Alle zwei Wochen (und mitunter auch häufiger) wird in Umkreis meiner Wohnung so ziemlich jeder Quadratzentimeter zugeparkt, der sich zum Beparken eignet: Heimspiel für Holstein Kiel im etwa einen Kilometer entfernten Holsteinstadion. Das geht soweit, dass ich teilweise als Fußgänger schon Probleme beim Überqueren von Kreuzungen habe, weil selbst der direkte Kreuzungsbereich, ja gar Lichtzeichenanlagen einfach zugeparkt werden. Von Radwegen will ich hier gar nicht erst anfangen — es ist abenteuerlich.
Natürlich gibt es eigentlich auch ein Parkhaus, finanziert von meinen mühsam erarbeiteten Steuergeldern, aber das kostet halt Geld. Im Interesse so genannter Bürgernähe wird auch beim Falschparken direkt vor dem Parkhaus jedes Auge zugedrückt. Es gibt zwar einen speziellen Holstein-Kiel-Tarif, allerdings nur eine einstreifige Ein- neben einer einstreifigen Ausfahrt. Nach Auskunft der Stadt Kiel ist die Kapazität dieser Konstruktion nicht geeignet zur Bewältigung des An- und Abreiseverkehrs — also sollen die Leute halt auf dem Radweg oder im Straßenbegleitgrün oder auf dem Gehweg parken. Es ist ja nur alle zwei Wochen, da könne man auch mal Rücksicht nehmen.
Was man aber auch nehmen könnte wäre das Fahrrad — wenn es denn im Bereich des Holsteinstadions vernünftige Fahrradparkplätze gebe. Wer keinen Platz für das Rad an einem der gefühlten sieben Fahrradständer fand, musste eben an einem Baum oder irgendwo anders parken. Oder eben ins Auto steigen.
Nun wurde aber plötzlich geliefert und das Angebot an Fahrradständern vervielfacht:
98 Fahrradständer habe ich gezählt, von denen die beiden äußeren aufgrund der Reflektoren nicht nutzbar sind. Angeblich sollen es 100 sein, vielleicht habe ich mich auch ein bisschen verzählt.
Wer nun aber glaubt, das wäre eine tolle Maßnahme für mehr Radverkehr in der Fahrrad- und Klimanotstandsstadt Kiel, der irrt natürlich: Die Bügel kommen alle wieder fort. Der Ortsbereirat Wik hat einen entsprechenden Antrag zur Entfernung gestellt, obwohl die Fahrradständer gar nicht in der Wik, sondern im Bereich des Ravensbergs stehen, aber dort nunmal Kraftfahrer aus der Wik parken wollen. Je nach Zählweise wurden für die 100 Fahrradständer nämlich zehn bis 13 „Kfz-Stellplätze“ „vernichtet“ und ich muss zugeben, das wirkt schon ein bisschen seltsam, wenn an den 100 Fahrradständern nur alle zwei Wochen jemand parkt.
Nur: Die der Vernichtung zugeführten Kfz-Stellplätze dienten aufgrund ihrer ungünstigen Lage abseits von Wohnbebauung, dafür in direkter Gegenwart einer autobahnähnlichen Straße eher für Dauerparker wie Wohnmobile oder Anhänger. So richtig viel wertvoller Parkraum ist hier also gar nicht verloren gegangen.
Für radfahrende Fußballfans sollen nun andere Lösungen gefunden werden. Im Gespräch ist beispielsweise ein Fahrradständer hinter dem Stadion, der dort niemanden stören kann.
Ist halt auch die Frage, wie viele Menschen mit dem Rad zum Fußballstadion fahren, wenn die Fahrradabstellmöglichkeiten nicht präsent im öffentlichen Raum zu sehen sind. Aber auch in einer Stadt im Klimanotstand möchte man es sich nunmal nicht mit dem kraftfahrenden Wähler verscherzen.