Ein Spruch zu Kassel, den ich Ende letzten Jahres aufgeschnappt hab: "Macht eine deutsche Großstadt nichts für den Radverkehr, hat sie ungefähr 10% Anteil. Kassel hat 7%…"
In welchen Kreisen werden denn solche Sprüche gekloppt? Hier ein Foto von der Fahrradstraße in der Kasseler Goethestraße:

In Kassel findet man gute Beispiele für Fahrradverkehr-Infrastrukturmaßnahmen. Warum es nicht (oder noch nicht) viel mehr Fahrradfahrer*innen in Kassel gibt? Da ist zunächst mal zu berücksichtigen, dass die Fahrradbegeisterung in Kassel gedämpft wird durch die bergige Geografie. Und den ländlichen Raum drumherum, ebenfalls mit vielen Steigungsstrecken. Trotzdem ist es richtig, in den Fahrradverkehr zu investieren.
Und solche Maßnahmen, wie die Fahrradstraße, zeigen auch Wirkung, selbst dann, wenn die geografischen Voraussetzungen für den Fahrradverkehr nicht so sind wie in einer Stadt im norddeutschen Tiefland. Bin hin und wieder schon in Kassel gewesen und kann aus erster Hand berichten.
Dabei hat Kassel eine doppelte Herausforderung: Kassel ist nicht nur gebirgig, Kassel ist auch Straßenbahnstadt. Wer's nicht glaubt, dass es in Kassel gebirgig ist, sollte sich dran erinnern, dass der Kasseler Durchgangsbahnhof, den sicher schon sehr viele Zugreisende durchfahren haben, "Wilhelmshöhe" heißt. Und die Kasseler Straßenbahn kann ich sehr empfehlen! Hier hält die Straßenbahn im Säulenwald auf dem Vorplatz von Bahnhof Wilhelmshöhe:

Die Bilder funktionieren nicht. Aber eine kurze Suche in gMaps zeigt einen KFz-Parkplatz. So etwas Fahrradstraße zu nennen ist schon bissl lustig.
Die beschriebenen vorgegebenen Umstände erschweren die Lage für Fahrradfahrer*innen und Verkehrsplaner*innen, die den Fahrradverkehr fördern wollen. Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass bergauf viele Fahrradfahrer*innen naturbedingt sehr langsam fahren und ein Mischverkehr Fußgänger-Fahrradfahrer auf einem breiten Hochbord problemlos möglich ist. Auf Gefällstrecken (also auf der jeweils gegenüberliegenden Straßenseite) wiederum wird der gemeinsame Fuß- und Radweg zu einem Problem.
Auf der Fahrbahn fahren ist jedoch auf den Straßen mit Rillenschienen für die Straßenbahn auch nicht ohne Gefahren.
Das Foto oben von der Fahrradstraße habe ich übrigens in der Goethestraße aufgenommen. Es ist ein gutes Verkehrsangebot für Fahrradfahrende, aber es ist eben nicht direkt entlang der Hauptverbindungsstraße, wenn man vom Bahnhof Wilhelmshöhe Richtung Innenstadt will. Trotzdem wird das Angebot gut angenommen, denn es liegt parallel zur Hauptachse und trägt dazu bei, Kassel für den Fahrradverkehr attraktiv zu machen. https://www.google.de/maps/@51.31467…SoASAFQAw%3D%3D
Zur Stadt Kassel gehören außerdem zahlreiche Stadtteile, die quasi im ländlichen Raum liegen, in einem gebirgigen ländlichen Raum, sodass die Fahrradnutzung in der Innenstadt selbst höher ist als in der gesamten Stadt Kassel.