Analyse der tödlichen Fahrradunfälle Italien

  • Ort
    Italien

    Ende letzten Jahres gingen Pressemeldungen um, in denen darüber berichtet wurde, dass neue Verkehrsregeln und schärfere Strafen für Verkehrsverstöße in Italien in Kraft treten würden. Viele der für deutsche Verhältnisse ohnehin schon drakonisch wirkenden Bußgelder wurden noch weiter angehoben (Handy, Tempo). Ganz neu in Italien ist, dass jetzt auch hier ein konkreter Mindestabstand von 1,5 m beim Überholen von Radfahrern vorgeschrieben ist. Im Kontext dazu wurde in den Meldungen darauf verwiesen, dass die Anzahl getöteter Radfahrer in Italien sehr hoch sei, woraufhin sich durch dieses Framing beim Leser leider einmal mehr die Verknüpfung von Überholabstand und Lebensgefahr vertieft haben dürfte. Dass dieser Zusammenhang auch in Italien im Status Quo bis dato nicht existierte, zeigt meine Analyse:

    radunfaelle.wordpress.com/2025/01/13/analyse-der-fahrrad-todesfalle-in-italien/

  • ui, so sehr ich den objektiven und fachlichen Teil mag, das snippet fällt leicht aus meinem(!) Rahmen :|

    Zitat

    Ebenso kommt das impulsivere südländische Temperament der Italiener als Erklärung für die beobachteten statistischen Unterschiede in Frage. Wenngleich mir gesicherte quantitative Daten über die dadurch erzeugten Risiken fehlen, passen diese populären Vorurteile jedoch perfekt zu dem, was ich aus eigener Anschauung während diverser Italienaufenthalte im Laufe der Jahre im Straßenverkehr wahrgenommen habe.

    :/

  • In dem Aufsatz heißt es: "Bei einem auffällig hohen Anteil der radelnden Unfalltoten in Italien 2023 handelte es sich um Ausländer. Abgesehen von mehreren Fällen, wo Touristen aus EU-Staaten im Norden mit MTB bzw. Rennrad vor allem in Norditalien ums Leben kamen, gibt es auffällig viele Fälle (37, 19,6% von allen Fahrradtoten) mit Männern, die aus Afrika, Asien, Osteuropa oder Südamerika stammen, sich offenbar ohne italienische Staatsbürgerschaft dauerhaft in Italien aufhalten und dort, oft unter einfachsten Verhältnissen lebend das Fahrrad benutzen, um von ihren Unterkünften zum Arbeitsplatz zu gelangen." Diese Gruppe Radfahrende hat auch nur wenige Möglichkeiten, ihr Mobilitätsverhalten als vorteilhaft und unterstützenswert zu präsentieren. Dazu kommt: Vermutlich sehen viele der Betroffenengruppe sich selbst gar nicht als Fahrradfahrer aus Überzeugung oder ihr Mobilitätsverhalten als vorbildhaft, sondern nur als ungeliebte, möglichst bald überwundene "Notlösung".

    Entsprechend wenig Potenzial ist vorhanden, Radverkehrsanlagen anzuregen oder einzufordern, die zu einer Verringerung der Unfallgefahr beitragen könnten.

  • Auffällig ist die Demografie der getöteten Radfahrer: Da ist zum einen der Altersdurchschnitt von 48 – das wären bei uns (und auch in NL) irgendwo die untersten 20%, denn hier steigt das Risiko erst ab Ende 50 deutlich an. Würde niemand über 60 mehr mit dem Fahrrad fahren, hätten wir einen ähnlichen Durchschnitt… Aber halt auch nur ~140 getötete Radfahrer pro Jahr.

    Ähnlich auffällig ist das Geschlechterverhältnis: Dass Männer deutlich häufiger in Unfälle verwickelt sind, ist quer durch alle Verkehrsarten so. Aber 89% sind dann doch auffällig – und passt zu einem anderen Phänomen. Während in den "üblichen Fahrradnationen" Frauen eine teils deutliche Mehrheit der Radfahrenden darstellen, ist das in Ländern, wo Radfahren als eine Mischung als Sport und Survival-Training _gilt_, genau andersherum.

  • Ähnlich auffällig ist das Geschlechterverhältnis: Dass Männer deutlich häufiger in Unfälle verwickelt sind, ist quer durch alle Verkehrsarten so. Aber 89% sind dann doch auffällig – und passt zu einem anderen Phänomen. Während in den "üblichen Fahrradnationen" Frauen eine teils deutliche Mehrheit der Radfahrenden darstellen, ist das in Ländern, wo Radfahren als eine Mischung als Sport und Survival-Training _gilt_, genau andersherum.

    Oder umgekehrt: Frauen sind über alle Verkehrsarten hinweg (und auch außerhalb des Straßenverkehrs...) weniger anfällig für eine Unfallbeteiligung. Das gilt im Radverkehr insbesondere für Alleinstürze, wo Männer auch in Deutschland 90% der Opfer stellen.

    Ein deutlich größerer Frauenanteil wird daher bei gleichem äußeren Risiko durch die Infrastruktur oder den übrigen Verkehr eine erhebliche Senkung des mittleren Risikos je km in der Grundgesamtheit bewirken.

  • Oder umgekehrt: Frauen sind über alle Verkehrsarten hinweg (und auch außerhalb des Straßenverkehrs...) weniger anfällig für eine Unfallbeteiligung. Das gilt im Radverkehr insbesondere für Alleinstürze, wo Männer auch in Deutschland 90% der Opfer stellen.

    Ist da jetzt die Fahrleistung in Stunden oder in Kilometer mit einberechnet? Ich stelle mir vor, dass der Frauenradrennsport in Deutschland deutlich weniger stark ausgeprägt ist als bei den Männern. Und ich vermute, dass die Fahrleistung in Kilometer bei den Männern höher ist als bei den Frauen.

    Beim Alltagsfahrradfahren wiederum vermute ich, dass die Fahrleistung in Stunden bei den Frauen höher ist als bei den Männern. Wie sieht es in diesem Bereich (Alltagsfahrradfahren ohne sportlich ambitionierten Charakter) mit der Unfallstatistik aus? Dominieren in diesem Bereich bei den Alleinunfällen ebenfalls deutlich die Männer?

  • Beim Alltagsfahrradfahren wiederum vermute ich, dass die Fahrleistung in Stunden bei den Frauen höher ist als bei den Männern. Wie sieht es in diesem Bereich (Alltagsfahrradfahren ohne sportlich ambitionierten Charakter) mit der Unfallstatistik aus? Dominieren in diesem Bereich bei den Alleinunfällen ebenfalls deutlich die Männer?

    Nach den drei einschlägigen Erhebungen zum deutschen Verkehrsverhalten (Mobilität in Deutschland, Verkehr in Zahlen, Deutsches Mobilitätspanel) beträgt der Frauenanteil bei den Wegen insgesamt knapp die Hälfte. Genauere Daten zur Geschlechterverteilung hinsichtlich Jahresfahrleistung und Verteilung auf die diversen Straßenkategorien kenne ich nicht. Das ist aber auch unerheblich, weil Alleinunfälle ja definitionsgemäß unabhängig vom KFZ-Verkehr sind.

    Bei den von mir selbst erfassten Todesfällen ist die Frauenquote bei Alleinunfall stets ziemlich ähnlich. Bei den Todesfällen mit weiteren Beteiligten ist das Geschlechterverhältnis dagegen 70:30 (2396:1020, m:w).


    Einmal editiert, zuletzt von Th(oma)s (19. Januar 2025 um 16:27)