12. September: Expertenanhörung zum Luftreinhalteplan

  • 16.35 Uhr

    Draußen vor dem Rathaus steht eine kleine Demo mit den üblichen Verdächtigen, Tempo-30-Zeichen und dem Norddeutschen Rundfunk.

    Die Tagesordnung sagt: „Ein Imbiss ist vorgesehen“ — da bin ich ja mal gespannt. Angesichts der Innenausstattung des Hamburger Rathauses, die gar nicht so der hanseatischen Bescheidenheit entspricht, erwarte ich ein Festmahl.

    Für die heutige Expertenanhörung stehen bislang folgende Auskunftspersonen auf der Gästeliste:

    • Dr. Hans-Jürgen Hummel, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
    • Dipl.-Ing. Timotheus Klein, ARGUS Stadt und Verkehr
    • Michael Westhagemann, Industrieverband Hamburg
    • Ralf Plump, DNV GL SE Germany
    • Volker Diegmann, IVU Umwelt GmbH
    • Manfred Braasch, BUND Hamburg
    • Dr. Jakob Seiler, VDA

    17.08 Uhr

    Es geht los. Die heutige Sitzung wird gemeinsam vom Verkehrs- und Umweltausschuss bestritten, darum sind heute alle da, unter anderem auch Thering und Kerstan.

    Es wird ein Wortprotokoll geben, dann spare ich mir das wortgetreue Mittippen und schone die Tastatur.

    Es wird darauf hingewiesen, dass Applaus oder Missfallensbekundungen nicht erwünscht sind.

    Die nächste Anhörung zum Thema Luftreinhalteplan ist übrigens am 4. Oktober um 17 Uhr, dort können Bürgerinnen und Bürger Fragen stellen:

    Malte
    12. September 2017 um 17:14

    17.12 Uhr: Manfred Braasch, BUND Hamburg

    Aufgrund der Stickoxidbelastung gäbe es 10.610 vorzeitige Todesfälle pro Jahr in Deutschland, abgesehen davon Atemwegsinfekte, Asthma, Bronchistis und Lungenfunktionsminderung, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eventuell sogar Diabetis.

    Das Lungenwachstum bei Kindern würde aber schon bei Stickoxidbelastungen deutlich unter der Grenzwerte beeinträchtigt.

    An den Luftmeßstationen der Hansestadt habe es keine richtige Entspannung gegeben — außer in der Max-Brauer-Allee, die ja eine ganze Weile gesperrt war.

    Hinweis auf das Stuttgarter Urteil: Gesundheit genießt unbedingten Vorrang, Grenzwerte müssen ab 2018 eingehalten werden. Der momentane Luftreinhalteplan garantiere die Einhaltung der Grenzwerte aber erst ab 2025. Das wäre nicht akzeptabel, denn die Grenzwerte gelten bereits seit 2010.

    Braasch bemängelt, dass die Flottenerneuerung auf Euro VI nicht funktionieren wird, sie müsste bis 2020 auf 80 Prozent steigen, momentan läge man bei 29,1 Prozent. Diese Flottenerneuerugn wäre nicht zu schaffen, das sähe auch der aktuelle Luftreinhalteplan so, der eine Flottenerneuerung lediglich von 16,5 Prozent erwartet.

    Realer Ausstoß der Schadstoffe. Braasch legt Grafiken vor, wie viele Schadstoffe die Kraftfahrzeuge ausstoßen dürfen und wie viel sie momentan ausstoßen — ungeachtet etwaiger Softwaremanipulationen.

    Anzahl der von den Schadstoffen betroffenen Menschen. 2012 wären 220.000 Menschen von zu hohen Belastungen betroffen, 2017 sollen es 41.358 Menschen sein. Braasch rechnet vor, dass aus seiner Sicht angesichts der Messwerte nicht nachvollziehbar wäre, wie die Anzahl der belasteten Menschen um 80 Prozent gesenkt worden sein sollte.

    Er bemängelt zum Schluss, dass die Zielerreichung bis 2020 fast ausschließlich auf der eben bereits besprochenen Flottenerneuerung, die aber nur eine Besserung um drei Mikrogramm bringen könne.

    Der BUND fordert eine Überarbeitung des Luftreinhalteplans inklusive wirksamer Maßnahmen im Jahr 2018, darunter Tempo 30, Fahrverbote und die Einführung der blauen Plakette.

    17.23 Uhr: Volker Diegmann, IVU Umwelt GmbH

    IVU hat offenbar die Zahlen und das Datenmaterial geliefert, er möchte das Datenmaterial grundsätzlich nicht in Frage stellen.

    Er erklärt nun, wie die Daten erhoben und ermittelt werden.

    Die Schadstoffbelastung setze ich aus verschiedenen Komponenten zusammen, dem regionalen Hintergrund, dem urbanen Hintergrund und der lokalen Belastung. Die Stickoxide gelten zu den lokalen Belastungen.

    Er nennt als Beispiel die Stresemannstraße, die als Straßenschlucht stark belastet wäre. Schon in geringerer Entfernung dieser Straße sinke die Belastung aber deutlich.

    Diegmann erklärt die Arbeitsweise mit Modellierungen und den dazugehörigen Messwerten der Stationen. Die Modellrechnungen für die Stadt Hamburg träfen relativ genau die gemessenen Werte, im Mittel unterschätzen die Modelle die Messungen um etwa 6,4 Prozent. Mit diesem Wert habe man die Modellwerte kalibriert.

    Eine ganze Weile erklärt er die Sache mit HBEFA — das muss ich mir mal bei Gelegenheit durchlesen:

    Er zeigt noch mal, dass die schweren Nutzfahrzeuge mit Euro VI tatsächlich deutlich weniger Schadstoffe ausstoßen als vorherige Modelle.

    Man gehe davon aus, dass bis 2020 etwa 75 Prozent der schweren Nutzfahrzeuge der Norm Euro VI entsprechen. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der damals Euro V eingeführt wurde, wäre das plausibel.

    17.42 Uhr: Dr. Hans-J. Hummel, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

    Der Hamburger Luftreinhalteplan wäre in Vergleich zu anderen Luftreinhalteplänen sehr differenziert mit nachvollziehbaren Maßnahmen und in sich schlüssig. Eine Besonderheit wäre der innerstädtische Hafen, der zu einer besonderen Belastung führe. In Ballungsräumen wären gemeinhin drei bis fünf Prozent der Bewohner von zu hohen Grenzwerten betroffen.

    Er lobt den Luftreinhalteplan als gute Arbeit.

    Es gäbe natürlich noch einige rechtliche Fragestellungen, beispielsweise bezüglich der Fahrverbote.

    17.44 Uhr: Dipl.-Ing. Timotheus Klein, ARGUS Stadt und Verkehr

    ARGUS habe flächendeckende Verkehrsprognosen für die Stadt Hamburg erstellt, die als Basis für die Emissionsberechnungen dienten.

    Die geneauen Details schenke ich mir an dieser Stelle, das geht mir alles ein bisschen zu schnell.

    Man habe zwei Prognosen erstellt: Eine bildet ab, wie sich der Verkehr entwickelt, wenn man „nichts tue“, die andere beinhaltet eventuelle Maßnahmen des Luftreinhalteplans.

    Man gehe bis 2020 von einem Rückgang des motorisierten Individualverkehrs auf 38 Prozent und bis 2025 auf 36 Prozent aus.

    Mit einem Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur und der damit einhergehenden Fahrzeitenverkürzung werde die Position des Radverkehrs in der Konkurrenzsituation zum Auto verbessert.

    Er zählt noch eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen und Aspekte auf, unter anderem Parkraumbewirtschaftung und Hafenlogistik und so weiter und so fort.

    Man gehe davon aus, dass mit der Förderung der Nahmobilität die Belastung des motorisierten Individualverkehrs sinken wird, während auf den Fernstraßen mit einer Zunahme des Verkehrsaufkommens gerechnet wird.

    Außerdem wäre berechnet worden, die es um die einzelnen Straßen bestellt wäre, wenn bestimmte Fahrzeugarten, etwa Dieselfahrzeuge oder Diesellastkraftwagen, von der Durchfahrt ausgeschlossen würden. Eine Sperrung der Stresemannstraße für Diesellastkraftwagen verdränge zweieinhalbtausend Fahrzeuge auf umliegende Straßen, so dass dort die Belastung steige. Außerdem werde der freiwerdende Platz in der Stresemannstraße anschließend von anderen Fahrzeugen aufgefüllt, so dass der Verkehr insgesamt steige.

    Ähnliches gelte für das generelle Dieselfahrverbot in der Max-Brauer-Allee, wo der Ausweichverkehr in die umliegenden Straßen dort zu jenen Grenzwertüberschreitungen führe, die man in der Max-Brauer-Allee vermeiden wolle.

    Ich hoffe, ich habe die beiden letzten Absätze richtig wiedergegeben, das war etwas schnell.

    17.58 Uhr: Ralf Plump, DNV GL SE Germany

    Thema Schifffahrt.

    Lob für den Luftreinhalteplan, die Studie wäre fachlich korrekt.

    Der Hafen trage zu einem wesentlichen Teil der Hintergrundemission der Stadt bei. 65 Prozent der Emissionen der Schiffe würden am Liegeplatz verursacht, dort wäre also der wesentliche Angriffspunkt für Gegenmaßnahmen. Man müsse entweder Umrüstungen auf Landstromanschlüsse oder andere Maßnahmen zur Verminderung des NOx-Anteils ergreifen. Momentan wären lediglich zehn Prozent der Schiffe für einen Landstromanschluss vorgesehen.

    Bei großen Schiffen wäre die technische Umstellung kein Problem, es stehen eher ökonomische Hindernisse im Weg. In Los Angeles beispielsweise wären fast alle Liegeplätze mit Landstromanschlüssen ausgestattet, dieses Thema müsse auch die HPA entsprechend voranbringen.

    Noch mal zur Technik des Dieseldilemmeas: Je höher die Effizienz eines Dieselmotors ist, umso stärker wäre der NOx-Ausstoß. In Hinblick auf den Klimaschutz wäre ein effizienter Dieselmotor mit effizienter Abgasreinigung die beste Lösung. Man müsse gegenüber den Reedern mit Anreizen arbeiten, die vorhandenen Landstromanschlüsse zu nutzen, denn Landstrom wäre deutlich teurer als der Schiffsdiesel.

    Plump sieht die Schifffahrt insgesamt auf einem guten Weg.

    18.05 Uhr: Dr. Jakob Seiler, VDA

    Er möchte sich Herrn Hummel anschließen, der Luftreinhalteplan wäre sehr fundiert erarbeitet worden.

    Man habe eine Studie in Auftrag gegeben, wie sich die NOx-Messwerte an den Stationen in Deutschland entwickle. Mit der fortgesetzten Bestandserneuerung würden die heute existierende Luftverschmutzung gelöst. Das geschehe natürlich nicht von heute auf morgen, sondern brauche seine Zeit.

    Es gäbe in Deutschland 140 Stationen mit Überschreitungen der Grenzwerte, ohne weitere Maßnahmen würde sich alle fünf Jahre die Anzahl der Messstationen mit Überschreitungen halbieren. Also würden die Grenzwerte 2040 eingehalten?

    Mit dem Maßnahmenpaket aus dem Dieselgipfel würde eine Reduktion der Schadstoffe um 25 Prozent erwartet, noch nicht eingerechnet wären hierbei Umtauschprämien der Automobilhersteller.

    Insgesamt werde bis 2018 eine Reduktion der Emissionen um 18,6 Prozent.

    Man solle in Hinblick auf den Luftreinhalteplan eher mit Förderungen als mit Verkehrsverboten arbeiten.

    18.12 Uhr: Michael Westhagemann, Industrieverband Hamburg

    Statt Westhagemann kommt Robert Krings.

    Er wäre im Ruhrgebiet aufgewachsen und lebe sehr gerne in Hamburg — unter anderem wegen der guten Luft.

    Der Luftreinhalteplan wäre klar von der Motivation gekennzeichnet, einerseits die Luftqualität zu verbessern, aber gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Straße zu erhalten.

    18.15 Uhr

    Expertenanhörung ist durch.

    Fragestunde.

    Frage 1 an Hummel: Hat Hamburg eigentlich auch ein Feinstaubproblem? Und: Ist die Situation von Hamburg und Stuttgart überhaupt vergleichbar, sind die dortigen Fahrverbote in Hamburg überhaupt sinnvoll?

    Feinstaub wäre lediglich in Stuttgart ein Problem. Das müsse allerdings nicht jedes Jahr so sein, aber in Bezug auf die Grenzwerte wäre die Feinstaubproblematik abgesehen einiger Hotspots in Deutschland so gut wie gelöst.

    Hamburg wäre hinsichtlich der Stickoxidbelastung im oberen Drittel, Stuttgart läge noch darüber in Vergleich zu anderen Städten. Generell mache es die Kessellage in Stutgart deutlich schwieriger als die Elbe im gut durchlüfteten Hamburg.

    Frage 2: Bezüglich der NOx-Emissionen gäbe es nur sechs Städte, die in Deutschland schlechter abschneiden.

    Frage 3, Thering: Welchen Anteil hat der Parkplatzsuchverkehr an den Emissionen? Es wäre ja bekannt, dass über zweitausend Parkplätze vom rotgrünen Senat vernichtet worden und Parkgebühren erhoben wären, welchen Einfluss haben diese Aspekte?

    Diese Fragestellung wäre in den Modellen nicht berücksichtigt, da für die Modelle egal wäre, warum sich ein Fahrzeug durch die Straße bewege. Man schätze aber die Emissionen bezüglich des Gesamtaufkommens eher gering ein.

    Frage 4: Der Parkplatzsuchverkehr spiele sich in der Regel nicht entlang der stark belasteten Hauptverkehrsstraßen ab, sondern eher in den emissionsmäßig vollkommen unproblematischen Nebenstraßen. Könne man mit einem weiteren Softwareupdate noch bessere Emissionswerte erreichen und wie wären die technischen Möglichkeiten eines Hardwareupdates?

    Die bisherigen Emssionssparmaßnahmen wären so angelegt, dass sie keine Nachteile hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs oder der Motorenleistung verursachten. Ansonsten würde das Kraftfahrbundesamt die Betriebserlaubnis entziehen, so dass den umsetzbaren Maßnahmen enge Grenzen gesetzt wären. Bei Bestandsfahrzeugen könnte man keine neue Typgenehmigung erwirken, dann müsste Euro 6 erfüllt werden, das wäre technisch nicht möglich. Die Typgenehmigung der Bestandsfahrzeuge müsse bestehen bleiben. Man könne aber mit Hardwareupdates eine Emissionsreduktion auf etwa 15 Prozent erwirken.

    Jetzt gibt’s ein bisschen Zoff: Warum wurde denn dieses Softwareupdate nicht von vornherein eingebaut, warum denn der ganze Dieselskandal überhaupt?

    Antwort: Die Technik wäre damals nicht so weit gewesen, aber jetzt profitieren die Euro-5-Fahrzeuge von der Technik, die für Euro 6 entwickelt wurde.

    Frage 5: Reichen die Daten der Messstationen überhaupt noch für vernünftige Messwerte, wenn man nur vier Stationen hat und das Netz noch weiter ausdünnen möchte? Wie valide sind diese Daten, auf welcher Basis werden sie ermittelt und wie werden sie geprüft? Auf welcher Basis wurde die Flottenerneuerung berechnet? Warum wären für den Landstromanschluss nur freiwillige Maßnahmen möglich, aber keine Zwangsmaßnahmen wie drüben in Los Angeles? Außerdem: Bis wann sollen denn die Grenzwerte nun eingehalten werden?

    Zu den Containerschiffen: In Los Angeles würden auch andere Maßnahmen anerkannt, beispielsweise gasbetriebene Schiffe oder ordentliche Filteranlagen, dann müsse man den Landstromanschluss nicht nutzen. Es gäbe aber einen signifikanten Unterschied bei der Umrüstungsfähigkeit der Schiffe, ab dreitausend TEU wäre in der Regel genügend Platz da, um die notwendige Technik einzubauen. Das würde auch häufig durchgeführt, um die Lebensdauer der Schiffe noch einmal zu erhöhen.

    Die Debatte habe sich aber in der Vergangenheit darauf beschränkt, die Kreuzfahrtschiffe zu diskreditieren, die aber nur 2,5 Prozent der Gesamtemissionen ausmache. Es wäre auch nicht sinnvoll, den Landstromanschluss aus Moorburg zu speisen, denn das dortige Kohlekraftwerk wäre der größte Emmitent von Stickoxiden.

    Diskussion über Digitalisierung und die damit einhergehenden Optimierungen des Straßenverkehrs. Das wurde ja schon hinreichend besprochen.

    Man dürfe aber nicht übersehen, dass eine einwandfreie Luftqualität nur hergestellt würde, wenn jeglicher Verkehr und jegliche Produktion in Hamburg eingestellt würde. Man dürfe aber nicht vergessen, dass dieser Verkehr und die Produktion dann anderswo stattfände, vermutlich aber unter ganz anderen Bedingungen als in Deutschland.

    Zu den Luftmeßstationen: Das Auftauchen und Verschwinden von Messstationen wäre nicht immer einfach zu verstehen. Es habe ein Jahr lang eine Messstation an der Ost-West-Straße gegeben, die Werte jenseits der 105 Mikrogramm ergeben habe, die dann aber schnell wieder verschwunden wäre. Generell ließe sich aber auch an vier Messstationen ablesen, dass es um die Luftqualität eher schlecht bestellt werde.

    Frage 6 von Kruse, FDP: Kritik an der Sitzordnung, dass Braasch als Beifahrer neben dem Umweltsenator Kerstan sitze. Der BUND wäre nicht immer in einer rümlichen Form an Infrastrukturprojekten beteiligt und verzögere Projekte immer wieder. A20 und A21 würden ja eine wesentliche Entlastung des Hamburger Straßenverkehrs mit sich bringen. Ist der BUND in der Lage, einmal in sich zu gehen und zu überlegen, ob die Klagen diese Infrastrukturprojekte hinsichtlich der Umweltbedingungen sinnvoll sind? Wird der BUND auch gegen diesen neuen Luftreinhalteplan klagen?

    Die Zeiten, an denen man Wirtschaftswachstum an Autobahnkilometern festgehalten hat, wären nunmal vorbei. Man ist momentan noch nicht einmal in der Lage, den Bestand in Schuss zu halten.

    Ob der BUND dagegen klagen werde, könne man heute noch nicht sagen. Man klage ja nicht, weil man Spaß daran habe, sondern weil man für Umwelt und Menschen etwas erreichen möchte; so etwas wäre der FDP ja eher fremd. Es könne nicht sein, dass man in Hamburg als Bürger geltendes Recht einklagen müsse.

    Frage 7: Wären intelligente Ampelanlagen nicht sinnvoller als Tempo 30?

    Dazu hat wohl keiner eine Meinung.

    18.54 Uhr

    Jede Fraktion war dran, jetzt erstmal Pause.

    Äääääh, what? Der Imbiss ist nur für Ausschussmitglieder und die Auskunftspersonen? Ich raste vollkommen aus!

    19.24 Uhr

    Weiter geht’s.

    Frage 8: Luftbelastung aus dem Hafen. 68 Prozent der Emissionen kämen aus dem Hafen, betrifft das nur die hafennahen Stadtteile?

    Das könne man dem Luftreinhalteplan gut entnehmen, dort wäre die Zusammensetzung der Ursachen aufgelistet. In der Habichtstraße wäre der Impact eher gering und nähme an anderen Stationen weiter zu.

    Frage 9, CDU: Fahrverbote wären die schlechteste Problemlösung, welche Potenziale gibt es neben der Digitalisierung? Wie groß ist das Schadstoffreduktionspotenzial der beim Dieselgipfel vereinbarten Maßnahmen?

    Mit einer grünen Welle würden sich die lokalen NOx-Emissionen direkt um 30 Prozent reduzieren lassen. Es gäbe Schätzungen, dass der Parkplatzsuchverkehr zehn Prozent der Emissionen verursache. Der Parksuchverkehr fände aber wie gesagt in wenig belasteten Seitenstraßen statt und wäre dementsprechend unproblematisch. Bezüglich der Flottenerneuerung sollte man vor allem Taxis und Busse berücksichtigen, die viel führen und dementsprechend viel ausstießen.

    Frage 10: Auf welcher Datenbasis wurde denn nun gerechnet? Auf den angeblichen Messwerten vor dem Dieselskandal oder auf den echten Daten danach? Wonach hat man die Verkehrsnachfrage berechnet? Beispielsweise habe man den Radverkehrsanteil im Jahr 2025 auf 16 Prozent eingeschätzt, da müsste Rotgrün ja ziemlich traurig sein bezüglich der Fahrradstadt mit 25 Prozent Radverkehrsanteil. Woher kommt überhaupt der Optimismus bezüglich der Flottenerneuerung, dass bis 2020 so viele Fahrzeuge erneuert würden?

    Man habe mit den Normwerten der Euronorm gerechnet, die mit der Realität nicht so viel zu tun hätten. Die Normalität würde jetzt noch einmal neu berechnet, darum rechnet man auch nicht mit Messwerten, sondern mit dem Handbuch, in dem die realistische Abbildung bereits enthalten wäre. Der Optimismus der Flottenerneuerung wäre aus den Daten der LKW-Maut entstanden, die diese schnelle Erneuerung belege.

    Der Rest ging mir zu schnell zum Tippen.

    Mehr als 18,4 Prozent Radverkehrsanteil wären in Hamburg vorerst nicht zu holen. In Hinsicht des Radverkehrs habe man vor allem die Reisezeit und die Reisegeschwindigkeit betrachtet. Allein mit „Pull“-Maßnahmen könne man den Radverkehr nicht um mehr als zehn Prozentpunkte erhöhen, da er nach wie vor in einer Konkurrenzsituation zu öffentlichen Verkehrsmitteln und zum Auto stünde.

    Frage 11: Warum immer dieses Enddatum 2025 und nicht schon früher? Die Effekte der Maßnahmen werden sich ja hoffentlich schon früher äußern. Außerdem: Wie viel Prozent des Hafenverkehrs müsse emmissionsfrei werden, um die Grenzwerte einhalten zu können?

    2025 wäre ein vernünftiges Datum, um diese Maßnahmen durchführen zu können. Inwieweit das nun auf die letzte Straße herunterzubrechen wäre, sei erst einmal dahingestellt. Die rechtiche Situation wäre zwar vollkommen klar, man muss aber auch eine realistische Planung im Auge behalten, auch wenn das nicht zufriedenstellend wäre.

    Der Rest ging mir zu schnell zum Tippen.

    Frage 12: Thema Flugzeug. Bis 2020 soll die NOx-Belastung des Flugverkehrs auf 509 Tonnen pro Jahr ansteigen, das zweifache des Ausstoßes der Kreuzfahrtschiffe. Warum wird das nicht berücksichtigt?

    Die Entwicklung im Flugverkehr wäre ein Problem, es fehle eine Verurscherbetrachtung direkt am Flughafen.

    Der Rest ging mir zu schnell zum Tippen.

    Frage 13: Was macht denn die Hamburger Wirtschaft, um den Trend der Elektromobilität zu unterstützen?

    Man müsse erst einmal überlegen, wie die Infrastruktur für Elektromobilität aussehen müsste. Das könne unsere Energiewirtschaft überhaupt gar nicht leisten. Bei der Elektromobilität bestünde zusätzlich noch die Problematik mit der Herstellung der Akkus. Auf absehbare Zeit werde man wieder zum Thema Wasserstoff zurückkommen, mit Wasserstoff ginge alles, man könne damit Elektro- und Verbrennungsmaschinen fahren. Man werde nunmal nicht nur eine, sondern mehrere Alternativen haben. Die Elektromobilität allein werde nunmal nicht die Zukunft sein.

    Man dürfe aber nicht übersehen, dass Elektromobilität nicht nur auf den Kraftverkehr beschränkt ist: Fahrräder fahren mit elektrischer Unterstützung, S- und U-Bahnen auch. Hinsichtlich der Luftreinhaltung wäre die Elektromobilität eher uninteressant.

    Frage 14: Wie sind die Emissionen durch neue Straßen zu beurteilen?

    Die Wirkungen der neuen Strecken wären bereits berücksichtigt worden.

    20.19 Uhr

    Keine weiteren Wortmeldungen mehr. Jetzt darf jeder noch einmal jeder der Auskunftspersonen seine Botschaft loswerden — aber bei mir ist nun leider der Akku leer. Schaaaade.

    Man ist sich bei den Auskunftspersonen etwas uneins, einerseits findet man den Luftreinhalteplan toll, aber der BUND betont, dass er nicht garantiere, dass bis 2025 die Grenzwerte wirklich eingehalten würden.

  • Frage 10: [...] Wonach hat man die Verkehrsnachfrage berechnet? Beispielsweise habe man den Radverkehrsanteil im Jahr 2025 auf 16 Prozent eingeschätzt, da müsste Rotgrün ja ziemlich traurig sein bezüglich der Fahrradstadt mit 25 Prozent Radverkehrsanteil. Woher kommt überhaupt der Optimismus bezüglich der Flottenerneuerung, dass bis 2020 so viele Fahrzeuge erneuert würden?
    Mehr als 18,4 Prozent Radverkehrsanteil wären in Hamburg vorerst nicht zu holen. In Hinsicht des Radverkehrs habe man vor allem die Reisezeit und die Reisegeschwindigkeit betrachtet. Allein mit „Pull“-Maßnahmen könne man den Radverkehr nicht um mehr als zehn Prozentpunkte erhöhen, da er nach wie vor in einer Konkurrenzsituation zu öffentlichen Verkehrsmitteln und zum Auto stünde.

    Interessantes Detail bzw. Eingeständnis. Ich bin schon länger der Meinung, dass nur eine Mischung aus Push&Pull-Maßnahmen zu einer Verkehrsverlagerung führen wird. In Hamburg hat sich diese Erkenntnis allerdings noch nicht durchgesetzt. Bzw. wird bei Straßenumbauten immer penibel darauf geachtet, den MIV überhaupt nicht einzuschränken. Kein Wunder, dass dann die Maßnahmen wie neue oder bessere Radinfra nur begrenzt wirken. Zum einen ist z. T. dann einfach der Platz dafür nicht da, wenn der MIV weiter im selben Umfang Platz beanspruchen darf. Zum anderen bleibt es dann natürlich auch recht attraktiv Auto zu fahren, wenn z. B. selbst in der Innenstadt noch Durchgangsverkehr möglich ist.

    Ich wiederhole mich: Hamburg braucht ein Verkehrskonzept, vor allem für den innerstädtischen Bereich, wo langfristig geplant wird, welche Verkehrsbeziehungen für den MIV erhalten bleiben sollen und welche wegfallen können. Dann könnte man an entsprechenden Stellen auch den Raum für den MIV reduzieren, wenn z. B. der Ballindamm nur noch zur Erschließung, nicht aber zum Durchfahren genutzt werden würde.

  • Das ist der Grund, weshalb sich Laptops niemals durchgesetzt haben und nur Desktop-PCs verkauft werden!

    Abgesehen davon, dass die Verkaufszahlen diese Behauptung nicht stützen, ist es mit einem Laptop unmöglich, Bedingungen herzustellen, die der Bildschirmarbeitsplatzverordnung gerecht werden.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • nach einigen Tagen in Oslo, in denen mir innerhalb von 2 Stunden mehr E-Autos aller Größenklassen untergekommen sind als in Deutschland in 2 Jahren, musste ich den einfach bringen. Gerade in Anbetracht des deutschen Heulsusentums des "nach 50km bleibe ich dann mit leerem Akku einfach liegen!!!!!".
    Ja, e-mobility ist keine Anwort auf Stau - wohl aber auf lokale Luftverschmutzung. :)

  • Benjamin Harders hat gestern die Folgeveranstaltung besucht und schreibt auf facebook dazu:

    Zitat

    Hier kurz ein paar Eindrücke von der Anhörung zum Luftreinhalteplan:
    Viele Bürgerinitiativen und Anwohner*innen waren vertreten und meldeten sich zu Wort. Es gab Unmut darüber, dass die Grenzwerte immer noch nicht eingehalten werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen wurden teilweise als zu zögerlich wahrgenommen. Der Entwurf des Luftreinhalteplans wurde von ADFC, BUND und NABU als unzureichend kritisiert. Jens Kerstan (Umweltsenator) stellte klar, dass es mit dem Luftreinhalteplan nur darum gehe aufzuzeigen, wie die vorgeschriebenen Grenzwerte bis 2025 eingehalten werden könnten. Deshalb würde Feinstaub (PM10) auch keine Rolle spielen, weil es dort keine Überschreitungen mehr gegeben habe. Für die gesundheitlich richtig gefährlichen ultrafeinen Partikel gebe es weder ein normiertes Messverfahren, noch vorgeschriebene Grenzwerte.

    Es ging auch um die Belastung durch den Schiffsverkehr und Flugverkehr. Daneben spielten der Auto- und Radverkehr eine Rolle. Dennis Thering (CDU) bekannte sich zur Förderung des Radverkehrs und beschwerte sich, dass im Luftreinhalteplan 2025 nur mit einem Radverkehrsanteil von 18 % statt 25 % gerechnet werden würde. Andreas Rieckhof (Staatsrat für Verkehr) sah sich mehrfach veranlasst zu betonen, dass der Senat niemandem sein Verkehrsmittel vorschreiben wolle und somit auch das 25 %-Ziel Radverkehrsanteil, dass in den 2020er-Jahren erreicht werden solle, nicht vorschreibbar sei. Martina Koeppen (SPD) zählte die vielen vorgesehenen Maßnahmen auf. Am Ende schlug sie vor, wir sollten doch heute in den Verkehrsausschuss der Bürgerschaft zum Thema Velorouten kommen, um zu sehen, ob sich die CDU dann immer noch für den Radverkehr einsetzen würde. Ein Gutachter gab zu, dass die Berechnungen nur auf wenigen Messpunkten in der Stadt beruhen würden, die Belastungen örtlich also durchaus anders als berechnet sein könnten. Im übrigen sei das Berechnungsmodell aber sehr verlässlich. Offenbar ist das Gutachten immer noch nicht abgeschlossen. Ein Bürger kritisierte, dass die Stadt ihm keine Einsicht gegeben habe und damit gegen das Transparenzgesetz vertoßen habe. Eine Überprüfung der Berechnungen UNSERES (Bürger*innen) Luftreinhalteplans sei somit nicht möglich. Eine alte Dame war schockiert davon, dass Kinder, die etwa in Altona oder St. Pauli leben würde, tagtäglich den Gesundheitsgefahren durch die schlechte Luft ausgesetzt wären und sie mit einer erhöhten Sterblichkeit rechnen würde. Mehrere Bürger*innen beschwerten sich, dass selbst Tempo 30 kaum eingehalten werden würde und dass der Senat sich so gegen Tempo 30 sträuben würde. Der Vertreter der Innenbehörde sagte, dass die Straßenverkehrsbehörden immer erstmal davon ausgingen, dass die Verkehrsanordnungen von den Bürger*innen befolgt würden. Man werde ganz große Schilder in der Max-Brauer-Allee und Stresemannstraße aufstellen, wo Dieselfahrbeschränkungen vorgesehen sind. Mit Schwerpunkteinsätzen wolle man die Bürger*innen auf die geänderten Verkehrsregeln hinweisen und sie erst nur mündlich, dann mit Verwarngeldern verwarnen. Stephan Jersch (Linke) stellte einige gute, kritische Fragen. Ulrike Sparr (Grüne) lobte den Luftreinhalteplan - auch wenn sie sich mehr wünschen würde - und sagte, man werde jetzt ggf. noch über Veränderungen am Luftreinhalteplan beraten. Andreas Rieckhof erzählte, dass er heute wieder bei einer Runde zum Diesel-Skandal sei und er von dem Austausch mit den anderen Bundesländern wisse, dass Hamburgs Luftreinhalteplan einer der besten sei. Spätestens ab 2020 sollen alle neu zu kaufenden Busse nur noch Elektrobusse sein. Zuerst seien die kleineren Busse dran, dann die Gelenkbusse. Tempo 30 würde nichts bringen, weil Pkw dann immer bremsen und beschleunigen würden und der Fahrfluss gehemmt sei. Von der neuen Stadtautobahn, der Hafenpassage, seien die ersten beiden Bauabschnitte im Plan berücksicht worden, der dritte Abschnitt noch nicht, weil dieser erst nach 2025 fertig gestellt werden würde (Antwort auf Frage vom Bündnis Verkehrswende Hamburg). Die "Radverkehrsstreifen" auf der #Elbchaussee könnten jetzt noch nicht aufgemalt werden, weil bauliche Maßnahmen aus Sicherheitsgründen erforderlich seien. Man warte auf Hamburg Wasser und die Erneuerung der Wasser/Sielleitungen. Hierzu befinde man sich in Abstimmung mit Hamburg Wasser.

    Das waren meine Eindrücke, die sicher nur einen kleinen Teil wiedergeben. Im Großen und Ganzen würde ich sagen: Diese Anhörung war sehr gut und die Redebeiträge waren wichtig, um den beteiligten Ämtern die Brisanz und Bedeutung des Themas für unsere Stadt zu verdeutlichen. Ich würde mir mehr Messtationen wünschen, damit wir mehr Daten aller Bereiche erhalten, und die Ämter sich stärker um den Gesundheitsschutz aufgrund von Messwerten und etwas weniger um die Berechnung von Immissionswerten anhand komplexer 3D-Modelle kümmern müssen. Jetzt heißt es dran bleiben! Wenn ihr dabei gewesen seid, ergänzt meine Eindrücke gerne.