Neue Regelungen für S-Pedelecs

  • Zum Thema schnell rollen lassen: Hier gibt es eine Strecke richtig steil bergab (für die Lüneburger: Pirolweg). Da ist zum Glück 50 erlaubt, sonst bräuchte man unten einen Service für neue Bremsbeläge 😁

  • Sie bringen immer alles durcheinander. Natürlich ist es es völlig normal, mit einem Fahrrad schneller als 25 km/h zu fahren, wenn es z.B. bergab geht. Selbst im flachen Stade kenne ich Strecken, da muss man sich einfach nur rollen lassen, um auf dieses Tempo zu kommen (jedenfalls, wenn man mit mehr als 0,7 bar Reifendruck fährt). Wer das nicht will, darf dort bremsen.

    Ich fürchte, da bringen Sie was durcheinander. Es ist eben nicht völlig normal, mit dem Fahrrad schneller als 25 km/h zu fahren, weil es eben nicht normal ist, dass es bergab geht. Übrigens könnte man auch mit einem Pedelec, dass zum Beispiel bei 15 km/h aufhört Tretunterstützung zu leisten bergab mit 50 km/h und schneller fahren, genau wie mit einem normalen Fahrrad ohne eingebauten Motor. Ich habe doch nirgends davon gesprochen, dass Pedelecs ab einer bestimmten Geschwindigkeit zwangsgebremst werden sollen.

    Genauso gilt für die Küste: Bei stetigem kräftigen Rückenwind und einer Gangschaltung mit ausreichend hoher Übersetzung ist es möglich mit dem Fahrrad 25 km/h und schneller zu fahren. Leider habe ich an der Küste das subjektive Gefühl ständig nur mit Gegenwind kämpfen zu müssen. Aber das ist natürlich ganz subjektiv. Und das geht sicher nur mir so. ;)

    Sowohl in Gegenwind-Gegenden als auch Gegenden mit Steigungen, da sind wir uns doch schon weiter oben einig gewesen, macht das Pedelec Sinn. Aber hohe Geschwindigkeiten stellen Menschen auch vor Probleme. Das hatten wir auch schon erörtert im Zusammenhang mit Schussfahrten bergab. Knoflacher nennt noch ein anderes Problem:

    "Aber hohe Geschwindigkeiten ersparen uns doch Zeit?", wird Knoflacher gefragt. Seine Antwort: "Leider nein. Wenn die Geschwindigkeiten steigen, werden nur die Wege länger, doch die investierte Zeit bleibt gleich. Ein Beispiel: Wir fahren weite Wege, um dieselben Dinge einzukaufen, die es auch im kleinen Laden um die Ecke gibt. Das Problem an der Sache ist: Hohe Geschwindigkeiten zerstören kleine Strukturen." (aus dem bereits mehrfach verlinkten Interview im Mangern Magazin)

  • Ha, Omnibusse müssen auf jeden Fall auf 25km/h abgeriegelt werden, damit es keinen schwindlig wird und alle etwa gleich schnell unterwegs sind und alles flutscht.

    Sehr lustig ^^. Omnibusse sind gemeinsam genutzte Verkehrsmittel, keine Individualverkehrsmittel. Da unterscheidet Knoflacher sehr deutlich. Jetzt verfalle aber nicht ins Gegenteil, Turbo-Omnibusse hat Knoflacher nicht verlangt!

  • Hohe Geschwindigkeiten zerstören kleine Strukturen.

    Und damit meint er hohe Geschwindigkeiten und nicht 25 km/h statt 20 km/h. Was die kleinen Strukturen zerstört, sind Fahrzeuge, mit denen man ohne Anstrengung in 30 Minuten in der nächsten Stadt ist, die 20 km entfernt ist. Das schafft auch ihr bei 60km/h abgeregelter Turbo-Omnibus nicht.

    Sie brauchen mir das auch gar nicht erklären, weil ich das alles selbst erlebt hab. In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, gab es früher zwei Bäcker, einen Fleischer, eine Poststelle, je eine Filiale der Volksbank und der Sparkasse, sowie einen kleinen Lebensmittelladen. Von alledem gibt es heute nichts mehr und das Ladensterben hat begonnen, lange bevor es Pedelecs gab (dafür aber immer mehr Autos).

    Aus meiner Sicht können Pedelecs sogar dazu beitragen, diesem Trend entgegenzuwirken, weil damit noch eher die Bereitschaft besteht, kurze Strecken mit dem Fahrrad zu erledigen und nicht immer das Auto zu nehmen. Das beobachte ich zumindest hier im Bekanntenkreis bei Leuten, die auf dem Dorf in der Nähe von Stade wohnen. Seitdem die ein Pedelec haben, lassen sie das Auto auch mal stehen und dann werden Besorgungen auch mit dem Pedelec im Nachbardorf gemacht, anstatt immer mit dem Auto nach Stade zu fahren.

  • Diese Läden entstanden halt in einer Zeit, als die meisten Leute als _einziges_ Verkehrsmittel ihre eigenen Füße hatten. Selbst zum Markttag ~5 km in das "Grundzentrum" (wie wir heute sagen) zu gehen war schon ein großer Aufwand. Also musste sich jedes Dorf selbst versorgen, ganz gleich wie klein es war.

    Mit dem Auto änderte sich das völlig: Es war jetzt problemlos möglich, nicht nur zum Markt, sondern auch in die Kreisstadt zu fahren. Die Geschäfte dort bedienen aber nicht mehr 50 (Dorf) oder 1000 (Markt) Kunden, sondern 50.000 in ihrem Einzugsgebiet. Übrig blieben nur die Kunden, die sich ein Auto nicht leisten können (die bringen aber auch kaum Umsatz) oder denen das aus irgendeinem Grund zu doof ist – entsprechend hat heute ein Grundzentrum ab 2500 Einwohnern ungefähr die Infrastruktur, die früher jedes Dorf von 50 Leuten alleine hatte. Diese Grundzentren haben dabei genug Menschen in ihrer *Gehweite*, um ein Angebot zu liefern, dass "gut genug" ist, auch die meisten Autofahrer von noch längeren Wegen abzuhalten – übrigens ein großer Unterschied zu den USA, wo man auch in den Suburbs schonmal 20 km zum Lebensmittel-Einkauf fährt.

    Der ÖPNV (der in den meisten Dörfern erst NACH dem Auto kam!) ist dabei nur der Versuch einer Symptom-Korrektur: Er ermöglicht es den Leute ohne Auto aus den Dörfern noch "irgendwie" in das Grundzentrum zu kommen – ein Angebot, dass eigentlich weder ansatzweise wirtschaftlich oder ökologisch ist (weil man für eine stark schwankende Nachfrage planen muss) noch als "komfortabel" bezeichnet werden kann. Und von da auch gleich in die Kreisstadt weiter zu fahren, ist schon fast ZU einfach. Keine Anstrengung, der Aufpreis ist marginal (im HVV 3,80 statt 2,70) und selbst die Fahrzeit ist für 25 statt 5 km gerade mal das doppelte. Dieser bei keinem (!) anderen Verkehrsmittel so krass auftretende Skalen-Effekt führt dazu, dass etwas was eigentlich eine Alternative zum Auto sein will, eine Alternative zum Dorfladen wurde.

    Und hier kommt das Fahrrad in die Gleichung: Dieses ermöglicht es, mit der gleichen *Flexibilität* eines Autos in das Grundzentrum zu gelangen. Es ist allerdings immer noch anstrengender und langsamer (denn außerorts fahren Autos nunmal sehr viel schneller), weshalb eben 5 km bereits als Grenze der Reichweite des Alltags-Radverkehrs gelten. Mit einem Pedelec kommen wir wieder zu dem "gut genug": Das ist "gut genug", damit man sich für den Weg ins Grundzentrum kein Auto antun muss.

  • Und damit meint er hohe Geschwindigkeiten und nicht 25 km/h statt 20 km/h. Was die kleinen Strukturen zerstört, sind Fahrzeuge, mit denen man ohne Anstrengung in 30 Minuten in der nächsten Stadt ist, die 20 km entfernt ist. Das schafft auch ihr bei 60km/h abgeregelter Turbo-Omnibus nicht.

    Es geht hier nicht um den von mir "bei 60 km/h abgeregelten "Turbo-Omnibus"!

    Ein Omnibus darf auf der Landstraße nicht schneller als 60 km/h fahren, wenn sich im Inneren Fahrgäste auf Stehplätzen aufhalten.

    Der ADAC zum Beispiel hat das nicht richtig dargestellt:

    "Höchstgeschwindigkeit für Lkw und Busse
    Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 7,5 Tonnen dürfen auf Landstraßen maximal 80 km/h fahren. Das gilt auch für Lkw, Kleintransporter und Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen, die mit einem Anhänger unterwegs sind, und für Busse.

    Für Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen liegt die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei 60 km/h."

    Geschwindigkeit auf Landstraßen: Was ist erlaubt?
    Viele schwere Unfälle passieren auf Landstraßen. Welche Höchstgeschwindigkeit dort gilt, und was Lkw beachten müssen.
    www.adac.de

    So steht es dagegen in §3 StVO, in Absatz 3:

    (3) Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen
    außerhalb geschlossener Ortschaften

    (...)

    b) für

    (...)
    cc)
    Kraftomnibusse mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
    60 km/h, ..."

    StVO - Straßenverkehrs-Ordnung

  • Der ÖPNV (der in den meisten Dörfern erst NACH dem Auto kam!) ist dabei nur der Versuch einer Symptom-Korrektur: Er ermöglicht es den Leute ohne Auto aus den Dörfern noch "irgendwie" in das Grundzentrum zu kommen – ein Angebot, dass eigentlich weder ansatzweise wirtschaftlich oder ökologisch ist (weil man für eine stark schwankende Nachfrage planen muss) noch als "komfortabel" bezeichnet werden kann. Und von da auch gleich in die Kreisstadt weiter zu fahren, ist schon fast ZU einfach. Keine Anstrengung, der Aufpreis ist marginal (im HVV 3,80 statt 2,70) und selbst die Fahrzeit ist für 25 statt 5 km gerade mal das doppelte. Dieser bei keinem (!) anderen Verkehrsmittel so krass auftretende Skalen-Effekt führt dazu, dass etwas was eigentlich eine Alternative zum Auto sein will, eine Alternative zum Dorfladen wurde.

    Der ÖPNV war in vielen Ortschaften bereits sehr früh präsent auf jeden Fall deutlich früher als das Auto, wenn diese Ortschaften nämlich an einer Eisenbahnlinie lagen. Trotzdem führte diese ÖPNV-Anbindung nicht dazu, dass örtliche Geschäfte schließen mussten, weil die Menschen mit dem ÖPNV in die größeren Ortschaften zum Einkaufen gefahren sind.

  • Ein Dorf (nicht Grundzentrum!) mit Bahnanschluss war sehr selten – und die wenigen Beispiele, die ich hier finde, sind nicht gerade Beispiele für lange gebliebene Läden. Eher im Gegenteil: So gibt es in Radbruch bei 2250 Einwohnern einen Bahnhof, aber keine Läden; nebenan in Handorf dagegen bei 2000 einen Laden, aber eine lausige ÖPNV-Anbindung (im Grunde nur Ruf- und Schulbusse).

  • Der ÖPNV (der in den meisten Dörfern erst NACH dem Auto kam!) ist dabei nur der Versuch einer Symptom-Korrektur: Er ermöglicht es den Leute ohne Auto aus den Dörfern noch "irgendwie" in das Grundzentrum zu kommen – ein Angebot, dass eigentlich weder ansatzweise wirtschaftlich oder ökologisch ist

    Doch, es war sehr wirtschaftlich, weil man so günstig an die in den Städten gebrauchten billigen Arbeitskräfte kam ...

    Trotzdem führte diese ÖPNV-Anbindung nicht dazu, dass örtliche Geschäfte schließen mussten, weil die Menschen mit dem ÖPNV in die größeren Ortschaften zum Einkaufen gefahren sind.

    Zu Zeiten des Bahnbaus nicht, weil die Frau daheim blieb, da hatte sie vor Erfindung von Waschmaschine & Co. genug zu tun, während der Mann zur Arbeit in die Stadt fuhr ...

    Inzwischen haben Mann und Frau Arbeit und ein eigenes Auto ...

  • Ein Dorf (nicht Grundzentrum!) mit Bahnanschluss war sehr selten – und die wenigen Beispiele, die ich hier finde, sind nicht gerade Beispiele für lange gebliebene Läden. Eher im Gegenteil: So gibt es in Radbruch bei 2250 Einwohnern einen Bahnhof, aber keine Läden; nebenan in Handorf dagegen bei 2000 einen Laden, aber eine lausige ÖPNV-Anbindung (im Grunde nur Ruf- und Schulbusse).

    Jetzt stelle dir einmal die Entwicklung ohne Auto vor. Radbruch hätte aufgrund der Bahnanbindung deutliche Standortvorteile gegenüber Handorf gehabt.

    Es gäbe vermutlich eine halbstündliche Anbindung nach Lüneburg, bzw. in der Gegenrichtung nach Hamburg. Jetzt ist die Anbindung nur stündlich.

    Für die Leute aus Handorf gäbe es neben der Möglichkeit die 5 km mit dem Fahrrad zum Bahnhof Radbruch zu fahren auch noch einen guten Omnibusanschluss oder gar Gleisanschluss. In Radbruch müsste man dann allerdings umsteigen. Warum also nicht gleich in Radbruch bleiben? Zum Arbeiten, Einkaufen, Kultur, Vereinsleben, Ärzte etc.

    Und wie sieht es jetzt aus? Mit dem Auto ohne Umsteigen über die A 39 oder A25 direkt nach Hamburg.

  • Doch, es war sehr wirtschaftlich, weil man so günstig an die in den Städten gebrauchten billigen Arbeitskräfte kam ...

    Zu Zeiten des Bahnbaus nicht, weil die Frau daheim blieb, da hatte sie vor Erfindung von Waschmaschine & Co. genug zu tun, während der Mann zur Arbeit in die Stadt fuhr ...

    Inzwischen haben Mann und Frau Arbeit und ein eigenes Auto ...

    In den 60er und 70er Jahren hatten viele Haushalte nur ein Auto. Und viele Frauen noch keinen Führerschein. Trotzdem begann das Geschäftesterben in den kleinen Ortschaften.

    Samstags war in vielen Familien der Tag an dem zum nächsten großen Verbrauchermarkt gefahren wurde. Das Auto wurde vollgestopft mit Vorräten für zwei bis drei Wochen. Was Dort gekauft wurde, das wurde in den kleinen Läden in den Ortschaften nicht mehr gekauft.