Beiträge von Th(oma)s

    Die Fuzzis könnten sehen, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn man sein Auto nicht auf der Fahrbahn vor der eigenen Haustür parken kann.

    Dafür ist Paris gerade kein Beispiel. Anwohner dürfen dort ungehindert parken und ein-/durchfahren, soweit sie nicht ohnehin mehrheitlich noch nie ein Auto besaßen. Paris hatte auch schon lange vor Mme Hidalgo einen MIV-Binnen-Modal-Split von ca. 10%. Von sowas können die etablierten Fahrradstädte in NL, D und DK nur träumen.

    Man sollte den Wandsbeker Gartenstädtern mal eine Reise nach Paris spendieren:

    Wozu soll das gut sein? Wandsbek Gartenstadt ist vergleichbar mit den Vororten außerhalb des Bvd. Peripherique. Das liegt weit außerhalb des Machtbereiches von Mme Hidalgo. Der jetzt für den Durchgangsverkehr gesperrte Bereich entspricht von der Größe der Fläche zwischen Kennedybrücke und Elbe - und da willst du auch in HH auch ohne Sperrung schon nicht mit dem Auto freiwillig durchfahren.

    Thomas wird es sicher gleich sagen können, aber sind da die Alleinunfälle von Radfahrern mit dabei?

    Natürlich sind sie dabei. Die Anzahl tödlich verunglückter Personen ist mit 31 bis Ende Oktober recht hoch, davon waren aber nur 8 als Radfahrer betroffen. IOW: 23 Opfer waren *keine* Radfahrer. Zudem waren bei den gestorbenen Radfahrern ja auch noch 2 Fälle dabei, wo gar keine KFZ beteiligt waren (ein Alleinopfer, eine Kollision unter Radlern). Die radelnden Opfer sind gemessen am Trend zwar auch ein Ausreißer nach oben, aber dennoch ist es unplausibel, warum man sich ausgerechnet auf Radverkehr kapriziert, wenn man die Opferzahl senken möchte.

    Schließlich nutzen Rückspiegel wenn überhaupt dann ausschließlich bei Konflikten mit dem rückwärtigen Verkehr - und diese Konflikte wiederum sind ziemliche Exoten, gerade im innerörtlichen Geschehen. Von insgesamt 19802 zwischen 2017 und 2023 in HH registrierten Fahrradunfällen waren nur 1304 vom Typ "Längsverkehr von hinten" (6,6%), wobei nur 923 (4,7%) auf Kollisionen mit KFZ entfielen. Wie viele davon wiederum noch auf Auffahrunfälle von Fahrrädern auf langsamere KFZ entfielen, kann man den Rohdaten des Unfallatlas-Bestandes leider nicht entnehmen. Es ist übrigens auch keineswegs so, dass die "von hinten mit KFZ angefahren"-Unfälle in HH schwerer wären als der Rest des Geschehens. Der Anteil der Auffahrunfälle mit KFZ-Beteiligten innerhalb der Gruppe der Unfälle mit schweren bzw. tödlichen Folgen liegt bei 3,6% (66 von 1820). Die Rückspiegel-Kandidaten unter den Unfällen sind also nicht nur außergewöhnlich selten, sie sind zudem auch noch unterdurchschnittlich schwer.

    Ich stimme dir ja zu, dass ein Pedalantrieb keine Gefährdung erklären kann. Trotzdem sehe ich Verkehrsteilnehmer, die nicht von 2 Tonnen Stahl und diversen Sicherheitssystemen umgeben sind, als stärker gefährdet an, weil sie bei einem Unfall weniger geschützt sind.

    Unlogisch bleibt es trotzdem, weil man dann auch Motorradfahrer auf Radwege zwingen müsste, um sie vom gefährlichen Autoverkehr zu separieren.

    Einmal das. Und dann kommt hinzu, dass diese "Gefährdung durch den Autoverkehr" entgegen des realen Unfallgeschehens immer nur einseitig als "Gefährdung durch Überholen mit Autos im Längsverkehr" gedacht wird.

    Anstatt die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sperrt man lieber die Gefährdeten aus und zwingt sie auf ungeeignete Wege, damit der Autoverkehr freie Bahn hat und sich ungehindert austoben kann.

    Noch fieser: man erklärt die objektiv Ungefährdeten (i.e. nicht stärker als andere Verkehrsteilnehmer Gefährdeten) anhand eines willkürlich gewählten Kriterium, welches kausal gar keine rationale Grundlage für eine Gefährdung bilden kann, zu "Gefährdeten", und tut dabei dann auch noch so, als seien die solcherart als gefährdet Definierten auch noch die Störer, die ihre eigene Gefährdung selbst zu verantworten hätten. Erst diese unlogische Denke erlaubt auf Basis des alten Polizeirechts dann den dem Fahrbahnverbot immanenten Platzverweis.

    obwohl der Anteil der "Alten" wächst, stellen sie (noch) nicht die Hauptbevölkerungsgruppe dar. Und die meisten km legen berufstätige auf dem Weg von/zur Arbeitsstelle zurück.

    Der Pendel-Anteil am Verkehrsaufkommen wird gerne überschätzt. Das ist aber nicht mehr als die Hälfte der PKW-Fahrleistung.

    Senioren fahren meinem Gefühl nach allerdings erheblich weniger km auf der vergleichsweise sicheren Autobahn als Menschen im erwerbsfähigen Alter. Dafür ist der in geschlossenen Ortschaften (wo die Asymmetrie im Verhältnis zu den „Aussassen“ grundsätzlich zu Lasten der PKW liegt) zurückgelegte Anteil ihrer km entsprechend größer. Diese Verschiebung dürfte auch bei sich ähnlich verhaltenden jüngeren Autofahrern die Verhältnisse beim km-Risiko und bei der Schuldverteilung weit in Richtung Senioren-Niveau verschieben.

    Dann frag ich halt nochmal:

    Woran orientiert sich so ein Test? Reicht es zum Bestehen aus, dass man zu den "Normalos" gehört, die für die 200000-300000 Verkehrsverletzten/Verkehrstoten verantwortlich sind? Also "ganz normal" hin und wieder einen Unfall baut?

    Augenblicksversagen ist keine binäre Angelegenheit. Wie findet man also heraus, ob die Wahrscheinlichkeit dafür 1:10 Millionen Konflikte oder doch „nur“ 1:20 Millionen Konflikte ist? Ein einfacher Seh- oder Reaktionstest kann das mit Sicherheit nicht auflösen, und größer ist die Wahrscheinlichkeit zum Glück auch nicht.

    Erwähnte ich schonmal, dass man aus einer Unfallbeteiligung nicht zurückschließen darf, dass vor dem Unfall die Wahrscheinlichkeit für den Unfall „eins“ (jedenfalls erheblich größer als beim Rest der noch unfallfreien Population…) war?

    Ich dachte eher an eine App.

    Wie beim Thema "Linienbus vs Rufbus" ist es auch bei "App vs Anruf" am Ende eine Frage der Interessentenzahl. Für dichter besiedelte Gebiete ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es dort auch Datennetz gibt, und dann nimmt der überwiegende Anteil der Kunden natürlich gerne die App; in der dünn besiedelten Fläche, wo das Datennetz noch löchrig ist, ruft man dann eben im Einzelfall klassisch an. Dafür braucht es noch nicht einmal einen hauptamtlichen Dispatcher, das kann auch der Nachtportier annehmen und in die App einpflegen.

    Am Handyempfang sollte das Konzept Rufbus jedenfalls nicht scheitern.

    Auch in Aachen diese Woche.

    Auto vorne links verbeult, Fahrrad hinten unbeschädigt, Rahmen zentral gebrochen und Vorderrad verbogen. Höchstwahrscheinlich Rechtsabbiegen vom linken Zweirichtungsweg. 83-jährige Pedelecfahrer fahren da jedenfalls nicht Fahrbahn. Unmittelbar an der Kollisionsstelle zweigt ein als Radroute beschilderter Waldweg nach rechts ab.

    Der Unfallort, aus Perspektive der Beteiligten.

    Bin ja selber kein Fan dieser "Pop-Up-Radwege".

    Die Kantstraße hat den traurigen Ruhm, die erste Straße Deutschlands zu sein, wo ein Popup-Radweg ein radelndes Todesopfer gefordert hat (23-038, Dooring Beifahrerseite).

    Außerdem sind seit 2013 im Straßenzug Kantstraße/Neue Kantstraße ohne die PBL noch drei weitere Fahrrad-Todesfälle zu verzeichnen:

    18-144 Freak Accident, vor Polizei flüchtender Autofahrer fährt bei rot, verliert Kontrolle, gerät auf den Gehweg und verletzt dort mehrere Fußgänger schwer; eine Person, die ihr Fahrrad schiebt, stirbt (lt Polizei Berlin Verkehrsart „Fußgänger“)

    15-136 Radfahrer Linksabbieger, übersieht Taxi im Gegenverkehr

    20-036 Freak Accident, Fahrer eines getunten Benz überholt Rückstau rechts über die für Fahrräder freigegebene Busspur und erfasst dort fahrenden Radler, von der Entstehung ähnlich zum PBL-Unfall in Paris, der wegen des nachfolgenden „Straßenzorn“-Mordes diese Woche für viel Aufregung auch in Deutschland sorgte).

    Ist die Frage nicht eher, wieviel Prozent ALLER Verurteilungen auf Verletzung oder Tod entfallen? Vielleicht sind die 2,7% in den Verkehrsstraftaten gar nicht wenig?

    Unfälle mit Verletzten und Toten gibt es jährlich um die 300.000 (Unfälle mit nur Sachschaden über 2 Millionen). Davon stellen 6500 Straftaten einen Anteil von 2,1%. Angenommen, die Hälfte der Unfälle mit Körperverletzung wären Ereignisse gewesen, wo der Verursacher nicht nur sich selbst, sondern Dritte geschädigt hat, kommt man auf ca. 4-5 % Straftatenanteil.

    Das ist wenig, wenn man bedenkt, dass das Delikt „fahrlässige Körperverletzung“ quasi eigens für die Ahndung der Folgen des (Kraft-)Fahrzeugverkehrs erfunden wurde.

    Ich liiebe ja diesen Satz der ADFC-Tante:

    Zitat

    „Die Zeiten, in denen erst Unfälle geschehen mussten, um einen Radweg einzurichten, sind vorbei.“

    Welcher der Radwege im Bestand wurde denn schon eingerichtet, nachdem schwere Unfälle passierten?

    Ich kenne übrigens bis heute noch keine einzige radwegfreie Straße, auf der seit Beginn meiner systematischen Erfassung 2013 bis heute mehr als ein tödlicher Unfall durch einen der radwege-relevanten Unfälle im Längsverkehr passiert wäre.

    Bei Straßen mit Radweg sieht das schon ganz anders aus, da gibt es radwege-relevante Wiederholungsschauplätze gleich im Dutzend.

    upps, kennen die Italiener kein "Augenblickversagen", "kann ja mal passieren" oder gar "wird wohl nicht wieder passieren"?

    Gerade letzteres ist sicher statistisch extrem unwahrscheinlich, dass man mit einem LKW zweimal einen "gerade Ex-Radprofis" überfährt.

    Wie kommst du auf zweimal? Der Angeklagte war zuvor in Italien bereits verkehrsstraffällig geworden, aber er hat keine zwei Tötungen begangen, es gibt nicht einmal Andeutungen, dass bei den beiden vorherigen Straftaten (Unfallflucht, Alkohol) Körperverletzung im Spiel war.

    Übrigens starb 2017 ein anderer prominenter Rennfahrer (Michele Scarponi, Giro d'Italia-Sieger) in Italien beim Training durch einen ähnlichen Unfall. Die Suche mit den (italienischen) Schlagworten "Strafe", "Prozess", "Urteil/verurteilt" in Kombination mit dem Namen des Opfers führen entweder nur zu Berichten über die Dopingvergangenheit von Scarponi, oder zu Artikeln über den aktuellen Rebellin-Fall. Zum weiteren Schicksal des Unfallverursachers von Scarponi gibt es dagegen nichts, außer ein paar rührseligen Meldungen darüber, dass er sein Opfer offenbar persönlich als Freund der Familie/Nachbarn gekannt habe.