• Warum zitierst Du hier das Ahlener Programm der CDU von 1947?

    Die anderen Punkte ändern nichts am Verhältnis der Linkspartei zur Gründung einer deutschen Diktatur mitsamt Massenenteignungen: sie hält so ein Vorgehen für "legitim".

    Und scheinbar möchte die Union unter anderem deshalb nicht mit der Linkspartei kooperieren. Ich kann es ihr nicht verübeln.

  • Müssen tun die Abgeordneten bei solchen Abstimmungen schonmal gar nichts. Das ist ein Grundsatz unserer repräsentativen Demokratie.

    Auf mich wirkte der Rücktritt eher, als sei er auf Grund von erheblichem Druck von außen (u.a. der Bundesparteien von CDU und FDP) zustandegekommen und weniger dadurch, dass Kemmerich selbst keine Perspektive sah zu regieren.

    Da hast du schon recht, "müssen" tut das ein Abgeordneter nicht. Vor allem aber muss er nicht erwarten von irgendjemandem ernst genommen zu werden, wenn er ein solches Abstimmungsgebaren an den Tag legt, dass er den Ministerpräsidenten-Kandidaten der eigenen Partei nicht wählt, um den Ministerpräsidenten-Kandidaten einer anderen Partei zu wählen. Wie erklärst du dir eigentlich diese Vorgehensweise? Sollte das dazu dienen, dass die CDU hinterher sagen kann, wir hatten ja gar nicht ernsthaft damit gerechnet, dass die AfD für Kemmerich stimmt?

    Es ist übrigens sehr aufschlussreich sich anzuhören, wie Meuthen von der AfD versucht, dieses eklatante Demokratie-Versagen von CDU und FDP in Thüringen für seine finsteren Zwecke auszunutzen: Er konstruiert daraus eine Verschwörungstheorie, die einem das Schlimmste befürchten lassen kann.

    Dass Lindner zunächst Kemmerich gratulierte, deutet darauf hin, dass er wirklich glaubte, dass Kemmerich damit durchkäme, als von der AfD gewählter Ministerpräsident regieren zu können. Es gab jedoch genug Beobachter, die sofort nach der Wahl Kemmerichs sich ganz klar gegen diese Form der Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen haben, da war nichts gesteuert und keine Verschwörertruppe am Werk, wie die AfD jetzt versucht den Menschen einzureden, mit teils drastisch schlimmen Folgen, wie man am Mittwochabend leider einmal mehr erfahren hat.

  • Wie erklärst du dir eigentlich diese Vorgehensweise?

    Es war das beste, was die AfD (für sich) tun konnte. Hätte sie ihren Kandidaten zurück gezogen, hätten sie einen Rückzug von Kemmerich riskiert und Ramelow wäre jetzt MP.

    Hätten sie für ihren eigenen Kandidaten gestimmt, wäre Ramelow jetzt auch MP.

    Sie haben durch Ihr Verhalten also einen MP erreicht, der Ihnen politisch wesentlich näher steht.

    Eine andere Erklärung ist einfacher: weil sie es können und so größtmögliche Publicity erzeugen. Oder der Demokratie selbst maximalen Schaden zufügen.

    Bei Höcke könnte ich mir sogar letzteres vorstellen.

  • Sollte das dazu dienen, dass die CDU hinterher sagen kann, wir hatten ja gar nicht ernsthaft damit gerechnet, dass die AfD für Kemmerich stimmt?

    Mir war bisher nicht einmal klar, dass man sich dafür rechtfertigen muss, für etwas zu stimmen, für das auch die AfD stimmen könnte.

    Ramelow: "Das ist mein Haushalt für 1949." Höcke: "Muss mir noch überlegen, ob ich dagegen bin." Ramelow: "Ich lehne meinen Haushalt ab!"

    Es ist übrigens sehr aufschlussreich sich anzuhören, wie Meuthen von der AfD versucht, dieses eklatante Demokratie-Versagen von CDU und FDP in Thüringen für seine finsteren Zwecke auszunutzen: Er konstruiert daraus eine Verschwörungstheorie, die einem das Schlimmste befürchten lassen kann.

    Eklatantes Demokratieversagen? Weißt Du, was für mich eklatantes Demokratieversagen ist? Wenn eine vom Demos abgewählte Regierung der Meinung ist, ein irgendwie geartetes demokratisches Recht aufs Regieren zu haben. Und das auch noch in einem Ausmaß, dass man anderen eklatantes Demokratieversagen unterstellen darf, wenn sie es anders sehen.

    Ja, die Verfassung eröffnet diese Möglichkeit, aber auch die Zusammenarbeit mit der AfD. Sie regelt das Gegeneinander der Parteien, nicht das Miteinander gegen Rechts. Es geht einfach um mehr. Rot-Rot-Grün erwartet aber von der CDU dieses Miteinander. Also ein Miteinander mit sich selbst, denn von Rot-Rot-Grün ist Nichts in diese Richtung zu erkennen.

    Was bleibt unterm Strich übrig? Eine abgewählte Regierung soll weiter an der Macht bleiben. Vom Wahlausgang wäre nichts im Ergebnis zu erkennen. Ich weiß nicht, was Meuten gesagt hat, es interessiert mich auch nicht, aber ich befürchte, er hat Recht. Wie leicht soll es der AfD denn noch gemacht werden?

    Was jetzt zähl ist, dass die Brandmauer gegen Rechts hält. Da ist es nicht zielführend, die CDU mit aller Macht gegen diese zu drücken.

    Entweder ihr macht den Kotau oder werdet als Nazis gebrandmarkt.

    Thüringen hat Rechts gewählt, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Und dennoch schaffen es die Linken, weil primär die CDU für Unvereinbarkeit mit der AfD zu zahlen hat. Das ist eine sehr bequeme Situation für Links. Zumal sie ja sogar den anderen die Schuld geben kann, wenn diese aufmucken. Und es wird bei anderen Wahlen in eine ähnliche Richtung gehen. Was werden die CDU-Wähler wohl machen, wenn Rot-Rot-Grün wiederholt trotz Minderheit die Macht ergreift und sie somit von dieser ausschließt? Was wird irgendwann die CDU machen? Wollen wir das?

    Nebenbei: Das vorgehen der SED halte ich für undemokratisch und machtorientiert. Die CDU soll als Blockpartei dienen. Und da ich befürchte, da draussen ticken einige wie Ullie, habe ich meine Einstufung zur Roten Linie der CDU von akzeptiert auf unterstützt geändert.

  • Die Linke weigert sich, für die DDR den Begriff "Unrechtsstaat" zu akzeptieren. Das ist für mich aufgrund des schon der Verfassung der "Deutschen Demokratischen Republik" inhärenten undemokratischen Charakters und in der Praxis ausgeübten Überwachung, von der die Gestapo geträumt hätte, inakzeptabel.

    Nicht zuletzt stellt es einen Schlag ins Gesicht für die Opfer des staatlichen Terrors dar. Ich kenne nicht nur diverse Stasi-Akten, Brigadetagebücher und andere Quellen zu dieser Thematik, sondern habe mich mit vielen Zeitzeugen unterhalten, die in Bautzen oder Berlin Hohenschönhausen einsaßen. Die wählen nicht Die Linke - aus Gründen ...

    Enteignungen sind da das geringere Problem.

    Und auch wenn ich damit ein weites Feld betrete: Dass die alte Bundesrepublik seine historischen Altlasten spätestens mit 1968 wirkungsvoller aufgearbeitet hat als die DDR mit ihrem oktroyierten per se "antifaschistischen" Staatswesen, zeigt sich m. E. nicht zuletzt in der überproportional hohen Neigung zu Rechtsextremismus und Rassismus in der ehemaligen DDR.

    Dennoch: Hätte ich nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, ich wählte Die Linke und nicht die AfD, die im Gewand des Biedermanns erfolgreich zündelt und das, "was gesagt werden muss", immer weiter nach rechts verschiebt - und wie jetzt jüngst nach Hanau rechtsextremistische Terrorakte relativiert.

  • Thüringen hat Rechts gewählt, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Und dennoch schaffen es die Linken, weil primär die CDU für Unvereinbarkeit mit der AfD zu zahlen hat. Das ist eine sehr bequeme Situation für Links. Zumal sie ja sogar den anderen die Schuld geben kann, wenn diese aufmucken. Und es wird bei anderen Wahlen in eine ähnliche Richtung gehen. Was werden die CDU-Wähler wohl machen, wenn Rot-Rot-Grün wiederholt trotz Minderheit die Macht ergreift und sie somit von dieser ausschließt? Was wird irgendwann die CDU machen? Wollen wir das?

    Nebenbei: Das vorgehen der SED halte ich für undemokratisch und machtorientiert. Die CDU soll als Blockpartei dienen. Und da ich befürchte, da draussen ticken einige wie Ullie, habe ich meine Einstufung zur Roten Linie der CDU von akzeptiert auf unterstützt geändert.

    Wie kommst du zu der Einschätzung, dass Thüringen Rechts gewählt hat?

    Ist es nicht gerade die AfD, die immer wieder für sich in Anspruch nimmt, die eigentlich echte konservative Partei zu sein? Und wirft die AfD der CDU nicht ständig vor, eine sozialdemokratische Politik zu praktizieren? Rechts gewählt würde aus dieser Sicht bedeuten AfD gewählt. Die AfD erzielte jedoch nur 22 Abgeordnetensitze. Wenn man für "Rechts gewählt" in Thüringen die Stimmen von CDU und AfD zusammenzählt, dann kommt man auf 43 Sitzen. Allerdings ist zumindest aus AFd-Sicht die CDU eine linke Partei.

    Die anderen Parteien kommen im Thüringer Landtag auf insgesamt 47 Sitze, deshalb haben die rechten Parteien (wenn man CDU und AfD als solche bezeichnet) mit 43 Sitzen noch keine Mehrheit.

    Es gab im aktuellen Fall kein "Vorgehen der SED", denn die SED gibt es seit 1990 nicht mehr. Außer natürlich bei Leuten wie Meuthen, der die Ministerpräsidentenwahl und die darauf folgenden Reaktionen so bewertet: "Doch all jene, die glauben die Zeiten Ulbrichs und seiner DDR-Diktatur seien längst vorüber, sehen sich dieser Tage leider getäuscht." (Min. 0:25)

    Bitte den Video selbst suchen. Der Titel heißt: "Jörg Meuthen | Merkel ist ein Fall für den Verfassungsschutz!"

    Wenn ich den ganzen Link eingebe, dann generiert das Forumprogramm immer die Titelseite des Videos mit AfD-Logo. Das muss nicht sein.

    Ein weiterer entlarvender Begriff in Meuthens Rede ist der Begriff "Mainstream-Medien" (Min. 0:54)

    Der Begriff verdeutlicht, dass die AfD gezielt den Eindruck erweckt, eine Verschwörung gegen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sei im Gange und nur die AfD kann Deutschland noch davor bewahren, Opfer dieser Verschwörung zu werden.

    Die Partei Die Linke bezeichnet Meuthen als "Mauermörderpartei" (Min. 4:21), obwohl die Vorgängerpartei der Partei die Linke, die PDS dazu klar Stellung bezogen hat: "Wir bedauern das von der SED als der dafür verantwortlichen politischen Kraft ausgegangene Unrecht. Das Schicksal der Opfer und die Einschränkungen der Würde und der Lebenswege vieler Menschen berühren uns tief." https://www.n-tv.de/politik/PDS-Er…icle139743.html

  • Die Linke weigert sich, für die DDR den Begriff "Unrechtsstaat" zu akzeptieren. Das ist für mich aufgrund des schon der Verfassung der "Deutschen Demokratischen Republik" inhärenten undemokratischen Charakters und in der Praxis ausgeübten Überwachung, von der die Gestapo geträumt hätte, inakzeptabel.

    Die CDU/CSU, aber auch andere Parteien benutzen den Begriff Unrechtsstaat sowohl für den SS-Staat der Nazis, als auch für den DDR-Staat.

    Ich sehe nicht, dass die Partei Die Linke verkennt, dass die DDR in vielfacher Hinsicht ein Unrechtsstaat war. Und es gibt Unrechtsstaat-Elemente der DDR, die es auch im nationalsozialistischen Deutschland gab. Trotzdem halte ich es für falsch, beide Staaten einfach gleichzusetzen unter dem Siegel "Unrechtsstaat".

    Da müsste man schon genauer hinschauen, welche Elemente eines Unrechtsstaates jeweils zutreffend sind. Den Begriff einfach nur zum "Polemisieren" zu benutzen ist nicht in Ordnung.

  • Man setzt sie dadurch nicht gleich. Wenn das deine Schlussfolgerung aus meinem Kommentar ist, bitte ich darum, nochmals zu lesen. Und zwar auch deinen eigenen Einwurf.

    Nur kurz: Es gab in der Geschichte und gibt gegenwärtig mehrere totalitäre Staaten. Setzt man sie durch diesen Begriff gleich? Nein.

    Sie haben aber ein tertium comparationis und werden darum alle so kategorisiert.

    Dass das NS-Regime in negativer Hinsicht durch den industriell organisierten Massenmord an Juden, Schwulen, Kommunisten u. a. m. eine Singularität der Geschichte ist, wird damit nicht in Abrede gestellt.

  • Man setzt sie dadurch nicht gleich. Wenn das deine Schlussfolgerung aus meinem Kommentar ist, bitte ich darum, nochmals zu lesen. Und zwar auch deinen eigenen Einwurf.

    Nur kurz: Es gab in der Geschichte und gibt gegenwärtig mehrere totalitäre Staaten. Setzt man sie durch diesen Begriff gleich? Nein.

    Sie haben aber ein tertium comparationis und werden darum alle so kategorisiert.

    Dass das NS-Regime in negativer Hinsicht durch den industriell organisierten Massenmord an Juden, Schwulen, Kommunisten u. a. m. eine Singularität der Geschichte ist, wird damit nicht in Abrede gestellt.

    Das sehe ich genau so, dass man zwei Staaten, die man Unrechtsstaaten nennt, deshalb nicht automatisch gleichsetzt. Und in der "akademischen" Debatte mag das auch funktionieren, dass man Vergleiche anstellt, welche Elemente eines Unrechtsstaates auf Nazideutschland und welche auf den DDR-Staat zutreffen, ob es zum Beispiel Elemente gibt, die auf beide zutreffen und wo es Unterschiede gibt.

    In der politischen Debatte jedoch wurde und wird immer noch von der CDU der Begriff "Unrechtsstaat" unterschiedslos auf Nazi-Deutschland und die DDR angewendet. Daraus leitet die CDU für sich selbst eine Position der Mitte her, um mit einem Alleinstellungsmerkmal bei Wahlen antreten zu können: Wir sind die einzige Partei, die nicht mit Linksradikalen und nicht mit Rechtsradikalen zusammenarbeitet.

    Wenn man sich jedoch alleine die Namens-Geschichte der Partei Die Linke anschaut, dann wird deutlich, dass sie mit der SED nicht einfach gleichgesetzt werden darf als die "Partei des Schießbefehls und der Mauertoten". Was übrigens nicht nur Meuthen von der AfD gerne tut, sondern auch in CDU-CSU-Kreisen verbreitet ist.

    Ganz am Anfang steht ein Zusammenschluss von SPD und KPD. Und diese Idee einer Einheitspartei war zur Zeit ihrer Entstehung breit diskutiert worden, auch in den westdeutschen Besatzungszonen. Und die SED war durchaus nicht alleine von den sowjetischen Besatzern in der SBZ erzwungen worden.

    Die CDU ihrerseits nennt sich Union, nicht Partei, weil sie ein Zusammenschluss von protestantisch ausgerichteten Parteien und der katholischen Zentrumspartei ist. Da hat also ebenfalls ein Zusammenschluss von Parteien stattgefunden, die in der Weimarer Republik ähnlich heftig gegeneinander arbeiteten wie SPD und KPD.

    Nach dem Mauerfall gründet sich die PDS an Stelle der SED. Es folgt die Umbenennung in Linkspartei, dann ein Zusammenschluss mit der WASG (Wähleralternative Soziale Gerechtigkeit) und damit ein Zusammenschluss mit linken westdeutschen Gruppierungen. Und erst mit diesem Zusammenschluss gründet sich die heutige Partei "Die Linke".

  • Wenn man sich jedoch alleine die Namens-Geschichte der Partei Die Linke anschaut, dann wird deutlich, dass sie mit der SED nicht einfach gleichgesetzt werden darf als die "Partei des Schießbefehls und der Mauertoten".

    Ich weiß nicht, woraus du schlussfolgerst, mein Kommentar legte dieses nahe.

    Und deine weiteren Ausführungen zum Grundwissen über die deutsch-deutsche Geschichte in einer bipolaren Welt nach 1945 in allen Ehren, aber du predigst mit deinem historischen Exkurs, der nur noch sehr entfernt mit meiner Einlassung zum Begriff "Unrechtsstaat" zu tun hat, dem Chor ...

  • Deinen Kommentar von weiter oben,

    Die Linke weigert sich, für die DDR den Begriff "Unrechtsstaat" zu akzeptieren. Das ist für mich aufgrund des schon der Verfassung der "Deutschen Demokratischen Republik" inhärenten undemokratischen Charakters und in der Praxis ausgeübten Überwachung, von der die Gestapo geträumt hätte, inakzeptabel.

    Nicht zuletzt stellt es einen Schlag ins Gesicht für die Opfer des staatlichen Terrors dar. Ich kenne nicht nur diverse Stasi-Akten, Brigadetagebücher und andere Quellen zu dieser Thematik, sondern habe mich mit vielen Zeitzeugen unterhalten, die in Bautzen oder Berlin Hohenschönhausen einsaßen.

    den habe ich so gelesen, wie er gerne von CDU-Mitgliedern, besonders im Wahlkampf zu hören ist. Da wird dann gerne den Grünen, aber auch der SPD vorgeworfen, dass es ein Unding sei, mit einer Partei zusammenzuarbeiten oder Koalitionen einzugehen, die nicht bereit sei, sich dazu zu bekennen, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei.

    Ich habe bislang nur mit zwei Leuten gesprochen, die einmal in Bautzen inhaftiert waren (und das ist schon eine ganze Weile her, dass ich mit denen gesprochen habe). Das Unrecht, das ihnen widerfahren ist, hat aber nicht dazu geführt, dass sie eins zu eins die Linke (damals war es noch die PDS) mit ihrer Vorgängerpartei SED gleichsetzen.

    Mich stört die in der politischen Propaganda benutzte Gleichsetzung von DDR-Unrechtsstaat und NS-Unrechtsstaat. Du kritisierst, dass die heutige Generation von Politikern der Partei "Die Linke" sich nicht vom DDR-Unrechtsstaat distanziere. Ein Beleg dafür, dass die PDS das getan hat, ist die Erklärung zum 40 Jahrestag des Mauerbaus: "

    "In der Erklärung, die den Titel »Die PDS hat sich unwiderruflich vom Stalinismus der SED befreit« trägt, wird festgestellt, dass die Schließung der Sektorengrenzen zu Westberlin am 13. August 1961 in der Logik der damaligen weltpolitischen Entwicklungen gelegen habe. Dies sei eine Antwort auf den drohenden Exodus der DDR gewesen, habe die Aufteilung der Welt im Ergebnis des zweiten Weltkrieges gefestigt und die Einflusssphäre der Sowjetunion hinein gesichert.

    Trotz aller historischen Umstände könne die PDS jedoch nicht den Rettungsversuch der DDR mit Hilfe der Mauer rechtfertigen, heißt es in der Erklärung. Der Preis dieser Art Rettung seien »die endlos aufgeschobene und nie eingelöste Demokratisierung der Gesellschaft«. Sozialismus, so schlussfolgert die PDS, »gedeiht eben nicht als Befehlssystem, nicht unter Bajonetten, nicht im Schatten von Panzern, nicht hinter Mauern. Der Sozialismus, für den PDS eintrete, gründe »auf den werten von Freiheit, Gleichheit und Solidarität«."

    Das bedeutet doch, dass die PDS ganz klar davon ausgeht, dass die DDR in puncto Mauerbau aber auch in sehr vielen weiteren Bereichen, die mit genannt werden, ein Unrechtsstaat war.

  • Du kritisierst, dass die heutige Generation von Politikern der Partei "Die Linke" sich nicht vom DDR-Unrechtsstaat distanziere

    Ich kritisierte hier ganz konkret, dass viele diesen eindeutig zutreffenden Begriff nicht akzeptieren und sich dadurch nicht sprachlich distanzieren. Die führenden Köpfe werden es auch nicht müde, immer wieder zu betonen, dass sie diesen Begriff für unangebracht halten, z. B. der Ex-Stasi-Mitarbeiter Gysi.

    Was soll ich denn dem entgegnen, was du bzgl. des Vorgehens der CDU und erst recht, was die historische Genese der Partei "Die Linke" angeht, schreibst? Da bin ich ja gar nicht anderer Meinung. Insbesondere, was die Kenntnisse der Nachkriegsgeschichte angeht, müsste ich ansonsten auch meine tägliche Berufsausübung deutlich in Frage stellen (o. k., macht Kollege Höcke auch nicht, aber das ist ein anderes Thema).

    Was kommt als Nächstes? Du erklärst die Hufeisentheorie? Alles interessant, aber nicht auf meine Kritik an der Linie von vielen Parteimitgliedern von "Die Linke" bezogen, einen Unrechtsstaat nicht auch als einen solchen zu benennen, benennen zu wollen. Das impliziert nämlich - und so wird es auch immer wieder von Parteimitliedern erklärt -, dass die DDR per se, in ihrem Wesen kein Unrechtsstaat gewesen sei, sondern einfach nur einiges schiefgegangen, aus dem Ruder gelaufen: "In der DDR gab es kein gesetzliches Unrecht." (a. a. O.). Tatsächlich war sie eine totalitäre Parteidiktatur - und das nicht nur in der Verfassungspraxis, sondern auch ihrer theoretischen verfassungsmäßigen Anlage: ein Unrechtsstaat eben. Und darin unterscheidet sie sich eklatant von der Bundesrepublik: Das Grundgesetz von 1949 ist freiheitlich und republikanisch-parlamentarisch-demokratisch.

    10 Mal editiert, zuletzt von cubernaut (23. Februar 2020 um 09:12)

  • Vielen Dank für den Link zu dem Artikel von 2014. Das hört sich so an als habe die Partei "Die Linke" in Thüringen die Partei-interne Vereinbarung getroffen, nicht zuzulassen, dass die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet wird. Und dass das die Eintrittskarte gewesen ist für eine Koalition mit SPD und Grünen.

    Dieses Papier kam laut dem Bericht auf Drängen der Grünen zustande. Vermutlich weil Mitglieder der Bürgerrechtsbewegung Bündnis 90, mit denen die Grünen 1990 fusionierten, als Bürgerrechtler in der DDR sehr empfindlich unter dem DDR-Unrecht zu leiden hatten.

    Dein Zitat, "In der DDR gab es kein gesetzliches Unrecht", das in dem in dem Artikel angeführt wird, stammt nicht von Gregor Gisy, sondern das wurde von einer Rednerin bei einer parteiinternen Veranstaltung gesagt.

    Gisy dagegen betont, "dass es Unrecht, auch grobes Unrecht, in der DDR gab".

    Und Gisy stellt die Ablehnung gegen die Bezeichnung Unrechtsstaat für die DDR in dem Artikel in einen konkreten Zusammenhang: "Wenn ich die DDR als Unrechtsstaat bezeichne, dann erkläre ich, dass die drei Westmächte das Recht hatten, die Bundesrepublik zu gründen, die Sowjetunion aber als Antwort nicht das Recht hatte, die DDR zu gründen."

    Das geht dann natürlich weiter in einen Streit um Fragen der Gründung eines gesamtdeutschen Staates. Auch die Frage der Rechtmäßigkeit des Zusammenschlusses von SPD und KPD zur SED ist davon betroffen. Da hat ja die SPD in Westdeutschland stets behauptet, dass dieser Zusammenschluss in der SBZ nicht freiwillig stattgefunden habe, sondern ausschließlich nur unter Zwang der sowjetischen Besatzer zu Stande gekommen sei.

    Wenn ich mit Mitgliedern der Partei Die Linke spreche, dann frage ich sie häufig nach ihrer Haltung zu den Kirchen. Und da gibt es dann schon einige deren Haltung zur Kirche ich für inakzeptabel halte. Aber deshalb würde ich nicht grundsätzliche eine politische Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke anlehnen.

  • Mich stört die in der politischen Propaganda benutzte Gleichsetzung von DDR-Unrechtsstaat und NS-Unrechtsstaat.

    Mich stört die in der politischen Propaganda benutzte Relativierung des DDR-Unrechtsstaats zum NS-Unrechtsstaat. Ein Mörder bleibt auch in der Gegenwart eines Massenmörders ein Mörder.

    Das bedeutet doch, dass die PDS ganz klar davon ausgeht, dass die DDR in puncto Mauerbau aber auch in sehr vielen weiteren Bereichen, die mit genannt werden, ein Unrechtsstaat war.

    Mich stört die in der politischen Propaganda benutzte Relativierung des DDR-Unrechtsstaats.

    Die Konnotation der Erklärung zum Mauerfall spricht auch Bände. Die Weltpolitik war damals halt so, da konnte wir nichts machen. Eine Ernsthafte Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte sieht anders aus. Der AfD lassen wir den Vogelschiss ja auch nicht durchgehen. Auch sehen führende Köpfe der Linken die DDR explizit nicht als Unrechtsstaat (Gysi sO). Wagenknecht, ehemalige Fraktionsvorsitzende, war gegen die Erklärung. Modrow hat sie kritisiert, war 1. Sekretär im Bezirk Dresden - also kein SED-Mitläufer - und ist Vorsitzender des Ältestenrats der Linken. Für die Linken scheint der Zweck die Mittel zu heiligen. Um den Bogen zu kriegen: In Thüringen auch.

    Woran soll ich nochmal erkennen, dass Ramelow ein Demokrat ist? Daran, dass er die Wahl der Thüringer ignoriert? Daran, dass er den Zusammenhalt der Demokraten gegen Rechts zum eigenen Vorteil nutzt? Kreide zu fressen, macht einen noch nicht zum Demokraten. Um biblisch zu werden: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!

  • Und Gisy stellt die Ablehnung gegen die Bezeichnung Unrechtsstaat für die DDR in dem Artikel in einen konkreten Zusammenhang: "Wenn ich die DDR als Unrechtsstaat bezeichne, dann erkläre ich, dass die drei Westmächte das Recht hatten, die Bundesrepublik zu gründen, die Sowjetunion aber als Antwort nicht das Recht hatte, die DDR zu gründen."

    Und diese Argumentation findest du plausibel?

  • Ich wäre ja gerne bereit, mal zu diskutieren, welche Karriere der von Fritz Bauer in Bezug auf den deutschen Faschismus geprägte Begriff »Unrechtsstaat« hingelegt hat und inwieweit der Inhalt damit umgedeutet wurde, aber jemandem, dessen Partei bei der Wahl einige Prozente zugelegt hat und stärkste Kraft wurde, zu unterstellen, er ignoriere die Wahl der Thüringer, wenn er versucht, eine Regierung ohne Beteiligung der geistigen Brandstifter von Hanau hinzubekommen, lässt mich zweifeln, ob sich der Aufwand lohnt.

  • Das ist eine historische Tatsache.

    Ich sehe es nicht als eine "historische Tatsache" (falls es so was überhaupt gibt), dass der Zusammenschluss in der SBZ nicht freiwillig stattgefunden habe, "sondern ausschließlich nur unter Zwang der sowjetischen Besatzer" zu Stande gekommen sei. Genau so habe ich es nämlich geschrieben. Dass der Zwang der sowjetischen Besatzungsmacht eine wesentliche Rolle bei der Gründung der SED gespielt hat, das habe ich gar nicht in Abrede gestellt. Aber so sehr dabei auch der von der sowjetischen Besatzungsmacht ausgeübte Druck eine Rolle gespielt hat, dieser Zusammenschluss war eine durchaus populäre Idee in der Sozialdemokratie (und in der kommunistischen Partei) in der unmittelbaren Nachkriegszeit und zwar sowohl in den westdeutschen Besatzungszonen als auch in der SBZ.

    Es war das Erschrecken und das Bedauern darüber, dass die gegenseitige Ablehnung von sozialdemokratischer und kommunistischer Partei und die zum Teil mörderischen Auseinandersetzungen in der Weimarer Republik dazu geführt haben, die Gefahr von Rechts zu vernachlässigen, so dass gegen die NSDAP nicht der notwendige gemeinsame Widerstand geleistet wurde, der Hitler hätte verhindern können.

    Die CDU versuchte (und versucht zum Teil auch heute noch) aus wahltaktischen Gründen alles, was sich in der sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR abgespielt hat, ausnahmslos unter dem Begriff Unrechtsstaat zu subsumieren. Und gleichzeitig mit dem Unrechtsstaat der Nazidiktatur möglichst viele Parallelen aufzuzeigen, um den Eindruck zu erwecken, dass es unbedingt notwendig ist, rechte und linke Parteien gleichermaßen zu bekämpfen. Und in der Geschichte der Bundesrepublik ist die CDU dabei oft genug so weit gegangen, dass sie die Sozialdemokratie gleichgesetzt hat mit Kommunismus. Oder wie würdest du dieses bekannte CDU-Plakat aus den 50er-Jahren interpretieren? Titel: Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau.

    https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/140304_marxismus.jpg