Ressourcenmangel und Verkehrswende

  • Wir haben hier zu Hause momentan einen Vorrat an Fahrrad-Verschleißteilen, der hoffentlich ungefähr ein Jahr ausreicht, mit Glück etwas länger.

    Das hilft aber natürlich nichts, wenn zwischendurch plötzlich Defekte auftreten, irgendwo eine Speiche bricht, die Schaltung außerplanmäßig ausgetauscht werden muss oder — Gott behüte — jemand mit einem KRaftfahrzeug über das Fahrrad fährt.

    Irgendwie wundere ich mich angesichts der Prognosen, dass die Lieferengpässe auch den Radverkehr betreffend mindestens bis Mitte 2023 anhalten werden, ob das auch Auswirkungen auf die Verkehrswende haben wird. Klar, ein nicht unwesentlicher Teil der Fahrräder ist ohnehin komplett ohne Pflege und Wartung unterwegs, da wird die Kette über die vierfache Lebensdauer gefahren, bis irgendwann die Zähne am Ritzel oder Kettenblatt verschwunden sind.

    Bei mir stellte sich aber schon mal vor ein paar Wochen, bevor nach langer Wartezeit die nächste Ladung Verschleißteile eintraf, die Frage, ob ich nun unbedingt zu einem Gran Fondo von 100 Kilometern aufbrechen muss oder jeden Tag das Faltrad zum Bahnhof nehme — nicht unbedingt aufgrund der deutlich gestiegenen Kosten, wohl aber mit der Ahnung, hier gerade vermeidbaren Verschleiß zu betreiben, der in Ermangelung von Ersatzteilen zur Stilllegung des Fahrrades führen könnte.

    Wenn ich mich draußen auf den Straßen umsehe, scheint das ja momentan für viele Verkehrsteilnehmer noch kein Problem zu sein. Meint ihr, das ändert sich und könnte die Lust am Radfahren sowie die ganze Verkehrswende bremsen?

  • Die Prognosen der Engpässe, die ich so kenne, gehen nur ins nächste Jahr, nicht ins übernächste.

    Wenn man was spezielles haben will, wird die Recherche etwas aufwändiger, alles andere habe ich bisher bei den mir bekannten Shops bekommen. Trotz des etwas größeren Bedarfes durch Räder von Freunden.

  • Nein, spürbare Auswirkungen auf die Verkehrswende sehe ich nicht.

    Ein Gran Fondo, Malte, den du als Beispiel aufführst, ist ja Sport und nicht Verkehrswende (Ich weiß, dass du das selbst weißt).

    Die Vielfahrer haben meist mehrere Räder im Haushalt. Viele Wieder- oder Neuaufsteiger aufs Rad haben sich ja gerade in der Corona-Zeit neue Räder zugelegt und kommen bei ihrer Kilometerleistung erst einmal so hin.

    Zudem gibt es gerade in Großstädten so viele Angebote im Leih- und Leasingbereich, die immer mehr wahrgenommen werden.

    Deutlich teurer sind die Ersatzteile geworden, ja. Aber die Automobilindustrie ist ja ebenso betroffen. Einige müssen gar wegen des Halbleitermangels ihre Produktion pausieren. Der Gebrauchtwagenmarkt hat drastisch angezogen.

    Mit einem Wort: Ich bin diesbzgl. optimistisch(er).

  • vor ein paar Tagen las ich irgendwo Mitte 2023.

    Das kann naturgemäß niemand mit Sicherheit prognostizieren und es ist sicher branchenspezifisch unterschiedlich, aber ich "kenne" einen "Riese und Müller"-Händler aus dem Cargobike-Forum, der ebenfalls häufiger dieses Jahr nennt. Zum Teil seien sogar Liefertermine erst für diesen Zeitraum angesetzt, wenn man heute bestellt.

  • Es besteht aber auch ein enormer Vorrat an Rädern, die eigentlich noch gut sind, aber mangels besserer Alternativen ein Schattendasein fristen. Sollte das Angebot weiterhin knapp sein, wird es lukrativer, alte Räder zu reparieren oder auszuschlachten bzw. zu kombinieren. Im Prinzip sind die Räder der letzten 25 Jahre mehr oder weniger identisch, einziger großer Unterschied ist das Bremssystem (Felge oder Scheibe) und ein bisschen kleinerer das Tretlager, den Rest kriegt man mit Adaptern gut hin (Vorbau/Lenker, Kurbel, Bremsklötze) oder ist sowieso kompatibel. Hand hoch, wer noch mit einem Zahnkranz statt Kassette fährt... ;)

    Außerdem ist dem Verschleiß auch vorzubeugen. Ich habe mir auch entsprechend Ersatzteile gesichert, aber sie noch gar nicht verwenden müssen, einfach weil ich das Rad (vorsorglich) öfters geputzt und geschmiert habe und beim Fahren auch mehr geschont habe (Gänge passend wählen, nicht unter Last schalten, rollen lassen statt bremsen, gleichmäßig bremsen etc.). Dazu kann man dann auch noch eine gute Zeit länger "auf Verschleiß" fahren, bevor z. B. eine neue Kurbel fällig ist. Da würde ich Unfälle als das größere Risiko sehen, aber die sind zum Glück auch selten genug und durch nach außen offensive und nach innen defensive Fahrweise reduzierbar.

    Wenn man gerne ein bestimmtes neues Rad oder sehr spezielle Ersatzteile haben will, dann kann die aktuelle Situation problematisch sein. Wenn man "ein Rad" braucht, das einen einfach von A nach B bringt, dann sollte es wenig Probleme geben, da war die Situation zu Beginn von Corona schlimmer (als Eimer, die sonst keine 50 Euro wert waren, für 150 angeboten und teilweise auch verkauft wurden).