Gilt VZ205 am Radweg auch für Fußgänger?

  • Das ist wahrscheinlich die sicherste Variante. Denn durch die Hecken sind die Sichtverhältnisse dort so schlecht, dass einem die StVO auch nichts mehr nützt, wenn man umgefahren wird. Unsere intelligente Stadt hat leider vor, an ähnlichen Stellen einfach [Zeichen 240] aufzustellen.

    Die schlechte Sichtbeziehung aufgrund der hohen Hecke war ja auch Thema in der mündlichen Verhandlung. Da hat die Kammer ganz klar gesagt: so wie das jetzt ist, ist das mit dem BayStrWG unvereinbar. Da heißt es in Art. 29:

    Zitat

    (2) 1Anpflanzungen aller Art und Zäune sowie Stapel, Haufen und ähnliche mit dem Grundstück nicht festverbundene Gegenstände dürfen nicht angelegt werden, soweit sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen können. 2Soweit sie bereits vorhanden sind, haben die Eigentümer und Besitzer ihre Beseitigung zu dulden.

    Ich vermute, dass es in denn anderen Bundesländern ganz ähnlich gelagerte Vorschriften gibt. Die Beklagtenvertreter meinten natürlich, man könne keinesfalls dem Anlieger vorschreiben, die Hecke zu stutzen ("Stellen Sie sich vor, was da los wäre in diesem Dorf, das geht nicht!"). Hat die Richter aber nicht sonderlich beeindruckt, im Urteil heißt es deswegen ja auch:

    Zitat

    Die von den Vertretern des Beklagten vorgebrachten Argumente, dass zum einen die Hecke nicht entfernt werden könne, um eine bessere Einsehbarkeit zu erreichen und zum anderen die Radwegbenutzungspflicht bereits innerorts und aufgrund der dort bestehenden Querungshilfe vor dem gefahrträchtigen Einmündungsbereich angeordnet habe werden müsse, können diese Beurteilung nicht relativieren. Zum einen dürfen nach Art. 29 Abs. 2 BayStrWG Anpflanzungen aller Art nicht angelegt werden, soweit sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen können. Soweit sie bereits vorhanden sind, haben die Eigentümer und Besitzer ihre Beseitigung zu dulden. Das Gesetz sieht dementsprechend Möglichkeiten vor, den unstreitig vorliegenden Gefahrenbereich zu entschärfen und eine erhöhte Sichtbarkeit zu erreichen. (...)

    Aber natürlich hat das bis heute - mehr als sechs Jahre nach dem Urteil - niemanden interessiert. Wir sind ja schließlich in Bayern. Nur wie gesagt: mir fehlt derzeit die persönliche Betroffenheit, um das noch mal anzufechten. Allerdings weiß die Behörde um diese Sache und wird sich hüten, die Benutzungspflicht (der Radweg liegt in Fahrtrichtung Osten ja im wesentlichen außerhalb der geschlossenen Ortschaft, und seit dem Urteil hat sich die Rechtslage für außerörtliche Radweg bekanntlich geändert) wieder anzuordnen, weil dann werde ich natürlich darauf bestehen, dass die Sichtbeziehungen hergestellt werden - nachdem ich weiß, dass da VG München da hinter mir steht.

  • 8)

    Nach dieser norddeutschdezenten Kompaktfassung des Verhandlungsausgangs nun die besser lesbare Kurzfassung des Tenors, den ich heute morgen telefonisch erfragen durfte, aus der Erinnerung:

    3 beklagte Vz 205 kommen weg, der Widerspruchsbescheid wird aufgehoben, Kosten werden Rheinstetten auferlegt.

    Langfassung der Verhandlung:

    3?

    Beklagt per Anfechtung hatte ich 4 und drauf hingewiesen, dass bei Erfolg auch 2 in Gegenrichtung illegal wären.

    Allerdings konnte ich im Widerspruch nur 3 anfechten, denn Nr. 4 stand da noch nicht, es war aber absehbar, dass das nur ein Fehler sein dürfte, der sicher noch geheilt würde, nachdem ich drauf hinwies, dass Pflastermalereien (die waren die Jahre über schon da) rechtlich wirkungslos seien, und so kam es dann ja auch. Die Anfechtungsklage lautet, eben nachgelesen, über alle 4, aber es fe_lt wohl formal das Vorverfahren. Die Richterin legte nahe, das 205 Rheinaustr. aus dem Antrag rauszulassen, so wurde es dann.

    Eine Hürde hätte wohl beinahe die Frist werden können, da ich das StVOZustG BW so interpretiert habe, dass eig. das Landratsamt die zuständige SVB sein müsste:

    Rheinstetten ist große Kreisstadt mit eigener SVB, aber ich las da raus, dass die agO nicht zuständig wären, waren sie aber wohl doch, deswegen war mein knapp vor Ablauf eingereichte Widerspruch an der falschen Stelle gelandet und erst nach dem Jahr an die richtige Stelle weitergeleitet worden.

    Aber da die den Widerspruch behandelt statt wegen Fristablauf abgelehnt haben, und auch an das RP als übergeordnete Behörde weitergeleitet haben für den Widerspruchbescheid und diese an der Frist nix zu mäkeln haben, ist das Verfahren doch angelaufen, irgendwas wie Konkludenz meine ich gehört zu haben, wird man sicher nachlesen können. Ich meine irgendwo anders mal gelesen zu haben, dass ja spätestens der Widerspruchsbescheid eh von sich aus beklagbar wäre.

    Warum dies alles nicht auch für das 4. 205 gilt, wo alle Schreiben nach dem Widerspruch auch dieses behandeln ... Keine Ahnung ...

    Ansonsten lief das Verfahren recht gut, da nicht zu bestreiten war, dass das nötige Absetzmaß eindeutig nicht erreicht wird.

    Im Widerspruchsbescheid des RP steht ja auch, dass ohne 205 Radfahrer Vorrang hätten ... Das stach mir beim Vorbereiten noch mal besonders ins Auge ...

    Und das Argument der Sicherheit der Radfahrer zog auch nicht, weil die hauptsächlich wegen Verkehrsverstößen von Autofahrern gefährdet waren und das wäre ja nicht die von § 45 geforderte örtliche Gefahrenlage ... Entsprechendes hatte mal Schleswig geurteilt, was ich in der Klage erwähnte.

    Die meisten auf der Richterbank sind wohl Radfahrer, tw. nicht nur gelegentlich, hat wohl auch geholfen, Fahrradstadt und Umgebung rules ;)

    Bei der Frage, wie man das nun besser löst, muss man halt Lösungen suchen, wenn das jetzige nicht zulässig ist. Da hat sich auch mal die eine ehrenamtliche zu Wort gemeldet, dass bei einer Radtour irgendwo am Bodensee ALLE Querstraßen rot befurtet waren, es ginge also, wenn man wolle. Fragen wir mal lieber nicht nach, ob es wirklich alles waren, aber in so eine Richtung wird es wohl gehen samt Umbauten und da sagte die Stadt auch, bei einem entsprechenden Urteil würde man in Verhandlungen mit den Baulastträger gehen. Klang fast so, als wäre man nicht todtraurig über ein verlorenes Verfahren wegen besserer Verhandlungsposition.

    Zwei Knoten stehen meiner Erinnerung nach wegen zu verbesserenden Querungen der Bundesstraße eh zum Umbau an, da kann man das gleich mitmachen. Ein Knoten ist m.E.n. glaub vollbeampelt, der andere wäe glaub Rheinaustr. mit dem rausgenommenen 205.

    Hatte übrigens 2 mir bekannte Zuschauer, die aber ohne meine Mithilfe das Verfahren selbst gefunden haben und mal reinschauen wollten, weil mind. der eine eine eigene Klage anstrebt in KA.

    Der andere ist noch nicht so lange in KA und noch nie die B36 langgeradelt, das eröffnet im Zweifel Möglichkeiten .. *flöt* ;)

    Dass diese beiden Zuschauer nun das bisher einzige erfolgreiche Verfahren gesehen haben, wo ich bisher nur eher negative Erfahrungen gemacht habe (nicht nur H'alb), führt hoffentlich nicht zu einem zu optimistischen Eindruck der VG-Wirklichkeit ... ;)

    Ganz ohne Umbau nur mit Schilder abschrauben und Furten malen ist es da wohl nicht getan, das muss man shcon zugestehen, daher ...

    Ich als Pessimist, glaube immer noch, dass sich da ohne Verzögerungsrüge erstmal nichts tun wird :P

    ... wird man der Umsetzung wohl ein wenig Zeit zugestehen müssen ...

  • Nunja, das mit der Umsetzung. Formal dürften die Verkehrszeichen mit Rechtskraft des Urteils schlicht „unbeachtlicht“ werden, denn das Gericht hat ja den zugrundeliegenden Verwaltungsakt kassiert. Rechtskraft tritt vier Wochen nach Zustellung des Urteils ein, wenn nicht mindestens eine der Prozessparteien Rechtsmittel einlegt.

    Insofern täte es eigentlich schon etwas „pressieren“ mit der Umsetzung, aber da es nicht um den Kfz-Verkehr geht, wird‘s schlicht niemanden interessieren.

    Ansonsten: Glückwunsch - offenbar prima gelaufen, auf den genauen Urteilstext bin ich gespannt.

  • Ich gratuliere dir Mueck:) Bei meinem Verfahren an der B472, in der es mehr oder minder um das selbe Thema ging, hat sich die Behörde einem für alle brauchbaren Urteil leider mit nem Anerkenntnis entzogen. Hast du nur die Aufhebung bekommen, oder hat das Gericht auf Aufhebung der Vollziehung (=Entfernen der Schilder) nach § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO erkannt? Das mit dem Umbau klingt so, als ob es 2030 kommt, vielleicht. Wenn man eine Sofortmaßnahme durchführen will und das Geradeausfahren nicht sicher möglich ist, muss die Behörde den Abbieger halt mit einer Absperrschranke (VZ600) zumachen ¯\_(ツ)_/¯. Erfahrungsgemäß wirkt bei den meisten StVBs nichts besser, als eine drohende Einschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs.