So, mal wieder ein flauschiger Schriftwechsel mit einer der Straßenverkehrsbehörden (StVB) dieser sch... önen Stadt.
Vorweg:
Ich persönlich finde Radfahrstreifen grundsätzlich gut. Gibt ein paar negative Aspekte wie
- Reinigung/Sauberkeit/Fahrbarkeit
- Falschparkermagnet
- Umfahrungsgelegenheit für Autofahrer, wenn vor ihnen auf der Fahrbahn jemand links abbiegen möchte und den Gegenverkehr abwartet
Bis auf den letzten Punkt sind das grundsätzlich auch Hochbordradweg-Probleme, soll aber hier auch nicht Thema sein.
Es geht - wie im Titel schon angedeutet - um Arbeitsstellen aka "Baustellen" und Radfahrstreifen.
Bei Hochbordradwegen macht es sich die StVB in aller Regel recht einfach.
Ist der Radweg B-pflichtig, kommt einfach hin und Radfahrer und Fußgänger dürfen sich die Restflächen teilen.
Ist der Radweg nicht B-pflichtig, kommt oft dennoch hin, nach rumnörgeln oder idealerweise direkt von Beginn an doch nur +
Die StVB ist hier in jedem Falle "fein raus", die Arbeitsstelle ist einfach zu beschildern.
Hamburg bekommt nun zunehmend Radfahrstreifen spendiert.
Arbeitsstellen wird es natürlich weiterhin geben. Die Frage ist jetzt, wie man die beschildert, um für alle Verkehrsteilnehmern eine sichere und gleichberechtige Fahrt zu gewährleisten.
Ich habe hier (rückblickend) bemerkt, dass meine Eingangsfrage falsch ist. Um die Gleichberechtigung muss man sich nämlich keine Gedanken machen, wenn vorhandene Kräfteverhältnisse auch bei Arbeitsstelleneinrichtung zementiert werden.
Ursprung meiner ganzen Überlegungen ist eine Arbeitsstelle in der Ritterstraße in Hamburg Wandsbek.
Die Ritterstraße ist eine Verbindungsstraße zwischen den 2 Ein- und Ausfallstraßen Wandsbeker Chaussee und Sievekingsallee im Hamburger Osten.
In der Rushhour kommt es an den Ampeln teilweise zu langen Rückstaus, dass Autofahrer hier gerne 2 Ampelumläufe benötigen, um über die Kreuzung zu kommen.
Da sind die Radfahrstreifen schon ganz nett. Wer übrigens mal auf die ewige Litanei, Hamburg hätte keine grüne Welle, etwas erwidern will: hier gibt es sie, die grüne Welle. Liegt bei 24km/h
Wie dem auch sei: seit einer Woche dort Baustelle. Mit Fahrbahnverengung.
In Fahrtrichtung Norden:
Man erkennt es in der Vorschau nicht sooo gut: rechts der Radfahrstreifen endet. In einer Arbeitsstelle. Gut, man hat noch Warnbaken aufgestellt.
Wo der Radfahrer weiterfahren soll, ist klar: Fahrbahn.
Wie gelangt er dort hin: Über den Breitstrich fahren.
Problem: es gilt §10 StVO
ZitatWer [...] von anderen Straßenteilen oder [...] auf die Fahrbahn einfahren [...] will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Die Absicht einzufahren oder anzufahren ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Dort, wo eine Klarstellung notwendig ist, kann Zeichen 205 stehen.
Konsequenz: anhalten, sich versichern, dass von hinten niemand auf der Fahrbahn ankommt, dann auf die Fahrbahn wechseln.
Das finde ich doof. Jajaja, als Radfahrer muss man auch mal zurückstecken, hat kein Anrecht auf durchgehende Vorfahrt, muss sich anpassen, vorausschauend fahren, mitdenken, auch mal zurückstecken, auch mal absteigen, zur Not zu Fuß gehen... usw.
In die Gegenrichtung sieht das ungleich netter aus.
So sieht das in StreetView noch 2009 aus klick
Radfahrstreifen, der auf der Kreuzung als unterbrochener Breitstrich als Furt aufgemalt ist. leicht ausgestellt zum Rande hin, damit die Autofahrer rein theoretisch noch rechts an den Linksabbiegern vorbeifahren können.
und so sieht das mit einer Baustelle aus:
Mal bitte groß klicken.
Was sehe ich?
die Furt über die Kreuzung ist weiterhin vorhanden.
hinter der Kreuzung ist der Breitstrich ausgekreuzt mit gelber Markierung. Das sehe ich als Radfahrer ungefähr ab Mitte der Kreuzung.
Ein Verkehrszeichen "Achtung Radfahrer (von rechts)"
ein Verkehrszeichen "empfohlene Richtgeschwindigkeit etwas unter 50" (eigentlich 30km/h max)
ein Verkehrszeichen "Spurverengung von links, rechts bleibts"
und natürlich: "Gehweg, Radfahrer frei"
was passiert jetzt wohl?
erst das:
(groß klicken!)
Tjohohoho. ich bin wirklich kein Kind von Traurigkeit und fahre durchaus "offensiv", was Spurwahl, Vorrang etc anbelangt. Hier habe ich mich mal an die Furtmarkierung gehalten, bin ihr gefolgt. Mit dem Ergebnis da.
Die Gelegenheit hab ich dann mal genutzt, um die zuständige StVB anzuschreiben:
Zitat von DMHHAlles anzeigenSehr geehrte Damen und Herren,
[Beschreibung der Örtlichkeit und Situation]
In Fahrtrichtung Nord, etwa in Höhe der Hausnummer 65, erwartet mich als Radfahrer ein in der Arbeitsstelle endender Radfahrstreifen. Unter Berücksichtigung §10 StVO genieße ich hier absoluten Nachrang gegenüber allen Verkehrsteilnehmern auf der Fahrbahn. Unschön. (Siehe Bild 04)
Viel interessanter gestaltet sich die Fahrt in Richtung Süden. Von der Wandsbeker Chaussee kommend fahre ich auf dem Radfahrstreifen. An der Kreuzung Papenstraße ist dieser Radfahrstreifen als Furt im Kreuzungsbereich durchmarkiert.
Ich folge dieser Furt.
In Bild01 erkennt man, wie sich die Situation für mich darstellt.
Der Radfahrstreifen ist mit Gelbmarkierung nach der Kreuzung aufgehoben. Erkennbarkeit aus der Fahrradperspektive? Mangelhaft. Hinweis darauf? ich erkenne keinen.
Die Dame im Bild01 kennt die Stelle wohl schon und zieht hier das Gehwegradeln vor. Sogar erlaubt.
Hoffentlich schlägt sie sich ihren Kopf nicht am deutlich zu tief hängenden VZ138-10 an! Oder die Knie am VZ.274-53 und Schulter am VZ.120-20...Ich hingegen möchte nicht auf Gehwegen radfahren. Ich möchte weiter geradeaus.
Der Fahrer des KFZ hinter/neben mir möchte das auch.
Und hier wird es interessant. In Bild02 lässt sich bereits erahnen, was hier vermutlich gleich passieren wird.
In Bild03 erkennt man, wie knapp das gerade war. Der rechte Außenspiegel hat meinen Oberarm nur knapp verfehlt.
Das aufgestellte VZ.120-20 in Verbindung mit dem "Auslaufen" der Furtmarkierung ordnen in meinen Augen keinen Halt, keinen Nachrang des Radverkehrs an.
Liege ich hier falsch?
Wie genau stellt sich die StVB als anordnende Stelle die Fahrbeziehungen an dieser Stelle vor?
Radfahrer auf der Kreuzung auf der Furt anhalten? Autofahrer durchlassen?
Reißverschlussprinzip?
Ich bitte um kurze Rückmeldung.mit freundlichen Grüßen
[DMHH]
StVB antwortet auch umgehend:
Zitat von StVBAlles anzeigenSehr geehrter [DMHH],
[Danke für ihr Schreiben]
in Bezug Fahrtrichtung Norden:
Ihre Formulierung : „In Fahrtrichtung Nord, etwa in Höhe der Hausnummer 65, erwartet mich als Radfahrer ein in der Arbeitsstelle endender Radfahrstreifen. Unter Berücksichtigung §10 StVO genieße ich hier absoluten Nachrang gegenüber allen Verkehrsteilnehmern auf der Fahrbahn. Unschön. (Siehe Bild 04)“
Ihre Formulierung ist korrekt und leider sah das PK 31 keine andere Möglichkeit, als den Radverkehr zusammen mit dem Kfz-Verkehr im Mischverkehr an der Arbeitsstelle vorbeizuführen. Die verbliebene Straßenbreite gab leider eine getrennte Rad- und Kfz-Verkehrsführung in Höhe der Arbeitsstelle nicht her und der Radfahrer hat sich in Höhe des gesperrten Radfahrstreifens nachrangig zum Kfz-Verkehr einzuordnen.in Bezug Fahrtrichtung Süden:
Für die Fahrtrichtung Süden war seitens der Straßenverkehrsbehörde angedacht, dass sich Kfz- und Radverkehr im Reißverschlussverfahren und unter Berücksichtigung des anderen Verkehrsteilnehmer einordnen. Gemäß Ihrer glaubhaften Darstellung zeigt sich in der Praxis, dass sich unsere gutgemeinte Verfahrensweise des Reißverschlussverfahrens als pure Theorie erweist, weil einige Kfz-Führer einfach nicht zulassen, dass der Radverkehr sich zusammen mit dem Kfz-Verkehr in den Mischverkehr einordnet.
Aufgrund der teilweisen mangelhaften Rücksichtnahme einzelner Kfz-Führer gegenüber dem schwächeren Radfahrer und um dieses gegebenenfalls unfallträchtige Reißverschlussverfahren unmittelbar hinter dem Knoten zu beseitigen, ist auf gestriger Anordnung des PK 31 der Radfahrstreifen bereits vor dem Knoten gesperrt worden und der Radverkehr hat sich ebenfalls nachrangig gegenüber dem Kfz-Verkehr in den Fahrstreifen einzuordnen, um dann hintereinander geordnet mit dem Kfz-Verkehr einstreifig über den Knoten zu fahren. Auch diese Verkehrsführung ist nicht optimal, aber leider lässt aufgrund der Baustelle die geringe Straßenbreite auch in Fahrtrichtung Süden im Fahrbahnbereich nur eine Kfz-und Radverkehrsführung im Mischverkehr zu.Die vorgenannte Radfahrstreifensperrung in Höhe der Ritterstraße 40-42 ist nach Angaben der Absperrfirma bereits baulich vor Ort umgesetzt worden.
Die Absperrfirma ist des weiteren gestern darauf hingewiesen worden, die Schilderunterkanten-Mindesthöhe der Verkehrszeichen gemäß der Richtlinie unverzüglich umzusetzen.
[DMHH], ich hoffe, ich konnte Ihnen mit den vorstehenden Anmerkungen behilflich sein.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.[StVB-Mitarbeiter]
liest sich einfühlend.
Es war gar nicht meine Absicht, hier auf die Tränendrüse zu drücken.
Aber das Ergebnis meiner e-Mail: Situation ist scheiße, einige Autofahrer halten sich nicht an Regeln, dann machen wir es eben eindeutig.
Naja. Also eindeutig ist die Situation jetzt.
Wenn man als Radfahrer bei roter Ampel ankommt, stellt man sich zwischen 2 Autos auf die Fahrbahn. ok.
Kommt man bei grüner Ampel an, heißt es anhalten, warten, Verkehr abpassen. In den meisten Fällen ist die Ampel dann rot. Also kann man sich dann zwischen 2 Autos stellen.
Das Gehwegradeln endet weiter hinten vor der Schule übrigens so:
wie man hier auf den Radfahrstreifen kommt, wenn an der Stelle ein Auto parkt, weiß ich aber auch nicht
Fazit:
die geschaffene Lösung ist rein rechtlich jetzt eindeutig.
Warten, Verkehr durchlassen, dann wechsel auf die Fahrbahn.
Ist aber nicht weit von "Falschparker auf Radfahrstreifen" weg, nicht wahr?
Wie sähe eine Lösung aus, die Radfahrer nicht derart benachteiligt?
Mir schwebt da vor, dass aus dem Radfahrstreifen im Verlauf auf die Baustelle ein Schutzstreifen wird.
Dieser bewirkt, dass beide Verkehrsteilnehmer (Fahrrad, Auto) auf der selben Fahrbahn, der selben Fahrspur unterwegs sind und hier das Reißverschlussprinzip gilt.
In der ersten Version der Verkehrsführung auf der Kreuzung sehe ich das Reißverschlussprinzip nämlich nicht als zwingend logisch.
Aber mir ist klar, dass man wegen einer Arbeitsstelle nicht auf 300m die Markierungen für den Radfahrstreifen wegfräsen und durch Schutzstreifenmarkierung ersetzen kann, auch nicht über Gelbmarkierung. das wird nichts.
Gibt es verbindliche Vorschriften, wie so eine Arbeiststelleneinrichtung in Fällen mit Radfahrstreifen auszusehen hat?