Polizei sammelt radfahrendes Kind ein

  • Polizei unterbindet private Radtour. Die Radfahrerin war alleine unterwegs.

    Mist. Da sammle ich in meinem Blog schon seit Monaten alle Polizeimeldungen aus der Süd- und Westpfalz mit Radfahrerbezug - und übersehe komplett, dass das Polizeipräsidium Westpfalz nochmal "eigene" Pressemeldungen herausgibt.

    Da wär mir diese Ungeheuerlichkeit beinahe völlig entgangen. Man hat also die 6-jährige "aufgegriffen" - weil sie da etwa nicht auf dem nicht vorhandenen Gehweg gefahren ist...!? Haben die Blauuniformierten da oben in KL noch alle Latten am Zaun?

  • nunja, ich denke nicht, dass die Rennleitung da einfach angehalten und die Kleine samt Fahrrad ins Polizeiauto verfrachtet hat. Es ist schon davon auszugehen, dass ein Gespräch geführt wurde. Und wenn die Kleine da den Eindruck hinterlässt, dass die Eltern das vielleicht nicht wissen, bleibt den Beamten dann auch nichts anderes übrig, als das Mädchen von der Straße zu holen.

    Ich gebe zu bedenken, dass die Meldung: "6-jährige auf Landstraße überfahren - Polizei sah vorher tatenlos zu" dann auch nicht das Gelbe vom Ei sein wird.

  • Und wenn die Kleine da den Eindruck hinterlässt, dass die Eltern das vielleicht nicht wissen, bleibt den Beamten dann auch nichts anderes übrig, als das Mädchen von der Straße zu holen.

    Selber nunja. ;) Soll man jetzt grundsätzlich also überall allein rumradelnde Kinder "aufgreifen"? Wenn ja, bis zu welchem Alter? Grade wenn sie innerorts auf dem Gehweg fahren (müssen), da werden sie regelm. von aus Grundstücken ausfahrenden Autos überfahren. Da greift die Polizei aber nicht "präventiv" ein.

    Ich gebe zu bedenken, dass die Meldung: "6-jährige auf Landstraße überfahren - Polizei sah vorher tatenlos zu" dann auch nicht das Gelbe vom Ei sein wird.

    Noch weniger "Eigelb" ist es, genau diese Art von "ganz normaler" Fahrbahn-Außerorts-Paranoia durch derartige Pressemeldungen und Horrorszenarien weiter anzuheizen. Da wird etwas eigentlich völlig Normales als totale Abnormalität dargestellt, die gar ein polizeiliches Einschreiten notwendig macht. Meine Güte - da hat ein Kind einfach eine Radtour auf einer Straße unternommen - und wurde von der Polizei "aufgegriffen" und nach Hause gebracht...!

  • Weil das Kind nochmal genau gegen welche Vorschrift verstoßen hatte...!?

    Die Polizei musste wohl davon ausgehen, dass die Eltern nicht über diese Radtour informiert waren. Bei Sechsjährigen sollten die Eltern aber zumindest immer wissen, wo die sich gerade aufhalten.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Weil das Kind nochmal genau gegen welche Vorschrift verstoßen hatte...!?

    Die Polizei hat das Kind nicht nach Hause gebracht, weil es gegen das Verkehrsrecht verstoßen hat, sondern weil es alleine mehrere Kilometer von zu Hause weg war. Auch wenn das Kind alleine dort zu Fuß unterwegs gewesen wäre, fände ich das richtig.

  • Haben moderne, treusorgende Helikoptereltern von heute dem Kind direkt nach der Geburt nicht eh gleich ein Handy samt Ortungs-App verpasst...!? Und Nein, ich bin auch nicht der Ansicht, dass Eltern 365/24/7 wissen müssen, wo sich ihr Kind (sei es nun 6, 9, 12, 15 Jahre alt) grade aufhält.

    Ich erkenne jedenfalls, das Totschlagargument "Kindswohl" in der Art "würde denn bitte endlich mal jemand an die Kinder denken" ist auch in Radverkehrsforen weit verbreitet. ;) Schließlich werden auch damit ständig Radwegbenutzungspflichten für Volljährige begründet...

    Aber nun gut...

  • Ich hatte in meiner Kindheit (1970er Jahre) sicherlich viele Freiheiten, die heute kaum mehr vorstellbar sind. Es war normal, bereits ab der 1. Klasse alleine zum Schulbus zu gehen, obwohl es in dem Dorf keinen Gehweg gab. Es war auch normal, dass der Schulbus rückwärts in die Haltestelle gefahren ist, weil er dort gewendet hat. Wir haben das alle überlebt und gelernt, aufzupassen.

    Aber mit 6 Jahren war ich noch nicht mehrere Kilometer von zuhause entfernt alleine unterwegs. Nicht mit dem Fahrrad und auch nicht zu Fuß. Und wenn ich alleine in der Nachbarschaft unterwegs war, wussten meine Eltern das und auch, wo sie mich finden würden. Das bezweifele ich im vorliegenden Fall der 6-jährigen und das hat auch mit einer 24/7 Dauerüberwachung durch Helikoptereltern nichts zu tun.

  • Haben moderne, treusorgende Helikoptereltern von heute dem Kind direkt nach der Geburt nicht eh gleich ein Handy samt Ortungs-App verpasst...!?

    Das wissen die Polizisten erstmal nicht. Und es geht aus der Pressemeldung auch nicht hervor, ob sie zuvor versucht haben, die Eltern zu kontaktieren. Offenbar haben sie aber rausfinden können, wo das Kind wohnt.

    ich bin auch nicht der Ansicht, dass Eltern 365/24/7 wissen müssen, wo sich ihr Kind (sei es nun 6, 9, 12, 15 Jahre alt) grade aufhält.

    Je älter, desto weniger brauchen sie das wissen. Bei nem Erstklässer sollten Eltern schon wissen "In der Schule, auf dem Weg nach Hause, auf dem Spielplatz, bei Freund(in) XY, usw."; Exakte Position braucht man nicht. Einige KM weit weg auf einer Radtour halte ich nicht für gut.

    Ein 15jähriges Kind kann auch mal Urlaub im Ausland machen und sich dort frei bewegen.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Wir haben das alle überlebt und gelernt, aufzupassen

    Das Argument ist immer doof. Du hast es überlebt. Wie viele andere nicht?

    Dasselbe Argument wird ja auch bei "Kinder"-Krankheiten wie Masern gebracht. An der Krankheit sind viele Millionen Menschen gestorben.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Das Argument ist immer doof. Du hast es überlebt. Wie viele andere nicht?

    Dasselbe Argument wird ja auch bei "Kinder"-Krankheiten wie Masern gebracht. An der Krankheit sind viele Millionen Menschen gestorben.

    Es sollte gar kein Argument für oder gegen etwas sein, sondern nur der Hinweis, dass man früher Vieles etwas sorgloser gesehen hat und es dennoch auch nach damaligen Gesichtspunkten außergewöhnlich gewesen wäre, wenn eine 6-jährige alleine mehrere Kilometer von zu Hause weg unterwegs gewesen wäre. Ich habe keine Ahnung, was das jetzt mit Masern zu tun haben soll.

    An der Bushaltestelle ist damals tatsächlich nie etwas passiert, obwohl es aus heutiger Sicht vollkommen unvorstellbar ist, dass ein Schulbus rückwärts in die Haltestelle setzt. Die Bushaltestelle wurde auch vor langer Zeit verlegt, ohne dass dafür erst etwas Schlimmes passieren musste.

  • Es sollte gar kein Argument für oder gegen etwas sein, sondern nur der Hinweis, dass man früher Vieles etwas sorgloser gesehen hat und es dennoch auch nach damaligen Gesichtspunkten außergewöhnlich gewesen wäre, wenn eine 6-jährige alleine mehrere Kilometer von zu Hause weg unterwegs gewesen wäre.

    Ich wär froh gewesen, wenn ich mit 6 schon hätte Radfahren können. ;) Allerdings bin ich froh, in einer Zeit groß geworden zu sein, in der man noch gewisse Freiheiten als Kind hatte. Und nicht so eine Paranoia herrschte wie heute.

    Man sollte vielleicht mal dran denken, wie viele km durch einsamen, dunklen Wald Kinder früher irgendwann mal zur Schule im nächsten Dorf laufen mussten, die Bessergestellten hatten da unter Umständen ja sogar ein Fahrrad. Sicher, da waren wenig oder gar keine Autos unterwegs... Da hätte das Kind ja aber vom bösen schwarzen Mann entführt werden oder vom bösen Wolf gefressen werden können.

    Es gibt auch ja durchaus Gegenden, in denen hier und da auch ein paar Erstklässer ein paar km zur Schule radeln. Innerorts auf dem Gehweg halte ich das jedenfalls um Welten gefährlicher als ggf. ein paar km auf einer (vielleicht auch nur schwach befahrenen) Straße außerorts. Mein Misstrauen gegenüber der Gruppe "Autofahrer" ist auch nicht unbedingt so miserabel, dass ich pauschal unterstellen würde, dass sie auch ein allein fahrendes Kind auf einer Landstraße durch einen gefährlichen Fahrstil vorsätzlich gefährden würden. Da liegt die Hemmschwelle meines Erachtens nochmal um Welten höher, als wenn da ein 30-jähriger Rennradler rumfährt. Von daher müsste man es halt einfach mal probieren - anstatt es von vornherein als "zu gefährlich" zu bezeichnen!

    Die Eltern der Kleinen können ja noch froh sein, wenn man ihnen nicht das Jugendamt auf den Hals hetzt... So nach dem Motto: "Wie kann man nur so verantwortungslos sein, sein Kind alleine auf einer Landstraße fahren zu lassen...!?"

  • kann es sein, dass du dich da in etwas verrennst? :/

    Die Polizei ist nach den länderspezifischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzen für die Gefahrenabwehr zuständig. Wenn die Polizei eine potenzielle Gefährdung einer Person ausmacht, ist sie verpflichtet, diese Gefahr abzuwenden.

    Auch wer nachts als Fußgänger dunkel gekleidet aber mit 1Promille betankt am Straßenrand läuft, hat erstmal nichts falsch gemacht. Wenn die Polizei vorbeifährt, wird sie den Fußgänger aber einladen und mitnehmen. Der torkelt, der kann stolpern. Lieber jetzt den Wagen vollkotzen lassen, als 1h später von der Zentrale zu einem Unfallort geschickt werden "LKW gegen Fußgänger".

    Das ist mit der Kleinen genauso. Wenn die Beamten eine Veranlassung sahen, die Lütte samt Fahrrad einzupacken und zurück nach Hause zu fahren, haben die erstmal nicht unrechtmäßig gehandelt. Wenn die Eltern dann sagen: "Dochdoch, unsere Kleine fährt jeden Tag zum Kletterbaum und darf auch selbst Maronen im Wald sammeln", dann ist das eben so und die Eltern können die Kleine vor den Augen der Polizei wieder aufs Rad setzen und losfahren lassen. Jetzt hat die Polizei keine Veranlassung mehr, die Kleine 500m später wieder aufzugabeln und einzusacken.

    Das Vorgehen hat nichts mit Helikopterelterei zu tun, nichts mit "o tempores, o mores" und auch nichts mit Polizeistaat oder "sie hat nichts falsch gemacht".

    Das hat mit Verantwortung und "nicht-wegschauen" zu tun.


    Und ganz ehrlich: ein Kind mutterseelenallein auf einer Landstraße radelnd - ich glaub, ich würd auch mal nachfragen. So einem Kind steht nicht auf die Stirn tätowiert, wie alt es ist. 5 Jahre? 6 Jahre?

    Die Pressemeldung ist eine Zusammenfassung. was genau wie abgelaufen ist, wissen wir nicht.

    Wo ich dir zustimme: sowohl das eine, als auch das andere Extrem ist falsch. Nicht jedes radelnde Kind auf der Landstraße sollte sofort eingesackt werden. Aber einfach mal alles zu ignorieren und wegzuschauen "ist nicht verboten, also wirds schon ok sein", ist auch nicht der richtige Weg. :)

    Sollten die Beamten was falsch gemacht haben, werden sie beim Abliefern der Kleinen von den selbstbewussten Eltern schon die richtigen Worte bekommen haben. "ja, danke - aber unsere Kleine darf hier selbständig radeln. Wir wären ihnen übrigens im Interesse der sicherheit aller Verkehrsteilnehmer dankbar, wenn an Stelle XY häufiger Verkehrsüberwachung stattfinden würde. Vielleicht könnten Sie das einrichten. :)"

  • Beitrag von cubernaut (5. Oktober 2018 um 22:36)

    Dieser Beitrag wurde vom Autor gelöscht (5. Oktober 2018 um 22:37).
  • kann es sein, dass du dich da in etwas verrennst? :/

    Nein, eigentlich nicht. :P

    Die Polizei ist nach den länderspezifischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzen für die Gefahrenabwehr zuständig. Wenn die Polizei eine potenzielle Gefährdung einer Person ausmacht, ist sie verpflichtet, diese Gefahr abzuwenden.

    Das mag sein. Nachweislich sind Kinder, die innerorts auf Geh- und Radwegen fahren (müssen), objektiv betrachtet auch stark "gefährdet". Dagegen tut die Polizei aber rein gar nichts. Warum? Weil Menschen einmal mehr dazu neigen, Gefahren vollkommen falsch einzuschätzen. Und Grundlage dessen sind hauptsächlich solche abstrusen Geschichten wie diese!

    Mir geht es hauptsächlich um die Außenwirkung dieser Aktion - die zu nichts anderem führt, als die allgemeine Paranoia zu verstärken, was die Benutzung von Straßen durch (auch sehr junge) Radfahrer außerorts betrifft. Das Mädchen wird man in dieser Hinsicht jedenfalls ausreichend traumatisiert haben. Es hätte evtl. schon gereicht, wenn man dazu keine Pressemeldung verfasst hätte.

    Wenn die Polizei eine potenzielle Gefährdung einer Person ausmacht, ist sie verpflichtet, diese Gefahr abzuwenden.

    Es soll ja schon vorgekommen sein, dass die Polizei (in Berlin z. B.) Personen erschossen hat, um deren "selbstgefährdendes" Verhalten abzustellen. Der ganze Bullshit mit der Radwegbenutzungspflicht baut doch auf der meines Erachtens gefährlichen, bevormundenden "Sorge" auf, wonach man bekloppte Radfahrer zu ihrer "eigenen Sicherheit" von der Fahrbahn verbannen müsse. Das ist doch eine prima Einladung an die "Gefahrenabwehrer", den Radfahrer gleich in die Klappse zu bringen!

    Fahrbahnradelei außerorts wird doch allgemein schon fast als "selbstmörderisches Verhalten" eingestuft. Es gab doch auch mal diesen Fall, in welchem ein Radfahrer eine Bundesstraße befuhr (keine Kraftfahrstraße, kein [Zeichen 254]) - und auch mit dem Argument der "Selbstgefährdung" von zwei Polizisten behandelt wurde, als sei er lebensmüde. Er sollte dann sogar eine MPU machen...

    Ja, kann sein, dass ich mich da auch "verrenne". Ich würde es eher so sehen, dass manch einer auch mal 1 + 1 zusammenzählen sollte...!

  • Die Polizei hätte das Kind auch eingesammelt, wenn es mutterseelenallein auf einem Feldweg unterwegs gewesen wäre. Sechsjährige kilometerweit von zu Hause entfernt allein unterwegs ist nicht gerade alltäglich.

    bye
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