Ich versuche mal die versprochene Zusammenstellung. Ganz ohne Gemotze gegenüber der Stadt wird es vermutlich nicht gehen, aber als Grundstimmung bitte ich euch mitzunehmen: ich bin angenehm überrascht.
Also: Nürnberg ist seit vielen Jahren Fahrradstadt und Infrastrukturapocalypsemetropole. Unsere einzige Fahrradstraße war lange Zeit ~20m lang, ging über eine Brücke und wurde von parkplatzsuchenden Autofahrern zügig befahren. Darüber habe ich schon woanders auf diesem Forum geklagt, ich bringe kein neues Bild (hier als Link: von Ufer zu Ufer war Fahrradstraße: https://www.google.com/maps/@49.45301…!7i13312!8i6656 ).
Nun ist Nürnberg arm und manches dauert, aber seit diesem Jahr sind viele Fahrradstraßen im Bau. Das Konzept ist hier zu finden: https://www.nuernberg.de/imperia/md/ver…gsvorlage-1.pdf , die betroffenen Straßen sind auf Seite 5 oben aufgelistet. Keine Kopie hier, für Ortsfremde eh nur bedingt interessant, vermute ich.
Mich persönlich betreffen davon zwei - die habe ich auch gesehen und jetzt eben etwas Zeit gefunden Fotos zu machen.
Zunächst zu meiner Seite der Stadt (der Osten): Dieser liegt geografisch und Straßenbaulich interessant zwischen zwei Wäldern und wird von einem (dem) Fluß durchtrennt. So sind auch die dort angelegten Straßen.
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Auf der Karte ist das halbwegs zu erkennen: zwischen Mögeldorf und Erlenstegen am östlichen Rand gibt es nur sehr begrenzte Ausweichmöglichkeiten.
Nun wundere ich mich immer, dass die Hamburger keine Nebenstraße finden, die ebenfalls gerade verläuft und auf der keine Autos fahren. Das scheint aber tatsächlich eine gelungene Nürnberger Variante zu sein. Hier sind die Wohngebiete schon recht lange alle Tempo 30 und mit Durchfahrtsbeschränkungen (baulich) zwischen den einzelnen Abschnitten. Rad- und Fußverkehr können weiter (und vermutlich das Pferd), für alle anderen ist es verboten. Hindert Motorräder nicht immer, aber das sind vergleichsweise wenige.
Das hat sich auch schon immer im Radverkehr gezeigt. Ich habe versucht das mit der Strava Heatmap darzustellen, die Abschnitte aber nicht ganz getroffen.
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Der Zoo ist das ovale Dings unten rechts im Bild, darüber im Wald sind "helle" Strecken, weil für den Radverkehr der Wald schon immer interessant war.
Auf der südlichen Seite des Flusses gibt es eine Hauptverkehrsstraße, die von den umliegenden reichen Wohnvororten in die Innenstadt führt (Laufamholz- und Ostendstraße). Diese ist für den Radverkehr ziemlicher Mist - das Ding ist fast durchgängig zweispurig, es gibt Bereiche die auf unmarkiertem Kopfsteinpflaster laufen, der Verkehr ist relativ stark und die Ampelschaltungen sind praktisch geschwindigkeitsunabhängig doof. Das führt vor allem dazu, dass Radler entweder am Fluss entlang fahren oder in die umliegenden Wohngebiete ausweichen.
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Im Bild mit den (etwas überdimensionierten) Punkten markiert ist der Verlauf der "Hauptstraße", in der linken Bildhälfte darüber sieht man die beiden Wege um den Fluss/See, mit den beiden Pfeilen ist der Start und das Ende der "Wohngebietsumgehung" markiert. Wenn auf der Karte einer suchen möchte, dass ist die Happurger Straße bis zur Gleishammerstraße.
Lange Einleitung, 'schuldigung.
Dort kommt gerade eine Fahrradstraße. Auf praktisch der gesamten Länge der beiden Pfeile in der Heatmap (nicht ganz, in Rehhof gibt es einen linksseitigen Hochboardradweg - der ist wegen der seltsamen Bebauung nicht ganz so schlecht wie manch anderes Konstrukt, aber toll ist es halt auch nicht). Und die Gestalt ist eben mit deutlicher Vorfahrt für den Radverkehr, sehr vielen neuen markierten Flächen und auf einem Straßenzug der ausreichend breit ist, dass auch mehrere Radler mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten trotz parkender Fahrzeuge vernünftig fahren können. Das ist alles noch nichts neues - die Fahrradstraße bringt so alleine also noch keinen wesentlichen Vorteil. Aber die Vorfahrtsmarkierung ist neu. Damit gilt auf einer langen Verbindung für Radler jetzt kein rechts vor links mehr. Ich bin sehr gespannt - für mich ist das ein riesiger Vorteil.
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Vernünftig markiert.
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An allen Kreuzungen mit VZ 301 versehen.
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Sogar eine abknickende Vorfahrt in der ehemaligen 30-Zone haben sie hinbekommen (in der Richtung wie im Bild mit einem VZ 301, in der Gegenrichtung mit einem VZ 102)
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Dieses Bild ist aus einem anderen Teil der Stadt (Hummelsteiner Weg, Ausweichstrecke der vielbefahrenen Pillenreuther Straße) - dort wurde der Straßenbelag im Zuge der Fahrradstraße erneuert. Das war vorher ein mit Schlaglöchern und Rinnen so beschädigter Bereich, dass ich diese Stelle auf allen verfügbaren Mängelkarten eingetragen habe.
Also in Summe: es tut sich etwas. Das ist schön. In den beiden Teilen die ich befahren habe scheinen die Änderungen ausgesprochen erfreulich - wie sich das durchsetzt (vor allem, wenn die zugelassenen Anwohner jetzt nicht mehr auf rechts vor links achten müssen) wird sich zeigen.
Im Thema der Fahrrunter Kampagne (RE: „Fahrrunter“-Kampagne ) hatte ich ja noch gesagt: fragt mich später, ob es was genützt hat. Ich vermute, das ist hinfällig. Seit heute ist bekannt, dass wir gleichzeitig (also halt: jetzt) das 365€ Ticket einführen. Ob der Autoverkehr jetzt weniger wird, weil eine Fahrradstraße hingemalt wurde oder ob das günstige Ticket einen ÖPNV-Nutzer angezogen hat kann ich nicht mehr trennen.
Der Bericht zur Verkehrszählung 2019 liegt hier: https://www.nuernberg.de/imperia/md/ver…omplett_neu.pdf
Auf Seite vier ist dort der Anteil der Radfahrer am Verkehr über die Pegnitzbrücken angegeben. Das ist vielleicht keine völlig schlechte Wahl. Dem ersten Anschein nach wäre das eine sinnvolle Abschätzung. 2019 käme dann der Radverkehr in Nbg auf 11,5%. Wir werden sehen.