Tödlicher Unfall in München

  • Die Aussage "Alle kennen §2" war ironisch gemeint. Unter anderem auch wegen der gezeigten Situation aus dem Video.

    Ich habe es nochmal aufbereitet.

    Vielen Dank für die Aufbereitung mit dem gelben Pfeil. Das Schild [Zeichen 240] habe ich glatt übersehen auf dem Standbild aus dem Film. Ca. eine halbe Minute vor der Szene gibt es eine andere Szene da endet der rot markierte Streifen auf dem Bürgersteig. Da sagt die Fahrradfahrerin das erste Mal, der Fahrradweg würde enden. Vielleicht endet dort aber auch nur ein Angebots-Radweg? Das wird nicht deutlich, oder habe ich da auch was übersehen?

    Es ist zwar einerseits richtig, dass die Fahrradfahrerin in dem Film sagt, der Fahrradweg würde enden. Aber warum fährt sie dann dort weiter. Für jemanden, der den Film sieht und nicht so genau mit Kennerblick das Schild gemeinsamer Geh- und Radweg entdeckt, entsteht der Eindruck, der Radweg ende zwar (an der Stelle schon zum zweiten Mal), aber es sei erlaubt, dann auf dem Bürgersteig weiter zu fahren. Das wird natürlich vielfach so gemacht, aber sollte es nicht trotzdem anders angesprochen werden? Das wiederum funktioniert nicht, weil viele Fahrradfahrer sich eher dem Fußverkehr zugehörig fühlen als dem Autoverkehr.

  • Es ist zwar einerseits richtig, dass die Fahrradfahrerin in dem Film sagt, der Fahrradweg würde enden. Aber warum fährt sie dann dort weiter. Für jemanden, der den Film sieht und nicht so genau mit Kennerblick das Schild gemeinsamer Geh- und Radweg entdeckt, entsteht der Eindruck, der Radweg ende zwar (an der Stelle schon zum zweiten Mal), aber es sei erlaubt, dann auf dem Bürgersteig weiter zu fahren. Das wird natürlich vielfach so gemacht, aber sollte es nicht trotzdem anders angesprochen werden?

    Ja, das meinte ich. §2 kennt eigentlich keine Sau. Obwohl die Radfahrerin in dem Video glaubt, dass der Radweg endet, fährt sie auf dem Gehweg weiter. Offiziell ist der Gehweg zwar per [Zeichen 240] ein gemeinsamer Geh- und "Radweg", aber er sieht nicht danach aus: Nicht mehr rot und irgendwie fällt es der Dame wohl selbst auf, dass es dort nicht mehr so recht funktioniert, mit dem Fahrrad durch den Wartebereich der Haltestelle zu fahren. Trotzdem kommt sie aber auch nicht auf die Idee, am gefühlten Ende eines Radweges auf der Fahrbahn weiter zu fahren.

    Wir dürfen uns nichts vormachen: Auch wenn diese Regeln ganz weit vorne in der StVO stehen, sind sie großen Teilen der Verkehrsteilnehmer unbekannt. Das gilt für RRAAAADWEEEEG!!!!!11elf brüllende Autofahrer genauso wie für Radfahrer (und vermutlich noch mehr für Radfahrerinnen), die gar nicht auf die Idee kommen, mit dem FAHRrad auf der FAHRbahn zu FAHRen, wenn es sich nicht um eine völlig bedeutungslose Nebenstraße handelt, wo sie weit und breit alleine sind.

    Für die Dame in dem Video endet der Radweg, weil das Pflaster nicht mehr rot ist. Dass dort ein Verkehrszeichen hängt, hat sie (und auch ihre Redaktion) wohl nicht mitbekommen.

    Es ist auch Radfahreralltag, dass man ständig mit Verkehrsregeln konfrontiert ist, die es gar nicht geben dürfte, oder die gar nicht zu befolgen sind. In diesem Forum kennen die meisten die Regeln recht genau und wissen das einzuschätzen. Um auf den Unfall in München zurück zu kommen, behaupte ich aber mal, dass die verunglückte Radfahrerin eben nicht in bösartigem Vorsatz gehandelt hat, sondern weil sie vielleicht einfach nicht verstanden hat, wie sie sich korrekt hätte verhalten müssen, oder weil für sie das regelkonforme Verhalten mit erheblichen Umwegen und Wartezeiten verbunden gewesen wäre. Dies einfach mit "selbst schuld" zu kommentieren und ihr Fehlverhalten als gravierender einzustufen als mit einem LKW aus einer Fußgängerzone abzubiegen, ohne sich wirklich vergewissert zu haben, dabei niemanden zu gefährden, finde ich schon reichlich zynisch.

    In Stade gibt es auf den "Radwegen" eine Geisterradlerquote von ca. 50%. Und zwar nicht, weil es nur auf einer Seite einen "Radweg" gibt, oder wo es einen erheblichen Nachteil bedeuten würde, auf der richtigen Seite zu fahren, sondern quasi völlig zufällig immer und überall. Die meisten von denen wissen gar nicht, dass das nicht korrekt ist und erst recht wissen die nicht, dass das gefährlich ist. Die haben gelernt, dass man mit dem Fahrrad auf dem "Radweg" fahren soll, mehr nicht. Und mehr hat auch die Verkehrsbehörde und die hiesige Polizei niemals interessiert: Hauptsache, die Fahrrad-Asis sind aus dem Weg und stören nicht den richtigen Verkehr. Dass viele Radfahrer sich eher dem Fußgängerverkehr zugehörig fühlen, liegt auch daran, dass man Radfahrer immer noch behandelt wie Fußgänger auf Rädern.

    Sicherlich ist München in dieser Hinsicht schon ein ganzes Stück weiter als z.B. Stade, aber ich sehe Geisterradler nicht vornehmlich als Täter, sondern als Opfer einer über Jahrzehnte verkorksten und einseitig auf den Autoverkehr ausgerichteten Verkehrsplanung.

  • Ja, das meinte ich. §2 kennt eigentlich keine Sau. Obwohl die Radfahrerin in dem Video glaubt, dass der Radweg endet, fährt sie auf dem Gehweg weiter. Offiziell ist der Gehweg zwar per [Zeichen 240] ein gemeinsamer Geh- und "Radweg", aber er sieht nicht danach aus: Nicht mehr rot und irgendwie fällt es der Dame wohl selbst auf, dass es dort nicht mehr so recht funktioniert, mit dem Fahrrad durch den Wartebereich der Haltestelle zu fahren. Trotzdem kommt sie aber auch nicht auf die Idee, am gefühlten Ende eines Radweges auf der Fahrbahn weiter zu fahren.

    Vielen Dank noch mal für die genaue Filmbetrachtung.

    Allerdings könnte ich mir auch vorstellen, dass die Fahrradfahrerin und Hauptperson in dem Film und das Filmteam sehr wohl das Verkehrsschild Gemeinsamer Geh- und Radweg erkannt und wahrgenommen hatten.

    Die Fahrradfahrerin ruft ja aus: Der Radweg ist schon wieder zu Ende, schon zum zweiten Mal. Ganz formal betrachtet kann man das auch so bewerten, dass sie damit meint, der Fahrradweg ist zu Ende und jetzt beginnt ein Gemeinsamer Geh- und Radweg.

    Aber wie dem auch sei, das Hauptproblem besteht ja wohl darin, dass vielen Fahrradfahrerinnen selbst ein handtuchschmaler Radweg lieber ist als gar kein Radweg, oder auch ein Gemeinsamer Geh- und Radweg lieber ist, als auf der Fahrbahn zu fahren. Da ist es doch schon ein Erfolg, wenn der Film vermittelt, dass Fahrradfahrer*innen nicht so ohne weiteres sich jede schlechte Fahrradinfrastruktur gefallen lassen sollen.

    Das mit der Bushaltestelle halte ich jetzt für weniger relevant, sie fährt zwar durch den Bushaltestellenbereich, aber denkt sich nichts dabei, weil der Bus ja gerade erst dabei ist die Bushaltestelle anzufahren, während sie bereits den Bushaltestellen-Bereich befährt. Dabei ist das eigentlich auch schon ein gefährlicher Moment, weil plötzlich Leute nach vorn Richtung Bürgersteigkante gehen könnten.

    Ich vermute, wenn wer einen halbstündigen oder Dreiviertel-stündigen Film zum Thema Infrastruktur für Fahrradfahrer*innen dreht, der sich an ein breites Publikum ohne große Vorkenntnisse richtet, dann sind die Vorzüge des Fahrbahn-Fahrradfahrens höchsten ganz ansatzweise vermittelbar. Denn es ist letztlich ein Thema mit sehr vielen Aspekten.

    Ab wann (Verkehrsdichte, Tempo des KFZ-Verkehrs, Anzahl Fahrspuren) ist ein Radweg angesagt, bzw. unter welchen Umständen das Fahrbahnfahren von Vorteil. Was ist mit Tempo-30-Zonen? Ist es richtig grundsätzlich keine Fahrradwege in Tempo-30-Zonen anzubieten? Aber wie ist das dann mit Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen? Wie kommt es zu den Tempo-30-Abschnitten vor Krankenhäusern. Kitas, Schulen usw.? Und sollte da nicht besser durchgängig Tempo 30 innerorts gelten? Aber braucht man dann noch Fahrradwege?

    Wie ist die Gefahr von Abbiegeunfällen zu bewerten. Die Gefahr kann durch richtiges Fahrbahnradeln vermindert werden, und das ist erlernbar, aber durchaus kein selbstverständlicher Selbstläufer. Auf die Gefahr durch so genannte Fahrradweichen wurde hingewiesen in dem Film. Trotzdem haben sie auch Vorteile. Ebenso wie eine Fahrrad-Doppelinfrastruktur Vorteile haben kann. Darauf wurde leider an keiner Stelle hingewiesen. Schade. Aber auch das würde eine 3/4-stündige Sendung überfrachten.

  • ich sehe Geisterradler nicht vornehmlich als Täter, sondern als Opfer einer über Jahrzehnte verkorksten und einseitig auf den Autoverkehr ausgerichteten Verkehrsplanung.

    Weil ja weiter oben gesagt wurde, dass hier im Forum der LKW-Unfallfahrer wenig Sympathien genießen dürfte: So ein Unfall ist auch für den LKW-Fahrer eine wirklich furchtbare Sache, die man nicht einfach wegsteckt. So gesehen ist auch der LKW-Fahrer Opfer der "über Jahrzehnte verkorksten und einseitig auf den Autoverkehr ausgerichteten Verkehrsplanung". Diese führt zu der falschen, aber weitverbreiteten Haltung, dass man nicht so genau gucken muss, denn die anderen (Radfahrer, Fußgänger) werden schon aufpassen und sind im Zweifel auch noch Schuld an einem Unfall.

  • Weil ja weiter oben gesagt wurde, dass hier im Forum der LKW-Unfallfahrer wenig Sympathien genießen dürfte: So ein Unfall ist auch für den LKW-Fahrer eine wirklich furchtbare Sache, die man nicht einfach wegsteckt. So gesehen ist auch der LKW-Fahrer Opfer der "über Jahrzehnte verkorksten und einseitig auf den Autoverkehr ausgerichteten Verkehrsplanung". Diese führt zu der falschen, aber weitverbreiteten Haltung, dass man nicht so genau gucken muss, denn die anderen (Radfahrer, Fußgänger) werden schon aufpassen und sind im Zweifel auch noch Schuld an einem Unfall.

    Guter Gedanke. Denn dann stehen zwei Opfer denjenigen gegenüber, die verantwortlich für die "über Jahrzehnte verkorksten und einseitig auf den Autoverkehr ausgerichteten Verkehrsplanung" sind. Ich wette, dieser Gedanke spielt bei der rechtlichen Analyse eines Unfalls nie eine Rolle. Man schaut nur, welche Schilder da stehen, und schon ist alles klar.

    Lt. Gesetz ist m.W. die Behörde nicht nur verpflichtet, allen Fahrzeugen die gemeinsame Benutzung der Fahrbahn zu ermöglichen, sondern auch, dass dies mit der größtmöglichen Sicherheit und ohne Gefährdung stattfinden kann.

    So wie wir das handhaben, wird die Schuld einfach zwischen den Unfall-Beteiligten "aufgeteilt". Täglich tausend mal. Klar, dass da nix passiert.

  • Für die Dame in dem Video endet der Radweg, weil das Pflaster nicht mehr rot ist. Dass dort ein Verkehrszeichen hängt, hat sie (und auch ihre Redaktion) wohl nicht mitbekommen.

    Ich habe den Film gestern durch den Hinweis in einem anderen Forum meiner Fahrradblase gesehen und das Schild auch nicht gesehen.

    Wie wäre es in der Realität gewesen? Hätte ich das Schild gesehen? Und wenn ja? Ich will ehrlich sein, da ich mittlerweile regelkonformes Fahren (wieder) aufgegeben habe: Ich hätte geschaut, wo es am schnellsten und gleichzeitig sicher für die anderen und mich weitergeht. Dort hätte ich meine Fahrt forgesetzt.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Ich hätte geschaut, wo es am schnellsten und gleichzeitig sicher für die anderen und mich weitergeht. Dort hätte ich meine Fahrt forgesetzt.

    Aber du hättest darüber keinen Film gedreht und darin behauptet, dass der "Radweg" einfach endet. Und falls doch, hättest du dir das Video vorher selbst noch einmal angeschaut und geprüft, ob diese Aussage an der gezeigten Stelle wirklich stimmt. Vielleicht hättest du in einem solchen Film gesagt, dass der getrennte Geh- und Radweg endet und in einen gemeinsamen Geh- und Radweg übergeht, der mitten durch den Wartebereich einer Haltestelle führt und dass sowas Murks ist, oder dass man als Radfahrer an jeder Kreuzung neu danach suchen muss, wie es anschließend weitergeht.

  • Fahrradverkehr im Bereich von Bushaltestellen - leider kein Einzelfall. Auch reine Hochbordfahrradwege werden oft direkt an den Omnibustüren entlanggeführt.

    Selbst dann, wenn wie in dem gezeigten Beispiel aus München genug Platz wäre um den Fahrradweg in einem weiten Schwenk um den unmittelbaren Ausstiegsbereich herum zu führen.

    Zu der von Yeti ausgewählten Szene aus dem Film mit Beispielen aus Hamburg: Die Aussage, "der Radweg endet hier", ist doch richtig. Denn er endet tatsächlich. Allerdings wird er als Gemeinsamer Fuß- und Radweg fortgesetzt. Dieser Hinweis wird nicht gegeben. Das ist aber meines Erachtens nur von geringer Bedeutung. Auch in dem Fall, dass dort kein Gemeinsamer Fuß- und Radweg als Fortsetzung ausgeschildert wäre, würden dort vermutlich rund 90% der Fahrradfahrer*innen ihre Fahrt auf dem Hochbord fortsetzen, einfach deshalb, weil es für sehr viele Fahrradfahrer*innen gefühlt dort weitergehen müsste für Fahrradverkehr.

    Dass der Gemeinsame Fuß- und Radweg mitten durch den Wartebereich einer Haltestelle führt ist problematisch, aber bei weitem kein Einzelfall. Auch reine Hochbordradwege [Zeichen 237] führen leider häufig direkt durch den Omnibus-Ausstiegsbereich. Und dass sowas Murks ist, ist ebenfalls richtig, aber in dem Film geht es ja auch nicht um die optimal gestaltete Radverkehrsinfrastruktur im Bereich von Omnibushaltestellen.