Ich bin ja durchaus häufiger am Jammern und Bemängeln, was Radfahren in Hamburg angeht, aber irgendwie kam man halt noch gerade so durch.
Nun war ich in diesem Jahr noch nicht so richtig viel in Hamburg unterwegs. Zweieinhalb Wochen war ich krank im Bett, dann im Urlaub, dann habe ich am Dienstag mein Hinterrad zerlegt und bummelte mit Bus und Bahn durch die Gegend. Aber so bald ich auf dem Rad sitze, denke ich mir: Was zur Hölle ist in Hamburg passiert?
Okay, ja, es schneit, es ist morgens machmal noch glatt, seit drei Tagen regnet es beinahe unentwegt, da rechnet man vielleicht mit Radfahrern, da ist manch einer am Lenkrad sicherlich etwas unaufmerksamer. Das kennt man ja, so ist das halt in Hamburg, aber das nimmt ja mittlerweile extreme Ausmaße an. Ich weiß, bei den Bewertungen meiner Fahrten ins Bureau neige ich zu Superlativen, aber diese Woche war bislang unheimlich stressig, so wohl an brenzligen Situationen mit anderen Verkehrsteilnehmern als auch…
Falschparker? Auch da muss ich den Superlativ bemühen: Es ist extremst. Normalerweise halte ich es mit den Falschparkern auf dem Radweg so, dass ich sie in Ruhe lasse, wenn sie mich in Ruhe lassen. Wenn ich noch irgendwie gefahrlos vorbeikomme, ohne absteigen oder auf den Gehweg ausweichen zu müssen, dann kann ich damit leben. Wenn ich absteigen muss, weil’s einfach zu eng wird, weil die Door-Zone mir keine andere Wahl lässt, weil ich nicht sehen kann, was hinter dem Fahrzeug los ist, weil es einfach nicht anders geht, dann nehme ich mir noch die halbe Minute mehr und schieße zwei oder drei Fotos, die ich der Bußgeldstelle zukommen lasse. Sowas hier, sorry, das ist eine Nummer zu doll. Solche Leute betteln ja geradezu um den Strafzettel. Und wenn Kinder, Eltern mit Kinderwagen, Senioren mit Rollatoren auf die Fahrbahn ausweichen müssen, teilweise auch entgegen der Fahrtrichtung, dann hört bei mir der Spaß auf, dann zücke ich die Kamera. Hätte der Typ einen halben Meter mehr Platz gelassen, wäre es mir um die Zeit schon zu schade gewesen.
Und ich erinnere mich noch an Zeiten, da schickte ich der Bußgeldstelle pro Woche eine Mail, wenn’s eine schlechte Woche war, dann zwei.
In den letzten vier Tagen bin ich 57 Mal (!) abgestiegen, weil ich um falsch parkende Kraftfahrzeuge herumschieben musste. Die Kieler Straße ist dafür geradezu exemplarisch:
Klar, man könnte jetzt vollkommen zurecht einwenden, Malte Hübner, stell dich doch nicht so an, da kommt man doch noch vorbei. Es stimmt, gar keine Frage, da kommt man noch vorbei. Auf dem Gehweg zu fahren ist zwar eine Ordnungswidrigkeit, aber lassen wir mal die Kirche im Dorf, das kann man schon machen. Aber irgendwann kommt dann doch mal ein Kraftfahrzeug aus einer Einfahrt raus und dann guckt man ziemlich blöd aus der Wäsche, wenn man gerade eng an der Hecke entlanggeschnurrt kam.
Oder, um beim heutigen Abend zu bleiben: Der Wagen mit der Warnblinklichtanlage hat mich fast angefahren. Kein Witz. Ich bin angesichts der falschparkenden Kraftfahrzeuge links im Bild abgestiegen — dort stehen insgesamt drei Fahrzeuge, aber das war nicht so gut zu fotografieren — und marschierte gerade auf die Einfahrt zu, als der Typ von der Fahrbahn einbog und mich, den schiebenden Fußgänger, erst im letzten Moment wahrnahm. Ganz sicher werde ich in so einem Fall nicht auf dem Gehweg fahren, nicht einmal mit Schrittgeschwindigkeit — zumal ich dann auch bei einem Unfall gleich den Bonus an der Backe habe, dass ich dort nicht hätte fahren dürfen. Herzlichen Dank, nein, das muss nicht sein.
Auf die Fahrbahn bin ich auch nicht unbedingt scharf, jedenfalls nicht an der Kieler Straße. Ich muss mich nicht unnötig maßregeln oder abdrängen lassen, wenn es sich vermeiden lässt.
Klar, ich bin auch ein bisschen selbst schuld an der Situation, weil ich andauernd die Kieler Straße hoch und runter fahre. Das stimmt schon. Momentan ist es mit den Ausweichstrecken eher schlecht bestellt, weil ich das Zeitrad mit Spikereifen fahre, das in Ermangelung von Schutzblechen für einige Wege nicht geeignet ist.
Mal gucken. Vielleicht kommen ja noch bessere Zeiten.