Regionalausschuss Eppendorf-Winterhude am 24. April 2017

  • 17.30 Uhr:

    Willkommen in der Hölle von Hamburg-Nord! Das Fernsehen ist da und schon herrscht Stimmung! Einer der Bürger von der letzten Sitzung darf ausführlich in die Kamera reden, ein anderer dementiert, es dreht sich allerdings noch um die Flüchtlingsunterkunft und nicht um irgendwelche dreckigen Radfahrer. Dafür trifft man viele bekannte Gesichter vom letzten Mal, die eher unangenehm in Erinnerung geblieben sind.

    Allein die Anwesenheit des Fernsehens treibt so manchen Wutbürger in die Verzweiflung: Die Sitzungen wären zwar öffentlich, ja, schon, aber… das Fernsehen ist da?!?!? Das ist doch total verboten, Persönlichkeitsrechte und so!!! Ich bin sofort herzallerbester Stimmung kommentiere locker-flockig vom Balkon herunter, dass man sich heute wohl besser betragen müsse als beim letzten Mal und finde mich unglaublich witzig. Leider teilt man meinen Humor nicht so ganz — ich muss echt mal lernen, an der richtigen Stelle die Fresse zu halten.

    Derweil werden Flugblätter verteilt von der Initiative „Welcome to Eppendorf“, ich wittere meine Chance zu urkomischen Kommentaren und frage, ob man wieder rumbrüllen und die Leute ins Gas schicken wolle, bis ich mit rotem Gesicht um Entschuldigung bitte, denn schließlich warf ich gerade einer Befürworterin der Flüchtlingsunterkunft meine Witze an den Kopf und nicht den Gegnern, die es letztes Mal allzu doll trieben und sich momentan unten am Fernsehen abarbeiten.

    Hier ist übrigens die Tagesordnung:

    Die fahrradrelevanten Themen stehen erst ganz hinten in der Tagesordnung und momentan bin ich mir gar nicht so ganz sicher, ob angesichts der Stimmung die Liste überhaupt komplett abgearbeitet wird.

    17.50 Uhr:

    Es wird voll. Die Logenplätze direkt auf Augenhöhe mit der Politik sind bereits belegt, langsam wutbürgert man sich den Balkon hinauf. Wenn man doch nur halb so viel Energie darauf gäbe, die Ursache der Flüchtlingskrise anstatt der Flüchtlingsunterkünfte zu bekämpfen, wäre die Welt drei Mal so schön.

    Der NDR bastelt mittlerweile sein Mikrofon direkt an den Lautsprecher heran, offenbar wird es heute kein Problem mit Ton- und Bildaufnahmen geben.

    18:03 Uhr: Es geht los.

    Der NDR will nur für die Flüchtlingsunterkunft filmen, man kann aber einer Tonaufzeichnung widersprechen.

    Imhof will noch mal auf die Ereignisse der letzten Sitzung eingehen. Sie wäre seit zwei Jahren Vorsitzende des Ausschusses. Der Ausschuss wäre ein Ort, an dem sich alle willkommen fühlen sollten. Lebhafte Diskussionen wären in Ordnung, der Ton habe sich aber sehr verschärft und wäre in einer Stimmung und Tonlage gegipfelt, die jegliche Diskussionen unterbunden habe. Es habe viele Beschwerden geben. Bürger hätten sich bedroht gefühlt, viele hätten sich nicht mehr getraut, sich zu melden oder ihre Meinung kundzutun aus Angst.

    Die Geschäftsordnung sähe vor, vor Unmuts- und Beifallsbekundungen abzusehen, um jedem die Möglichkeit zur Meinungsäußerung zu ermöglichen. Früher habe sie die Einhaltung dieser Ordnungsbestimmungen zu lax gehandhabt. Es solle nun nicht mehr geklatscht, gejohlt oder gebuhlt werden. Das gelte sowohl für Zuschauer als auch für die Mitglieder des Ausschusses.

    Tjoa. Dann wird’s wohl langweilig.

    Es wird nun an der Tagesordnung herumgeschraubt.

    Präsentation der Flüchtlingsunterkunft und so weiter und so fort. Holzverschalung und so weiter und so fort.

    Es gibt ein paar Rückfragen was Parkplätze und Hundeauslaufflächen betrifft, aber eigentlich geht es minutenlang nur darum, ob irgendwo Parkplätze entfallen und Parkplätze vernichtet werden und Parkplätze hier und Parkplätze da und Parkplätze auf dem Mond, bis die Moderatorin feststellt: „Wir reden eigentlich über eine Unterkunft für Menschen, aber wir reden die ganze Zeit nur über Parkplätze.“

    Eigentlich alles nur NIMBY: Flüchtlinge können ja gerne hier wohnen, aber warum gerade bei uns???????? Und wo sollen unsere Autos parken???????

    20:34 Uhr: Flüchtlingsthemen sind durch

    TOP 6.1 Parkplätze in der Jarrestadt

    Bürgerin: Acht Parkplätze wären irgendwo legalisiert worden und das freue sie sehr. Wie wäre nun der Stand der Legalisierung von Parkflächen? Fragen zur Beleuchtung am Südring und so weiter und so fort, hat Fragen zum Parken hier und Parken da.

    Immer mehr Einwohner der Jarrestadt zögen weg, unter anderem auch in Ermangelung von Parkplätzen.

    Man habe 300 Unterschriften gesammelt, sie sagt aber nicht wofür.

    Willing antwortet. Parkplatz hier, Parkplatz da, Parkplatz dort.

    Oehlrichs sagt auch noch was dazu.

    Dann darf Ploß endlich reden. Er macht sich auch Sorgen um das Ausbluten der Jarrestadt und glaubt auch nicht so ganz daran, dass die U5 tatsächlich als Altenative zum Auto gebaut würde. Er bemängelt Geldverschwendung beim Vollpfosten am Mühlenkamp, der mitten auf die Straße gebaut worden wäre. Hätte man sich derartige Fiasken wie den Umbau der Radverkehrsführung unter der Hoheluftchaussee gespart, hätte man genügend Geld für mehr Stellplätze in der Jarrestadt. Es wäre schön, wenn man gemeinsam dazu abstimmen könnte.

    Domres: Man müsse erst einmal priorisiert Straßen sanieren und Unfallschwerpunkte abbauen.

    Bürgerin bemängelt weiter.

    Ploß: Auch an der Alster werden noch für Millionen weitere 200 Parkplätze vernichtet werden. Er bittet um ein weiteres Votum, um die Parkplatzvernichtung zu stoppen. Bei der politischen Prioritätensetzung von Rot-Grün würde nie Geld für Parkraum frei werden, weil Rot-Grün ihre Schildbürgerstreiche finanzieren.

    SPD-Abgeordneter: Man könne nicht vermuten, dass jemand, der an der Alster keinen Parkplatz findet, anschließend in der Jarrestadt parkt. Es gäbe aber nunmal eine ganze Menge Baustellen, die bedient werden müssen.

    Bürgerin: In der letzten Sitzung wäre betont worden, man müsse aufpassen, dass die verschiedenen Verkehrsteilnehmer ausreichend berücksichtigt werden. Vielleicht könne man ja einen Konsens finden, um bei Sanierung auf den Erhalt oder die Schaffung neuer Parkplätze zu achten.

    Haas: Sie kämpfen als Vertreterin einer Initiative für den Erhalt von Parkplätzen in der Jarrestadt. Es wäre okay, sich einen Pkw anzuschaffen, aber dann den öffentlichen Raum in Anspruch zu nehmen, um ein privates Fahrzeug abzustellen, wäre vermessen. Das führe dann zu der Diskussion, wem die Stadt gehört und wer welchen Lebensraum beansprucht. Es gäbe auch noch Perspektiven wie Carsharing oder öffentliche Verkehrsmittel.

    Haas könne sich nicht entschließen, 1,3 Millionen Euro für zehn Parkplätze auszugeben.

    Domres: Man habe bei Straßensanierungen immer alle Verkehrsteilnehmer im Blick, aber 1,3 Millionen für zehn Parkplätze wäre zu teuer.

    Schilf an Ploß: Sie haben eine ganz andere Vorstellung von Lebensqualität als andere Menschen. Schilf bedeute saubere Luft, sauberes Wasser, sichere Wege, Erreichbarkeit von Infrastruktur wesentlich mehr. Die Art und Weise, wie Sie Dinge polarisieren und zuspitzen, wäre nicht sachdienlich. Schilf fände es ärgerlich, dass man sich mit Ploß nicht unterhalten könne, weil es Ploß nur um Profilierung ginge.

    Bürgerin: Es wäre ja nicht so, dass alle drei dicke Autos vor der Tür parken möchen.

    Ploß an Schilf: Polarisierung könne man auch Herrn Domres vorwerfen. Als CDU wolle man eine Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer. Man dürfe den Menschen nicht vorschreiben, welches Verkehrsmittel sie benutzen sollen. Es ginge auch um soziale Gerechtigkeit. Der Regionalausschuss möge beschließen, dass in der Jarrestadt kein weiterer Parkraum vernichtet wird.

    Bürgerin: Warum spiele man in diesen Diskussionen immer die Verkehrsteilnehmer gegeneinander aus?

    Bürger wäre auf sein Auto angewiesen und müsse irgendwo parken. Er könne nicht mit dem Rad zur Arbeit fahren, aber er müsse seine „blöde Kiste“ nunmal irgendwo parken. HVV wäre zu teuer, Carsharing hat sich nunmal noch nicht durchgesetzt. Mit seinem privaten Auto verdiene er Geld und zahle Steuern. Das Auto wäre aber kein Privatvergnügen.

    Bürger: Es gibt nunmal Sachzwänge, die man nicht durch allgemeine Vorstellungen wie saubere Luft oder sichere Gehwege beinträchtigen darf. Er müsse nunmal mit dem Auto nehmen und könne nicht auf die Bahn oder Carsharing umsteigen.

    Bürgerin: Es gäbe in der Jarrestadt keine freien Tiefgaragenplätze mehr, die Nachfrage wäre riesig. Einige Menschen wären nunmal auf das Auto angewiesen.

    Domres: Man berücksichtige bei Straßensanierung schon die mögliche Einrichtung von Parkplätzen.

    Wiedemann: (Undeutlich.) Die Jarrestadt wäre in einer Zeit errichtet worden, in der nicht jeder ein eigenes Auto hatte. Die Situation wäre dort allerdings wirklich schlimm, doch könne man nicht zehn Parkplätze für 1,3 Millionen bauen.

    Schulz: Bei der Diskussion würden immer wieder ganz besondere Einzelfälle hervorgehoben, etwa die Krankenschwester, die um fünf Uhr am anderen Ende der Stadt arbeitet. Das Auto war jahrzehntelang das Primat in der Stadt, es wäre nun unvermeidlich, den Verkehrsraum anders aufzuteilen. Das als Parkplatzvernichtung zu bezeichnen wäre verantwortungslos, die CDU könne sich ja in Christlich-Demokratische Parkplatzunion umbenennen. Die Zulassungszahlen hätten um 50.000 zugenommen, bei den Verkehrszählungen wären aber weniger Fahrzeuge unterwegs, weil es sich um viele Dauerparker handle. Es müssten endlich Konzepte her, wie Menschen auf das Auto verzichten können.

    Antrag abgelehnt.

    TOP 5.2 Baumfällungen am Eppendorfer Baum

    TOP 5.4 Lösung für die Haynstraße finden

    Bohlen: Bei der letzten Sitzung waren Anwohner vor Ort, die über die Situation in der Haynstraße berichteten. Man müsse nun eine Lösung finden.

    Domres: Die Polizei habe das bei der letzten Sitzung schon zugesagt.

    Einstimmig angenommen.

    TOP 5.3 Der Parkplatznot entgegenwirken: Neue Parkplätze, Stellplätze und Parkzonen vor Gewerbebetrieben in Eppendorf und Winterhude schaffen! Antrag der CDU-Fraktion

    Ploß: Es wären allein in Winterhude binnen eines Jahres mehrere hundert Parkplätze vernichtet worden, zumal an der Alster noch 200 weitere Parkplätze vernichtet werden sollen. Als CDU wolle man für die Sicherheit von Autofahrern garantieren, weil man vom Parkplatz nach Hause zwanzig Minuten laufen müsse. Es wäre auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, schließlich wäre Autofahren irgendwann nur noch für Wohlhabende möglich. Im CDU-Antrag habe man einige Punkte und Forderungen ausgelastet, mit dem mehr Parkraum geschaffen werden soll. Nach dem Züricher Modell wolle man gerne unterirdischen Parkraum schaffen.

    Domres: Im Gegensatz zur CDU habe man den Züricher Versuch nicht nur gelesen, sondern auch zuende gelesen. Man habe darum einen eigenen Antrag verfasst, so dass oberirdisch Parkplätze abgebaut und unterirdisch eigenwirtschaftlich hergestellt werden. Das könne allerdings ein teurer Spaß werden, ein Tiefgaragenstellplatz koste bis zu 35.000 Euro.

    Man habe in Eppendorf mehrere tausend Tiefgaragenparkplätze geschaffen, nach dem CDU-Antrag müsse man nun erstmal oberirdisch Stellplätze abräumen. Man freue sich, die CDU diesem Antrag zustimmen könne.

    Abgeordneter von Rotgrün: Man habe überhaupt nicht vor Parkplätze zu vernichten. Tiefgaragen könnten gerne in privater Initiative hergestellt werden. Momentan wären die Tiefgaragen in Winterhude nicht ausgelastet. Man werde aber die Schaffung von Parkraum auf privater Initiative wohlwollend begleiten.

    Haas: Man werde keinem Antrag zustimmen, der weitere Parkplätze schafft, weil weitere Parkplätze weitere Autos bedeuten. Man könne nur Punkt 1, der Schaffung neuen Lebensraumes in Hamburg, zustimmen, Punkt 2 nicht, das hielte man für unrealistisch. Auf gar keinen Fall mehr Parkplätze oder mehr Tiefgaragen.

    Ploß: Kritisiert den Antrag der SPD, der undefinierte Phrasen verwende. Der Antrag wäre für eine Regierungskoalition sehr, sehr dünn.

    Wiedemann: Kritisiert Ploß, dass er das Züricher Modell nicht richtig verstanden habe.

    Bürger schlägt solche Fahrstuhlparkplätze wie in der Autostadt Wolfsburg vor.

    Imhof: „Mit Blick auf die Uhr, Herr Ploß, wollen Sie noch etwas konstruktives beitragen?“

    Ploß: Man müsse erstmal neue Parkplätze schaffen, um der Parkplatzvernichtung entgegenzuwirken.

    Antrag der SPD angenommen.

    Ende um 22.06 Uhr.

  • Bürger wäre auf sein Auto angewiesen und müsse irgendwo parken. Er könne nicht mit dem Rad zur Arbeit fahren, aber er müsse seine „blöde Kiste“ nunmal irgendwo parken. HVV wäre zu teuer, Carsharing hat sich nunmal noch nicht durchgesetzt. Mit seinem privaten Auto verdiene er Geld und zahle Steuern. Das Auto wäre aber kein Privatvergnügen.

    ...


    Schulz: Bei der Diskussion würden immer wieder ganz besondere Einzelfälle hervorgehoben, etwa die Krankenschwester, die um fünf Uhr am anderen Ende der Stadt arbeitet. Das Auto war jahrzehntelang der Primat in der Stadt, e

    ad 1: Der HVV sei zu teuer? 1.000 Euro im Jahr für ganz Hamburg, rund um die Uhr? Ah, verstehe, wenn man sich ein Auto für 4.000 Euro im Jahr leistet, nur um zur Arbeit zu kommen, dann ist der HVV zu teuer ...

    ad2: Hat Schulz wirklich "der Primat" gesagt? "Der" Primat ist der Typ hinterm Lenkrad, der Dich vom Rad holen will. Gemeint wäre "das Primat". ;)