heran. Das ist nicht gewollt.

    Wobei es mir da schwerfällt, irgendwo die Grenze zu ziehen. § 2 StVO trägt den Titel „Straßenbenutzung durch Fahrzeuge“. § 7 StVO heißt allerdings „Benutzung von Fahrstreifen durch Kraftfahrzeuge“, der dortige Absatz 2a lautete bis in die 46. Änderungsverordnung hinein: [stvo]Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.[/stvo] Gilt das nun wirklich für alle Fahrzeuge oder nur für die im Titel erwähnten Kraftfahrzeuge? In der Neufassung ist nun endlich explizit von Kraftfahrzeugen die Rede, da war sich der Gesetzgeber dann doch wohl nicht ganz so sicher, ob jeder Verkehrsteilnehmer die Goldwaage zur Hand hat.