Die Grenzen des Wachstums

  • Sind die Grenzen des Wachstums im MIV (Motorisierten Individualverkehr) erreicht?

    "Saudi-Arabien plant eine Ökostadt »mit null Autos, null Straßen und null CO2-Emissionen«. Kronprinz Mohammed bin Salman präsentierte das Projekt namens »The Line« im staatlichen Fernsehen. Demnach sollen in der Stadt eine Million Menschen leben. »The Line« ist Teil des umstrittenen 500-Milliarden-Dollar-Projekts Neom am Rande des Roten Meeres, das der Kronprinz im Herbst 2017 vorgestellt hatte."

    Spiegel vom 11.1.2021

    https://www.spiegel.de/auto/saudi-ara…fc-d2961815384e

    Auch wenn dieses Projekt längst nicht alle seine ökologisch innovativen und nachhaltigen Versprechungen halten kann. Und auch wenn es vermutlich vor allem als PR-Aktion einer despotischen Regierung dient, auf jeden Fall bietet es Raum für reichlich Spekulationen. Dabei sollte jedoch immer der Hintergrund mitgedacht werden: "Im Demokratieindex 2019 der britischen Zeitschrift The Economist belegt Saudi-Arabien Platz 159 von 167 Ländern und gehört damit zu den autoritär regierten Staaten."

    Und um hier von vornherein keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Nein, das ist kein grünes Projekt. Aber es ist nicht zu übersehen, dass sich da wer mit "grünen Federn" schmücken will: "Das Projekt betont den einzigartigen Ansatz, den NEOM für die Städteplanung im 21. Jahrhundert mitbringt. Menschen und Natur erobern die Flächen zurück, die einst von Autos und vollgestopften Straßen eingenommen wurden, und zwar durch eine Infrastruktur, die im Einklang mit der Umwelt arbeitet und Momente der Schönheit und Ruhe schafft."

    Zitat aus der Internetseite des Projektes:

    https://www.neom.com/the-line.html

    Was ist also dran am Projekt "The Line", einer 170 km langen Stadt, die sich in viele kleine Zentren gliedert, die alle an einer 170 km langen Hauptverkehrsachse liegen? Besonders im Hinblick darauf, dass den Grünen gerne unterstellt wird, sie strebten eine Öko-Diktatur an, lohnt es sich, den wirklichen Diktatoren, genau auf die Finger zu schauen, wenn sie die immensen Einnahmen aus dem Erdöl-Geschäft für angeblich ökologische und nachhaltigen Innovationen investieren.

  • Das Konzept mag interessant klingen, in der Praxis sind die Wege jedoch unnötig lang.

    och, also so negativ seh ich das mit den Wegen nicht.

    Auch eine "normale" Stadt hat eigentlich das Ziel, Wegstrecken möglichst kurz zu halten.

    Und wenn so eine Linie die Aneinanderreihung vieler Subzentren ist, dann läuft das doch super.

    Der Supermarkt ist um die Ecke. Der Feinkostladen etwas weiter weg. Und für's KDW steigt man in die Bahn und fährt hin.

    Arzt? Allgemeinmediziner ist um die Ecke, Spezialist etwas weiter weg. Und fürs Uniklinikum steigt man in die Bahn und fährt hin.

    Gleichzeitig wohnt in so einer Stadt jeder irgendwie dicht am Stadtrand und gleichzeitig urban.

    Auf dem Papier klingt das recht nachhaltig. Zumindest wenn man den Vergleich zu hiesigen Siedlungsstrukturen anschaut: Da schafft die Zersiedlung auch nicht gerade ökologische Strukturen. Für "die Natur" wäre es vermutlich sinnvoller, wenn die Menschheit sich in extremen Ballungsräumen stapeln würde, dafür aber im Gegenzug ganze Landstriche, die jetzt mit Infrastruktur zerschnitten sind, wieder weitestgehend an die Natur zurückgibt und vllt. extensive Waldwirtschaft betreibt oder Ackerbau in relativer Insellage.

  • Aber Du hast dort dann keine Querverbindungen. Gerade wenn Du Freunde oder ein anderes bestimmtes Ziel hast bist Du auf nur diese eine Linie angewiesen. Und die Nähe zum Stadtrand ist bei uns vielleicht erstrebenswert, wenn man gerne "raus in die Natur" möchte aber dort ist ja nichts anderes als Wüste. Einziger "Magnet" die Küste. Aber die muss dann irgendwie erreichbar sein. Und die wäre ja wohl nur an einzelnen Stellen tangiert.

  • ja, eine Linie. kein Umsteigen. nur entscheiden: "diese Richtung" oder "jene Richtung". und dann unterschiedlich lange sitzen bleiben.

    kein verpasster Anschluss (außer es gibt expresslinien).

    "Stadtrand" kann bei höheren Gebäuden auch "Aussicht" im Sinne von "weit" heissen. Das ist nämlich etwas, das mich bei Städten in der Ebene wirklich irgendwie stört. Da sitzt du in einem Mehrfamilienhaus, das eigentlich total super ist - und gegenüber steht die nächste befensterte Wand. Außer am Stadtrand - da kann man weiter gucken :)

  • Es muss Expresslinien und mehrere parallele Bahnlinien geben. Bei 170km und 1 Haltestelle pro km wären das ja 170 Haltestellen. Und irgendwo bleibt ein Zug liegen oder ist die Weiche defekt und das mit Schienenersatzverkehr wird dann auch schwierig...

  • Aber Du hast dort dann keine Querverbindungen. Gerade wenn Du Freunde oder ein anderes bestimmtes Ziel hast bist Du auf nur diese eine Linie angewiesen. Und die Nähe zum Stadtrand ist bei uns vielleicht erstrebenswert, wenn man gerne "raus in die Natur" möchte aber dort ist ja nichts anderes als Wüste. Einziger "Magnet" die Küste. Aber die muss dann irgendwie erreichbar sein. Und die wäre ja wohl nur an einzelnen Stellen tangiert.

    "Fliegende Taxis ersetzen Autos, Supermärkte werden durch Drohnenlieferungen überflüssig: Die saudi-arabische Retortenstadt Neom soll eine geplante Hightech- und Öko-Metropole werden – und ist ein Prestigeprojekt des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman."

    https://www.forbes.at/artikel/neom-neue-zukunft.html

    Nach dem was ich bisher darüber gelesen habe handelt es sich bei "Neom" und "The Line" um dasselbe Projekt. Wenn es zutrifft, was das Wirtschaftsmagazin Forbes darüber schreibt, dann stellt sich die Frage, wozu es in der Zukunftsstadt Neom "Flugtaxis" braucht und Drohnenlieferungen.

    Es gibt doch ein unterirdisches Verkehrsnetz inklusive Schnellbahnen. Wozu dann Flugtaxis?

    Und wozu sollen die Lebensmittel, die ich zu hause verzehre, mit einer Drohne angeliefert werden? Die nächsten Einkaufsmöglichkeiten sind doch nur wenige Gehminuten von meiner Wohnung entfernt.

  • Es gibt doch ein unterirdisches Verkehrsnetz inklusive Schnellbahnen. Wozu dann Flugtaxis?

    Und wozu sollen die Lebensmittel, die ich zu hause verzehre, mit einer Drohne angeliefert werden? Die nächsten Einkaufsmöglichkeiten sind doch nur wenige Gehminuten von meiner Wohnung entfernt.

    Weil man es kann.

    Weil man dann nicht selber einkaufen gehen braucht.

    Ob das so erstrebenswert ist, sei mal dahingestellt.

  • Weil man es kann.

    Weil man dann nicht selber einkaufen gehen braucht.

    Ob das so erstrebenswert ist, sei mal dahingestellt.

    Ich halte es nicht für erstrebenswert. Aber wie bekommt man das hin, sich mit etwas durchzusetzen, das nicht auf noch mehr Technik basiert, verbunden mit noch mehr Bequemlichkeit?

    Wenn ich mir diese Architekten und sonstigen Planer der "Zukunfts-Stadt Neom" anhöre, dann wird mir schon vom Zuhören ganz schwindlig:

    Irgendwelche Fluggeräte surren durch die Luft, unter der Erde tummelt sich automatisierter motorisierter Indvidualverkehr und es rasen unterirdische Schnellzüge dahin.

    Das sind ganz gewiss keine erstrebenswerten Alternativen zur autogerechten Stadt. Es geht ja darum, so zu planen und zu bauen, dass die Wege kurz sind und ohne komplizierte und/oder energieintensive Systeme bewältigbar bleiben.

    Einkaufen gehen zum Beispiel hat eine immens wichtige soziale Funktion. Man trifft Bekannte, teilt sich direkt untereinander mit allen Sinnen die neuesten Neuigkeiten miteinander aus, den Klatsch, die Einschätzung des letzten Fußballspiels der Lieblingsmannschaft usw. , geht gemeinsam einen Kaffee trinken in aller Öffentlichkeit, für jeden sichtbar, von jedem ansprechbar ... oder eben nur von denen, die das selbe Café toll finden.

    Und man beschäftigt sich ganz automatisch mit den Menschen intensiver, die um einen herum sind. Das schließt ja nicht aus, dass man zum Beispiel in einem Internetforum mit anderen kommuniziert. Aber der direkte Kontakt ist immens wichtig. Mal schauen, ob es einen Weg zurück dahin gibt, nach Corona.

  • Ich kann mir genausogut vorstellen, dass für viele Leute das Einkaufen gehen einfach nur etwas lästiges ist was aber leider notwendig ist. Die stellen sich dann nicht noch hin und tratschen mit den Bekannten.

    Zum Tratschen nutzt man dann die sozialen Netzwerke, bequem vom Sofa aus.