Beiträge von Th(oma)s

    [Norwegen]

    • Norwegen konsumiert wie alle anderen Erste-Welt-Länder einen sehr großen Teil (Halb-)Fertigprodukte (u.a. Autos!), wo die Entropieerhöhung, die zur Erzeugung notwendig ist, in Ländern mit schlechterer Ökobilanz gezecht wurde
    • Norwegen rechnet sich die Bilanz schön, weil sie zu Hause Wasserkraft nutzen, aber die beträchtliche Öl- und Gasförderung ins Ausland verkaufen. Finde ich unredlich.
    • viele Maßnahmen zur Senkung der Binnen-Umweltbilanz werden wiederum erst durch die enormen Gewinne ermöglicht, die aus der Öl- und Gasförderung stammen (zB hohe staatliche Prämien für Elektroautos...).
    • was die Individualmobilität mit PKW anbetrifft, liegt Norwegen mit 6.900 PKW-km pro Person und Jahr zwar etwas besser als Deutschland (7.600 km/a), aber schlechter als viele andere Industrieländer mit weit mieserer Ökobilanz. Das ebenfalls von dir als vorbildlich erwähnte Finnland wiederum hat mit Abstand die meisten Fahrzeug-km pro Einwohner im Vergleich. Eine signifikante Korrelation zwischen (hoher) Radfahrleistung und (niedriger) PKW-Fahrleistung besteht übrigens *nicht*.


    nunja, es wird vermutet, dass der seitliche Abstand beim Überholen nicht eingehalten wurde.

    wie genau sich die Kollision zugetragen hat, wird vermutlich untersucht werden. Dafür steht wohl der Laserscanner dort, um genaue Daten zumindest der Randbedingungen zu erfassen.

    So wie das Auto da steht, braucht man nichts zu scannen. Da die Unfallspuren auf dem Boden unmittelbar hinter dem Heck des Autos beginnen, waren Geschwindigkeit und Bremsweg sehr kurz, so dass der Wagen ungefähr mit dem Abstand zum Rand steht, mit dem er bei der Kollision auch fuhr. Da ist nichtmal zum Fahrbahnrand anderthalb Meter Platz.

    Die Frage ist nur noch, ob es sich um Tunnelblick („Huch, wo kam der denn jetzt her“), bedingten Vorsatz („wird schon schiefgehen“) oder volle Absicht („warum fährt der Idiot nicht auf dem extra für ihn gemachten Radweg?“) handelte. Bei einer 73-jährigen Fahrerin würde ich am ehesten von der ersten Variante ausgehen.

    Quatsch.

    Nicht falsch verstehen: ich will nicht sagen, dass es eine direkte Quersubventionierung gibt. Es ist nur so, dass zB sowohl die Kunden als auch die Angestellten der Windradhersteller und Solarzellenfabriken tief im dreckigen Wirtschaftskreislauf verwurzelt sind.

    Der Gegenwert von „Geld“ ist Anspruch auf eine künftige Entropiezunahme. Entropiezunahme ist aber gleichbedeutend mit „Dreck machen“.

    Windräder/Solarzellen/Wasserkraft/Stromnetze/usw. bauen/aufstellen/entsorgen erzeugt sicherlich viele neue Arbeitsplätze.

    Der industrielle Umweltsektor wird mit Überschüssen finanziert, die vorher durch „schmutzige“ Produktion erwirtschaftet worden sind. Auch die Produktion von Windrädern und Solarzellen kostet sehr viel Geld, und Geld wächst nicht auf Bäumen. Es wird stattdessen durch Ausbeutung von Mensch und Umwelt „gemacht“.

    Auch da ist es doch keine Überraschung, alleine die KFZ-Verkehrsinfrastruktur kostet zig Milliarden.

    Wie viele Leute würden ohne KFZ tot vom Radl fallen im Jahr? 20-50?

    Wie viel gesünder wäre Deutschland ohne KFZ?


    Es ist ja schön, wenns einer mal ausrechnet, aber doch völlig klar.

    Das Auto ist untrennbar in unserem Wirtschaftskreislauf verwurzelt. Man kann zwar anstreben, auf Autos zu verzichten, muss sich aber dabei darüber im Klaren sein, dass die Welt danach keinesfalls die selbe sein wird, wie wir sie heute kennen - bloß ohne Autos. Auch der Lehrer, der Autos doof findet, keinen Führerschein hat und seit eh und je seine Alltagsmobilität mit dem Fahrrad bestreitet, wird letztlich aus Steuern und damit vom Mehrwert bezahlt, den der schmutzige "motorisiert-industrielle Komplex" erwirtschaftet.

    Keine Volkswirtschaft kann davon leben, dass die eine Hälfte der Bürger als Beamte in der Verwaltung arbeitet und die andere Hälfte der ersten Hälfte Lebens- und Hausratversicherungen vertickert. :evil: An diesem grundsätzlichen Problem ändert sich auch nichts, wenn es uns irgendwie gelänge, die schmutzige Mehrwertschöpfung für unsere schönen Konsumgüter dauerhaft nach Fernost zu verlagern, und die dort erwirtschaftete Mehrwertschöpfung trotzdem nach Europa zurückzuholen, ohne dass die Asiaten gegen diese gnadenlose Ausbeutung aufbegehren.

    Hat jemand ein Beispiel dafür, dass irgendwo auf der Welt aktuell oder in der Vergangenheit eine Volkswirtschaft aus eigener Kraft, ohne Ausbeutung von Mensch und Umwelt und ohne (autobasierte) Hypermobilität einen Wohlstand geschaffen hat, der es erlauben würde, über die Kostenvorteile von Konsumverzicht nachzudenken? :/

    Würde es ggf. unsere Wahrnehmung beeinflussen, wenn das Wort "Unfall" im Straßenverkehr eben nicht für Fahrlässigkeit verwendet werden würde, sondern nur für solche Ereignisse, bei denen selbst Verkehrsrichter zum Schluß kommen, dass sie nicht auf Unaufmerksamkeit zurückgeführt werden können?

    Diese Vermutung basiert auf zwei Irrtümern: erstens auf dem Irrtum, dass tatsächlich ein spürbarer Anteil der Unfälle aus „es gezielt drauf ankommen lassen“ resultieren würde (tatsächlich sind sie aber weitestgehend Folge von ungeplantem Augenblicksversagen), und zweitens auf dem darauf aufbauenden Trugschluss, wonach Moralappelle ans Gewissen fruchten könnten und höhere Strafen abschrecken würden.

    Ich habe das Gefühl, diese Leute reden auch dann von "Freigabe für den Radverkehr", wenn sie eigentlich die Anordnung eines Fahrbahnverbots meinen.

    Die Autoren der Rechtsnormen gehen halt davon aus, dass Radfahrer von sich aus Radwege benutzen wollen (andererseits: warum halten sie dann gleichzeitig so eisern an der Benutzungspflicht fest? Wahrscheinlich auch genau deshalb: sie wissen, dass die Aufhebung sowieso nichts ändert, außer Streit mit ein paar seltsamen Sonderlingen unter den Radfahrern zu provozieren :evil: ).

    Jedenfalls geistert der Begriff „Freigabe“ schon seit Jahrzehnten im Verkehrsrecht herum. Bis zur Radweg-Novelle der StVO von 1997 stand der Begriff sogar in §2 Abs. 4 drin („Linke Radwege dürfen sie nur benutzen, wenn die Gegenrichtung mit Z. 237 freigegeben ist.“), und es war in der Rechtsprechung und unter den StVO-Kommentatoren AFAIRC durchaus strittig, ob dies als Benutzungspflicht, oder nur als Benutzungsrecht aufgefasst werden müsse. Das wurde dann mit der Novelle zu einer eindeutig formulierten Pflicht konkretisiert.

    Bist du denn sehr regelmäßig in den Niederlanden und sprichst die Sprache gut?

    Ik versta het goed, maar ik kan het niet praten.

    Ich finde die Zeitungsmeldungen auch ohne Zuhilfenahme von Online-Übersetzern sehr gut verständlich. Geht auf jeden Fall leichter von der Hand als Dänisch, wobei auch das Verstehen der dänischen Unfallmeldungen nach ein wenig Einlesen kein unüberwindbares Hindernis ist, zumal man ja weiß, worum es geht und sich bestimmte Floskeln und Vokabeln stets wiederholen.

    Kapituliert habe ich erst bei Finnisch, als ich versucht habe, die im Netz kursierende "Vision-Zero"-Legende von Helsinki zu prüfen. :saint:

    Gut, um einen Eindruck des Berichterstattungsstils zu Verkehrsunfällen in NL zu bekommen, ist diese Unfall-Sammlung. Wer mag, kann mal versuchen, ob er Beiträge findet, in denen konkrete Unfallverursacher benannt werden oder in denen sogar ganze Verkehrsteilnehmergruppen an den Pranger gestellt werden.

    Wie die Angst geschürt wird, wissen wir ja. Aber was kann man dagegen tun?

    Für mich ist die maßgebliche Differenz zwischen Deutschland und den Niederlanden nicht die unterschiedliche Infrastruktur, sondern die vollkommen entspannte Haltung der Niederländer beim Umgang mit dem Thema "Unfallrisiko beim Radfahren". Das Thema findet in der Öffentlichkeit so gut wie nicht statt, und wenn doch ausnahmsweise über Unfälle berichtet wird, dann stets unter Würdigung der tragischen Umstände des Einzelfalles.

    Niemals wird in NL ein Unfall zum Anlass genommen, um in der Berichterstattung Zwietracht zwischen Radfahrern und Autofahrern zu säen. Selten wird die Schuldfrage nach einem Unfall gestellt, noch seltener wird sie beantwortet. Gänzlich verzichtet wird darauf, individuelle Fehler des mutmaßlichen Verursachers auf die Gruppe zu verallgemeinern, der er angehörte, und damit alle Mitglieder seiner Peer-Group in Bausch und Bogen als Aggressoren anzuprangern.

    In diesem Sinne bin ich ausnahmsweise sehr für "Go Dutch!".

    Ich habe keine Ahnung, wie man das lösen soll, denn es stehen sachliche Argumente der Verkehrssicherheit gegen Emotionen. Gegen Angst helfen bei den allermeisten Menschen keine Unfallstatistiken, die belegen, dass die Angst statistisch gesehen ungerechtfertigt ist.

    Was aber auch traurige Tatsache ist: Angst kann geweckt werden, und Angst ist ansteckend. Militante Radwegfans sind Superspreader.

    Nichts hat in der letzten Zeit so sehr Angst und Schrecken unter Radfahrern verbreitet wie die unselige 1,5m/2m-Regel zum Seitenabstand beim Überholen. Weil nämlich die schriftliche Fixierung des Mindestabstandes in der StVO und das Abfeiern dieser Fixierung als "Meilenstein der Verkehrssicherheit" den Irrtum bestärkt oder erst bei vielen geweckt hat, dass jeder Millimeter weniger als 150,00 cm automatisch allerhöchste Lebensgefahr bedeuten würde. Die Fixierung hat zudem wie zu erwarten Pharisäer auf den Plan gerufen, die bereits nach Kräften daran arbeiten, den überaus üppigen Abstand weiter aufzubohren (bei von Seniorinnen gelenkten Lastenrädern mit Katzenbabies im Anhänger geht für überholwillige Bus- und LKW-Fahrer unterhalb eines Abstandes vom halben Erdumfang mittlerweile scheint's gar nichts mehr... :evil: ).

    Gleichzeitig hat die völlige Untätigkeit der Ordnungsbehörden bei der Überwachung der Abstände den Eindruck erweckt, mehr denn je ohnmächtig der Gewalt der KFZ-Führer ausgeliefert zu sein.

    Wenn ich ein Agent der Autoindustrie wäre, der auf Social Media mit FUD dafür sorgen soll, dass die Menschen sich möglichst vom Umstieg aufs Fahrrad abhalten lassen, dann wäre das öffentliche Herumreiten auf den Überholgefahren genau meine Strategie.

    Tenor des Filmes: Es würden deutlich mehr Menschen Fahrrad fahren, wenn eine sichere Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung steht.

    Tenor des Films: Radfahren ist zu gefährlich für euch. Leute, lasst es lieber bleiben, die Autofahrer zu nerven. Wenn ihr sie durch Fahrbahnbenutzung provoziert, werden sie und (vollkommen zu recht!) ihr Mütchen an euch kühlen. Wartet also, bis euch euer Bürgermeister einen schönen Radweg schenkt.

    (andernfalls würde die Redaktion vielleicht mal auf den Trichter kommen und darüber nachdenken, was es bedeutet, wenn die Zahl der Radfahrer schneller steigt als die der radelnden Verkehrsopfer, und vor allem die naheliegende Schlussfolgerung daraus auch entsprechend kommunizieren).

    Tödlicher Unfall im Herbst 2019: Gericht verurteilt Autofahrer

    Weiß sich jemand einen Reim darauf zu machen, welche Fahrlinie der Radfahrer genommen hat?

    Die Location: der Radfahrer kam offensichtlich von Osten an die Kreuzung und wollte nach links in den Platz vor dem alten Elbtunnel abbiegen. Der Autofahrer kam ihm entgegen. Vorherige Pressemeldungen sowie Bilder und Videos von der Unfallaufnahme hatten bei mir den Eindruck hinterlassen, der Radfahrer habe dazu die Furt der Gegenfahrbahn *vor* der Kreuzung benutzt und der Autofahrer habe grün gehabt. Im NDR-Bericht wird aber jetzt gesagt, der Radler sei "links abgebogen", was wiederum nach Benutzung des Linksabbiegerstreifens klingt. In jedem Fall scheint klar zu sein, dass er Grün hatte, wohingegen nicht erwähnt wird, welche Signalfarbe der Autofahrer hatte (bzw dass er rot hatte).

    Weiß jemand von euch Näheres zum Unfall?

    Gibt es an der Ampel "feindliches Grün" für Linksabbieger und Gegenverkehr?

    Warum gibt es überhaupt diesen Tatbestand?

    Das hat rechtsdogmatische Gründe. Wer im Gesetz was vorschreibt, ohne gleichzeitig eine Strafe bei Verstößen festzulegen, kann sich die ganze Vorschrift gleich sparen.

    Das Problem ist wohl dadurch entstanden, dass die Autoren der StVO und der BußgeldKatVO nicht daran gedacht haben, dass die Gemeinden die Streifen mit Begeisterung dazu ausnutzen würden, um ohne große Eingriffe in den Unterbau der Straße billig an Ergänzungen im Radwegenetz zu kommen, indem sie mindermaßige Streifen ohne Sicherheitsräume neben Längsparker quetschen.

    Und ich dachte immer, Victim Blaming sei so'n Ding der Revolverblätter, die sich dann "genüsslich" drüber auslassen, wenn eine Fahrradfahrerin oder ein Fahrradfahrer von einem Auto angefahren wird und dabei keinen Helm getragen hat. :(

    Der Hinweis auf ein objektiv verwirklichtes grobes Fehlverhalten ist kein VB.

    Im Artikel der "Bild" über den Unfall siehst du übrigens auch ein Foto, auf dem man gut erkennen kann, dass die Kollision kurz vor der Stelle war, wo am Fahrbahnrand ein "Haltestelle"-Schild steht. IOW: das Manöver der Radfahrerin bzw die Kollision hätte auch durch einen vollkommen legal dort haltenden Bus bedingt sein können. Würde man den Busfahrer dann auch am liebsten köpfen?

    Ich halte nichts von Radfahrstreifen und bevorzuge aber Mischverkehr. :P

    Der Umstand, dass auf Radfahrstreifen gerne gehalten wird, ist IMO der einzige Grund für die Stänkerei der Radfahrer-NGOs gegen diese Verkehrseinrichtung. Würden da einfach nur ab und zu Unfälle auf der ansonsten freien Flächen passieren, würde sich keiner über die Streifen an sich aufregen, und wegen der Unfälle würde man bestenfalls nach ganz anderen Lösungen suchen, die die Führung jedenfalls nicht in Frage stellt (zb Abbiegeassistenten bei Rechtsabbiegerunfällen auf/mit Hochbordwegen).

    Frage an die Runde: angenommen, ein haltendes Fahrzeug stünde auf einer Fahrbahn in der rechten Spur und ihr kämt mit dem Auto in dieser Spur an die Stelle - kämt ihr dann auch darauf, dass es eine gute Idee wäre, ohne Blinken und Schulterblick einfach "hoppla, jetzt komm' ich" in die zweite Spur auszuscheren?

    Und damit ist Risikokompensation ja völlig in Ordnung. Ich meinte mit meinem Beitrag eher die implizierte "Überkompensation".

    Eine echte Gefahr reduzieren und erst dann etwas unternehmen ist in meinem Weltbild sicher nicht falsch. Beispiele wären ein Zweitfallschirm beim Fallschirmspringen, eine Uhr beim Tauchen oder eine Schwimmweste beim Kanufahren.

    Du meinst, mit Zweitfallschirm wird Fallschirmspringen dann wieder genauso ungefährlich wie gar nicht springen? :evil:

    Risikoüberkompensation ist auch, wenn du dir dank Kopfschutz ein höheres Sturzrisiko zutraust und dir deswegen dann (bei dank Helm gleichem Kopfrisiko wie bei einer ungefährlichen Referenztätigkeit) halt öfter Rumpf oder Extremitäten schwer verletzt.

    Motorradfahrer und MTB-Downhiller können ein Lied davon singen.

    Vielleicht?

    "Steine von oben" kommen leider relativ häufig vor. Alles zu überlaufen. Ast ins Gesicht kommt auch vor. Aber ist es Überkompensation, wenn man persönliche Schutzausrüstung benutzt? Meistens passiert ja auch im Stahlwerk nichts, trotzdem ist ein Handschuh vielleicht eine gute Idee und so.

    Risikokompensation ist, wenn man Sachen tut, die man ohne Schutzausrüstung in der Form sonst gar nicht erst in Betracht ziehen würde.

    Vielleicht als persönliche Anekdote: Im Straßenverkehr brauche ich keinen Helm, ich trage aber einen wenn ich im Gebirge Mountainbike oder wenn ich mit den Hunden Trails fahre. In den beiden letzten Fällen sind die Unfälle "Gegenstand kracht gegen Kopf" nicht auszuschließen.

    Klassische Risiko(über?)kompensation.