Per Mail habe ich einen Hinweis auf die Drucksache XX-4208 über den Wiesendamm bekommen und wenn ich das so lese, dann schlägt bei mir umgehend der Bullshitmelder Gefahrenmelder an. Zur Erinnerung: Der Wiesendamm verläuft südlich des Hamburger Stadtparks und ist je nach Radfahrer-Typ mehr oder weniger unangenehm zu befahren. Die Fahrbahn wird von einem Mittelstreifen getrennt, der wohl noch ein Überbleibsel aus Zeiten ist, in denen man so etwas schön fand, an beiden Richtungsfahrbahnen schließt sich ein schmaler, unbeschilderter Radweg an oder halt das, was man in Hamburg für einen Radweg hält. Der ist so toll zu befahren, da kann man auch gleich schieben, wenn schon nicht wegen der mangelhaften Oberfläche, dann wegen des Abstandes zu parkenden Kraftfahrzeugen. Als kultivierter Schnellfahrer praktiziert man natürlich Fahrbahnradelei, hat da aber das Problem, entweder in der Door-Zone neben den parkenden Kraftfahrzeugen oder aber mit einem minimalen Sicherheitsabstand nach rechts die Fahrbahn so weit einzuengen, dass Überholmanöver nicht mehr möglich sind. Das endet dann in wütenden Hupkonzerten oder wie bei mir bei der letzten Fahrt mit einem Kraftfahrer, der beim Borgweg an der Ampel aussteigt, um mir mal die Verkehrsregeln zu erklären.
Nun hat man also vor, etwas dagegen zu tun, nämlich die Sicherheit des Radverkehrs zu erhöhen und sich gleichzeitig der Schulwegsicherung zu widmen. Wenn Schulwegsicherung angesagt ist, dann wird das vermutlich wieder so eine Gut-gemeint-schlecht-gemacht-Lösung. Der Erläuterungsbericht zeigt gleich auf Seite 1 an, was Radfahrer dort zu erwarten haben. Von Norden nach Süden ist folgender Querschnitt geplant:
Zitat
Bezeichnung Breite, in m 1. Geh- und Radweg aus Asphalt
(davon Gehweg=1,85 m, Radweg=1,00 m)2,85 m 2. Fahrbahn (Fahrtrichtung West) aus Asphalt
(davon Fahrspur=5,10 m, Parken=2,00 m)7,10 m 3. Mittelinsel 6,00 m 4. Fahrbahn (Fahrtrichtung Ost) aus Asphalt 5,70 m 5. Gehwegparken (zwischen Bäumen) 2,40 m 6. Radweg (teilweise Steinpflaster oder Asphalt) 0,90 m 7. Gehweg aus Betonplatten 2,00 m
Also: Auf der Nordseite misst der Radweg einen Meter und verläuft mutmaßlich weiterhin direkt in der Door-Zone der parkenden Kraftfahrzeuge. Auf der Südseite wird mit „Steinpflaster oder Asphalt“ ein 90 Zentimeter breiter Radweg gebildet?!? Im Ernst? Vor allem werden 2,4 Meter für parkende Kraftfahrzeuge vorgehalten, die aber mutmaßlich noch immer nicht ausreichen um zu verhindern, dass hier und da noch mal jemand in das Lichtraumprofil des Radweges ragt.
Das Fahrbahnradeln wird auch in Zukunft großartig, ziehe ich von den effektiv nutzbaren 5,1 Metern der nördlichen Fahrbahn zweieinhalb bis dreieinhalb Meter Sicherheitsraum für den Radfahrer ab, je nachdem, wie der halt so fährt, bleiben knapp 2,1 bis 1,6 Meter für ein überholendes Kraftfahrzeug. Das heißt, der normale Kraftfahrer wird beim Überholen weiterhin in den Sicherheitsraum des Radfahrers eindringen oder seinen Überholvorgang mit Schallzeichen ankündigen. Auf der Südseite sieht es mit zusätzlichen sechzig Zentimetern immerhin etwas besser aus. Diese Überlegungen gelten aber auch nur, wenn keine Kraftfahrzeuge ordnungswidrig in der zweiten Reihe parken. Und von denen gibt es, das verschweigt der Bericht ja gar nicht, immerhin ganze 115 Stück.
Und das ganze wird noch besser: In der Liste steht unter Position 1 noch was von Asphalt, oben auf Seite drei offenbart der Bericht, dass der Radweg mit einer sandigen Oberfläche ausgeführt wird. Prima, dann weichen immerhin alle ordnungswidrig auf den parallelen Gehweg aus und verbleiben nicht in der Door-Zone. Über die Zukunft des Radweges der Südseite gibt es keine Auskünfte, auf der Fahrbahn soll ein kurzer Schutzstreifen als Auffahrthilfe angelegt werden, ob der Radweg ersetzt oder nur ergänzt wird, geht hier nicht hervor.
Dann gibt’s auch noch zwei erhellende PDF-Dateien mit Karten, nämlich die Karten 1 und 2 sowie die Karten 3 und 4. Insgesamt zwei Meter werden dort auf der Südseite dem Radverkehr auf der Fahrbahn zugedacht. Inklusive des Sicherheitsabstandes von anderthalb Metern zu gehwegparkenden Kraftfahrzeugen verbleibt also planungstechnisch ein Korridor von einer Lenkerbreite, in dem dann der Kraftverkehr mit dem rechten Außenspiegel schon unter dem Ellenbogen hindurchsaust. Das klappt aber auch nur, wenn niemand in zweiter Reihe parkt, wie es heutzutage mehr die Regel als die Ausnahme ist, dann verbleiben für den Fahrverkehr noch dreieinhalb Meter und wie die bei Überholvorgängen aufgeteilt werden, mag sich jeder selbst ausmalen. Aaaaber das ist ja alles gar nicht so schlimm, denn zum Glück werden die beiden Sonderwege auf der Südseite, also der alte Radweg und der alte Gehweg, zusammen mit der so genannten Servicelösung beschildert, so dass Radfahrer im Notfall dort weiter herumbuckeln können. Das geschieht natürlich in einer rechtlichen Grauzone, weil das einsame Zusatzzeichen alleine auf der rechten Straßenseite nichts bewirkt und in diesem Fall auch noch die Frage bleibt, ob das Zeichen nun für den Gehweg oder für den Radweg oder für beides gilt — ah, die Frage erübrigt sich ja, weil der Radweg mit Pollern versehen wird, falls Kraftfahrzeuge mit den 2,4 Metern Parkbreite nicht auskommen sollten. Wie korrespondiert denn die Sache mit den Pollern mit der Auflistung unter Posten 6, dass es dort einen Radweg geben sollte?
Ich fände es ehrlicher, einfach ein aufzustellen und das Radfahren auf dem Wiesendamm einfach zu verbieten. Außer ein paar schnellfahrenden Alltagsradlern wird sich dort wohl kaum jemand wohlfühlen.