Indirektes Abbiegen vor der Kreuzung?

  • Abgesehen von etwas Ironie, die in dem Satz steckt, habe ich keine Beweise, glaube aber trotzdem, je langsamer man sich im Verkehr bewegt, desto sicherer ist man unterwegs.

    Am sichersten sicher, wenn man gar nicht teilnimmt am bösen Draußen, was wiederum nicht bedeutet, dass man dann nicht aus dem Fenster, vom Sofa oder die Treppe runterfallen kann.

  • Diese Sache mit dem Absteigen stand ja bis vor ein paar Jahren tatsächlich mal in der StVO im § 9 (Details alt/neu). Wurde aber vor geraumer Zeit gestrichen, haben leider auch viele Straßenverkehrsbehörden immer noch nicht mitbekommen.

    Freilich ging es da aber auch um's indirekte Abbiegen hinter der Kreuzung.

    Danke für dieses Dokument, das war mir bisher nicht bekannt.

    Den dort nicht mehr rot markierten Satz danach finde ich allerdings noch extremer: "Sind Radverkehrsführungen vorhanden, so haben Radfahrer diesen zu folgen." Das klingt wie ein Verbot des direkten Abbiegens anstatt der doch sinnvollen Regel "nicht wild zwischen direkt und indirekt wechseln und alle Ampeln so interpretieren wie es gerade passt" der aktuellen Fassung.

    Bedeutet eigentlich der Wegfall des ersten roten Satzes, dass man früher auch auf Linksabbiegestreifen wartende Fahrzeuge rechts überholen konnte, obwohl das von § 5 Abs. 8 StVO her nicht gedeckt war/ist?

    Ganz am Rand:

    Beim Erklären der korrekten Verhaltens merke ich erst wieder, wie komplex der Straßenverkehr ist. Ich wollte mit ihr in einer kleinen Nebenstraße links abbiegen. Als Erwachsener bekommt man es ja locker hin, an die nötigen Stellen zu gucken. Aber als Kind?

    • "Zuerst nach hinten gucken, ob einer überholt"
    • "Jetzt Handzeichen nach links".
    • "Nochmal nach hinten absichern!"
    • "Der hinter uns wartet."
    • "Jetzt nach links einordnen"
    • "Dabei Hand an den Lenker!"
    • "Vorsicht, da kommt Gegenverkehr"
    • "Ja, der hat Vorfahrt"
    • "Auf das von links kommende Auto musst Du nicht warten."
    • "Aber aufpassen, dass der auf Dich wartet"
    • "Stopp, da ist noch ein Fußgänger!"

    Und das war nur eine T-Kreuzung ohne Verkehr von rechts.

    Komplex finde ich eher das indirekte Abbiegen, denn wenn jemand Zeichen nach links gibt oder sich links umschaut, rechne ich als Nachfolgender immer damit, dass er abbiegen wird. Hinter der Kreuzung an der rechten Seite kann ich ihn aber in vielen Fällen nicht legal/sicher überholen, wenn er plötzlich nach links zeigt, aber anhält... also rein hypothetisch, denn ich habe noch nie jemand indirekt links abbiegen sehen und das auch selbst noch nie getan. Jeder weiß, wie man normal abbiegt, da ist alles zusätzliche nur zusätzlich verwirrend.

    Zu deiner Anleitung: die doppelte Rückschaupflicht bedeutet nicht, dass man vor dem Zeichen geben schauen muss, sondern vor dem Einordnen und vor dem Abbiegen. Zeichen geben kann man jederzeit, es ist aber auch nicht immer zwingend erforderlich, z. B. wenn man sowieso mittig auf einem Streifen mit durchgezogener Linie fährt und auf einen freien Linksabbiegerstreifen wechselt.

    Die erste Rückschau ist die wirklich wichtige und sinnvolle, die denke ich auch jeder beherzigt, einfach weil man sonst von einem unachtsamen oder bösartigen Überholer überfahren wird, bevor man wechselt. Die zweite kommt erst unmittelbar vor dem Abbiegen dran und ist eigentlich dafür gedacht, dass auf Landstraßen ein Kolonnenüberholer, der die hinter einem wartenden Fahrzeuge überholt, einen nicht überfährt, bzw. man dort keine Teilschuld erhält. Wäre das Überholen von Linksabbiegern und Kolonnen generell verboten, bräuchte man das auch nicht; im Stadtverkehr ist es eigentlich nur gute Gewohnheit, nicht wirklich notwendig.

    Wenn man generell nicht im Rinnstein fährt, ist die erste auch eher eine Formsache, weil man nicht mehr (illegal) im eigenen Fahrstreifen überholt wird, sondern mit genug Abstand. Ist aber dann eher was für nach der Prüfung, denn Verkehrspolizisten würde ich solche Feinheiten nicht zutrauen. :evil:

  • Hinter der Kreuzung an der rechten Seite kann ich ihn aber in vielen Fällen nicht legal/sicher überholen, wenn er plötzlich nach links zeigt, aber anhält

    Das Handzeichen nach links sollen die Kinder - wenn überhaupt - erst geben, wenn sie am rechten Fahrbahnrand zum Stehen gekommen sind.

    Komplex finde ich eher das indirekte Abbiegen

    Der wesentliche Unterschied sind Zeit und Fehlertoleranz.

    Wir reden hier über 9-jährige Kinder. Die fahren noch nicht schnell und die ganze Koordination sitzt auch noch nicht absolut zuverlässig.

    Beim indirekten Abbiegen haben sie hinter der Kreuzung alle Zeit der Welt, sich mit der Verkehrssituation auseinander zu setzen. Beim direkten Abbiegen ist es nicht so ruhig. Sie stehen ja mitten auf der Kreuzung. Und es ist beim indirekten Abbiegen wesentlich einfacher, den richtigen Punkt zum Aufstellen zu finden.

  • Der wesentliche Unterschied sind Zeit und Fehlertoleranz.

    Wir reden hier über 9-jährige Kinder. Die fahren noch nicht schnell und die ganze Koordination sitzt auch noch nicht absolut zuverlässig.

    Beim indirekten Abbiegen haben sie hinter der Kreuzung alle Zeit der Welt, sich mit der Verkehrssituation auseinander zu setzen. Beim direkten Abbiegen ist es nicht so ruhig. Sie stehen ja mitten auf der Kreuzung. Und es ist beim indirekten Abbiegen wesentlich einfacher, den richtigen Punkt zum Aufstellen zu finden.

    Klar, Koordination und halbwegs sicheres Fahren muss da sein, würde ich aber unabhängig vom Abbiegen als Voraussetzung ansehen.

    Ich habe es so beigebracht bekommen, dass wenn man bis man an den Scheitelpunkt gekommen ist und sich noch nicht wirklich sicher ist, dass vorne und hinten alles frei ist bzw. man sich nicht umschauen konnte, man einfach auf der Mittellinie stehen bleibt. Genau wie ich zuvor gelernt habe, dass viel befahrene Straßen erst bis zur Mittellinie überquert werden und man dann dort vom sicheren Bereich aus nochmal nach rechts schaut. Falls das nicht mehr so gelehrt werden sollte, ergibt es ja wieder Sinn, aber ich habe das jetzt aus dieser "kein Autofahrer fährt über die Mittellinie"-Position betrachtet.

    Sobald man beim Abbiegen dann dort steht (im Prinzip auf dem Zentrum der Kreuzung, auch leicht zu merken) und wartet, muss man eigentlich nur die linken 180 Grad Blickfeld abdecken, denn was rechterhand passiert, kann einem ja egal sein. Beim indirekten Abbiegen hat man aber die rechte Seite (indirekt, da man rechts davon steht) noch mit abzudecken, denn die Autos hinter einem müssen ja nicht warten (anders als beim direkten Abbiegen, wo die Linksabbieger hinten warten müssen und die Geradeausfahrer egal sind). Dazu müsste dann eigentlich noch viel länger frei sein, weil ja die doppelte Distanz überbrückt werden muss, und das mit einer scharfen Linkskurve gleich zu Beginn (ich nehme an, dass in Fahrtrichtung und nicht quer gewartet werden muss). Bei stärker befahrenen Ampelkreuzungen müsste man das ganze dann in den wenigen Sekunden zwischen dem letzten Geradeausfahrer bei Gelb und dem ersten Linksabbieger bei Grün schaffen, bzw. bei der nächsten Kreuzung mit komplett anderer Schaltung ist es dann wieder der Gegenverkehr, oder erst der Querverkehr, obwohl die Kreuzung gleich aussieht - das meine ich mit verwirrend. Ich würde mir das als Erwachsener nicht zutrauen, und einem Kind noch viel weniger. Bei wenig befahrenen Nebenstraßen ist es natürlich anders, aber da ist es meistens auch direkt viel einfacher, schon aufgrund geringerer Breite.

    Wo ich das indirekte Abbiegen dagegen sinnvoll finde, sind Landstraßen mit T100+ und Abbiegen in Feldwege oder Radwege linkerhand (also relativ unsichtbar). Da ist es sinnvoll, erstmal zu gucken, einfach weil die Geschwindigkeiten viel höher sind und die wenigsten Fahrer mit plötzlichen Abbiegern in der Mitte (wo weniger Platz ist) rechnen.

  • Bei stärker befahrenen Ampelkreuzungen müsste man das ganze dann in den wenigen Sekunden zwischen dem letzten Geradeausfahrer bei Gelb und dem ersten Linksabbieger bei Grün schaffen, bzw. bei der nächsten Kreuzung mit komplett anderer Schaltung ist es dann wieder der Gegenverkehr, oder erst der Querverkehr, obwohl die Kreuzung gleich aussieht - das meine ich mit verwirrend.

    Irgendwie reden wir anscheinend komplett aneinander vorbei.

    Ich meine sowas:

    https://www.google.de/maps/@52.54933…!7i13312!8i6656

    Indirektes Linksabbiegen ist hier vollkommen trivial. Man fährt bis zur hinteren Ecke. Dort richtet man sich in die neue Richtung aus und wenn die Fußgänger grün bekommen, fährt man in die neue Richtung los (Fortgeschrittene fahren schon los, wenn frei ist und warten nicht auf grün). Das ist vollkommen entspannt und einfach.

    Beim direkten Abbiegen müsste ein Kind vor der Kreuzung auf die linke Spur wechseln. Das Warten in der Mitte ist hier noch recht angenehm. Aber ein Kind muss hier erstmal die richtige Stelle finden. Und im Zweifel muss es sich erstmal anstellen und kann die Kreuzung erst räumen, wenn der Querverkehr schon wieder grün hat. Da sind viel mehr Dinge, die dazwischen kommen können.

  • Irgendwie reden wir anscheinend komplett aneinander vorbei.

    Ich meine sowas:

    https://www.google.de/maps/@52.54933…!7i13312!8i6656

    Indirektes Linksabbiegen ist hier vollkommen trivial. Man fährt bis zur hinteren Ecke. Dort richtet man sich in die neue Richtung aus und wenn die Fußgänger grün bekommen, fährt man in die neue Richtung los (Fortgeschrittene fahren schon los, wenn frei ist und warten nicht auf grün). Das ist vollkommen entspannt und einfach.

    Beim direkten Abbiegen müsste ein Kind vor der Kreuzung auf die linke Spur wechseln. Das Warten in der Mitte ist hier noch recht angenehm. Aber ein Kind muss hier erstmal die richtige Stelle finden. Und im Zweifel muss es sich erstmal anstellen und kann die Kreuzung erst räumen, wenn der Querverkehr schon wieder grün hat. Da sind viel mehr Dinge, die dazwischen kommen können.

    Ich hatte tatsächlich kleinere Kreuzungen im Kopf, bei denen die Aufstellfläche auf gleichzeitig der einzelne Fahrstreifen zum Verlassen der Kreuzung in gleicher Richtung ist. Da müsste man dann entweder alle Autos hinter einem blockieren (indem man das Rad 90 Grad nach links in den rechten Fahrstreifen stellt, oder sich in Richtung Fußgängerfurt in die rechte Seitenstraße drücken, wo man evtl. auch gar nicht stehen darf. Bei großen Kreuzungen oder wenn dahinter Parkplätze sind, ist das natürlich einfacher.

    Zur Ampelschaltung: Vielleicht sehe ich das auch zu kompliziert, aber grundsätzlich hat doch jede Kreuzung eine eigene, für Ortsfremde erstmal unbekannte Schaltung? Die von dir verlinkte ist ja relativ klassisch, die Längsachse hat beidseitig Grün und deren Linksabbieger dürfen einfahren, müssen aber dann warten, bis die anderen durch sind, dann das gleiche für die Querachse. Aber es könnte ja auch reihum jeder Arm komplett grün für alle Abbieger haben, dann fährst du mit deinem Grün rein, bleibst stehen, aber danach hat dann die Gegenseite Grün (du kannst nicht rüber, weil du sie queren müsstest), danach dann die linke Seite (da kreuzen die Linksabbieger deinen Weg und müssten dich durchlassen, haben aber Lichtzeichen mit Pfeil, weil niemand an indirekte Linksabbieger gedacht hat und heizen durch) und erst ganz am Ende hat die rechte Seite Grün (mit der du dich dann irgendwie einreihen musst). Ob das dann so ist, musst du mangels Sicht auf die rechte Ampel und mangels Wissen über die Schaltung aber erraten. Es könnte ja auch sein, dass alle Rechtsabbieger gleichzeitig grün haben, oder Rechtsabbieger einer Achse und alle Rechtsabbieger und Geradeausfahrer der anderen Achse. Oder die Hauptachse hat eigene Phasen für Linksabbieger, die Querachse aber nicht. Fußgängerampeln sind manchmal gleichzeitig geschaltet, manchmal verzögert, manchmal komplett getrennt (umlaufendes Fußgängergrün). Und da ist noch nicht mitgerechnet, dass Leute bei Gelb illegal einfahren, die Kreuzung wegen Stau nicht räumen, den Blinker vergessen usw.

    Das Schöne am direkten Abbiegen: es ist vollkommen ampelgeregelt oder die Einfahrt ist ampelgeregelt und dann ist nur noch "Gegenverkehr, Radfahrer und Fußgänger durchlassen" (letztere sind schon durch Rotlicht abgehalten) zu beachten. Das funktioniert an einer winzigen Abzweigung ohne Ampel identisch wie an einer mit vier Fahrstreifen und acht Ampelphasen, unabhängig vom Platzangebot. Ich bin im Straßenverkehr ein Anhänger von wenigen, aber dafür immer einheitlichen Regeln, einfach zu merken und mechanisch abrufbar. "Gegenverkehr durchlassen" gilt vom Fahrrad bis zum Auto immer und überall und funktioniert meistens auch. "Gegenverkehr durchlassen, und falls ein straßenbegleitender Rad- oder freigegebener Gehweg mit Freigabe in Gegenrichtung linkerhand existiert, dann auch Radfahrer von hinten links entgegen der Fahrtrichtung durchfahren lassen" ist deutlich komplexer, nicht immer anwendbar und auf den ersten Blick oft nicht erfassbar. Das indirekte Linksabbiegen, das es nur für Fahrräder gibt, ist so angeflanscht und verwirrend wie das Recht, mit dem Rad wartende Fahrzeuge rechts zu überholen (aber nur auf dem rechten Fahrstreifen, nicht wenn es einen gesonderten Rechtsabbiegerstreifen gibt und nur sofern Platz ist und nur sofern die Fahrzeuge stehen oder langsam fahren), im Gegensatz zu diesem ist es aber kein eindeutiger Vorteil (Zeitgewinn, weniger Abgase, bessere Sichtbarkeit), sondern bringt nur etwas, wenn Infrastruktur (Radampeln, Markierungen, Platz) vorhanden sind und die Ampel passend geschaltet ist (viele Linksabbieger, aber kurze Linksabbiegephase, dafür lange Geradeausphase bei weniger Geradeausverkehr).

  • Vielleicht sehe ich das auch zu kompliziert

    Ja. Du suchst irgendwelche wilden Ampelschaltungen und konstruierst daraus nicht existente Probleme.

    Gleichzeitig übersimplifizierst Du direktes Abbiegen und ignorierst Du die vielen Herausforderungen, die es enthält. Gerade beim direkten Abbiegen muss man seine Sinne gut beisammen haben, um auf jedes ungewöhnliche Verhalten der verschiedenen Verkehrsteilnehmer korrekt zu reagieren.

    Und Du überschätzt wohl die Fähigkeiten von Kindern diesbezüglich ganz gewaltig.

    Es beginnt schon damit, dass sie nicht über Autos rübergucken können. Und dann sollen sich sich zwischen mehreren in verschiedene Richtungen fahrenden Autos an der richtigen Stelle einordnen.

    Die sind damit einfach noch sehr schnell überfordert.

  • Beitrag von krapotke (17. Juni 2021 um 08:02)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (5. Januar 2023 um 10:11).
  • Mir gehen die Ideen aus, was ich inhaltlich noch schreiben könnte.

    Ich fahre regelmäßig mit meinen Kindern, die gerade so auf der Fahrbahn fahren dürfen, durch Berlin.

    Indirektes Linksabbiegen ist bei Kreuzungen außerhalb von 30-Zonen eindeutig das Mittel der Wahl. Wir kommen immer immer sicher und ohne Stress über die Kreuzung. Auch ohne Radfahrerampel.

    Direktes Abbiegen hingegen funktioniert für uns außerhalb von 30-Zonen überhaupt nicht. Vielleicht wäre das irgendwo am Stadtrand anders, keine Ahnung.

    Versucht vielleicht mal, in London mit einem Kettcar über Straßen wie im Maps-Link oben zu fahren. Dann seht Ihr genauso wenig wie die Kinder und seid genauso langsam. Und durch den Linksverkehr wird Euch ein bisschen die Routine genommen, die Kinder ohnehin noch gar nicht gaben.

  • Ja. Du suchst irgendwelche wilden Ampelschaltungen und konstruierst daraus nicht existente Probleme.

    Gleichzeitig übersimplifizierst Du direktes Abbiegen und ignorierst Du die vielen Herausforderungen, die es enthält. Gerade beim direkten Abbiegen muss man seine Sinne gut beisammen haben, um auf jedes ungewöhnliche Verhalten der verschiedenen Verkehrsteilnehmer korrekt zu reagieren.

    Und Du überschätzt wohl die Fähigkeiten von Kindern diesbezüglich ganz gewaltig.

    Es beginnt schon damit, dass sie nicht über Autos rübergucken können. Und dann sollen sich sich zwischen mehreren in verschiedene Richtungen fahrenden Autos an der richtigen Stelle einordnen.

    Die sind damit einfach noch sehr schnell überfordert.

    Befürworter des "Fahrbahnradelns" machen ja immer wieder geltend, dass es vor allem ein "Mentalitätsproblem" sei, wenn jemand davor zurückschreckt, auf der Fahrbahn Fahrrad zu fahren und es als unangenehm empfindet, wenn kein Fahrradweg vorhanden ist.

    Und damit haben sie vermutlich recht, die "Fahrbahnradler". Schließlich ist es so, dass andere Zweiradfahrer sich ebenfalls Tag für Tag problemlos im Straßenverkehr auf der Fahrbahn bewegen und dort auch bewegen müssen. Darunter auch Mofa-Fahrer mit Geschwindigkeiten bis maximal 25 km/h. (So schnell kann ich auch als untrainierter Radfahrer mit einem Pedelec fahren.)

    Allerdings gilt für Mofa-Fahrer*innen, die sich am "richtigen" Verkehr beteiligen, ein Mindestalter von 15 Jahren!

    Mit dem Fahrrad darf ich schon mit 8 Jahren die Fahrbahn benutzen. (Im Vergleich zu einem 15-Jährigen hat ein 8-Jähriger gerade einmal das halbe Lebensalter!)

    Mit 10 Jahren müssen Radfahrer*innen die Fahrbahn benutzen, dann haben sie im Vergleich zu einem Mofa-Fahrer immerhin zwei Drittel dessen Lebensalters. Im Vergleich zum Mindestalter für's Autofahren ist es aber ebenfalls nur etwa die Hälfte des Lebensalters.

    Was hat denn ein Verkehrsanfänger im zarten Kindesalter gelernt in Bezug auf den Autoverkehr? Ganz gewiss nicht, das Verkehrsmittel Auto ist dein Freund, es wird jederzeit und überall für dich anhalten, falls du ihm in die Quere kommst. Obwohl der Autofahrer genau dazu streng genommen verpflichtet ist: "Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird." (§1, Abs 2 StVO)

    Aber da ist ja der Teilsatz, "...als nach den Umständen unvermeidbar...".

    Und die Verkehrserziehung bis zum Alter von 8 Jahren findet in einem hohen Umfang im Familienkreis durch die Eltern und älteren Geschwister statt. In einer guten Kita kann darüber hinaus ein Kind ebenfalls viel lernen, aber das ist dann schon wieder mehr oder weniger Glückssache. Genau so wie die Verkehrserziehung durch die Eltern. In manchen Familien beschränkt sich das darauf nur auf der Beifahrerseite ein- und auszusteigen, weil die Eltern es für die klügste Überlebensstrategie halten, das Kind ausnahmslos überall nur mit dem Auto bis vor die jeweilige Haustür zu chauffieren.

    Ja es mag zutreffen, dass das Fahrbahnradeln, bzw. der Verzicht darauf vor allem ein "Mentalitätsproblem" ist. Aber es ist eben nicht "nur" ein Mentalitätsproblem, dass man mal eben mal einfach so abstellen könnte. Und dazu kommen noch die von Epaminaidos angesprochenen technischen Probleme, zum Beispiel dass Kinder nicht über Autos rübergucken können. Zumal die Autos durch den vermaledeiten "SUV-Trend" in den letzten Jahren enorm in die Höhe geschossen sind, so dass auch erwachsene Radfahrer*innen zunehmend Probleme haben, den Überblick zu bewahren.

    Dass alles soll jetzt nicht heißen, dass Fahrradfahrer*innen auf der Fahrbahn nichts verloren haben. Im Gegenteil, die haben dort ihre Berechtigung. Genau so haben aber auch gute Fahrradwege und andere Fahrrad-Infrastruktur ihre Berechtigung, ohne dass es eine Verpflichtung zur Benutzung gibt.

  • Genau so haben aber auch gute Fahrradwege und andere Fahrrad-Infrastruktur ihre Berechtigung, ohne dass es eine Verpflichtung zur Benutzung gibt.

    Auf genau diese Ansicht komme ich auch immer wieder regelmäßig, wenn die Fahrbahn mit zweispurigen Fahrzeugen verstopft ist.

  • Auf genau diese Ansicht komme ich auch immer wieder regelmäßig, wenn die Fahrbahn mit zweispurigen Fahrzeugen verstopft ist.

    Genau an dieser Stelle steckt möglicherweise Konfliktpotenzial.

    Bei einer starken Zunahme des Fahrradverkehrs sind Situationen vorstellbar in denen die Fahrbahnen vom Autoverkehr verstopft sind und gleichzeitig die Radwege überlastet, weil Fahrbahnradler auf den Radweg ausweichen, um nicht im Autoverkehrsstau stecken zu bleiben. Umgekehrt ist der Bau von breiteren und zusätzlichen Radwegen schwerer zu legitimieren, wenn diese nicht benutzungspflichtig sind, weil die Autofahrerlobby dann geltend macht: "Sollen sich die Damen und Herren Radfahrenden mal schön in den Autoverkehrsstau einreihen." Das ist kein ausreichender Grund an der Benutzungspflicht für Radwege festzuhalten. Aber man müsste das im Auge behalten. Ich befürchte die Idee von einer Radverkehrs-Doppelstruktur, Fahrbahnradeln + Radwegradeln ist nicht so populär, wie ich mir das wünsche. Vor allem nicht bei den Autofahrenden.

    Und das wird nicht einfacher dadurch, dass endlich effektive Maßnahmen getroffen werden, um den Autoverkehr zu reduzieren. Genau das ist aber notwendig. Denn eine Verkehrswende muss neben einer Zunahme des Radverkehrs (und des ÖPNV) auch eine Reduktion des Autoverkehrs beinhalten. Und diese Reduktion ist kein Selbstläufer, ordnungspolitische Maßnahmen sind dazu notwendig.

  • Der Verlag hat sich nochmal gemeldet.

    Zitat von Antwort 1 vom 9. Juni

    eine Frage vorweg: Wer sind Sie? Ein Vater? Lehrer?

    Zur Sache: Ich kann auch nach mehrmaligem Leser nicht verstehen, wo Sie einen Fehler sehen. Alles, was dort abgebildet ist, ist StVO gemäß. Die StVO ist die Grundlage, sie setzt den Rahmen.

    Das Arbeitsheft wendet sich an Kinder im Alter von 9 bis 10 Jahren. Ziel ist, sie in die Lage zu versetzen, sicher als Radfahrer am Straßenverkehr teilzunehmen.

    Ein wichtiges Thema ist dabei das Linksabbiegen. Die in dem Heft geschilderten unterschiedlichen Arten des Linksabbiegens (direktes und indirektes, auch sicheres Abbiegen genannt) sind dabei aus wohlüberlegten Gründen fester Bestandteil der Ausbildung. Diese Bezeichnungen finden sich dementsprechend in den offiziellen Erlassen und Rahmenvorgaben vieler Bundesländer. Ich habe schon sehr lebhafte Diskussionen zu verschiedenen Themen und Aspekten der Ausbildung erlebt, dieser Bereich ist unstrittig. Das Heft ist von diversen Experten kritisch gegengelesen und für angemessen befunden worden.

    Im Übrigen werden keine Verhaltensweisen gelehrt, die Radfahrer zwingen, zum Fußgänger zu werden.

    (Hervorhebung von mir)

    Zitat von Antwort 2 vom 18. Juni

    ich kann in der Tat den Fehler, den Sie da sehen, nicht erkennen. Nirgendwo steht, dass die Kinder das beim indirekten „sichere“ Linksabbiegen auf dem Rad sitzen bleiben. Natürlich steigen sie dabei ab, das ist ja das Prinzip dieser Variante.

    Wir werden bei der nächsten Überarbeitung die Frage aufnehmen und im Kreise von Fachleuten diskutieren.

    Also kurz zusammen gefasst:

    • Der Verlag betrachtet Absteigen für Radfahrer als vollkommen selbstverständlich.
    • Sie bringen Kindern unter dem Begriff "indirektes Abbiegen" ein Verhalten bei, das nicht dem indirekten Abbiegen aus der StVO entspricht.

    Wer meine Antwort lesen möchte, kann das auch tun (Danke mgka für den Link zum StVO-Vergleich)

    Antwort

    vielen Dank für Ihre Antwort.

    Es ist überhaupt nicht selbstverständlich, dass man beim indirekten Linksabbiegen absteigt. Ganz im Gegenteil.

    Das "indirekte Linksabbiegen" ist eindeutig in §9 Abs. 2 StVO definiert. Dabei steigen Radfahrer selbstverständlich nicht ab. In der bis 2009 gültigen StVO wurde das Absteigen noch in seltenen Ausnahmesituationen verlangt. Das wurde aber ersatzlos gestrichen (Vergleich der Versionen).

    Es gibt dann also insgesamt vier Varianten des Linksabbiegens:

    - §9 Abs. 1 StVO (direktes Abbiegen)

    - §9 Abs. 2 StVO (indirektes Abbiegen)

    - Absteigen und zu Fuß gehen hinter der Kreuzung

    - Absteigen und zu Fuß gehen vor der Kreuzung

    Das von der StVO vorgesehene indirekte Abbiegen kommt in Ihrer Ausbildung damit leider überhaupt nicht vor. Das ist schade. Die Kinder sollten doch nach der Fahrradprüfung eigentlich die Verkehrsregeln für Radfahrer kennen, oder?


    Statt dessen bringen Sie den Kindern ein völlig anderes Verhalten als "indirektes Abbiegen" bei. Das fördert Missverständnisse.


    Die saubere Erklärung wäre also:
    1.) Auf jeden Fall direktes und indirektes Abbiegen gemäß StVO erklären.
    2.) eventuell die zusätzlichen Varianten erklären, die nur deswegen legal sind, weil der Radfahrer die Kreuzung als Fußgänger überquert und nicht als Radfahrer.


    Wenn Sie schon dabei sind, sollte die verwendete Zeichnung auch überarbeitet werden: Das Mädchen quetscht sich rechts am Fahrbahnrand entlang. Dabei beträgt der korrekte Abstand zwischen Lenkerende und Bordstein bei einem Radfahrer mindestens 70 cm. Die Faustregel besagt, dass Radfahrer ungefähr dort fahren sollen, wo Autos die rechten Reifen haben. Das Mädchen müsste also hinter dem rechten Rücklicht des Autos fahren. Da gehört es hin. Und da ist es am sichersten.

    Diese Bilder prägen das Verhalten der Kinder im Verkehr. Und da ist es wichtig, dass auch die korrekte Fahrlinie dargestellt ist. Wenn der Zeichner gut ist, bekommt er vielleicht auch noch die Sicherheitsabstände korrekt hin.

    Wenn Sie ohnehin schon an der Zeichnung sind, sollten Sie am besten gleich noch zwei der vier Vorfahrtszeichen entfernen.

    Ich bin gespannt, welchen Inhalt meine zweite Tochter in ein paar Jahren in der Hand hält.

    • Der Verlag betrachtet Absteigen für Radfahrer als vollkommen selbstverständlich.
    • Sie bringen Kindern unter dem Begriff "indirektes Abbiegen" ein Verhalten bei, das nicht dem indirekten Abbiegen aus der StVO entspricht.

    Leider ist das in der Broschüre dargestellte indirekte Linksabbiegen nach meiner Beobachtung recht weit verbreitet. Allerdings ohne Absteigen. Wenn das Autor*innen-Team der Broschüre tatsächlich annimmt, dass Radfahrer*innen absteigen bei der in der Skizze dargestellten Variante von Linksabbiegen, dann haben die noch nicht viele Radfahrer*innen beobachtet.

    Nach meiner Beobachtung kommt es häufig vor, dass Radfahrer*innen an einer stark befahrenen Kreuzung entgegen der Fahrtrichtung die ampelgesicherte Fußgängerfurt nutzen. Besonders dann, wenn die zuerst Grün zeigt. Abgestiegen wird dabei eher selten, obwohl es doch zumindest bei der ersten Querung ohne Zeitverlust möglich wäre, weil die Grünphasen ja auf den Fußverkehr abgestimmt sind.

    Ich glaube nicht so sehr, dass die Broschüre in dieser Frage den Kindern irgendwas beibringt, was die nicht ohnehin täglich beobachten beim Radfahren der anderen und was vermutlich auch viele Eltern falsch vormachen.

    Schade, dabei wäre doch so eine Broschüre eine gute Gelegenheit das Thema etwas gründlicher zu behandeln. Vermutlich steht dem einmal mehr die Befürchtung entgegen, man dürfe Kinder nicht damit überfordern, dass ihnen verschiedene Varianten gezeigt werden.

  • Ich glaube nicht so sehr, dass die Broschüre in dieser Frage den Kindern irgendwas beibringt, was die nicht ohnehin täglich beobachten beim Radfahren der anderen und was vermutlich auch viele Eltern falsch vormachen.

    Macht das die Falschinformation irgendwie besser?

    Nein. Ganz im Gegenteil wird es dadurch noch schlimmer. Denn das Fehlverhalten wird dadurch noch gefestigt.

  • Macht das die Falschinformation irgendwie besser?

    Nein. Ganz im Gegenteil wird es dadurch noch schlimmer. Denn das Fehlverhalten wird dadurch noch gefestigt.

    Das macht die Broschüre nicht besser. Aber was ich geschrieben habe, erklärt vielleicht, wie diese Zeichnung zu Stande gekommen ist.

    Da hat wer den Radverkehr beobachtet und bei der Wiedergabe seiner Beobachtung in der Broschüre unter den Tisch fallen gelassen, dass man absteigen muss, wenn man in der gezeichneten Weise indirekt links abbiegt.

    Was die Broschüre besser machen würde hatte ich ja bereits geschrieben:

    Schade, dabei wäre doch so eine Broschüre eine gute Gelegenheit das Thema etwas gründlicher zu behandeln. Vermutlich steht dem einmal mehr die Befürchtung entgegen, man dürfe Kinder nicht damit überfordern, dass ihnen verschiedene Varianten gezeigt werden.

    Drei Varianten sehe ich:

    1. Vor der Kreuzung indirekt links abbiegen, wie beschrieben. Dann muss aber ergänzt werden: Geht nur mit Absteigen und schieben.

    (Wobei es auch da wieder teilweise Ausnahmen geben könnte, zum Beispiel bei Zweirichtungsradwegen bräuchte man nicht absteigen.)

    2. Indirektes Linksabbiegen hinter der Kreuzung.

    (3. Einordnen auf die Linksabbiegerspur auf der Fahrbahn.)

    Die dritte Variante würde ich als Lehrer*in in der Grundschule auf keinen Fall mit den Kindern üben wollen. Deshalb habe ich das in Klammern gesetzt.

    Würdest du die 3. Variante mit Kindern einer Grundschulklasse üben wollen?

  • Würdest du die 3. Variante mit Kindern einer Grundschulklasse üben wollen.

    Es gehören beide StVO-konformen Varianten in die theoretische Ausbildung (also direkt und indirekt ohne Absteigen). Das ist für mich Pflicht, damit die Kinder die Verkehrsregeln kennen.

    Wenn zusätzlich noch die Varianten mit Absteigen erklärt werden, finde ich das überflüssig, kann es aber nicht ändern.

    Und anschließend erklärt man den Kindern, welche Variante für welche Situation geeignet ist.

  • Es gehören beide StVO-konformen Varianten in die theoretische Ausbildung (also direkt und indirekt ohne Absteigen). Das ist für mich Pflicht, damit die Kinder die Verkehrsregeln kennen.

    Wenn zusätzlich noch die Varianten mit Absteigen erklärt werden, finde ich das überflüssig, kann es aber nicht ändern.

    Und anschließend erklärt man den Kindern, welche Variante für welche Situation geeignet ist.

    In die theoretische Ausbildung ja. (Auch wenn die reine Theorie bei Grundschulkindern nicht so große Lernerfolge verspricht wie das praktische Üben.) Aber wie schon gesagt: Ich würde das direkte Linksabbiegen nicht mit Kindern einer Grundschulklasse üben. Dazu sind die Voraussetzungen, die die Kinder mitbringen zu ungleich und die zur Verfügung stehende Zeit, bzw. die Unterstützungsmöglichkeiten durch die Eltern reichen nicht aus. Zumal, du in dem Fall, dass du die Eltern vom direkten Linksabbiegen überzeugen willst, vermutlich eine Menge dicke Bretter bohren müsstest.

    Auch das indirekte Linksabbiegen (mit Absteigen) vor der Kreuzung, da stimme ich dir zu, sollte nicht geübt werden, aber es sollte in jedem Fall in der Theorie besprochen werden. Einfach weil es so häufig (falsch) vorgemacht wird. Wenn dabei jedoch abgestiegen wird und das Rad geschoben wird, dann ist es auch StVO-konform. Also gibt es 3 StVO-konforme Varianten.

    Sinnvoll wäre eine systematische Fortsetzung des Verkehrsunterrichtes an den weiterführenden Schulen. Das könnte gut in Fächer wie Physik (Bremsweg), Werte und Normen/Religion (Rücksichtnahme ggü. schwächeren Verkehrsteilnehmern), Politik (Umweltschutz, Mobilität), Deutsch (Gesetzestexte lesen) integriert werden.

    Leider ist es an vielen Schulen so, dass nicht einmal das Benutzen des ÖPNV ordentlich thematisiert wird, weil die Lehrer*innen alle Nur-Autofahrer sind.