Beiträge von Th(oma)s

    Anstatt darin eine Zusatzbelastung des Gesundheitssystems zu sehen, könnte das sogar zu einer Entlastung beitragen.

    Angenommen, wir schicken 20 Millionen Personen jährlich zum Fahrerlaubnis-Gesundheitscheck zu den ca. 100.000 niedergelassenen Ärzten. Damit entfallen auf jeden Arzt im Mittel 200 Untersuchungen/Jahr. Das wäre ungefähr ein ganzer Arbeitsmonat je Arzt (bei der gebotenen Gründlichkeit...) und definitiv *keine* Entlastung. Das muss man auch dann im Auge haben, wenn man (s.u.) als nicht direkt betroffener Autogegner den enormen Aufwand nicht direkt selber zu leisten hat.

    In beiden Fällen hat man Kriterien definiert, die vom Arzt abgeprüft werden. Warum sollte das für Autofahrer nicht gehen?

    Die Menschen sind immer sehr großzügig, wenn sie für jemand Fremdes Maßnahmen vorschreiben dürfen, um zu dessen Lasten mit gewaltigem Aufwand und enormen Kosten minimale Restrisiken für sich selber dämpfen zu lassen (siehe auch andere Auswüchse im Brand-/Strahlen-/Arbeits-/Emissions-/etc.-Schutz; auch die verbreitete Forderung nach Abbiege-Assistenten für LKW gehört in diese Aufzählung). Wenn es hingegen darum geht, auf eigene Kosten kleine Restrisiken zu bekämpfen, behält die Sparsamkeit die Oberhand.

    Auch die nicht-bürgerlichen Fahrradbubble-nahen Redakteure bei Tagesspiegel, TAZ und neuerdings auch BZ wissen, dass gute Nachrichten nicht geklickt werden und schreiben entsprechend.

    Gestern aus Frankreich neues Beispiel fürs Bedienen des "Radfahren gefährlich"-Narrativs.

    Man beachte den düsteren Unterton in Schlagzeile und Text:

    "schon wieder" Fahrerflucht - was gar nicht stimmt, denn der SUV-Fahrer von Paris blieb am Ort des Geschehenes.

    "Erneut" Radfahrer getötet - was denn sonst; in einem Land mit 65 Mio Einwohnern und knapp 10% Radverkehrsanteil stirbt jeden 2. Tag jemand irgendwo beim Radfahren, da ist ein Abstand von paar Wochen zwischen zwei willkürlich ausgewählten Ereignissen ohne jede Aussagekraft. Zumal die beiden vermeintlich miteinander verknüpften Ereignisse vom Hergang offenbar auch nichts weiter miteinander zu tun hatten: im ersten Fall eskalierende Straßenwut in der zugestauten Pariser Innenstadt, im anderen Fall war es wohl eher Augenblicksversagen auf der Landstraße bei Dunkelheit mit anschließender Flucht.

    Konkret benennen und Statistik schließt sich natürlich gegenseitig aus. Aber es gibt Faktoren, die die Unfallwahrscheinlichkeit einer Gesamtgruppe nennenswert steigern. Alkohol und (andere) Drogen gehören zum Beispiel dazu, aber auch Faktoren wie Müdigkeit, die sich nicht so ohne weiteres einer Bevölkerungsgruppe zuordnen lassen. Wir haben uns als Gesellschaft deshalb entschieden, 15-jährigen keinen B-Führerschein zu geben, obwohl genug Jugendliche in der Lage wären, ein Fahrzeug sicher zu führen.

    Eben: die Altersgrenze gilt pauschal. Aber wir testen die Kids nicht, und vergeben dann Führerscheine an anhand Tests mit fragwürdiger Trefferquote ermittelte "frühreife" Jugendliche. Dementsprechend könnte man auch am anderen Ende der Lebensspanne allen Senioren ab 80 das Autofahren verbieten. Die ganze Testerei ist aber gemessen am gewünschten Ziel Voodoo pur.

    Das eigentliche Problem ist doch, dass die Autofahrerei an sich nicht infrage gestellt wird.

    Umgekehrt ist die Infragesstellung des Autoverkehrs aber auch keine Rechtfertigung für skrupelloses Ausschließen vom KFZ-Verkehr auf der Basis von Tests mit allenfalls zufallsbasierter Trefferquote.

    Da bräuchte es eher Reflex-Tests und Tests, die das Überblicken einer komplexen Verkehrssituation testen. Wenn ich so sehe, wie langsam und schwerfällig (offensichtlich teils unter Schmerzen) viele in ihre Fahrzeuge einsteigen, dann bin ich mir sicher, dass so ein Test zu massiv vielen Führerscheinentzügen führen würde.

    Die ganze Testerei fußt auf der irrigen Ansicht, dass die Verkehrsteilnehmer sich sauber in Unfäller und Nichtunfäller trennen ließen. Das ist für Laien so naheliegend wie nach Ansicht der Unfallforschung falsch. Unfallrisiko ist ein sttistisches Phänomen. Wer behauptet, er könne in einer unfallfreien Stichprobe diejenigen konkret nominieren, die später einen Unfall gehabt haben werden, der lügt sich selber in die Tasche.

    Gedankenexperiment: 10.000 zufällig ausgewählte Senioren testen und anhand des Ergebnisses die 100 benennen, die aufgrund der Testkriterien am wahrscheinlichsten einen Unfall haben werden. Danach die Stichprobe die folgenden drei Jahre nur beobachten. Ich wette, die Unfallquote unter den Nominierten wird nicht größer sein als beim Rest.

    ich hab da keine andere Idee als "gestürzt". Welche hast du?

    Die Idee betrifft den Sturzgrund. Ist natürlich immer möglich, dass es bauliche Defizite gab. Ebenso könnte es spontan zu einer Lenkbewegung in Richtung Bordsteinkante gekommen sein, evtl. bedingt durch die fatale Addition der beiden Pendelamplituden beim Nebeneinanderfahren.

    Viel wahrscheinlicher aber ist, dass die beiden auf dem Heimweg von einer feuchtfröhlichen (Halloween?)Feier waren.

    Die Fuzzis könnten sehen, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn man sein Auto nicht auf der Fahrbahn vor der eigenen Haustür parken kann.

    Dafür ist Paris gerade kein Beispiel. Anwohner dürfen dort ungehindert parken und ein-/durchfahren, soweit sie nicht ohnehin mehrheitlich noch nie ein Auto besaßen. Paris hatte auch schon lange vor Mme Hidalgo einen MIV-Binnen-Modal-Split von ca. 10%. Von sowas können die etablierten Fahrradstädte in NL, D und DK nur träumen.

    Man sollte den Wandsbeker Gartenstädtern mal eine Reise nach Paris spendieren:

    Wozu soll das gut sein? Wandsbek Gartenstadt ist vergleichbar mit den Vororten außerhalb des Bvd. Peripherique. Das liegt weit außerhalb des Machtbereiches von Mme Hidalgo. Der jetzt für den Durchgangsverkehr gesperrte Bereich entspricht von der Größe der Fläche zwischen Kennedybrücke und Elbe - und da willst du auch in HH auch ohne Sperrung schon nicht mit dem Auto freiwillig durchfahren.

    Thomas wird es sicher gleich sagen können, aber sind da die Alleinunfälle von Radfahrern mit dabei?

    Natürlich sind sie dabei. Die Anzahl tödlich verunglückter Personen ist mit 31 bis Ende Oktober recht hoch, davon waren aber nur 8 als Radfahrer betroffen. IOW: 23 Opfer waren *keine* Radfahrer. Zudem waren bei den gestorbenen Radfahrern ja auch noch 2 Fälle dabei, wo gar keine KFZ beteiligt waren (ein Alleinopfer, eine Kollision unter Radlern). Die radelnden Opfer sind gemessen am Trend zwar auch ein Ausreißer nach oben, aber dennoch ist es unplausibel, warum man sich ausgerechnet auf Radverkehr kapriziert, wenn man die Opferzahl senken möchte.

    Schließlich nutzen Rückspiegel wenn überhaupt dann ausschließlich bei Konflikten mit dem rückwärtigen Verkehr - und diese Konflikte wiederum sind ziemliche Exoten, gerade im innerörtlichen Geschehen. Von insgesamt 19802 zwischen 2017 und 2023 in HH registrierten Fahrradunfällen waren nur 1304 vom Typ "Längsverkehr von hinten" (6,6%), wobei nur 923 (4,7%) auf Kollisionen mit KFZ entfielen. Wie viele davon wiederum noch auf Auffahrunfälle von Fahrrädern auf langsamere KFZ entfielen, kann man den Rohdaten des Unfallatlas-Bestandes leider nicht entnehmen. Es ist übrigens auch keineswegs so, dass die "von hinten mit KFZ angefahren"-Unfälle in HH schwerer wären als der Rest des Geschehens. Der Anteil der Auffahrunfälle mit KFZ-Beteiligten innerhalb der Gruppe der Unfälle mit schweren bzw. tödlichen Folgen liegt bei 3,6% (66 von 1820). Die Rückspiegel-Kandidaten unter den Unfällen sind also nicht nur außergewöhnlich selten, sie sind zudem auch noch unterdurchschnittlich schwer.

    Ich stimme dir ja zu, dass ein Pedalantrieb keine Gefährdung erklären kann. Trotzdem sehe ich Verkehrsteilnehmer, die nicht von 2 Tonnen Stahl und diversen Sicherheitssystemen umgeben sind, als stärker gefährdet an, weil sie bei einem Unfall weniger geschützt sind.

    Unlogisch bleibt es trotzdem, weil man dann auch Motorradfahrer auf Radwege zwingen müsste, um sie vom gefährlichen Autoverkehr zu separieren.

    Einmal das. Und dann kommt hinzu, dass diese "Gefährdung durch den Autoverkehr" entgegen des realen Unfallgeschehens immer nur einseitig als "Gefährdung durch Überholen mit Autos im Längsverkehr" gedacht wird.

    Anstatt die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sperrt man lieber die Gefährdeten aus und zwingt sie auf ungeeignete Wege, damit der Autoverkehr freie Bahn hat und sich ungehindert austoben kann.

    Noch fieser: man erklärt die objektiv Ungefährdeten (i.e. nicht stärker als andere Verkehrsteilnehmer Gefährdeten) anhand eines willkürlich gewählten Kriterium, welches kausal gar keine rationale Grundlage für eine Gefährdung bilden kann, zu "Gefährdeten", und tut dabei dann auch noch so, als seien die solcherart als gefährdet Definierten auch noch die Störer, die ihre eigene Gefährdung selbst zu verantworten hätten. Erst diese unlogische Denke erlaubt auf Basis des alten Polizeirechts dann den dem Fahrbahnverbot immanenten Platzverweis.

    obwohl der Anteil der "Alten" wächst, stellen sie (noch) nicht die Hauptbevölkerungsgruppe dar. Und die meisten km legen berufstätige auf dem Weg von/zur Arbeitsstelle zurück.

    Der Pendel-Anteil am Verkehrsaufkommen wird gerne überschätzt. Das ist aber nicht mehr als die Hälfte der PKW-Fahrleistung.

    Senioren fahren meinem Gefühl nach allerdings erheblich weniger km auf der vergleichsweise sicheren Autobahn als Menschen im erwerbsfähigen Alter. Dafür ist der in geschlossenen Ortschaften (wo die Asymmetrie im Verhältnis zu den „Aussassen“ grundsätzlich zu Lasten der PKW liegt) zurückgelegte Anteil ihrer km entsprechend größer. Diese Verschiebung dürfte auch bei sich ähnlich verhaltenden jüngeren Autofahrern die Verhältnisse beim km-Risiko und bei der Schuldverteilung weit in Richtung Senioren-Niveau verschieben.

    Dann frag ich halt nochmal:

    Woran orientiert sich so ein Test? Reicht es zum Bestehen aus, dass man zu den "Normalos" gehört, die für die 200000-300000 Verkehrsverletzten/Verkehrstoten verantwortlich sind? Also "ganz normal" hin und wieder einen Unfall baut?

    Augenblicksversagen ist keine binäre Angelegenheit. Wie findet man also heraus, ob die Wahrscheinlichkeit dafür 1:10 Millionen Konflikte oder doch „nur“ 1:20 Millionen Konflikte ist? Ein einfacher Seh- oder Reaktionstest kann das mit Sicherheit nicht auflösen, und größer ist die Wahrscheinlichkeit zum Glück auch nicht.

    Erwähnte ich schonmal, dass man aus einer Unfallbeteiligung nicht zurückschließen darf, dass vor dem Unfall die Wahrscheinlichkeit für den Unfall „eins“ (jedenfalls erheblich größer als beim Rest der noch unfallfreien Population…) war?

    Ich dachte eher an eine App.

    Wie beim Thema "Linienbus vs Rufbus" ist es auch bei "App vs Anruf" am Ende eine Frage der Interessentenzahl. Für dichter besiedelte Gebiete ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es dort auch Datennetz gibt, und dann nimmt der überwiegende Anteil der Kunden natürlich gerne die App; in der dünn besiedelten Fläche, wo das Datennetz noch löchrig ist, ruft man dann eben im Einzelfall klassisch an. Dafür braucht es noch nicht einmal einen hauptamtlichen Dispatcher, das kann auch der Nachtportier annehmen und in die App einpflegen.

    Am Handyempfang sollte das Konzept Rufbus jedenfalls nicht scheitern.