Wiesendamm in Hamburg: Die ultimative Planungs-Katastrohpe?

  • Per Mail habe ich einen Hinweis auf die Drucksache XX-4208 über den Wiesendamm bekommen und wenn ich das so lese, dann schlägt bei mir umgehend der Bullshitmelder Gefahrenmelder an. Zur Erinnerung: Der Wiesendamm verläuft südlich des Hamburger Stadtparks und ist je nach Radfahrer-Typ mehr oder weniger unangenehm zu befahren. Die Fahrbahn wird von einem Mittelstreifen getrennt, der wohl noch ein Überbleibsel aus Zeiten ist, in denen man so etwas schön fand, an beiden Richtungsfahrbahnen schließt sich ein schmaler, unbeschilderter Radweg an oder halt das, was man in Hamburg für einen Radweg hält. Der ist so toll zu befahren, da kann man auch gleich schieben, wenn schon nicht wegen der mangelhaften Oberfläche, dann wegen des Abstandes zu parkenden Kraftfahrzeugen. Als kultivierter Schnellfahrer praktiziert man natürlich Fahrbahnradelei, hat da aber das Problem, entweder in der Door-Zone neben den parkenden Kraftfahrzeugen oder aber mit einem minimalen Sicherheitsabstand nach rechts die Fahrbahn so weit einzuengen, dass Überholmanöver nicht mehr möglich sind. Das endet dann in wütenden Hupkonzerten oder wie bei mir bei der letzten Fahrt mit einem Kraftfahrer, der beim Borgweg an der Ampel aussteigt, um mir mal die Verkehrsregeln zu erklären.

    Nun hat man also vor, etwas dagegen zu tun, nämlich die Sicherheit des Radverkehrs zu erhöhen und sich gleichzeitig der Schulwegsicherung zu widmen. Wenn Schulwegsicherung angesagt ist, dann wird das vermutlich wieder so eine Gut-gemeint-schlecht-gemacht-Lösung. Der Erläuterungsbericht zeigt gleich auf Seite 1 an, was Radfahrer dort zu erwarten haben. Von Norden nach Süden ist folgender Querschnitt geplant:

    Zitat
    Bezeichnung Breite, in m
    1. Geh- und Radweg aus Asphalt
    (davon Gehweg=1,85 m, Radweg=1,00 m)
    2,85 m
    2. Fahrbahn (Fahrtrichtung West) aus Asphalt
    (davon Fahrspur=5,10 m, Parken=2,00 m)
    7,10 m
    3. Mittelinsel 6,00 m
    4. Fahrbahn (Fahrtrichtung Ost) aus Asphalt 5,70 m
    5. Gehwegparken (zwischen Bäumen) 2,40 m
    6. Radweg (teilweise Steinpflaster oder Asphalt) 0,90 m
    7. Gehweg aus Betonplatten 2,00 m

    Also: Auf der Nordseite misst der Radweg einen Meter und verläuft mutmaßlich weiterhin direkt in der Door-Zone der parkenden Kraftfahrzeuge. Auf der Südseite wird mit „Steinpflaster oder Asphalt“ ein 90 Zentimeter breiter Radweg gebildet?!? Im Ernst? Vor allem werden 2,4 Meter für parkende Kraftfahrzeuge vorgehalten, die aber mutmaßlich noch immer nicht ausreichen um zu verhindern, dass hier und da noch mal jemand in das Lichtraumprofil des Radweges ragt.

    Das Fahrbahnradeln wird auch in Zukunft großartig, ziehe ich von den effektiv nutzbaren 5,1 Metern der nördlichen Fahrbahn zweieinhalb bis dreieinhalb Meter Sicherheitsraum für den Radfahrer ab, je nachdem, wie der halt so fährt, bleiben knapp 2,1 bis 1,6 Meter für ein überholendes Kraftfahrzeug. Das heißt, der normale Kraftfahrer wird beim Überholen weiterhin in den Sicherheitsraum des Radfahrers eindringen oder seinen Überholvorgang mit Schallzeichen ankündigen. Auf der Südseite sieht es mit zusätzlichen sechzig Zentimetern immerhin etwas besser aus. Diese Überlegungen gelten aber auch nur, wenn keine Kraftfahrzeuge ordnungswidrig in der zweiten Reihe parken. Und von denen gibt es, das verschweigt der Bericht ja gar nicht, immerhin ganze 115 Stück.

    Und das ganze wird noch besser: In der Liste steht unter Position 1 noch was von Asphalt, oben auf Seite drei offenbart der Bericht, dass der Radweg mit einer sandigen Oberfläche ausgeführt wird. Prima, dann weichen immerhin alle ordnungswidrig auf den parallelen Gehweg aus und verbleiben nicht in der Door-Zone. Über die Zukunft des Radweges der Südseite gibt es keine Auskünfte, auf der Fahrbahn soll ein kurzer Schutzstreifen als Auffahrthilfe angelegt werden, ob der Radweg ersetzt oder nur ergänzt wird, geht hier nicht hervor.

    Dann gibt’s auch noch zwei erhellende PDF-Dateien mit Karten, nämlich die Karten 1 und 2 sowie die Karten 3 und 4. Insgesamt zwei Meter werden dort auf der Südseite dem Radverkehr auf der Fahrbahn zugedacht. Inklusive des Sicherheitsabstandes von anderthalb Metern zu gehwegparkenden Kraftfahrzeugen verbleibt also planungstechnisch ein Korridor von einer Lenkerbreite, in dem dann der Kraftverkehr mit dem rechten Außenspiegel schon unter dem Ellenbogen hindurchsaust. Das klappt aber auch nur, wenn niemand in zweiter Reihe parkt, wie es heutzutage mehr die Regel als die Ausnahme ist, dann verbleiben für den Fahrverkehr noch dreieinhalb Meter und wie die bei Überholvorgängen aufgeteilt werden, mag sich jeder selbst ausmalen. Aaaaber das ist ja alles gar nicht so schlimm, denn zum Glück werden die beiden Sonderwege auf der Südseite, also der alte Radweg und der alte Gehweg, zusammen mit der so genannten Servicelösung [Zusatzzeichen 1022-10] beschildert, so dass Radfahrer im Notfall dort weiter herumbuckeln können. Das geschieht natürlich in einer rechtlichen Grauzone, weil das einsame Zusatzzeichen alleine auf der rechten Straßenseite nichts bewirkt und in diesem Fall auch noch die Frage bleibt, ob das Zeichen nun für den Gehweg oder für den Radweg oder für beides gilt — ah, die Frage erübrigt sich ja, weil der Radweg mit Pollern versehen wird, falls Kraftfahrzeuge mit den 2,4 Metern Parkbreite nicht auskommen sollten. Wie korrespondiert denn die Sache mit den Pollern mit der Auflistung unter Posten 6, dass es dort einen Radweg geben sollte?

    Ich fände es ehrlicher, einfach ein [Zeichen 254] aufzustellen und das Radfahren auf dem Wiesendamm einfach zu verbieten. Außer ein paar schnellfahrenden Alltagsradlern wird sich dort wohl kaum jemand wohlfühlen.

  • Glaub du hast da was falsch verstanden ;)
    Die Querschnittsaufteilung ist der Ist-Zustand. Die Änderung ist, dass der 90cm-Radweg weg kommt. Die aktuelle Oberfläche wird entfernt, stattdessen kommen Sand/Kies hin und in regelmäßigen Abständen werden da Pfosten raufgestellt. Außerdem gibt es noch Querungshilfen über den Wiesendamm rüber. Der südliche Fußweg wird erneuert und mit [Zusatzzeichen 1022-10] beglückt.

    Durch die Poller sollen die zweite-Reihe-Parker abgeschafft werden. Dass das aufgrund des hohen Parkdrucks nicht funktionieren wird, ist abzusehen.
    Radfahrer fahren also zukünftig über den Fußweg und sichern dadurch den Schulweg, oder sie fahren auf der Fahrbahn und dirigieren dort das Hup-Orchester.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Gerhart hat Recht, es wird zunächst der Ist-Zustand beschrieben. Auf Seite 2 wird dann der geplante Zustand (gibt's überhaupt einen "geplanten Zustand"?) erklärt. Ich fahre oft durch den Wiesendamm zu Globetrotter einem "Outdoor-Shop". Selbstverständlich halte ich den erforderlichen Sicherheitsabstand zu parken Kfz ein. An die Reaktionen hinter mir in den geschlossenen Blechdosen habe ich mich längst gewöhnt. :P Wo ist das Problem? Ich fahre in der Regel zwischen 25 und 30 Km/h.

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Na gut, ich gestehe ein, dass man so etwas nicht mit müdem Kopf studieren sollte :(

    Ich fahre in der Regel zwischen 25 und 30 Km/h.

    Schon, unsereins kommt damit bestimmt zurecht. Ich vermute aber, dass das eigentlich angeschlagene Ziel, also die Schulwegsicherung und die Erhöhung des Komforts des Radverkehrs, ganz bestimmt nicht erreicht wird. Der normale Radfahrer, der nicht ganz so flott und selbstbewusst unterwegs ist, wird wohl weiterhin diese so genannte Radverkehrsinfrastruktur benutzen wollen.

  • Dann, mit Verlaub, kann die Stadt von mir aus neue Radwege bauen. Das kann ich ihr nicht verbieten - benutzen muss ich sie aber nicht... ;)

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • [Nicht benutzungspflichtige Radwege]

    Dann, mit Verlaub, kann die Stadt von mir aus neue Radwege bauen. Das kann ich ihr nicht verbieten - benutzen muss ich sie aber nicht... ;)

    So denke ich zwar auch, einfach weil es pragmatisch ist, aber andererseits führt die Existenz von Radwegen eben dazu,
    daß diese von der überwältigenden Mehrheit der Radfahrenden auch weiterhin benutzt werden.
    Von der Sicherheitsproblematik mal abgesehen, hat das auch soziale Nachteile für Fahrbahnfahrer.
    Wenn sich etwas ändern soll, dann müssen Radfahrer auf die Fahrbahn!

  • Und dort auf eigene Fahrstreifen. In normaler Fahrstreifenbreite >3m. Wer will schon im Stau stehen ;)

    Du meinst, so wie die Radfahrer in Kopenhagen?
    Hier im Landeshauptdorf gibt es fast keinen Stau, aber ich könnte mir an einigen Straßen gut so eine Art "Umweltspur"
    vorstellen, da dürfen dann ÖPNV, Radfahrer, Taxis und Car-Sharing KFZ drauf. Der Vorschlag kam hier schon als
    Alternative zu blödsinnigen Radschnellwegen, die eh in der Walachei lang führen und dann nur wieder von Spaziergängern
    und radfahrenden Chaoten bevölkert werden.
    So eine Umweltspur wäre eine "Extrawurst" mit der ich leben kann. Mehrspurige Straßen sind hier eh die meiste Zeit
    des Tages überdimensioniert und ich würde bei dieser Extrawurst ausnahmsweise auch keinen Nachteil erleiden, da
    ich eh die meiste Zeit in dieser Spur fahre, während Autofahrer zum Überholen auf die zweite Spur wechseln.

  • Wünschen würde ich mir etwa eine Fahrstreifenbreite NUR für den Radverkehr. Da Wünsche im realen
    (Politik-)Leben wenig Chancen auf Realisierung haben, wären solche "Umweltspuren" tatsächlich ein guter Kompromiss. Sie hätten schon deshalb eine weit höhere Akzeptanz, weil es imo keine Argumente gibt (außer abgenutzten Stammtischparolen), die dagegen aber viele, die dafür sprechen. Eines ist z.B. dass wir ENDLICH anfangen MÜSSEN, weniger CO2 (und ganz wichtig in Städten: weniger Feinstaub!) zu emittieren. Gequatscht wird darüber seit Jahren, passieren tut nichts in der Richtung!

    "Radschnellwege" sind zwar eine nette Ergänzung, sie befinden sich nur leider selten nicht dort, wo ich auf meinen Alltagwegen fahre.

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Wünschen würde ich mir etwa eine Fahrstreifenbreite NUR für den Radverkehr. Da Wünsche im realen
    (Politik-)Leben wenig Chancen auf Realisierung haben, wären solche "Umweltspuren" tatsächlich ein guter Kompromiss. Sie hätten schon deshalb eine weit höhere Akzeptanz, weil es imo keine Argumente gibt (außer abgenutzten Stammtischparolen), die dagegen aber viele, die dafür sprechen. Eines ist z.B. dass wir ENDLICH anfangen MÜSSEN, weniger CO2 (und ganz wichtig in Städten: weniger Feinstaub!) zu emittieren. Gequatscht wird darüber seit Jahren, passieren tut nichts in der Richtung!

    "Radschnellwege" sind zwar eine nette Ergänzung, sie befinden sich nur leider selten nicht dort, wo ich auf meinen Alltagwegen fahre.

    Für die Landeshauptstadt Kiel kann man sagen, daß genau gar Nichts passiert. Hinterrücks wird der MIV weiterhin gefördert.
    Radverkehrsanlagen für Radfahrer werden genauso gebaut, daß sie den KFZ-Verkehr nicht stören. So labelt man T-30
    Zonen in Fahrradstraßen um und baut so eine Art Radschnellweg auf einer stillgelegten Bahnstrecke, dort, wo kaum
    Radverkehr stattfindet mehrere hundert Meter von einer parallel gelegenen Hauptverkehrsachse entfernt.
    Autofahrer finden in der Innenstadt immer einen freien Parkplatz, wenn sie nur bereit sind etwas zu zahlen. Die auf
    kostenlosen Parkplätzen stehenden Dauerparker versucht man jetzt in die leerstehenden Parkhäuser zu vertreiben
    und gleichzeitig versucht man Autofahrer mit einer halben Stunde kostenlosem Parken auf diese Parkplätze zu locken.
    Das ist der falsche Weg. Die Stadtregionalbahn wird seit J a h r e n erfolgreich vereiert.
    Wir brauchen viel weniger Autos in den Städten.
    Ich habe mir die Umweltspur mit Überlegung ausgesucht. Laut einer etwas älteren (2002?) Haushaltsumfrage sind gut
    50% der Kieler Autofahrer in keinster Weise auf das Auto angewiesen, die könnten also getrost ihr Auto verschrotten
    und im Bedarfsfalle immer noch Car-Sharing machen. Die könnten, wenn sie wollte auch jetzt schon Radfahren,
    wollen sie aber nicht. Deshalb will ich genau denen umweltfreudlichere Alternativen schmackhaft machen und
    gleichzeitig die einseitige Bevorzugung des MIVs einstellen. Das bedeutet für den MIV, daß es eben zu Spitzenzeiten
    dann nicht mehr so flüssig voran geht und das es in der Innenstadt mehr als nur ein Fahrradparkhaus gibt. Es kann
    nicht angehen, daß man vor allem in den Wohngebieten überall direkt vor der Tür sein Auto kostenlos parken kann,
    es sich aber dort teilweise nicht ein einziger adäquater Fahrradstellplatz finden läßt. Desweiteren muß der seit
    Jahrzehnten vor sich hin dümpelnde ÖPNV massiv ausgebaut werden. Die Busse platzen teilweise aus allen Nähten,
    fahren viel zu selten und wer umsteigen muß hat schon verloren.
    Aber Nee, man fördert den MIV, läßt den ÖPNV bis zu Bedeutungslosigkeit verkommen und behindert und gefährdet
    den Radverkehr wo man nur kann, nur damit der MIV schön flüssig voran kommt. Die Radverkehrs-Politik ist pures
    Greenwashing, ein reiner Marketing-Gag. Das die grüne Autopartei mal wieder maßgeblich an dieser verfehlten
    Verkehrspolitik beteiligt ist, ist ja nur ein running Gag unter Radfahrern.
    Auch wen hier der MIV seit der Jahrtausenwende wie fast überall in Deutschland/Europa bezüglich seines Verkehrsanteils
    ganz gut Federn gelassen hat, nervt er gewaltig. Überall steht Blech im Weg rum, macht enormen Lärm und gefährdet
    die Bürger an Leib und Leben. Und diese Politik geht offensichtlich sogar am Bedarf der Bürger vorbei, denn der MIV
    hat ja sogar trotz der Förderung ganz freiwillig abgespeckt...

  • auch wenn es etwas vom wiesendamm abdriftet:
    kann die Situation zw. Kiel und HH gut vergleichen und auch wenn ich nicht immer einverstanden war mit den Verkehrsbaulichen Maßnahmen in Kiel, so ist es im Gegensatz zu Hamburg das reinste Paradies.
    Habe vor geraumer Zeit auch mal gelesen, dass in Kiel nun doch mal großflächig die bestehenden, auch neu aufgestellten RWBP abschaffen will.
    Wer mit dem Rad langsam unterwegs ist (auch ich z.B. mit Kind), der hat u.U. wenig Bock sich auf der Fahrbahn mit den MIVlern anzulegen. Sofern frei in der Benutzung find ich Radwege wie z.B. neu im Knooper Weg garnicht schlecht.
    Hab neulich im vorbeifahren gesehen, dass in der Andreas-Gayk-Str. auch Parkplätze entfernt wurden!?

  • Wenn sich etwas ändern soll, dann müssen Radfahrer auf die Fahrbahn!

    Mit solchen so genannten Maßnahmen wie im Wiesendamm wird man aber eher für Bestätigung sorgen, dass es auf der Fahrbahn total gefährlich ist. Vorausgesetzt, ich schaue mir jetzt den richtigen Plan an und nicht den bisherigen Ist-Zustand, dann wird’s ja nicht so richtig viel besser, insofern vermute ich mal, dass sich das Klima auf dem Wiesendamm nicht wesentlich ändern wird.

  • Das Video könnte man ja während der "Sitzung des Regionalausschusses Eppendorf-Winterhude" am 12. Mai abspielen.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Bei Sekunde 7 des Videos sehe ich ein VZ 315, welches offenbar das Hochbordparken erlaubt. Danach müsste das praktizierte Parken auf dem rechten Fahrstreifen doch verboten sein - oder? Ist dieser nämlich zugeparkt, müssten die legalen Hochbordparker so lange über den Gehweg fahren, bis sie wieder auf die Fahrbahn kommen. Damit würden sie aber gegen § 2 Abs. 1 StVO verstoßen. Folglich ist ausschließlich der "ruhende Verkehr" das Problem. Weiß jemand mehr?

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Mit solchen so genannten Maßnahmen wie im Wiesendamm wird man aber eher für Bestätigung sorgen, dass es auf der Fahrbahn total gefährlich ist. Vorausgesetzt, ich schaue mir jetzt den richtigen Plan an und nicht den bisherigen Ist-Zustand, dann wird’s ja nicht so richtig viel besser, insofern vermute ich mal, dass sich das Klima auf dem Wiesendamm nicht wesentlich ändern wird.


    Zunächst zum Video: Ich habe den Eindruck, der Radfahrer verhält sich mit Vorsatz
    bockig. Ich hätte den Ungeduldigen schlicht schon an der ersten roten Ampel
    überholen lassen. Ich erinnere an §5 (6) StVO.
    Ich verhalte mich da i.A. doch deutlich kooperativer.
    Ich sag nur Wald-rufen-schallen...

    Ansonsten sehe ich das ganz ähnlich wie Du. Auch die Angebotsradwege sorgen nur
    dafür, daß sich die üblichen Verhaltensmuster bei den VT weiter manifestieren.
    Ich habe hier in Kiel eigentlich recht gute Erfahrungen mit dem Fahrbahnfahren
    sammeln können, ich werde in der Regel nicht belästigt und vergleichweise wenig
    durch Autofahrer gefährdet, auch da wo ich ordnungswidrig den Radweg verweigere.
    Es gibt da anscheinend große regionale Unterschiede, meist reicht schon ein
    Pinneberger oder Segeberger Kennzeichen um Belästigung und Gefährdung recht
    zuverlässig vorhersagen zu können.
    Autofahrer können sich aber an Radfahrer auf der Fahrbahn gewöhnen, es stellt
    sich nur die Frage, wie man die Radfahrer da hin bekommt.
    Auf die Fahrbahn prügeln? Fußgängerhupen? Anpöbeln "Fahr auf der "Straße", Du
    Asi!"?

  • auch wenn es etwas vom wiesendamm abdriftet:
    kann die Situation zw. Kiel und HH gut vergleichen und auch wenn ich nicht immer einverstanden war mit den Verkehrsbaulichen Maßnahmen in Kiel, so ist es im Gegensatz zu Hamburg das reinste Paradies.
    Habe vor geraumer Zeit auch mal gelesen, dass in Kiel nun doch mal großflächig die bestehenden, auch neu aufgestellten RWBP abschaffen will.
    Wer mit dem Rad langsam unterwegs ist (auch ich z.B. mit Kind), der hat u.U. wenig Bock sich auf der Fahrbahn mit den MIVlern anzulegen. Sofern frei in der Benutzung find ich Radwege wie z.B. neu im Knooper Weg garnicht schlecht.
    Hab neulich im vorbeifahren gesehen, dass in der Andreas-Gayk-Str. auch Parkplätze entfernt wurden!?


    Die Radwege in Kiel sind auch meinem Eindruck nach im Schnitt besser als in Hamburg.
    An der grundsätzlichen Sicherheitsproblematik von Radwegen ändert das aber nichts.

    Den Knooper Weg haben sie kaputt gemacht, vor dem Umbau durfte man fast durchgängig
    auf der Fahrbahn (Schutzstreifen/Radfahrstreifen) fahren, jetzt ist wieder
    Hochbord mit dabei und man kann sich prompt über Konflikte mit Geisterfahrern
    und Fußgängern herumschlagen. Nach dem Umbau kam es auch sofort zu mehreren
    Unfällen...
    Ich bin, sofern das für mein Ziel sinnvoll ist, mittlerweile auf die Holtenauer
    ausgewichen, da darf ich nämlich ganz offiziell auf der Fahrbahn fahren
    lediglich die Benutzungpflicht auf der Bergstraße ignoriere ich dann.
    Bislang habe ich noch nicht viel von weggefallenen Benutzungspflichten bemerkt.
    Aber immerhin, an der Kiellinie ist sie endlich weggefallen, dabei war das
    schon seit gefühlten Ewigkeiten geplant und überfällig.
    Was die allermeisten Radfahrer aber nicht davon sich abhält sich mit "Geisterfahrern",
    welche zudem noch mehr auf die Förde starren, als auf dahin, wohin sie fahren,
    mit plötzlich auf den Fahrweg hüpfenden Fußgängern und mit Skatern, auf engstem
    zu tummeln...
    Diese Problematik läßt sich eben kaum mit Langsamfahren in den Griff bekommen,
    lediglich die möglichen Unfallfolgen werden vermutlich etwas milder ausfallen.
    Radwegopfer werden der Statistik nach, ja schließlich bevorzugt jene, von denen
    ich vermuten würde, daß sie besonders langsam und defensiv fahren.
    Das Problem der langsamen Radfahrer dürfte eher sein, daß sie Schiß haben,
    sie könnten eben aufgrund ihres gemächlichen Fahrstils den richtigen Verkehr
    behindern, dabei kann man sie aber auch leichter überholen, weil der Überholweg
    mit steigender Differnzgeschwindigkeit kürzer wird. Mir sind langsame Radfahrer
    lieber, denn ich kann schnell noch mal überholen, bevor Gegenverkehr kommt...

  • Zunächst zum Video: Ich habe den Eindruck, der Radfahrer verhält sich mit Vorsatz
    bockig. Ich hätte den Ungeduldigen schlicht schon an der ersten roten Ampel
    überholen lassen. Ich erinnere an §5 (6) StVO.
    Ich verhalte mich da i.A. doch deutlich kooperativer.
    Ich sag nur Wald-rufen-schallen...

    Bei Sekunde 21, kurz nach dem Borgweg, lässt er den schwarzen Geländewagen überholen. Das war eigentlich schon nett, aber in der Regel geht das an der Stelle auch verkehrssicher. Den Wagen sieht man am Ende des Videos, an der Kreuzung Saarlandstraße, wieder. Der ist nicht langsam gefahren oder so, die Rotphase ist einfach ewig lang. Es lohnt sich auf dem Wiesendamm nicht, einen einigermaßen schnellen Radfahrer zu überholen, zudem ist es auch noch gefährlich.
    An der Kreuzung Saarlandstraße kann gefahrlos überholt werden, die Zeit bis dahin war weniger als zwei Minuten. Da braucht man dann wegen §5(6) StVO sicher nicht rechts ranfahren.
    Ich gehe davon aus, dass der Radfahrer den Wiesendamm kennt. Zumindest kenne ich die Strecke und verhalte mich dort auch nicht anders.
    Und man kann dem Radfahrer nun wirklich nicht über nehmen, dass er an der ersten roten Ampel eventuell ein wenig bockig ist. Der Autofahrer hat davor schon vollkommen grundlos gehupt. Soll sein Fehlverhalten noch belohnt werden? Er sollte froh sein, dass der Radfahrer nicht vom Tempo gegangen ist.
    Außerdem könnte es sein, das sieht man auf dem Video nicht klar, dass noch weitere Fahrzeuge folgen. Am Ende des Videos überholt ein weißer Lieferwagen, vielleicht fuhr der die ganze Zeit schon hinterher. Wenn man jetzt beiseite fährt, ist das Wiedereinscheren gefährlich oder zeitraubend. Und der Radfahrer hätte die Ampel an der Saarlandstraße vielleicht nicht mehr bei grün geschafft ;)

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • ich bin am letzten Freitag, als die CriticalMass Hamburg am Planetarium startete, 3x durch den Wiesendamm gefahren.
    Denn ich war etwas früh dran und wollte mir das Elend dort nochmal persönlich angucken, bevor ich im Regionalausschuss rumnörgel. 8)

    Der Wiesendamm auf der Nordseite hat einige Stellen, an denen man Autofahrer mehr oder weniger unkompliziert überholen lassen kann. Auf dieser Fahrspur hatte ich keine Probleme. Wo die Fahrbahn breit genug war und die parkenden Autos auf dem Hochbord standen, war ich gern bereit, Platz zu machen.

    Auf der Südseite, die man im Video auch sieht, ist aber tatsächlich kein Platz.
    Fährt man dort Tempo 30, sind die Lücken, die sich bspw. im Kreuzungsbereich auftun, viel zu kurz, um einem Autofahrer ein sicheres Überholen zu ermöglichen.

    Ich konnte quasi spüren, wie den Autofahrern hinter mir der Kamm schwoll. In Höhe des Polizeireviers und der Brücke wurde immer noch Abstand gehalten. Aber spätestens vor der Kreuzung Saarlandstraße erlebte ich in 2 von 3 Fälle ein Hupkonzert und der Autofahrer hinter mir konnte das Prüfzeichen meiner Rückleuchte identifizieren.

    Das ganze artete aus, als ich mal nicht mit 30km/h, sondern versuchsweise mit 20km/h auf der Fahrbahn rumfuhr. :whistling:
    Denn mal ehrlich: Das ist ein Schulweg. Unter der Woche dürfen Kinder im Alter von bspw. 12 Jahren dort auf der Fahrbahn unterwegs sein. Ganz legal. Und ich bezweifel, dass die mit 30km/h oder mehr den Wiesendamm entlangziehen...
    Jedenfalls stelle ich fest, dass, wenn ich mit 20km/h oder langsamer dort unterwegs bin, ich meine Fahrt besser vorher beim PK26 anmelde :D

    Innerhalb des Kerngebietes Hamburg ist die Straße jedenfalls mein ultimativer Favorit, wenn ich danach gefragt würde, wo man Autofahrer dadurch bis zur Weißglut provozieren kann, in dem man sich an die StVO hält.
    Außerhalb des Kerngebietes Hamburg wären das übrigens Elbchaussee und die Wentdorfer Straße in Bergedorf (Fahrtrichtung Ost) - da könnte man bedenkenlos und jederzeit die gesamte Medienlandschaft einladen - die würden auf ihre Kosten kommen und hätten sofort gute Film- und Fotoaufnahmen von Kampfautofahrern.

  • Zunächst zum Video: Ich habe den Eindruck, der Radfahrer verhält sich mit Vorsatz
    bockig. Ich hätte den Ungeduldigen schlicht schon an der ersten roten Ampel
    überholen lassen. Ich erinnere an §5 (6) StVO.
    Ich verhalte mich da i.A. doch deutlich kooperativer.
    Ich sag nur Wald-rufen-schallen...


    Nur eine Frage: WARUM sollte man den Autofahrer überholen lassen?

    Hat er sich durch seine Aggressivität als egoistisch und rücksichtslos disqualifiziert? Hat er ein RECHT auf Tempo 50 in jeder Situation? Er akzeptiert ein Stop an jeder roten Ampel (hoffe ich mal...), er akzeptiert 30er-Zonen (hoffe ich mal...), er nimmt es hin, im Stau zu stehen (muss er ja auch...), weshalb also kann er nicht auch ganz einfach akzeptieren, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer, der ein wenig langsamer fährt, als er (der Autofahrer) fahren dürfte? Es geht dabei nur um wenige Sekunden!

    Ich hätte mich genau wie DMHH verhalten!

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov