Beiträge von Th(oma)s

    Du übersiehst den Punkt 2. "Anderer Verkehr darf ihn nicht benutzen." bei den div. 2xx (bei 239 und 242.1 Punkt 1), der den Dualismus

    - nur x-Verkehr bei allen so beschilderten Wegen, darunter auch eigenständige Wege, die nur aus einer "Fahrbahn" bestehen

    - und außerdem B-Pfl. für den x-Verkehr bei straßenbegleitenden Wegen (bei 239 aus § 25)

    definiert.

    Das mit dem nicht-benutzen-dürfen ergibt sich bei Radbahnen aber bereits aus dem Umstand, dass sämtliche Nicht-Fahrrad-Fahrzeuge wg. § 2 Abs. 1 StVO ohnehin die Fahrbahn benutzen müssen bzw. der Fußverkehr wegen § 25 Abs.1 StVO die Gehbahn beschreiten muss. Insoweit bedarf es dieser Erläuterung gar nicht bzw. man darf aus dem Vorhandensein dieser Erläuterung keineswegs ableiten, dass das völlige Fehlen bzw. eine vom äußeren Anschein abweichende Beschilderung Radbahnen für Autos oder Fußgänger öffnen würde.

    Ich halte auch die Verwendung von Blauschildern zur Sperrung von unbefestigten/schmalen Wegen für einen der zahllosen Formfehler. Wer selbständige, nur aus der Fahrbahn bestehende Verkehrswege für KFZ sperren möchte, muss sich IMO dazu einer der zahlreichen Varianten der Verkehrsverbote Z.250 ff. bedienen. Wie wenig sich solche Straßen tatsächlich mittels Blauschilder sperren lassen, erkennst du ohne Umstände einfach daran, dass es praktisch keinen solchen Weg gibt, auf dem das vom Blauschild ausgesprochene Nebenher-Verkehrsverbot nicht durch weitere Durchfahrt-Sperren (Pfosten, Findlinge, Drängelgitter, Schranken, Pflanzkübel, ...) physisch unterstützt werden muss.

    Verkehrszeichen gehen impliziten Regeln stets vor, es muss also möglich sein, "Eine Radbahn ist eine Radbahn ist eine Radbahn." per Vz zu übersteuern.

    Mit welchem Verkehrszeichen deklariert man eine Gehbahn als Fahrbahn? Mit welchem Schild "übersteuert" man eine Fahrbahn als Radbahn? (Merke: ich verwende bewusst den Begriff "...bahn" für das straßenbauliche Objekt. Im Gegensatz dazu steht der "...weg" als Begriff für das fiktive verkehrsrechtliche Subjekt. Ein großer Teil der Missverständnisse über die Beschilderungen resultiert daraus, dass sprachlich nicht zwischen diesen beiden unterschiedlichen Konstrukten differenziert wird).

    Neenee, spätestens seitdem die blauen Fahrrad-Gebotsschilder in der StVO den Sinn "kennzeichnet Benutzungspflicht für eine a priori existente Fläche" erhalten haben, hat sich das mit dem Klarstellen und (Um-)Deklarieren erledigt.

    Was die Sache mit dem "steht nur, wo Klarstellung nötig ist" bei Z.239 anbetrifft: meiner Beobachtung nach ist das einzige, was damit in der Praxis jemals klargestellt wird, ein nachdrücklicher Hinweis an die Autofahrer im Sinne von: "Liebe Leute, hier ist das Gehwegparken nicht nur verboten, hier wird das Verbot sogar kontrolliert!" Echte Missverständnisse darüber, ob der Bürgersteig nun eine Gehbahn oder vielleicht doch bloß ein Parkplatz ist, dürften dagegen in keinem Fall aufkommen.

    Müsste man das aufstellen?

    239239.png

    ;)

    Würde auch nichts helfen. Warum nicht? Eine Radbahn ist eine Radbahn ist eine Radbahn.

    Oder im Klartext: stell so ein Doppel-239er an eine Stadtstraße mit Fahrbahn und Bürgersteig. Würden das Autofahrer als Fußgängerzone respektieren? Nein, und das zu recht. Denn eine Fahrbahn ist eine Fahrbahn ist eine...

    Der Versuch, aus den zahllosen Formfehlern, die sich die Behörden beim Bauen und Beschildern von Sonderwegen leisten, Rückschlüsse auf den Sinn und Regelungsinhalt der Verwaltungsvorschriften zu ziehen, führt bloß zu einer Störung des Raum-Zeit-Kontinuums. Grundgüütiger!

    Das ist zum Radfahren auch für uns Hartgesottene nicht unbedingt schön.

    Das ist auch zum Kraftfahren nicht schön. Würdest du deine Tochter mit ihrem Moped dort fahren lassen? Oder deinen Sohn mit einem 10 Jahre alten Polo?

    Dass die Abwärtsspirale aus Zersiedelung und Autofahrerei sich so dreht wie sie es tut, liegt nicht an fehlenden Radwegen. Es liegt daran, dass die gewünschten Ziele auf dem Land immer schon erheblich oberhalb dessen lagen, was sich die allermeisten Leute freiwillig als Radfahrer antun würden. Die schweigende Mehrheit ist nicht "interested but concerned", sondern "interested but lazy". :evil:

    Und ist "der Wagen" erstmal da, will er halt auch ausgenutzt werden...

    Der Lenker ist aber eher locker eingestellt, zb beim Schulterblick oder wenn man eine Hand vom Lenker nimmt, ist schon ein 30cm-Schlenker eingebaut, vielleicht deswegen. Oder durch die schmalen Reifen fehlt der Kontakt zur Straße und der Wind kann besser angreifen. Oder ich bin einfach eine Mimose...

    Bei derart heftigen Seitenausschlägen solltest du definitiv von der Benutzung handelsüblich schmaler Überland-Radwege absehen.:evil:

    Ich war letztens bei Windböen von etwa 40-45 km/h unterwegs (normaler Wind so 20-30 km/h) und das war das für mich oberste Ende der Fahnenstange: auf einer komplett leeren Landstraße mittig auf der rechten Spur war ich heilfroh, dass niemand sonst unterwegs war, weil ich bis zu einem Meter links/rechts dauerhaft geschwankt bin bzw. die Windstöße kompensieren musste, bereits in geduckter Haltung.

    Freihändig gefahren? Spinnacker nicht reingeholt?:evil:

    Im Ernst: da ich bei diesen Geschwindigkeiten absolut keine Probleme habe, könnte bei dir irgendwas an Sitzposition/Kleidung fundamental anders als bei mir sein.

    Drüben in Pinneberg: Radfahrer bei Überholmanöver erfasst

    Das war also ungefähr hier in Fahrtrichtung Süden. Klingt für mich ja ganz einleuchtend: Kraftfahrer mit Anhänger überholt, Kraftfahrer vergisst beim Einscheren den Anhänger hinten dran und katapultiert den Radfahrer ins Jenseits.

    Disclaimer: an so einer Stelle überholt man nicht. Punkt.

    Trotzdem darf man sich Gedanken darüber machen, warum es zu diesem Ereignis gekommen ist. Millionenfach geht sowas ja ansonsten doch gut.

    Dass ich bei einem Überholer von einem Anhänger überrascht/erschreckt wurde, ist mir selbst auch schon öfters passiert. Ich halte es deshalb für nicht unplausibel, dass der Radler entweder an der Einmündung nach links abbiegen wollte, oder den Überholer hinter sich bemerkt hat und ihm nach rechts ausgewichen ist (oder beides). Als dessen Heck dann vorbei war, hat er umgehend wieder nach links gezogen und ist wegen der geringen Differenzgeschwindigkeit mit dem Anhänger kollidiert.

    • Kostet nicht viel und man "hat was für den Radverkehr getan"
    • Da viele Leute sich auch so an den Rand drücken, fühlen sie sich mehr beachtet, wenn ihnen 30 cm extra zugedacht werden
    • Spart das Aufstellen von Park- und Halteverbotsschildern
    • Klagefreudige Radfahrer sind dagegen machtlos, weil sie sie nicht benutzen müssen
    • Autofahrer fühlen sich zum verbotswidrigen Überholen ermuntert
    • Können nach §45 StVO ohne langwierige Anträge eingerichtet werden und danach ist diese Straße dann "erledigt", was Radförderung angeht
    • Haben wir schon immer so gemacht, da könnte ja jeder kommen!
    • fahrphysikalischer Grund 1: die meisten Unfälle beim Überholen von Radfahrern innerorts passieren IMO durch Nachlässigkeiten beim Spurwechsel und nicht wegen mangelnder Abstände im Augenblick der Parallelfahrt. Das Problem besteht also im falschen Timing (bzw. in der unerwünschten Bindung der Aufmerksamkeit auf genau dieses Timinig, was wiederum die Kapazität des Überholers für andere zu verarbeitende Reize limitiert). Wer aber gar nicht erst aus- und einzuscheren braucht, kann dabei auch keine Timing-Fehler machen.
    • fahrphysikalischer Grund 2: der Radfahrer ist durch die Peilhilfe der Linie seinerseits davor geschützt, dass er aus Versehen unmotivierte Seitenschlenker macht.
    • Infolgedessen kann bei konstantem Risiko bei gleicher Geschwindigkeit tatsächlich mit weniger Abstand überholt werden bzw. bei gleichem Abstand schneller gefahren werden (schonmal überlegt, warum auf der Autobahn sofort sehr drastische Tempolimits angeordnet sind, wo die Leitlinien fehlen? Schonmal überlegt, was los wäre, wenn in einer engen Autobahnbaustelle gar keine Leitlinien zwischen den beiden Fahrspuren wären?).
    • verkehrsplanerischer Grund: die Streifen bieten sich als Notlösung für alle die Straßen an, in denen auch beim bösesten Willen aus schlichtem Platzmangel bisher noch keine konventionelle Radverkehrsanlage hineingequetscht werden konnte (Stichwort "Lückenschluss"). Diese durch die beengten Platzverhältnisse bedingte chronische Untermaßigkeit, und nicht die pauschale Möglichkeit des Einsatzes der Markierung selbst, sorgte erst dafür, dass die Streifen derart in Verruf geraten konnten.

    Und die Polizei meint: [auf der anderen Straßenseite weiterschieben]

    Pardon, aber das bringt mich echt auf die Palme. Die Hamburger Polizei stellt zwar die Straßenverkehrsbehörde, aber ich habe immer wieder dein Eindruck, dass bei der Hamburger Polizei so gut wie kein Mitarbeiter der Straßenverkehrsbehörde auch mal mit dem Rad fährt. Wenn ich mit dem Rad unterwegs bin, egal ob zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Freibad, dann will ich nicht regelmäßig absteigen und schieben, sonst kann ich mir das Radfahren ja auch sparen.

    Was genau verhindert eigentlich im Schiffbeker Weg die Fahrbahnbenutzung durch Radler (außer das Brett vorm Ko^h^h^h dem Rückstau, den man ggf. links überholen kann...)?

    Lösung? Dashcams/Bodycams erlauben kombiniert mit harten Strafen?

    Die Lösung kann nur die gleiche wie die sein, mit der sich Kraft- und Radfahrer (die einen zum Parken, die anderen zum Fahren) allmählich den Bürgersteig gekapert haben: gibt's heute Mecker, morgen einfach wieder da sein, und das so lange, bis sie resignieren und den Kampf dagegen irgendwann aufgeben.

    Beim Überholen ohne Gegenverkehr war der Unterschied besonders bei LKW und schnellen PKW spürbar, da die Windschleppe zu entsprechendem Schaukeln geführt hat. Klar, wenn sowieso alle komplett den Streifen wechseln würden, dann könnte man auch weiter rechts problemlos fahren, aber ein halb auf meinem Streifen vorbeidonnernder LKW ist nicht besonders angenehm bei 80 km/h.

    Da ich seit über 20 Jahren im windigen Flachland zu Hause bin und ich außerdem seither werktäglich auf etlichen km Landstraße den Radweg ignoriere, kenne ich sowohl starken Seitenwind als auch Kampflinie-fahrende Dichtüberholer zur Genüge.

    PKW sind mittlerweile aerodynamisch so optimiert, dass sie auch bei Landstraßentempo keine spürbare Windschleppe mehr haben. Nicht bei starkem Seitenwind*, und erst recht nicht bei Windstille. Bei Schwerlast-LKW merkt man bisschen mehr, aber für stärkere Ausschläge sind die wiederum zu langsam. Etwas kritischer sind flotte Klein-LKW aus der Sprinter-Familie, aber der Druck bzw. Sog hat auch dann noch nie zu Ausschlägen meiner Fahrlinie geführt, die zu einem akuten Problem geführt hätten.

    *) Bei Orkanböen werde selbst ich schwach, steige ab und schiebe auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg. Grund ist dann aber nicht die Windschleppe der Überholer, sondern dass ich ungern riskiere, auch mutterseelenallein fahrend einfach umgeblasen zu werden.:saint:

    Ich stimme zu: ein Teil der Rad Fahrenden praktiziert das Ultra-Rechts-Fahren unbewusst.

    Ein Teil macht das aber sehr wohl absichtlich.

    Hier, meld! Ich fahre *außerorts* ganz bewusst ultrarechts, mit den Reifen maximal 30cm links des Z.295. Dieses "wenn ich weiter links fahre, verhindere ich Vorbeiquetschen" funktioniert außerorts nicht richtig, weil dafür die Straßen in der Regel einfach zu breit und auch zu leer sind. Und dann weiß ich aufgrund meiner langjährigen intensiven Beobachtung des Unfallgeschehens, dass wenn es denn mal (selten genug) außerorts zu seitlichen Berührungen oder gar Rammstößen kommt, dann deshalb, weil der Kraftfahrer gepennt hat. Wenn ich diszipliniert rechts bleibe, gebe ich solchen Schnarchnasen eine größere Chance, mich zu verfehlen oder in letzter Sekunde noch wenigstens einen minimalen Ausweichschlenker hinzubekommen. Ob aufmerksame Überholer mir aber einen knappen oder zwei gute Meter gewähren, juckt mich dagegen nicht die Bohne.

    Dieses Bild von vorgestern von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann, wie er in voller Montur auf einem nicht sehr breiten, aber dafür sehr kurvigen Weg geschätzte 20 Zentimeter vom Abgrund entfernt mit sicher nicht unerheblicher Geschwindigkeit gefahren ist, hat mir ein grundsätzliches Problem vor Augen geführt: egal wie gut oder schlecht Infrastruktur ausgeführt wird (auf dem Foto eher zweiteres), solange sich eine Mehrheit der Radfahrer verhält wie anno 1937, wird es keine wirklichen Fortschritte geben.

    [...]

    Wie seht ihr das? Habt ihr vielleicht sogar schon Erfahrung mit solcher Aufklärung, außerhalb des eigenen Freundes- und Bekanntenkreises? Wie waren die Reaktionen der Leute?

    Ich sehe das als Beleg, dass der ganze "mehrPlatzfürsFahrrad"-Kram bloß scheinheiliges Gerede ist. Die Leute wollen gar nicht mehr Platz, sondern einfach bloß irgendwas, damit sie den Autos nicht mehr im Weg sein müssen (und damit ohne den ansonsten drohenden "puh,-ich-muss-mich-jetzt-aber-ranhalten-damit-ich-Die-nicht-so-aufhalte"-Stress kardio-schonend vor sich hineiern können).

    Ich finde deine Ausführungen nicht sonderlich überzeugend Th(oma)s. Im Kern behauptest du ja, NO2-Messungen seien irrelevant, da gemeinsam mit NO2 andere Schadstoffe auftreten, die sehr viel gefährlicher seien als NO2 und die unberücksichtigt bleiben.

    Aber du hast zumindest bislang noch nichts darüber geschrieben, welche Schadstoffe das sind, und was dafür getan werden muss, diese zu messen, dafür Grenzwerte festzulegen und entsprechende Kontrollen durchzuführen. Und wenn das alles käme, dann käme garantiert auch wieder wer und behauptet dann, das selbe von diesem Gefahrstoff, dass er nämlich eigentlich irrelevant sei und es gefährlichere gäbe usw.

    (...)

    Wenn es tatsächlich so ist, dass außer NO2 noch andere Gefahrstoffe auftreten beim Autofahren, die noch gefährlicher sind, dann müsste doch erst recht sehr viel mehr getan werden, um die Autofahrerei zu reduzieren.

    Du betrachtest die Schadstoffsituation und damit die Interpretation der dadurch bedingten gesundheitlichen Risiken viel zu sehr vom Jetzt und viel zu eng an dein Feindbild „Autoverkehr“ gebunden. Geh einfach mal gedanklich gut 50 Jahre zurück...

    Wie war die Situation Ende der 60er Jahre, als der weltweite Vorreiter Kalifornien den ersten Standard für NO2-Grenzwerte erließ?

    Fabriken und Kraftwerke blasen völlig ungereinigt ihre Abgase in die Luft. Lokale besonders gravierende Probleme werden maximal durch höhere Schornsteine „gelöst“. Es wird im Vergleich zu heute wenig sauberes Erdgas verbrannt, aber extrem viel Kohle, Benziner haben keine 3-Wege-Katalysatoren, aber dafür hochgiftiges Bleitetraethyl im Benzin. Es gibt praktisch keine PKW-Diesel, aber dafür noch etliche extrem dreckig verbrennende Zweitakter. Auch im Hausbrand wird noch sehr viel Kohle verbrannt. Müllverbrennungsanlagen und Industrie emittieren ungefiltert Schwermetalle und Dioxine.

    Was war damals z.B. noch alles in der Luft, und warum sind diese Probleme heute gelöst?

    • Schwefeldioxid: Rauchgasentschwefelung Kraftwerke, Entschwefelung Sprit
    • unverbrannte Kohlenwasserstoffe: Optimierung der Verbrennungsbedingungen, Verzicht auf Zweitakter
    • Ruß: Optimierung der Verbrennungsbedingungen, Partikelfilter
    • Kohlenmonoxid: Optimierung der Verbrennungsbedingungen, 3-Wege-Kat
    • Blei, Cadmium, Quecksilber: Verzicht auf Bleibenzin, Rauchgasfilterung Müllverbrennung
    • Dioxine: Optimierung der Müllverbrennung, Rauchgaswäsche
    • Feinstaub: Partikelabscheider (Zyklone) an Industrieanlagen, Optimierung der Verbrennungsbedingungen

    Was immer wir heute an Korrelationen zwischen Schadstoffen und Lebenserwartung messen und für kausal gerechtfertigt halten können, dürfte seine Wurzel darin haben, dass die meisten Krankheits- und Todesfälle chronische Leiden sind und somit als Spätfolgen durch Aufenthalt über Jahrzehnte in der erst allmählich auf heutige Werte zurückgehenden Smogwolke bewertet werden müssen.

    NO2 war vor 50 als Indikator für den ganze Dreck durchaus sinnvoll. Heute trifft das nicht mehr zu.

    Du hattest doch berichtet, dass NO2 so eine Art "Indikatorgas" darstellt. Das heißt, wo NO2 bei einer Verbrennung frei wird, da werden in der Regel auch an andere Gase frei, von denen einige deutlich giftiger sind als NO2.

    Die Anstrengungen zur spezifischen Bekämpfung des PKW-NOx-Ausstoßes sind allerdings so, als würde man in der Stube das Thermometer kühlen, damit draußen die gesundheitsgefährdende Hitze weggeht.

    Oh, haben wir aneinander vorbei geschrieben?

    Es gibt einen Unterschied zwischen Emission (von NOx) am Auspuff und Immission (von NO2), gemessen auf der Straße am Überwachungscontainer. Für beide gibt es unabhängige Grenzwerte, und beide unterscheiden sich zwischen den USA und der EU. Die Auspuffgrenzwerte in den USA sind strenger (weil dort bei PKW nicht zwischen Kraftstoffsorten unterschieden wird, und Ottomotoren dank 3-Wege-Kat mit dem Limit eh keinerlei Probleme haben - warum soll man dann nicht etwas fordern, was ohnehin leicht zu unterbieten ist...), aber die Immissionsgrenzen sind lascher (weil die USA NO2 in der Außenluft für eher unbedenklich halten).

    Das ist aber eine sehr laxe Haltung, Th(oma)s. Ich kaufe ein Produkt, das damit beworben wird, dass es angeblich sehr geringe Nebenwirkung hat für die Umwelt. In diesem Fall ein Auto, das angeblich sehr gut gereinigte Abgase hat. [...] Ich glaube aber nicht, dass in den USA sich niemand für NO2-Grenzwerte interessiert, denn dann gäbe es dort keine Grenzwerte dafür. Dass dort doppelt so viel NO2 freigesetzt werden darf, wie in Deutschland, zeigt doch dass dort NO2 als Schadstoff sehr wohl ein Thema ist, wenn auch vielleicht eines, das nicht ganz so wichtig genommen wird wie in Deutschland.

    Ich habe gerade mal ein bisschen im Netz nach alten VW-Campagnen zu Clean Diesel gesucht. Spezifische Aussagen zu NO2 konnte ich darin nicht entdecken. Kein Wunder, weil NO2 in den USA kein Umwelt-Thema ist.

    Die Grenzwerte stammen noch aus der Zeit, als NO2 noch als Indikatorsubstanz für „Abgas“ taugte. Die US-Umweltbehörde hat noch unter Obama eine Initiative auf Verschärfung der US-Grenzwerte für die NO2-Immission auf europäische Standards nach Sichtung der epidemiologischen Literatur abgelehnt. Die damalige Begründung ist auf den Seiten der EPA noch zu finden.

    Die sehr viel niedrigeren (in diesem Fall erheblich unter dem EU-Standard liegenden) Grenzen für die NOx-Emissionen am Diesel-Auspuff erklären sich nicht durch die Sorge vor zu hohen NO2-Immissionen in der Straße durch Diesel, sondern sind Folge davon, dass im US-PKW-Markt Ottomotoren üblich sind, die dank 3-Wege-Kat (zumindest als Neuwagen...) seit Jahrzehnten praktisch NOx-frei sind. Die US-Grenzwerte für PKW sind folglich Kraftstoff-neutral verbindlich.

    Was soll denn eine "fiktive Entwertung" sein?

    Anders als in Deutschland waren Diesel im Allgemeinen und VW im Speziellen in den USA nicht von örtlichen Fahrverboten oder gar Stilllegung bedroht. NO2-Immissionen jucken da nämlich (u.a. wegen des im Vergleich zur EU doppelt so hohen NO2-Grenzwertes...) buchstäblich keine Sau. Die breite Klage-, Rücknahme und Entschädigungswelle in den USA war nicht bedingt durch eine entsprechende reale Wertminderung am Gebrauchtwagenmarkt, sondern lediglich eine Gewinnmitnahme auf der Basis des großzügigen Produzentenhaftungsrechts in den USA.