Ohne jetzt viel Zeit damit verbracht zu haben - mir kommt die Einschätzung für Nürnberg recht stimmig vor. Verbessert hat sich nichts (außer dem Fahrraddiebstahl.. und das ist eine denkbar ungeeignete Abfrage an ein Publikum). Durch die Pleite/Übernahme/kontinuierliche Verschlechterung unseres Verleihsystems ist auch noch der letzte Höhepunkt weggefallen. Damit ist dann kein einziger Punkt mehr über 3.
Fahrradklimatest 2018
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Ich sehe in dem Ergebnis eigentlich nur ein klares Ergebnis: Die Infrastruktur ist für das subjektive Gesamtempfinden ziemlich egal. Anders kann ich mir nicht erklären, dass Städte, die bereits eine Menge getan haben und auf einem guten Weg sind, fast gleichauf oder teilweise sogar knapp hinter Städten mit 50er-Jahre-Infrastruktur liegen.
Beispiele, die ich selbst erfahren habe. Kiel (3,8) vs. Halstenbek (4,0) oder Preetz (3,3). In den beiden letzteren fährt es sich am besten abseits der "Fahrradinfrastruktur".
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Ich sehe vor allem, dass die Erwartungen größer werden und dort, wo wenig bis gar nichts getan wird, die Unzufriedenheit über die Missstände steigt.
Stade 2014: 3,6
Stade 2016: 3,7
Stade 2018: 4,0
Schaut man sich das Ergebnis im Detail an, wurden die Bewertungen auch dort schlechter, wo sich objektiv nichts geändert hat. Zum Beispiel der Punkt Breite der "Radwege" wurde 2018 um 0,5 Punkte schlechter bewertet als 2016 und die "Radwege" sind ja in den letzten Jahren nicht schmaler geworden. Es scheinen sich aber immerhin inzwischen weniger Menschen mit diesem Murks zufrieden zu geben.
Die schlechteste Note erhielt Stade übrigens bei der Frage "Führung an Baustellen" mit 4,8 (0,5 Punkte schlechter als 2016 und selbst vor zwei Jahren war das schon einer der größten Schwachpunkte).
Bei gleich 11 Fragen haben die meisten Teilnehmer der Befragung die Note 6 gegeben.
Teilweise finde ich das Ergebnis aber auch widersprüchlich: Eine der besten Bewertungen erhielt Stade bei der Frage "Spaß oder Stress" mit 3,2 aber die Fragen "Fahren auf Radwegen & Radf. -streifen" (4,3), "Fahren im Mischverkehr mit Kfz" (4,6), "Oberfläche der Radwege" (4,6) und "Reinigung der Radwege" (4,5) sind weit unterdurchschnittlich. Was macht denn dann noch Spaß, wenn es weder auf Radwegen noch auf der Fahrbahn befriedigend ist?
Auch das Dilemma zwischen gefühlter Sicherheit und objektiver Sicherheit fällt auf. Im Vergleich zu anderen Städten ähnlicher Größe schneidet Stade bei "Sicherheitsgefühl" und "Konflikte mit Kfz" besser ab, trotz der offensichtlich als unzureichend empfundenen "Radwege".
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Ich sehe in dem Ergebnis eigentlich nur ein klares Ergebnis: Die Infrastruktur ist für das subjektive Gesamtempfinden ziemlich egal.
Wesentlich für das subjektive Empfinden ist m.E. nach vor allem das öffentlich gepflegte Image.
Der ADFC-/Radentscheide-Ansatz geht dabei so:
- Erzähl den Leuten erstens ein Jahr lang, wie mies die Radwege sind, mache nach schweren Unfällen öffentlichkeitswirksame Mahnwachen und verkaufe die lokale Critical Mass als Ausdruck der tiefsten Unzufriedenheit mit den "Zuständen".
- Fordere sie dann zweitens im Rahmen der Werbung für den Klimatest dazu auf, doch bitte mal so richtig Dampf abzulassen, damit "denen da oben" der Marsch geblasen wird und sie endlich mal in die Gänge kommen.
- Beschwöre unablässig den Kampf um die Straße herauf. Entweder "sie" oder "wir"!
- Freu dich abschließend über das erwünschte Resultat (nämlich Futter für das erfolgreiche Einwerben von mehr Finanzmitteln für Radwegebau).
Der "Copenhagenize"-Ansatz ist genau umgekehrt:
- erstens, vermeide tunlichst jede Diskussion über so unappetitliche Dinge wie tödliche Rechtsabbiegerunfälle oder die Unfallstatistik des Vorjahres.
- Zweitens, erzähle den Menschen bei jeder Gelegenheit, wie normal Radfahren geworden ist, wie viele Radfahrer wir schon sind, und wie dämlich all die sind, die noch nicht Teil der Bewegung sind. Wo es eine Critical Mass gibt, verkaufe sie als Happening und einen Heidenspaß.
- Drittens: rede über deine vergangenen Erfolge. Mache viele hübsche bunte Grafiken, die irgendwas mit Fahrrädern zeigen, Inhalt egal, Hauptsache: positive Signale. Wenn Fotos zum Thema Radfahren veröffentlicht werden sollen, vermeide kopfkino-stimulierende Abbildungen von kaltverformten Fahrrädern oder zerbrochenen Helmen. Radfahren findet in der Bildberichterstattung ausschließlich bei schönem Frühlingswetter statt und wird vorwiegend von attraktiven jüngeren Frauen auf niedlichen Hollandrädern ausgeübt.
- Viertens: wenn du schon Umfragen machst, dann stelle die Fragen so, dass die Zufriedenheit mit den Rahmenbedingungen immer nur eine Richtung kennt, nämlich wachsend. Anschließend: goto (3).
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Das Ergebnis hier in Mecklenburg verwundert mich nicht. Es ist eigentlich ausser viel Aktionismus nichts an der Infrastruktur und an den Verhältnissen geändert worden. Es sind mehr Radfahrer, die sich in der schlechten Infrastruktur tummeln und damit einfach unzufrieden sind.
Die Ergebnisse sind ein Zeichen dafür das das Wenige was getan wurde einfach nicht ausreicht.
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Der "Copenhagenize"-Ansatz
Danke dafür, das ist wirklich gut, und man kann es auch im persönlichen Umfeld jederzeit umsetzen.
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In der Öffentlichkeit auf jeden Fall den "Copenhagenize"-Ansatz, aber gegenüber den Verantwortlichen muss man auch Missstände und Gefahrenstellen klar benennen.
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Der ADFC-/Radentscheide-Ansatz geht dabei so:
Erzähl den Leuten erstens ein Jahr lang, wie mies die Radwege sind, mache nach schweren Unfällen öffentlichkeitswirksame Mahnwachen und verkaufe die lokale Critical Mass als Ausdruck der tiefsten Unzufriedenheit mit den "Zuständen".
Fordere sie dann zweitens im Rahmen der Werbung für den Klimatest dazu auf, doch bitte mal so richtig Dampf abzulassen, damit "denen da oben" der Marsch geblasen wird und sie endlich mal in die Gänge kommen.
Beschwöre unablässig den Kampf um die Straße herauf. Entweder "sie" oder "wir"!
Freu dich abschließend über das erwünschte Resultat (nämlich Futter für das erfolgreiche Einwerben von mehr Finanzmitteln für Radwegebau).Schönes Beispiel dafür sind die von foobar hier verlinkten Seiten: Der Tote Winkel lebt
Bild mit zwei großen LKW, die gefährlich nahe neben ängstlichen Kindern stehen. Fazit: Wir brauchen "geschützte Kreuzungen" wie in NL, weil da sowieso alles besser ist.
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